Western

Killers of the Flower Moon (2023)

Regie: Martin Scorsese
Original-Titel: Killers of the Flower Moon
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama, Krimi, Western, Historienfilm
IMDB-Link: Killers of the Flower Moon


Die 96. Oscarverleihung ist nun schon wieder Geschichte, und der wohl größte Verlierer des Abends war Martin Scorseses „Killers of the Flower Moon“. Zehnmal nominiert ging er am Ende des Tages ohne einzigem Goldglatzkopf nach Hause. Der Film scheint die Meinungen zu spalten. Sehen die einen ein bildgewaltiges Meisterwerk, können sich die anderen kaum die 3,5 Stunden lang wach halten. Als waschechter Österreicher berufe ich mich mal wieder auf die Neutralität und versuche ganz opportunistisch eine Position in der Mitte zu finden. Auf der Plusseite dieses ambitionierten Werks stehen eine durchaus interessante Geschichte rund um die vielfachen Morde an Stammesmitgliedern der Osage, die durch Ölfunde auf ihrem Land zu Reichtum gelangten (wie so oft gelingt es Scorsese, die dunklen, eher verschwiegenen Kapiteln der amerikanischen Geschichte zu Tage zu bringen und aus ihnen eine Art Zustandsbeschreibung der heutigen Welt abzuleiten) sowie eine sehr eigene und einzigartige, fiebrige Atmosphäre, die durch formvollendete Bilder, aber auch einem genial reduzierten Soundtrack von Robbie Robertson getragen wird. Auch der Cast weiß zu überzeugen, wenngleich Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle des gierigen und etwas naiven Handlangers Ernest Burkhart die Mundwinkel etwas zu weit nach unten hängen und er so fast schon eine Karikatur seines Charakters schafft, und ich Lily Gladstones konzentrierte Darstellung zwar mag, aber nicht als so überragend empfinde wie manch andere Kritiker. Dafür zeigt Robert DeNiro, dass er es immer noch kann, wenn er will, und ausnahmslos alle Nebenrollen sind perfekt gecastet. Aber man muss schon auch über das Thema Ambition reden. Diese ist in jeder Einstellung des Films merkbar – Scorsese wollte hier einmal mehr das große amerikanische Epos schaffen. Und so packt er so gut wie alles in den Film hinein, ohne sich darum zu scheren, ob ihm da Publikum dabei folgen kann oder will. So schleppt sich die erste Stunde des Films recht ereignislos dahin, nur getragen von der interessanten Atmosphäre, und man muss schon Geduld beweisen, bis es mal ein wenig zur Sache geht und der Film Fahrt aufnimmt. Wenn dieser Punkt erreicht ist, zieht das Tempo aber an und Scorsese spielt all seine Stärken aus. Ein Meisterwerk ist der Film daher aufgrund dieses uneinheitlichen Tempos nicht, aber dennoch gehört er mit Sicherheit zu den stärkeren Beiträgen des vergangenen Kinojahrs, der aber vielleicht im Heimkino sogar noch ein Stück besser aufgehoben ist, da bei 3,5 Stunden die Blase dann doch mal ein wenig zu drücken beginnt.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)

Der Texaner (1976)

Regie: Clint Eastwood
Original-Titel: The Outlaw Josey Wales
Erscheinungsjahr: 1976
Genre: Western
IMDB-Link: The Outlaw Josey Wales


Clint Eastwood und Western: Das gehört zusammen wie Topfenstrudel und Vanillesauce, wie die Südosttangente und der Morgenverkehr, wie Texas und die NRA. Kaum jemand hat ein ganzes Genre so geprägt wie Clint Eastwood den Western. Gut, in diesem Fall hat John Wayne noch ein Wörtchen mitzureden, aber es lässt sich jedenfalls sagen, dass Eastwood der legitime Nachfolger von Wayne in diesem Genre ist. Doch geht Eastwood die Filme in „seinem“ Genre mit mehr Hirn an, auch das lässt sich sagen. Während sich John Wayne in der Rolle des heldenhaften Obermachos gefiel, sind Eastwoods Charaktere, so schweigsam sie auch sein mögen, mit mehr Tiefgang ausgestattet. „Der Texaner“, unter seiner Regie 1976 in die Kinos gekommen, ist in diesem Fall der Südstaatenfarmer Josey Wales, dessen Frau und Kind während des Bürgerkriegs von einer Gang von Nordstaaten-Guerillas ermordet wird. Wales schwört Rache und schließt sich seinerseits nun einer Bande von Südstaaten-Kämpfern an. Diese Guerilla-Truppen gab es tatsächlich auf beiden Seiten, und keine Bande war in ihrem Morden, Brandschatzen und Vergewaltigen besser als die andere. Irgendwann endet der Krieg, und Wales‘ Trupp wird in einen Hinterhalt gelockt. Als einziger, der sich den siegreichen Nordstaaten nicht ergibt, wird Josey Wales zum gejagten Outlaw. Seine Flucht wird zur Odyssey, die immer wieder zu neuen Begegnungen führt: Mit den Indianern Lone Watie (Chief Dan George mit einer grandiosen Darstellung) und Little Moonlight (Geraldine Keams), mit einer Familie von Siedlern (unter anderem Sondra Locke), und nach und nach rückt die Rachegeschichte in den Hintergrund. Doch das Schicksal bleibt Josey Wales auf den Fersen. Warum „Der Texaner“ heute als ein absoluter Genre-Klassiker gilt und in die Liste der 1001 Filme, die man gesehen haben sollte, ehe das Leben vorbei ist, aufgenommen wurde, erschließt sich mit jeder Szene, jeder Einstellung mehr: Statt einer geradlinigen, actionreichen Rachegeschichte erzählt Eastwood vom Miteinander und Gegeneinander in einem Land und einer Zeit, in der jedermann auf sich selbst gestellt war. Dabei werden Klischees angedeutet, um dann meisterhaft umschifft zu werden. Eine spürbare Charakterentwicklung ist Eastwood wichtig, und das gilt für all seine Figuren. Das zieht sich auch durch all seine Regiearbeiten: Es gibt in seinen Filmen kaum Schwarz-Weiß. Es sind die Grautöne, die ihn als Filmemacher faszinieren. „Der Texaner“ ist hiervon keine Ausnahme. Nicht verunsichern lassen durch den unten verlinkten Trailer, der führt diesbezüglich in die Irre. Daher lautet meine klare Empfehlung, sich den Film trotz des Trailers anzusehen.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: © 1976 – Warner Bros. All rights reserved. Quelle http://www.imdb.com)

Alamo – Der Traum, das Schicksal, die Legende (2004)

Regie: John Lee Hancock
Original-Titel: The Alamo
Erscheinungsjahr: 2004
Genre: Western, Kriegsfilm, Drama
IMDB-Link: The Alamo


The Alamo – Der Traum, das Schicksal, die Legende. Und natürlich: Der Offizier, der Westernheld, die Kanone, die Mexikaner, das Messer, die Geige, die Befestigung, die Belagerung, der Ansturm, das Gefecht, der Tod und die Schlacht danach. Habe ich irgendwas vergessen an Substantiven, die unbedingt noch in den deutschen Titelzusatz eingebaut werden müssten? Ich glaube nicht. „The Alamo“, wie der Film im Original schlicht heißt, ist jedenfalls ein hierzulande eher unbekanntes Remake eines John Wayne-Westernklassikers. Schändlicherweise kenne ich das Original nicht, und so war John Lee Hancocks Neuverfilmung mein erster Zugang zu dem historischen Stoff. Die Story spielt zu Zeiten des texanischen Unabhängigkeitskrieges zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die Befestigung The Alamo in der Nähe von San Antonio genießt besondere strategische Bedeutung sowohl für die Mexikaner als auch die Texaner, die auf diesem Boden ihren eigenen Staat nach Manier der damaligen Zeit gründen möchten: Wir kommen einfach in ein besiedeltes Land und sagen nun, dass das ab sofort uns gehört. Man kann schon verstehen, dass die Mexikaner das nicht so leiwand finden, auch wenn sie streng genommen auch wieder nicht die ersten waren, die einen Fuß auf dieses Land gesetzt haben. Aber die indigene Bevölkerung kommt in diesem Konflikt nicht vor – die haben sich wohl schon aus dem Staub gemacht und lassen Mexikaner und Texaner sich vernünftigerweise einfach gegenseitig die Köpfe einschlagen. Der junge, unerfahrene Offizier William Travis (Patrick Wilson) hat jedenfalls die undankbare Aufgabe, mit etwa zweihundert Mann The Alamo gegen heranstürmende Mexikaner, mehr als Tausend an der Zahl, zu verteidigen. Diese werden von Santa Anna (Emilio Echevarría) angeführt, der sichtlich nicht alle Murmeln beisammen hat. Und das dürfte historisch sogar korrekt sein. Das Kommando der belagerten Texaner teilt sich Travis mit James Bowie (Jason Patric), dem Anführer der Miliz, und auch Western- und Volksheld Davy Crockett (Billy Bob Thornton) hat sich zur Verteidigung der Festung eingefunden. Doch eines ist klar: Wenn der texanische Präsidentschaftsaspirant Sam Houston (Dennis Quaid) nicht bald ordentliche Verstärkung schickt, kommt keiner lebend aus dem Fort. Doch der sitzt lieber untätig herum und faselt was von offizieller Anerkennung des Staates Texas, bevor er den Arsch hochbekommt. Die Geschichte nimmt also ihren erwartbaren Lauf. „The Alamo“ ist ein historisch durchaus akkurates Stück Kino, mehr Kriegsfilm als Western, mehr Verzweiflung als Pathos. Was ich an dem Film durchaus schätze, ist, dass er sich um leise Töne bemüht und auch das Kampfgeschehen nicht in einer Gewaltorgie verheizt, sondern lieber punktuell die Tragik zeigt, wenn Männer, die eigentlich allesamt lieber woanders sein wollen, mit Gewehren und Bajonetten aufeinander losgehen. Die wohl schönste Szene des ganzen Films und damit auch ein inhärentes Statement ist, als die Mexikaner wie vor jedem Beschuss des Forts einen Kriegsmarsch spielen, um den belagerten Texanern Angst einzujagen, und Davy Crockett schließlich zu seiner Geige greift, um den Marsch zu begleiten. Für einen kurzen Moment sind Belagerer und Belagerte in Harmonie vereint, und ausnahmsweise verzichten die Mexikaner anschließend auf den obligatorischen Kanonendonner. Allerdings sind gelungene Momente wie diese etwas zu selten, und viele Szenen zu träge inszeniert, um echte Spannung aufkommen zu lassen. Auch die meisten Charaktere bleiben seltsam blass trotz schauspielerischer Grandezza, die diese ausfüllen. Historische Genauigkeit stand hierbei über allem anderen und führte in der Umsetzung zu einem zwiegespaltenen Ergebnis.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 2003 Buena Vista Pictures Distribution. All Rights Reserved., Quelle http://www.imdb.com)

Engel der Gejagten (1952)

Regie: Fritz Lang
Original-Titel: Rancho Notorious
Erscheinungsjahr: 1952
Genre: Western, Drama
IMDB-Link: Rancho Notorious


Fritz Lang ist eine Regie-Legende und vor allem für seine frühen Klassiker wie Die Nibelungen, „Metropolis“ und „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ bekannt. Dass er in seiner späteren Hollywood-Karriere auch Western drehte, war mir neu. In „Engel der Gejagten“ (im Original: „Rancho Notorious“) spielte Marlene Dietrich die weibliche Hauptrolle – eine Zusammenarbeit, die nicht ganz friktionsfrei verlaufen sein soll. Dem Ergebnis sieht man dies aber nicht an. „Engel der Gejagten“ ist ein knackiger, staubtrockener Western mit einer grimmigen Story: Während der Cowboy Vern Haskell (Arthur Kennedy) auf der Ranch arbeitet, wird seine Verlobte, die einen Laden betreibt, von zwei Outlaws ausgeraubt, vergewaltigt und ermordet. Einen findet Vern später mit einer Kugel im Rücken, doch bevor er herausfinden kann, wer der Partner des Gangsters ist, haucht dieser sein Leben aus. Die einzige Spur, die Vern hat, führt quer durch den Südwesten der Staaten zu einer mysteriösen Damen mit dem Namen Atlas Keane (in der deutschen Synchronisation: Cora Keane), gespielt von der schon erwähnten Marlene Dietrich. Diese war als Bardame tätig und betreibt nun eine Zuflucht für Gesetzlose, die eine Zeit lang untertauchen müssen. Vern gibt sich als solcher aus, um in den Reihen der Männer, die von Atlas Keane beherbergt werden, nach dem Mörder seiner Verlobten zu suchen. Hierzulande ist „Engel der Gejagten“ ein eher unbekannter Westernklassiker, aber er hat schon seine Qualitäten. Das Tempo der Inszenierung ist hoch, da geht Fritz Lang keine Umwege, sondern führt den Zuseher auf direktem Weg durch die Story, und Arthur Kennedy legt seinen Vern zwar nicht sonderlich komplex an, dennoch erspielt er sich genügend Sympathiepunkte, um die Geschichte tragen zu können. Für mich die charismatischste Figur im ganzen Ensemble ist Atlas‘ Liebhaber Frenchy Fairmont (Mel Ferrer), dem man noch lieber folgt als der eigentlichen Hauptfigur. Und das ist vielleicht auch die größte Schwäche des Films: Da er sich eben nicht allzu viel Zeit nimmt, um die Figuren sauber herauszuarbeiten, fehlt trotz der tragischen Story eine tiefere emotionale Bindung zum Geschehen. Eine Sichtung ist er dennoch wert, beweist er doch: Fritz Lang konnte alles, selbst Western.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Zwei vom Affen gebissen (1967)

Regie: Giuseppe Colizzi
Original-Titel: Dio perdona … io no!
Erscheinungsjahr: 1967
Genre: Western
IMDB-Link: Dio perdona … io no!


1967 befindet sich der Italo-Western auf einem ersten Höhepunkt. Das Publikum lechzt nach mehr. Auftritt eines coolen Blonden mit stahlblauen Augen und eines schlagkräftigen, aber gutmütigen Bären. Das Kult-Duo Terence Hill & Bud Spencer erlebt seine Geburtsstunde. Und schon bald sehen die Filmstudios und Vertriebe das gewaltige Vermarktungspotential … und vermurksen alles. Es beginnt damit, dass die Rolle des von Hill gespielten Falschspielers, der von einem engen Freund übers Ohr gehauen wird, im Original Cat Stevens geheißen hat (praktischerweise hat der reale Cat Stevens seinen Namen etwa zehn Jahre später abgelegt, um Verwechslungen zu vermeiden, so die gerade von mir frei erfundene Legende). Die deutsche Synchronisation denkt sich: Cat Stevens, wie fad! Die Django-Filme mit Franco Nero in der Hauptrolle liefen zuletzt ja richtig gut, also warum nennen wir die Hauptfigur nicht einfach Django (was in der verhatschten Synchronisation, aber davon später, wie „Zango“ klingt) und bringen den Film im deutschsprachigen Raum unter dem Titel „Gott vergibt … Django nie!“ ins Kino? Gesagt, getan. Und nun zum zweiten Problem mit diesem Film, das uns die Synchronisation eingebrockt hat: Nachdem das Duo Spencer/Hill eine Reihe von sehr erfolgreichen Filmen, darunter etliche Westernkomödien wie Die linke und die rechte Hand des Teufels gedreht hatte, dachte man sich 1981: Hey, nachdem das Publikum diese schnoddrigen Sprüche und Prügelorgien liebt, synchronisieren wir doch einfach auch ihren Erstling noch mal neu und reichern ihn um diese markanten Kalauer an. Unter dem neuen Titel „Zwei vom Affen gebissen“ läuft der Film noch einmal durch die deutschsprachigen Kinos. Klingt gut in der Theorie, ist aber fürchterlich in der Praxis. Denn „Dio perdona … io no!“, wie der Film unter der Regie von Giuseppe Colizzi im Original heißt, ist alles andere als Klamauk. Wir haben es hier mit einem knallharten, brutalen Western der alten Schule zu tun. Hier wird gemordet, betrogen, geblutet und gefoltert. Die flapsigen Sprüche, die an allen möglichen und unmöglichen Stellen hineingeschnitten wurden und die den Reiz der späteren Filme der beiden erst ausmachen, verwässern die spannungsgeladene, düstere Grundstimmung dieses Films völlig. Da hilft es nicht einmal, dass Frank Wolff einen unfassbar charismatischen Schurken spielt und Terence Hill und Bud Spencer vielleicht die seriöseste Leistung ihrer gesamten Schauspielkarriere zeigen – die Synchronisation fährt diesen knallharten Western beinahe komplett an die Wand. 5,5 Kürbisse gibt es immerhin für die nicht kaputt zu bekommende Grundstruktur. Man wünscht sich nur in fast jeder Szene, die ursprüngliche Synchronfassung sehen zu können statt dieses Gemurkses.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Rango (2011)

Regie: Gore Verbinski
Original-Titel: Rango
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Animation, Western
IMDB-Link: Rango


Chamäleons sind ja sehr anpassungsfähig. Vielleicht gehören sie nicht zu den mutigsten Tierarten, aber wenn man bei Gefahr immer schön mit dem Hintergrund verschmelzen kann, ist Mut auch gar nicht nötig. Doch ein verträumter Vertreter dieser Spezies wird eines Tages damit konfrontiert, dass man sich eben nicht aus jeder Situation wegducken kann, als er unversehens während einer Übersiedlungsfahrt aus dem Wagen geschleudert wird und in der Wüste landet. Dort trifft er schon bald auf die Einwohner einer heruntergekommenen Westernstadt, deren wichtigste Währung, Wasser, zu versanden droht. Auch der Bürgermeister kann hier nichts ausrichten, doch ernennt er Rango, wie sich die Echse nun nennt, zum Sheriff der Stadt, nachdem diese etwas zu sehr mit (erfundenen) Abenteuern geprahlt hat. Und Rango muss nun etwas in sich entdecken, das er bislang nie benötigt hat, nämlich den besagten Mut. „Rango“ von Gore Verbinski ist eine liebevoll animierte Western-Hommage, die das Thema des einsamen Retters in rauen Zeiten aufgreift und mit einem humorvollem Unterton belegt. „Rango“ ist kein Westernheld, und wenn ihm mal etwas Heldenhaftes gelingt, dann durch Zufall und Glück. Was aber nicht bedeutet, dass er nicht an diesen Erfahrungen wachsen kann. Gleichzeitig versieht Verbinski seinen Film aber mit einer klaren Kritik an Kapitalismus und Verschwendung, was „Rango“ auch elf Jahre später immer noch aktuell wirken lässt. Ja, den Western-Topos muss man mögen, damit der Film zündet, er ist damit schon recht speziell auf eine engere Zielgruppe zugeschnitten, aber wenn man sich darauf einlässt, ist an ihm nichts auszusetzen.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 2011 – Paramount Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

Die glorreichen Sieben (1960)

Regie: John Sturges
Original-Titel: The Magnificent Seven
Erscheinungsjahr: 1960
Genre: Wester
IMDB-Link: The Magnificent Seven


Was für ein Staraufgebot! Allein schon die titelgebenden Sieben: Steve McQueen, Charles Bronson, James Coburn, Horst Buchholz, Brad Dexter, Robert Vaughn und natürlich Yul Brynner (oder, wie es ein Moviepilot-User ausgedrückt hat: die schnellste Billardkugel der Welt), dessen Charisma und Glatze alles Andere überstrahlen. Dazu kommen mit Eli Wallach ein wunderbarer Schurke, Mexikaner mit einem guten Schmäh auf den Lippen, anhängliche junge Heldenverehrer, diese eine schöne Frau, für die man sich auch ein Dutzend Kugeln einfängt, wenn es denn sein muss (aber lieber nicht, sonst hat man ja nichts mehr von der Frau), Sprüche, so trocken wie der mexikanische Wüstensand, und die Erkenntnis, dass am Ende diejenigen, die im Staub liegen, unter Umständen sogar besser dran sind als die Anderen, die das Gemetzel überlebt haben und die Einsamkeit des Westens weiter in sich tragen müssen. Oder man wird Farmer, denn trotz aller Entbehrungen ist ein reines Gewissen vielleicht das höchste Gut, das man in einer Welt, in der Auge um Auge, Zahn um Zahn gilt, besitzen kann. Ist der Western-Klassiker von John Sturges besser als das ebenfalls legendäre Original, Akira Kurosawas „Die sieben Samurai“? Das vielleicht nicht, aber die beiden Filme stehen wie zwei Säulen eines Tors gleichberechtigt nebeneinander.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 1960 Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc., Quelle http://www.imdb.com)

The Power of the Dog (2021)

Regie: Jane Campion
Original-Titel: The Power of the Dog
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Western, Drama
IMDB-Link: The Power of the Dog


Benedict Cumberbatch mal gegen den Strich gebürstet: In „The Power of the Dog“ darf der charmante Brite mal ungewaschen sein, schlechte Manieren zeigen und generell ein Arschloch erster Güte spielen. Hier ist er nämlich einer von zwei Brüdern, die ihren Lebensunterhalt als Rancher in den Weiten von Montana verdienen. Er ist dabei der klassische Antiheld des Westerns, ein richtiges Raubein, während sein Bruder (Jesse Plemons) auf der sensiblen Seite ist, ein gelegentliches Bad zu schätzen weiß und auch weiß, wann und wie man einer traurigen Witwe (Kirsten Dunst) Trost spenden muss. Das führt dazu, dass die Witwe samt Sohn (Kodi Smit-McPhee) bald in die Ranch einzieht, sehr zum Missfallen des Raubeins Phils. Und überhaupt der Sohn: Der ist ein bisschen creepy, ein Bücherwurm, der mal Arzt werden will, der dabei aussieht wie der erste Prototyp eines Goths, und viel zu zartbesaitet für das Leben im Wilden Westen scheint. Natürlich passiert erst mal das, was passieren muss: Für das Raubein ist das Sensibelchen samt Mutter ein gewaltiger Dorn im Auge. Und so baut sich eine unheilvolle Spannung auf. In Jane Campions Western „The Power of the Dog“ liegen die Dinge aber oft anders, als man sie erwartet, und selten habe ich einen Film gesehen, der so geschickt falsche Fährten legt und Zusehererwartungen so gnadenlos unterläuft, ohne das zum Stilmittel verkommen zu lassen. Die Geschichte ist absolut stimmig, und doch überrascht sie jeden Moment aufs Neue. Das ist schlicht großartig gemacht, da kann man nur seinen Cowboyhut ziehen. Und es fällt somit auch kaum ins Gewicht, dass der Film (zu) viele Westernklischees bedient, denn wenn diese Klischees unterm Strich dann doch unterwandert werden, kann man sich damit auch gut abfinden. Ach ja, der ebenfalls grandiose Score stammt von Johann Strauss und Jonny Greenwood. Eine wilde Mischung.


7,5 Kürbisse

(Foto: (c) Viennale)

Prisoners of the Ghostland (2021)

Regie: Sion Sono
Original-Titel: Prisoners of the Ghostland
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Action, Komödie, Eastern, Western, Fantasy
IMDB-Link: Prisoners of the Ghostland


Da haben sich die richtigen beiden gefunden: Der komplett wahnsinnige Filmmacher Sion Sono und Nicolas Cage, unumstrittener König des Slash-Filmfestivals. Viele meinen ja, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis die beiden zueinander finden würden. In „Prisoners of the Ghostland“ ist es nun endlich soweit, und komplett irre Film- und Szenenideen treffen auf gnadenlos durchexerziertes Overacting. A match made in heaven. Die Story ist dabei schon komplett nebensächlich. Ex-Bankräuber (Cage) wird von einem selbsternannten Gangster-Boss in Samurai City, wo Eastern und Western aufeinanderprallen, auf die Suche nach seinem Mädel (Sofia Boutella) ins mystische, fantastische Ghostland geschickt. Zur Motivation trägt der Held einen Lederanzug, an dem kleine Bomben an Hals, Armen und … nun ja … den Eiern befestigt sind. Scheitert er, gehen die Bomben an seinem Hals los. Betatscht er die Gerettete, müssen die Arme dran glauben. Und wann die Bomben an seinen Genitalien losgehen, muss ich wohl nicht extra erklären. Und so absurd diese Idee schon ist – Sion Sono zögert keinen Moment, diese so richtig auszukosten. Der Rest des Films sind wilde Settings, die zum Teil an Mad Max erinnern, komplett irre choreographierte Schießereien und Komparsen, die komplett gaga irgendwelche Chants singen dürfen. Ach ja, und atomare Explosionen natürlich. Das alles ist so over the top, dass man nur den Hut ziehen kann. Gleichzeitig ist der Film aber auch fürchterlich anstrengend – und aufgrund der fehlenden Story dann zwischenzeitlich sogar ein bisschen fad, wenn man sich an den ganzen visuellen Wahnsinn mal gewöhnt hat. Da stellt man dann nämlich fest, dass „Prisoners of the Ghostland“ zwar ein Gore-Fest der Sonderklasse ist, aber leider wenig Substanz hat. Im Übrigen: Arme Filmhistoriker, die irgendwann mal Nicolas Cages Karriere studieren müssen. Ab einem gewissen Punkt ist die einfach nicht mehr erklärbar.


5,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Der Schuh des Manitu (2001)

Regie: Michael Herbig
Original-Titel: Der Schuh des Manitu
Erscheinungsjahr: 2001
Genre: Komödie, Western
IMDB-Link: Der Schuh des Manitu


Okay, mit 19 sieht man viele Dinge anders als mit 39. Man lacht über andere Gags, ist vielleicht in vielerlei Hinsicht begeisterungsfähiger, während mit den zunehmenden Jahren auch diese Art von „professionellem Zynismus“ einkehrt, die einem beim Anblick der ärgsten Begebenheiten und absurdesten Dinge nur ein zurückhaltendes Schulterzucken entlocken – während sich gut versteckt das innere Kind diebisch freut und eigentlich begeistert in die Hände klatschen möchte. So, liebe Freunde, ist der Kürbis nicht. Der freut sich auch heute noch, wenn ein Mann einen Stein in seine edelsten Teile bekommt, also einen Edelstein, und Indianer im bayrischen Dialekt Unsinn parlieren. Ja, die Gags zünden vielleicht nicht mehr ganz so wie früher, als ich im Kino saß und Tränen lachte, wenn die Schoschonen, die eigentlich schön wohnen, die Behaglichkeit der Zelte verlassen, weil sie den Klappstuhl ausgegraben haben. Oder wenn schwule Indianer in Badewannen nach Perlen tauchen. Okay, die meisten Gags sind wirklich infantil und dämlich, aber gleichzeitig ist „Der Schuh des Manitu“ von Michael „Bully“ Herbig mit so viel Liebe zu den parodierten Vorbildern, den Winnetou-Filmen mit Pierre Brice und Lex Barker in den Hauptrollen, inszeniert und gleicht in Bild und Ton den Vorlagen fast bis ins kleinste Detail, dass ich auch heute noch begeistert mitgehen (und mitreden) kann. Und Sky Du Mont ist ohnehin der beste Westernschurke der Geschichte. Prove me wrong, ihr Zipfiklatscher.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)