Regie: Giorgos Lanthimos
Original-Titel: Poor Things
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama, Komödie
IMDB-Link: Poor Things
Der griechische Regisseur Giorgos Lanthimos sieht die Dinge ein wenig anders als die meisten anderen Menschen, wie sich schon in vielen seiner Filme wie etwa The Lobster oder The Killing of a Sacred Deer gezeigt hat. The Favourite – Intrigen und Irrsinn mit einer Oscar-prämierten Olivia Colman und den ebenfalls nominierten Rachel Weisz und Emma Stone war da schon seine zugänglichste Arbeit der letzten Jahre. Mit Emma Stone hat er sich (zusammen mit Willem Dafoe, Mark Ruffalo und Ramy Youssef und Kathryn Hunter in tragenden Nebenrollen) erneut zusammengetan, um ihr in einer Art feministischer Frankenstein-Adaption, basierend auf dem gleichnamigem Roman von Alasdair Gray, die Möglichkeit zu geben, ihren zweiten Oscar zu gewinnen, den sie für „The Favourite“ noch verpasst hat. Emma Stone und Giorgos Lanthimos – das passt einfach. Und seltener war ein Oscargewinn für die beste Schauspielleistung verdienter als für Stone in „Poor Things“. Sie spielt sich nicht nur die Seele aus dem Leib, sondern eben jene in den Leib der von einem genialen Chirurgen zusammengeflickte Bella Baxter hinein. Die hat nämlich eine irre Vorgeschichte: Nach einem geglückten Suizid-Versuch wird sie von Dr. Godwin Baxter (ein monströs entstellter Willem Dafoe) gefunden, das das Gehirn ihres ungeborenen Kindes in den Leib der Verstorbenen verpflanzt. Zu Beginn lernen wir das Kind im Körper der Frau kennen, doch die Fortschritte, die sie macht, sind gewaltig, und bald beginnt sie, sich von ihrem Schöpfer zu emanzipieren. Sie brennt mit dem windigen Lebemann und Anwalt Duncan Wedderburn (Mark Ruffalo, der auch längst überfällig für den Goldjungen ist) durch und entdeckt auf ihrer Reise nicht nur die Komplexität zwischenmenschlicher Beziehungen, sondern auch die Freuden des Lebens, ihre Sexualität und auch das Leid, das durch die Ungerechtigkeit der Welt verursacht wird. Bella begegnet diesem allerdings nicht mit dem Zynismus ihrer Mitmenschen, sondern mit dem reinen Herzen der Unschuld. Eine denkwürdige Figur! Und als wäre die Geschichte nicht schon interessant genug, verpackt sie Lanthimos noch dazu in einer fantastischen, märchenhaften Kulisse, die einen staunen lässt. „Poor Things“ ist ein Gesamtkunstwerk, das allerdings gerade durch die Verfremdung greifbar wird. Denn vor diesem Hintergrund der Verfremdung tritt das Universelle der Geschichte und ihrer Figuren hervor. So ist Lanthimos‘ bislang experimentellster Film gleichzeitig sein vielleicht auch zugänglichster.
8,5 Kürbisse
(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)