Komödie

Asteroid City (2023)

Regie: Wes Anderson
Original-Titel: Asteroid City
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama, Komödie, Science Fiction
IMDB-Link: Asteroid City


Es gibt ja zwei Arten von Menschen: Jene, die im Sommer bei über 30 Grad bevorzugt im Freien herumturnen (vorzugsweise natürlich im Freibad), und es gibt herbstliche Gewächse wie Kürbisse beispielsweise, die sich bei solchen Temperaturen lieber in einen dunklen, klimatisierten Kinosaal verkriechen, da sich der Aggregatszustand draußen rasend schnell von fest in flüssig ändert. Das Wüstensetting von Wes Anderson neustem Film „Asteroid City“ passt immerhin zu den Außentemperaturen, auch wenn man fairerweise dazu erwähnen muss, dass just an jenem Nachmittag, an dem es den Kürbis samt Kürbisin ins Kino verschlagen hat, ein frühlingshafter Regen über die Stadt niederging. Apropos Regen: Von einem „Besetzungsregen“ kann man durchaus sprechen, wenn man auf die Liste der Beteiligten schaut. Wes Anderson hat den Punkt in seiner Karriere erreicht, an dem er a) für jeden Film mehr Anfragen von renommierten Darsteller:innen reinbekommt, die mit ihm zusammenarbeiten wollen, als er sinnvollerweise ins Drehbuch schreiben kann, und b) einen Zustand der kompletten Selbstreferenz erreicht hat, was aber wurscht ist, weil a). Wenn beispielsweise eine Margot Robbie als Neuzugang im Anderson’schen Universum gerade mal auf einem Foto und ca. eine Minute am Ende zu sehen ist, dann ist es fast schon egal, ob man etwas zu erzählen hat oder nicht. Wobei ich Wes Anderson nicht absprechen möchte, gute Geschichten erzählen zu können. Ich bin ja ein großer Fan seiner Arbeit, doch muss ich auch zugeben, dass die Casts immer größer, die Sets immer geometrischer und die Nebenstränge immer zahlreicher werden, und das geht zulasten der Story. In „Asteroid City“ treffen sich unterschiedliche Charaktere in den 50ern bei einem Meteroidenkrater, um der Verleihung eines Wissenschaftspreises an Jugendliche beizuwohnen, als sie unverhofft Zeugen eines außergewöhnlichen ersten Kontakts mit Außerirdischen werden. (Sehr schön an dieser Stelle ist die akustische Verbeugung vor Tim Burtons Trash-Meisterwerk Mars Attacks! – Wes Anderson kann also auch andere zitieren als sich selbst.) Gleichzeitig wird aber als zweiter Strang die Entstehung dieser Geschichte des Erstkontakts erzählt – in Form von Vorbereitungen auf ein Theaterstück. Ob diese Verschachtelung der Ebenen nun einfach nur dazu gedacht ist, auch alle Schauspieler:innen wirklich unterbringen zu können (Edward Norton als Dramatiker, Bryan Cranston als Erzähler, Adrien Brody als Regisseur, Hong Chau in einer Minirolle als dessen Exfrau, Jeff Goldblum in einer noch kleineren Minirolle als Alien-Darsteller), sei mal dahingestellt. Eine zweite These ist natürlich, dass Wes Anderson mit dieser Ebene selbst Einblick in seinen kreativen Schaffensprozess gewähren wollte, der so wahnwitzig und anders ist, dass kein Anderer jemals so arbeiten kann, ohne des Plagiats beschuldigt zu werden. Wie auch immer: Allein diese bunten, durchkomponierten Tableaus und die witzigen Details machen einen Wes Anderson-Film immer zum Ereignis, und in „Asteroid City“ treibt er diese auf die Spitze. Wenn man das mag: Nur rein ins Kino, auch wenn man vielleicht eher dem Typus „Freibad-Aficionado“ angehört. Wenn man mit Wes Anderson und seinem ganz eigenen Stil allerdings nichts anfangen kann, sollte man um diesen Film lieber einen großen Bogen machen, denn mehr Wes Anderson als hier geht eigentlich nicht. (Wobei mir auffällt, dass ich mir das mittlerweile bei jedem neuen Wes Anderson-Film denke, und dann setzt er dem Ganzen doch noch mal eine neue Krone auf.)


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Courtesy of Pop. 87 Productions//Courtesy of Pop. 87 Productions – © 2022 Pop. 87 Productions LLC, Quelle http://www.imdb.com)

Die Rotkäppchen-Verschwörung (2005)

Regie: Cory Edwards, Todd Edwards und Tony Leech
Original-Titel: Hoodwinked!
Erscheinungsjahr: 2005
Genre: Animation, Krimi, Komödie
IMDB-Link: Hoodwinked!


Das Rotkäppchen-Märchen der Brüder Grimm ist ja leidlich bekannt. Kleines Mädel im Wald, das die Großmutter besucht, die plötzlich so große Augen und Ohren hat und so weiter. Weil ständige Wiederholungen fad sind, beschlossen Cory Edwards, Todd Edwards und Tony Leech, den Stoff zu variieren und daraus einen abgedrehten Whodunit-Krimi zu machen. Man wollte wohl auch im Windschatten der erfolgreichen Shrek-Filme segeln, die ja vorexerzierten, wie man mit Hilfe der neuesten Technik des Animationsfilms Märchenstoffe parodiert und dem omnipräsenten Mäusekonzern in den Hintern tritt. Allerdings lässt sich auch sagen, dass der vier Jahre vorher erschienene erste Shrek-Film die Möglichkeiten der Computeranimation weitaus besser ausgelotet hat als die „Rotkäppchen-Verschwörung“, die wie ein Independent-Film mit kleinem Budget wirkt, obwohl die Weinstein Company dahintersteht. Immerhin muss man dem Film zugute halten, dass er sich nicht um Konventionen schert und so ziemlich jeden absurden Umweg nimmt, die ihm die Geschichte bietet. Hauptsache, es fetzt. Mitunter wird das etwas anstrengend, und die schon erwähnten staksigen Animationen helfen nicht unbedingt dabei, in die Geschichte einzutauchen. Auch merkt man, dass er trotz teils anarchischem Humor immer noch auf ein jüngeres Publikum zugeschnitten ist – als Erwachsener tut man sich da wohl etwas schwer mit singenden Ziegen und Großmüttern im Adrenalin-Rausch. So kommt „Die Rotkäppchen-Verschwörung“ nicht über einzelne sehenswerte, unterhaltsame Teilpassagen nicht hinaus, bleibt aber nicht lange im Gedächtnis und muss auch nicht regelmäßig angesehen werden, außer, um sich vielleicht gelegentlich vor Augen zu halten, woher der computeranimierte Film kam und wie rasend schnell sich die Technik in den letzten zwei Jahrzehnten entwickelt hat.


5,0 Kürbisse

(Bildzitat: © The Weinstein Company, 2006., Quelle http://www.imdb.com)

Schräger als Fiktion (2006)

Regie: Marc Forster
Original-Titel: Stranger Than Fiction
Erscheinungsjahr: 2006
Genre: Fantasy, Komödie, Liebesfilm, Drama
IMDB-Link: Stranger Than Fiction


Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Will Ferrell einmal eine der herzzerreißendsten Figuren der Filmgeschichte spielen würde? Und das ausgerechnet als lakonischer (und arschlangweiliger) Steuerprüfer. Der Clou liegt darin, dass sein Harold Crick eine fiktive Romanfigur ist, dessen Leben von der Feder der exzentrischen Schriftstellerin Karen Eiffel (Emma Thompson) bestimmt wird und deren Stimme er eines Tages zu hören beginnt. Und die hat gerade beschlossen, ihn sterben zu lassen. Sie weiß noch nicht wie, nur, dass mit dem Ende ihres Buches auch das Ende von Harold Crick gekommen ist. Und das ausgerechnet, als er beginnt, sich die Bäckerin Ana Pascal (Maggie Gyllenhaal) zu verlieben, die jedoch nur wenig für seine Gefühle übrig hat – kein Wunder, denn sie hält nichts von sauberer Buchführung und korrekter Abgabe von Steuern an den Staat, der diese dann für Rüstung und Militär verwendet. Doch vorerst macht ihm das drohende Ableben ohnehin mehr zu schaffen als Miss Pascals sarkastische Bemerkungen. Nach anfänglichen Zweifeln an der eigenen geistigen Gesundheit sucht Crick schließlich den Rat des Literaturprofessors Jules Hilbert (Dustin Hoffman) auf. Kann ihm dieser helfen, seinem Schicksal zu entrinnen? „Schräger als Fiktion“ ist ein absoluter Glücksfall von einem Film. Wie schon erwähnt spielt Will Ferrell hier wohl die beste Rolle seines Lebens. Er ist perfekt gecastet für diesen trockenen Buchhalter-Typen, dessen Leben komplett aus den Fugen gerät und der verwirrt, aber stoisch versucht, die losen Enden wieder einzufangen. An seiner Seite spielt Maggie Gyllenhaal den sinnlichen Gegenpart, das Yin zu Cricks Yang. Das Thema der Balance zieht sich durch den ganzen Film – Karen Eiffel in all ihrem Exzentrismus erhält ein Gegengewicht durch Queen Latifahs No-Nonsense-Sekretärin Penny, auch sind Tragik und Komik perfekt ausbalanciert wie auch Zuneigung und Abneigung von Crick und Ana Pascal. „Stranger Than Fiction“ ist ein Film, der durch seine liebevoll-skurrile Grundidee aus der Feder von Charlie Kaufman hätte stammen können, und doch ist er keine Kopie des Stils des gefeierten New Yorker Drehbuchautors, sondern etwas ganz und gar Eigenständiges.


8,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Ralph Nelson – © 2006 Columbia Pictures Industries, Inc. All Rights Reserved, Quelle http://www.imdb.com)

Zombieland (2009)

Regie: Ruben Fleischer
Original-Titel: Zombieland
Erscheinungsjahr: 2009
Genre: Komödie, Horror, Roadmovie
IMDB-Link: Zombieland


Wie uns Lehrfilme zu diesem Thema zeigen, gibt es für zwei Personenkreise gute Überlebenschancen im Fall einer Zombieapokalypse: Nämlich für die Verpeilten, die Zombies ohnehin nicht von normalen Menschen unterscheiden können (siehe „Shaun of the Dead“), und für die schüchternen Nerds, die sich wochenlang in ihrer Wohnung einbunkern und an denen das Leben da draußen vorbeigeht wie eben in „Zombieland“ von Ruben Fleischer. Der namenlose Teenager, gespielt von Jesse Eisenberg, der sich später nach seinem Zielort „Columbus“ nennt, ist so ein schüchterner Nerd. Und blöd für ihn: Die heiße Nachbarin, die ihn immer ignoriert hat, aber nun Hilfe suchend an seiner Tür klopft, möchte sich fleischlichen Genüssen auf eine ganz andere Art hingeben, als Columbus sich das vorgestellt hätte. Da also begreift der junge Mann, dass Zombies die Erde überrannt haben. Sein Überleben verdankt er einer Reihe von selbstgewählten Regeln sowie der Begegnung mit dem Bad-Ass „Tallahassee“ (Woody Harrelson), ein harter Hund, der im Zuge der Pandemie ein neues Hobby gefunden hat: Auf möglichst kreative Weise Zombies killen. Unterwegs gabeln die beiden die Schwestern Little Rock und Wichita (Abigail Breslin und Emma Stone) auf, die ungeachtet der Widrigkeiten ein Ziel vor Augen haben: Im Vergnügungspark Pacific Playland mal für eine Weile vergessen, dass die Weltlage gerade echt beschissen ist. Nach anfänglichen Schwierigkeiten raufen sich die vier Überlebenden zusammen und machen sich gemeinsam auf den Weg durch eine dystopische Welt. „Zombieland“ ist ganz klar eine (stellweise saukomische) Komödie, spart aber nicht mit gut eingesetzten Horrorelementen. Wer einen schwachen Magen hat, sollte vor der Sichtung lieber mal die Packungsbeilage lesen oder einen Arzt oder Filmkritiker fragen. Hier gibt es nämlich Blut und Beuschel in Hülle und Fülle zu bewundern. Doch auf jeden Schrecken folgt der nächste, gut eingesetzte Witz, sodass das Schaudern nahtlos in Lachen übergeht. Gleichzeitig gehen die Witze aber nicht zulasten der Story oder gar der Charaktere. „Zombieland“ hält das Tempo jederzeit hoch, ist aber dennoch gut ausbalanciert zwischen anarchischem Humor, leichtem Grusel und kreativen Regie-Einfällen. In diesem Sinne also ein perfekter Blockbuster, der mittlerweile zurecht Kultstatus genießt und eine Fortsetzung zur Folge hatte, die den Regler sogar noch mal eine Stufe weiter dreht.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 2009 – Columbia/TriStar, Quelle http://www.imdb.com)

Bean – Der ultimative Katastrophenfilm (1997)

Regie: Mel Smith
Original-Titel: Bean
Erscheinungsjahr: 1997
Genre: Komödie
IMDB-Link: Bean


Niemand kam in den 90ern an Rowan Atkinsons genialer Kunstfigur Mr. Bean vorbei. Der chaotisch-anarchische Pedant mit dem Gemüt eines Kleinkinds, der selbst die harmlosesten Situationen allein durch seine Präsenz in Katastrophen zu stürzen vermag, entwickelte sich zu einem weltweiten popkulturellen Phänomen, das schließlich nicht einmal die Amerikaner übersehen konnten. Kein Wunder also, dass ein Film vor amerikanischer Kulisse herhalten musste. Und auch kein Wunder, dass der verschrobene britische Humor, für den es fast keine Worte brauchte, mehr in amerikanischen Slapstick verdreht wurde. Im Mittelpunkt steht eine Verwechslungsgeschichte: Während das britische Museum seinen schlechtesten Wärter, das es jemals hatte, einfach nur loswerden möchte und ihn daher gemeinsam mit einem sündteuren Gemälde auf die Reise in die USA schickt, glaubt man dort, mit ihm einen vielleicht etwas schrulligen, aber renommierten Experten für eben dieses Meisterwerk mitgeliefert bekommen zu haben. Ein fataler Irrtum, der dafür sorgt, dass die Kunstszene in Los Angeles bald im kompletten Chaos versinkt. Wie gesagt, der Film kommt nicht an den staubtrockenen britischen Humor der Originalserie heran, doch spätestens dann, wenn Mr. Bean nach einem kleinen Missgeschick damit beginnt, das millionenschwere Gemälde auf seine Weise zu restaurieren, hilft auch die kritischste Einstellung nichts: Wenn Rowan Atkinson in seiner Paraderolle so richtig aufdreht, bleibt wohl kein Auge trocken. Kein Meisterwerk wie die TV-Serie, aber witzig genug, um auch bei erneuten Sichtungen zumindest stellenweise gut zu unterhalten.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 2015 Disney. All Rights Reserved, Quelle http://www.imdb.com)

Falsches Spiel mit Roger Rabbit (1988)

Regie: Robert Zemeckis
Original-Titel: Who Framed Roger Rabbit
Erscheinungsjahr: 1988
Genre: Animation, Komödie, Krimi
IMDB-Link: Who Framed Roger Rabbit


Sein Name ist Hase, und er weiß von nichts. Das ist ein Problem, denn er, Roger Rabbit, ist Hauptverdächtiger in einem Mordfall. Verzweifelt wendet sich der Cartoon-Hase an den Privatdetektiv Eddie Valiant (Bob Hoskins), doch der will von durchgeknallten Zeichentrickfiguren nichts mehr wissen, seit eine davon seinen Bruder auf dem Gewissen hat. Doch Roger Rabbit kann sehr überzeugend sein und schon bald geht es nicht drunter und drüber in Los Angeles und dem angrenzenden Toon Town. „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ ist ein zeitloser Klassiker, der auf unnachahmliche Weise und für seine Zeit visionär Zeichentrick und Spielfilm miteinander verbunden hat. Die Effekte zünden auch heute noch, hier existieren nicht zwei Kunstformen nebeneinander, sondern in einer unvergleichlichen Symbiose miteinander. So genial aber auch diese technische Machart des von Robert Zemeckis inszenierten und von Steven Spielberg produzierten Films ist, das Herzstück sind die spannende und temporeich erzählte Geschichte und die liebevoll in Szene gesetzten Figuren. „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ ist damit nicht nur einfach ein technisch großartiger Film, sondern schlicht ein großartiger Film – in allen Belangen. Und auch heute, 35 Jahre nach Erscheinen, ein schier endloser Schatz wundervoller Zitate, die längst in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sind. „Ich bin nicht schlecht. Ich bin nur so gezeichnet.“ Ein Jahrhundert-Film, verdient aufgenommen auf die Liste der 1001 Filme, die man gesehen haben muss, ehe das Leben vorbei ist.


8,5 Kürbisse

(Bildzitat: © Walt Disney Studios, Quelle http://www.imdb.com)

Everything Everywhere All at Once (2022)

Regie: Dan Kwan und Daniel Scheinert
Original-Titel: Everything Everywhere All at Once
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Komödie, Fantasy, Science Fiction, Drama
IMDB-Link: Everything Everywhere All at Once


Diesen Durchmarsch hätten im Vorfeld wohl nicht viele erwartet. Aber am Ende der Oscarnacht 2023 standen 7 Goldmännchen für „Everything Everywhere All at Once“ zu Buche: Für die beste Hauptdarstellerin (Michelle Yeoh, sehr verdient), den besten Nebendarsteller (Ke Huan Quan mit einem eindrucksvollen Schauspiel-Comeback), die beste Nebendarstellerin (Jamie Lee Curtis, die den Oscar, bei allem Respekt vor ihrer kleinen, aber feinen Rolle, wohl auch für ihr Lebenswerk zugestanden bekommen hat), für das beste Drehbuch, den besten Schnitt, die beste Regie (die Daniels, die mich schon mit ihrem Vorgängerwerk „Swiss Army Man“ begeistert haben) und nicht zuletzt für den besten Film. Andere Kaliber wie Spielbergs The Fabelmans oder das herausragende The Banshees of Inisherin mussten sich geschlagen geben. Doch ist der Hype nun gerechtfertigt? Wie so oft im Leben ist die Antwort weder ein klares Ja noch ein klares Nein. Jein halt, die Lieblingshaltung der diplomatischen (man könnte auch sagen: opportunistischen) Österreicher. Denn während der Film einerseits volle Punktzahl für Originalität und die stilistisch atemberaubende Umsetzung seiner Idee verdient, hat er dennoch auch seine Längen und Problemzonen. (Und damit meine ich nicht Jamie Lee Curtis‘ Hüftspeck.) Zu Beginn wird man als Zuseher ins kalte Wasser geworfen, und es dauert eine Weile, bis man sich in der Geschichte zurechtfindet. Doch ist man dann an diesem Punkt angelangt, zeigt der Film auch unnötige Längen. Über den Inhalt darf man eigentlich nicht zu viel verraten, um den Spaß nicht zu verderben, nur soviel: Michelle Yeoh als überforderte Wäschereibesitzerin stellt fest, dass nicht nur eloquente Zauberkünstler mit rotem Umhang durch Multiversen reisen können. „Everything Everywhere All at Once“ ist dem (intelligenten) Fantasy- bzw. Science Fiction-Genre zuzuordnen. Umso überraschender kam der Oscar-Regen, da die Academy bei Genrefilmen für gewöhnlich eher die Nase rümpft. Diese bedingungslose Detailarbeit, mit der die Daniels ihr Multiversum umsetzen, während sie zusätzlich auch noch eine herzergreifende Familiengeschichte einbauen, beeindruckt allerdings und ist aller Ehren wert. Dies lässt den Preisregen durchaus nachvollziehen. Für einen perfekten Film hätte man das Geschehen allerdings noch etwas straffen und den Zuseher von Beginn an mehr an die Hand nehmen können. Anstrengend ist das alles nämlich schon. Das größte Mysterium rund um den Film erzeugen aber nicht die Daniels, sondern Michelle Yeoh. Wie kann es sein, dass die schon über 60 ist? Die Frau hat Gene!


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Allyson Riggs, Quelle http://www.imdb.com)

Tucker and Dale vs. Evil (2010)

Regie: Eli Craig
Original-Titel: Tucker and Dale vs. Evil
Erscheinungsjahr: 2010
Genre: Satire, Komödie, Horror
IMDB-Link: Tucker and Dale vs. Evil


Einige College-Kids machen Urlaub in einem entlegenen Wald. Was als unschuldiger Abenteuerurlaub beginnt, endet genregerecht in einem Gemetzel. Mitten drin statt nur dabei: Die beiden Hillbillies Tucker und Dale (Alan Tudyk und Tyler Labine), die mit Sensen und Kettensägen bewaffnet den Jugendlichen nachstellen. Was die Kids halt nicht wissen: Die beiden Rednecks sind ausgesprochen gutmütige und nette Zeitgenossen, die nur helfen wollen, doch irgendwie klebt ihnen das Pech an ihnen, und so schnalzt der Bodycount rapide in die Höhe. „Tucker and Dale vs. Evil“ ist ein erzählerischer Geniestreich. Grandios wird das Genre der Teenie-Slasher-Filme auf den Kopf gestellt. Tudyk und Labine spielen das ahnungslose Duo, das ständig über neue Leichen stolpert, warmherzig und saukomisch. Nicht nur optisch, sondern auch in Sachen Sympathiewerten werden Erinnerungen an Terence Hill & Bud Spencer wach, doch während die beiden Italowestern-Helden die Coolness für sich gepachtet haben, überzeugen Tudyk und Labine durch ein komödiantisches Timing, das zu hysterischen Lachanfällen beim Publikum sorgt. Und nie waren verschwitzte, verdreckte Landeier feinfühliger und gutherziger als diese beiden, was den Kontrast zu dem blutigen Gemetzel noch stärker hervortreten lässt. Im letzten Drittel geht dem Film ein wenig die Luft aus, doch bleibt „Tucker and Dale vs. Evil“ eine glasklare Empfehlung für Freunde der überdrehten Unterhaltung.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Dan Power – © Hillbilly Hero Productions Ltd., Quelle http://www.imdb.com)

The LEGO Movie (2014)

Regie: Phil Lord und Chris Miller
Original-Titel: The LEGO Movie
Erscheinungsjahr: 2014
Genre: Animation, Komödie
IMDB-Link: The LEGO Movie


Wer hat als Kind nicht gerne mit Lego-Bausteinen gespielt? Aber einen ganzen Film auf diesen bunten Steinchen aufbauen – kann das tatsächlich gutgehen? Es braucht kreative Köpfe wie Phil Lord und Chris Miller, um eine solche Mission Impossible über die Ziellinie zu bringen. Wie schnell hätte es passieren können, statt einer guten Unterhaltung ein nerviges Werbefilmchen zu drehen? Doch Lord und Miller gehen das Projekt mit viel künstlerischer Freiheit an. Der dänische Spielzeugkonzern gesteht den beiden ein ordentliches Maß an Selbstironie zu, und geschickt bauen die beiden eine Meta-Ebene ein, die man nur als Geniestreich bezeichnen kann. Die Geschichte folgt dem absoluten Durchschnittstypen Emmet, der durch Zufall an das „Stück des Widerstands“ kommt und für den Außerwählten gehalten wird, der die Weltuntergangsbedrohung durch den bösen Lord Business abwenden kann. So denken jedenfalls die hübsche Wyldstyle, die selbst gerne auserwählt gewesen wäre, und ihr Mentor. Gemeinsam mit Batman und einigen anderen Verbündeten machen sie sich auf den Weg, um die Apokalypse abzuwenden, und Emmet muss über sich selbst hinauswachsen, um der Prophezeiung gerecht zu werden. Auf diese (geradlinige) Erzählung reduziert mag man hinter „The LEGO Movie“ erst einmal ein klassisches Heldenepos vermuten, doch es ist die schon angesprochene Meta-Ebene, die den Film zu einem Meisterwerk des Animationsfilms macht. Ganz gleich, wie man zu Spielzeugkonzernen und deren Versuche, über filmische Adaptionen neue Käufer zu finden, steht (und da gibt es ganz üble Beispiele wie etwa die Transformers-Reihe): „The LEGO“ Movie ist über jeden Zweifel erhaben. Everything is awesome!


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Courtesy of Warner Bros. Picture – © 2013 Warner Bros. Entertainment Inc., Quelle http://www.imdb.com)

Hilfe, die Amis kommen! (1985)

Regie: Amy Heckerling
Original-Titel: National Lampoon’s Vacation
Erscheinungsjahr: 1985
Genre: Komödie
IMDB-Link: National Lampoon’s European Vacation


Weil die Familie Griswold den ersten Preis in einer Quiz-Show gewinnt (wie auch immer solche Wunder zustande kommen), darf sie sich auf einen ausgedehnten Europaurlaub begeben – sehr zum Schaden der dort Einheimischen. Nacheinander werden London, Stonehenge, Paris, Deutschland und Rom ins Chaos gestürzt, wobei Eric Idle am meisten zu leiden hat. Die Spur der Verwüstung gibt links und rechts noch einen guten Blick auf Stereotype frei, die pflichtgemäß abgearbeitet werden müssen – von höflichen Briten über hochnäsigen Franzosen, schuhplattelnden Deutschen bis hin zu schurkischen Italienern ist alles dabei, was sich der Durchschnitts-Ami von Europa erwartet. Und genau das ist das Hauptproblem dieses internationalen Abenteuers von Chevy Chase, Beverly D’Angelo und Co: Man greift für die Blödelei halt in die unterste Schublade, die am einfachsten zu erreichen ist. Da nutzt es auch nichts, wenn sich der Cast noch so sehr abstrampelt – wirklich witzig ist der Film aufgrund der vielen Klischees, die er reihenweise präsentiert, halt nicht. Bis auf eine gelungene Ausnahme: Der Verwandtschaftsbesuch in Deutschland, bei dem durch Sprachprobleme zusammenfindet, was nicht zusammengehört. Das allein reicht aber nicht aus, um den Film über die Ziellinie zu retten. In den Staaten mag man den Film vielleicht wohlwollender aufnehmen als hierzulande. Immerhin hat Amy Heckerling vielfach in anderen Filmen gezeigt, dass sie Komödien kann. „Hilfe, die Amis kommen!“ ist trotz seines Bekanntheitsgrades qualitativ aber eher im unteren Drittel ihres Schaffens einzuordnen.


4,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)