Christopher Nolan

Prestige – Die Meister der Magie (2006)

Regie: Christopher Nolan
Original-Titel: The Prestige
Erscheinungsjahr: 2006
Genre: Thriller, Drama
IMDB-Link: The Prestige


Christopher Nolan gilt als einer der neuen Säulenheiligen Hollywoods – verbindet er doch Blockbuster-Kino mit Anspruch. Es scheint fast, als hätte es eine Ära „Vor Nolan“ gegeben, in der entweder hirnlose Straßenfeger gedreht werden konnten (die meisten Action-Filme davon von Michael Bay, dem ungekrönten König der bombastischen Explosionen, während sein Bruder im Geiste Roland Emmerich das Genre der Science Fiction-Katastrophenfilme besetzte), oder anspruchsvolles Arthouse-Kino, das dann in Programmkinos vor einer einstelligen Zahl an Zuschauern gezeigt wurde. Christopher Nolan verbindet diese beiden Welten und beweist, dass man für breitenwirksame Unterhaltung nicht den Anspruch komplett über Bord werfen muss. „The Prestige“ aus dem Jahr 2006 mit Hugh Jackman und Christian Bale in der Hauptrolle zweier rivalisierender Magier (mit einem exquisiten Support Cast um sie herum: Michael Caine, Scarlett Johansson, Rebecca Hall, Piper Perabo, Andy Serkis, David Bowie) ist eines von mittlerweile vielen Beispielen des Nolan’schen Schaffens intelligenter Blockbuster. Während viele ähnlich gelagerte Thriller den Fehler machen, sich zu sehr auf den Plot-Twist zu verlassen, ohne diesen ausreichend vorzubereiten, führt jede Filmsekunde in „The Prestige“ auf den entscheidenden Moment am Ende zu, der selbst einen M. Night Shyamalan neidisch werden lässt. Und das ist große Kunst, denn so wird aus „The Prestige“ ein Werk wie aus einem Guss, in dem sich alles der (spannend inszenierten) Geschichte unterordnet. Dazu kommt Nolans grandioses Gespür für Ausstattung und Atmosphäre, die den Zuseher gänzlich eintauchen lassen in diese seltsame Welt, in der nichts ist, was es zu sein scheint. Und dabei handelt die Geschichte im Grunde von nichts mehr als zwei Egomanen, deren angekratztes Ego zu immer extremeren Maßnahmen verleitet bis hin zur vollständigen Selbstaufgabe nur um des Ruhmes willen. Kann man davon eine Aussage zur heutigen Lage der Gesellschaft ableiten? Vermutlich. Und das macht „The Prestige“ nicht nur spannend, sondern auch zeitlos.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)

Oppenheimer (2023)

Regie: Christopher Nolan
Original-Titel: Oppenheimer
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Biopic, Drama, Historienfilm
IMDB-Link: Oppenheimer


Christopher Nolan ist vielleicht der kompromissloseste Regisseur unserer Zeit. Er macht keine halben Sachen. Ein dreistündiges Biopic über einen theoretischen Physiker? Warum nicht? Es ist Nolans große Kunst, dass er diese drei Stunden so spannend gestaltet wie einen Thriller und so kurzweilig, als würde er maximal zwei Stunden dauern. Lediglich das Steißbein verkündet gegen Ende des Films die tatsächliche Sitzdauer. J. Robert Oppenheimer (Cillian Murphy), wie gesagt theoretischer Physiker in den USA, gilt heutzutage als „Vater der Atombombe“. Mitten im Nirgendwo stampfte er während des Krieges mit den Mitteln des Militärs (verkörpert durch Matt Damon als General Groves ) die Forscherstadt Los Alamos aus dem Boden, um dort in zwei Jahren die Atombombe zu entwickeln, bevor den Nazis, die ebenfalls daran forschen, der Durchbruch gelingt. Um sich versammelt er die besten Köpfe der Physik samt deren Familien, um das Unmögliche möglich zu machen. So weit, so gut bzw. so bekannt. Was Nolan allerdings aus dem an sich drögen Stoff macht, ist überwältigendes Kino. Wie so oft in seinen Filmen sind unterschiedliche Zeitstränge miteinander verwoben. Die eigentliche Rahmenhandlung bildet eine Befragung eines Ausschusses in einem Hinterzimmer nach dem Krieg zu Oppenheimers Sympathie für den Kommunismus mit dem Ziel, ihn, den Star der Wissenschaft und Berater des Kabinetts, zu diskreditieren und ihm seine Sicherheitsstufe zu entziehen. Eingewoben ist hierbei ein kurzer biographischer Exkurs, die Arbeit an der Bombe selbst und eine weitere Anhörung in der Zukunft, diesmal seinen Förderer und Mentor, den ehemaligen Leiter der Atomenergiekommission Lewis Strauss (Robert Downey Jr.), betreffend. Es liegt an Nolans penibler Regie, dass diese Zeitstränge genuin so miteinander verwoben sind, dass man nach einiger Eingewöhnung gut den Überblick behält. Gleichzeitig erforscht Nolan auch das Innenleben des genialen, aber schwierigen Wissenschaftlers Oppenheimer. Unter Nolans Blick bleibt dieser bis zum Schluss eine ambivalente Figur, die sich völlig im Klaren darüber scheint, was die Erfindung der Atombombe bedeutet, dennoch aber fast schon besessen auf dieses inhumane Ziel hinarbeitet. Eine der intensivsten Szenen des Films spielt sich ab, als der Verteidigungsminister samt seinem Stab, dem auch Oppenheimer beratend angehört, fast kaltblütig mathematisch das Für und Wider des Abwurfs einer Atombombe auf Japan und die Frage nach den „besten“ Zielen erörtert. Die Hintergründe für diese letztlich geschichtsverändernde Entscheidung werden dadurch greifbar, was den Schrecken über die Konsequenzen dieser Handlung allerdings in keinster Weise mindert. „Oppenheimer“ ist ein klarer Anwärter auf den Film des Jahres. Mich würde es wundern, wenn er während der Award-Season nicht abräumen würde, was es abzuräumen gibt. Und ich rechne mit einem Regen an Nominierungen für die Oscars Anfang nächsten Jahres: Cillian Murphy, Robert Downey Jr. scheinen gesetzt zu sein, dazu vielleicht sogar noch Emily Blunt und/oder Florence Pugh, dazu erwarte ich Nominierungen für den besten Film, die beste Regie, den besten Schnitt, die besten Visual Effects, den besten Ton, die beste Kamera, die beste Maske und die beste Musik. In einigen Monaten werden wir sehen, ob die Rechnung aufgeht.


9,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Universal Pictures – © Universal Pictures. All Rights Reserved, Quelle http://www.imdb.com)

Interstellar (2014)

Regie: Christopher Nolan
Original-Titel: Interstellar
Erscheinungsjahr: 2014
Genre: Science Fiction, Drama
IMDB-Link: Interstellar


Christopher Nolan macht es seinem Publikum in der Regel nicht leicht. Da muss man schon konzentriert bei der Sache bleiben und mitdenken, und selbst dann erschließen sich viele Filme erst bei der zweiten oder dritten Sichtung – oder überhaupt nie. „Interstellar“ mit Matthew McConaughey und Anne Hathaway in den Hauptrollen (und prominent besetzt in den Nebenrollen mit Jessica Chastain, Michael Caine, Matt Damon, Ellen Burstyn und Casey Affleck) ist so ein Fall, bei dem man bei der ersten Sichtung wohl hauptsächlich die eindrucksvollen Bilder auf sich wirken lässt, aber im Grunde keinen Plan hat und am Ende mit vielen Fragezeichen im Kinosaal oder vor dem Fernseher sitzt. Bei mir war es jedenfalls so, damals, beim ersten Kinobesuch. Ja, das war alles grandios, was da über die Leinwand flimmerte, der Film war interessant und trotz seiner langen Laufzeit kurzweilig und spannend, die Bilder – ob im Weltall, auf einer von Sandstürmen geplagten Erde oder auf den fremden Planeten – unfassbar schön anzusehen mit hohem Erinnerungswert, aber: WHAT? THE? ACTUAL? FUCK??? Jahre später dann die zweite Sichtung, und zu den schönen Bildern gesellte sich dann endlich eine komplexe, aber verständliche Handlung. Über die physikalischen Grundprinzipien, auf die der Film beruhen soll, kann und will ich nicht eingehen, dafür ist mein Kürbis viel zu hohl, aber in sich klingt die Geschichte stimmig – und das ist in der fiktiven Welt des Films das Wichtigste. Und weil der Inhalt so vielschichtig und kompliziert ist, will ich gar nicht erst darüber schreiben, sondern einfach nur auf den Weg geben: Wenn euch der Film bei der ersten Sichtung einen Knoten in die Hirnlappen gemacht hat, gebt ihm zumindest noch eine Chance. Es hat schon einen Grund, warum Christopher Nolan als neuer Säulenheiliger des Blockbusterkinos gefeiert wird.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 2014 – Paramount Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

Tenet (2020)

Regie: Christopher Nolan
Original-Titel: Tenet
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Thriller, Action, Science Fiction
IMDB-Link: Tenet


Das Kino ist zurück, und welcher Film eignet sich besser für dieses Comeback als Christopher Nolans heiß ersehntes neues Werk? „Tenet“ reiht sich nahtlos ein in die Reihe komplexer, aber unterhaltsamer Mindfuck-Blockbuster, für die sich der Perfektionist mit Hang zum Gigantismus mittlerweile einen Namen gemacht hat. Wieder einmal spielt Nolan mit unserer Wahrnehmung von Zeit, und diesmal geht er in die Vollen. Sein namenloser, von John David Washington äußerst souverän gespielter Protagonist hat dabei so wenig den Durchblick wie die Zuseher selbst. Dieser Protagonist arbeitet als Geheimagent für eine noch geheimere Organisation, die nicht weniger versucht, als den dritten Weltkrieg zu verhindern – der von einer böswilligen Zukunft initiiert werden könnte. Trockene Martinis schlürfen geht sich dabei nicht mehr aus, auch wenn alles angerichtet wäre für einen Bond-Film – inklusive russischem Oberschurken (Kenneth Branagh mit viel Freude daran, mal den Bösewicht geben zu dürfen), dessen hübscher und durchaus rachsüchtiger Frau (Elizabeth Debicki) und geheimnisvollem Agentenkollegen (Robert Pattinson, einmal mehr mit einer sehr erwachsenen Leistung). Aber Nolan wäre nicht Nolan, wenn er einfach nur einen kompliziert gestrickten Agententhriller gedreht hätte. „Tenet“ ist viel mehr. „Tenet“ ist nichts weniger als der Versuch, Zeit komplett neu zu denken und filmisch zu zeigen. Und das führt zu einigen der denkwürdigsten Bilder, die jemals über eine Kinoleinwand gelaufen sind. Erinnerungen an die zusammengefaltete Stadt in „Inception“ werden wach. Oder die fremdartigen Planetenoberflächen in „Interstellar“. Das sind Bilder, wie sie nur Christopher Nolan erschaffen kann. Sobald man aber anfängt, diese Bilder verstehen und analysieren zu wollen, dreht die Kurbel im Oberstübchen durch, und es raucht bei den Ohren raus. Aber vielleicht ist es auch genau das, was Nolan mit seinen Filmen beabsichtigt: Den Zusehern das Staunen zurückzubringen in einer Ära des Kinos, in der man bereits alles gesehen hat. Also: Vorhang auf für die Lichtspieltheater unseres Landes. Das Kino ist wieder da – und wie!


8,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle imdb.com)

Dunkirk (2017)

Regie: Christopher Nolan
Original-Titel: Dunkirk
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Drama, Historienfilm, Kriegsfilm
IMDB-Link: Dunkirk


1940. Der Kessel von Dünkirchen. 400.000 britische (fast die gesamte Berufsarmee Großbritanniens) und französische Soldaten sind abgeschnitten von der Heimat und warten am Strand auf Rettung. Mitten drin der einfache Soldat Tommy (Fionn Whitehead), der den Zuseher die nächsten 1,5 Stunden lang durch die spektakulärste militärische Rettungsaktion der Geschichte führt. Es sind einfache Fischer und Segler (darunter der von Mark Rylance gespielte Dawson), die zu Hilfe eilen und über den Ärmelkanal setzen. Über ihnen versuchen britische Kampfflieger wie zB Farrier (Tom Hardy) die Schiffe gegen deutsche Flugzeuge zu beschützen. Es geht hier nicht mehr um den Kampf gegen den Feind, um Heldenmut oder waghalsige Manöver. Es geht um das schiere Überleben. Und das zeigt „Dunkirk“, der neue Film von Christopher Nolan, ohne Kitsch und Pathos (ganz anders als das unsägliche „Hacksaw Ridge“ von Mel Gibson), aber mit nervenzerfetzender Spannung auf. „Dunkirk“ ist ein unkonventioneller Kriegsfilm, da er den Krieg und seine Protagonisten nicht überhöht. Die Luftgefechte zwischen den Kampffliegern sehen unspektakulär aus, ohne dabei an Spannung einzubüßen. Man spürt: Jeder Fehler kann sofort schwerwiegende Konsequenzen haben. Und doch versucht jeder einfach nur, seinen Job zu machen. Die Männer, die hier um ihr Überleben und das der Evakuierten auf den Schiffen kämpfen, sind keine wagemutigen Draufgänger. Sie sind einfach nur Menschen, die schon Vieles erlebt haben und durchleiden mussten, die traumatisiert sind, schweigsam, aber sie tun, was getan werden muss. Was zur Spannung beiträgt, ist der grandiose Soundtrack von Hans Zimmer, in den immer wieder das Ticken einer Uhr eingebaut ist, sowie die nicht chronologische Erzählform. Immer wieder werden Szenen aus verschiedenen Blickwinkeln neu gezeigt – was ich durchaus als Verweis auf die improvisierte und auch chaotische Rettungsaktion verstehe sowie als Metapher für den Verlust des Zeitgefühls der Soldaten, für die sich in ihrer schier aussichtslosen Lage Minuten wie Stunden und Stunden wie Ewigkeiten hinziehen. All das erzählt der Film ziemlich matter of fact. Er überhöht nichts. Gerade deshalb wirkt der Schrecken des Krieges lange nach. Und auch der Film wird lange überdauern und auch künftig in Christopher Nolans ohnehin schon eindrucksvoller Filmografie als eines seiner Meisterwerke herausragen.


8,5
von 10 Kürbissen