Autor: Filmkürbis

Arielle, die Meerjungfrau (2023)

Regie: Rob Marshall
Original-Titel: The Little Mermaid
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Abenteuerfilm, Fantasy, Musical
IMDB-Link: The Little Mermaid


Disneys Neuverfilmung des Trickfilmklassikers „Arielle, die Meerjungfrau“ spaltete die Gemüter, ehe überhaupt noch die ersten Trailer dafür anliefen. Wie kann es sein, dass die blasse Arielle mit den feuerroten Haaren plötzlich eine dunkle Hautfarbe hat? Aber das entspricht doch nicht der Vorlage! Nun, wer emotional nicht stabil genug ist, eine optische Veränderung im Rahmen einer Neuverfilmung eines Märchens zu ertragen, sollte sich vielleicht generell von Film und Fernsehen fernhalten. Auf der anderen Seite gab es nach Veröffentlichung des ersten Trailers entzückendes Videomaterial auf Youtube von begeisterten farbigen Kindern, die beim Anblick der neuen Arielle (Halle Bailey) in Verzückung gerieten und ausriefen: „Die sieht so aus wie ich!“ Und das ist eine schöne Sache, finde ich. Doch ist der Film selbst, der schon im Vorfeld für so viel Diskussionsstoff sorgte, ebenfalls eine schöne Sache? Nun, das muss man ein wenig differenzierter betrachten. Einerseits trachtet Rob Marshall danach, die Geschichte des Zeichentrickfilms von 1989 so originalgetreu wie möglich zu erzählen, was in teils 1:1 nachgedrehten Bildern auch im Großen und Ganzen gelingt. Andererseits dichteten Jane Goldman und David Magee, die das Drehbuch schrieben, auch etliche Szenen neu hinzu – mit mal größerem und mal überschaubarem Mehrwert. Die Hymne des nach seiner ozeanischen Retterin schmachtenden Eric (Jonah Hauer-King), die eher dazu geeignet ist, sämtliche Fledermäuse der weiteren Umgebung zu verjagen als große Emotionen zu wecken, hätte es beispielsweise nicht unbedingt gebraucht. Dafür entpuppt sich ein Ausflug zu einem Fischermarkt als gelungene, bunte Abwechslung. Fans des Originalfilms müssen sich also bezüglich der Story nicht allzu sehr fürchten. Zum Fürchten sind eher die Animationen der tierischen Freunde der abenteuerlustigen Meerjungfrau, die so gerne ein Mensch sein würde: Aus dem sympathisch-pummeligen Fabius ist eine Flunder mit der Mimik einer … nun ja … Flunder geworden, und Krebs Sebastian ist ein Schalentier aus der Hölle. Immerhin sein karibischer Akzent ist putzig. Einzig Scuttle, im Original unüberhörbar gesprochen von Awkwafina, bringt Komik in die Geschichte. Und der Cast? Nun, Halle Bailey ist sympathisch und sichtlich bemüht, außerdem kann sie tatsächlich exzellent singen, doch fehlt es ihr ein wenig an Charisma, um die Geschichte emotional komplett zu tragen. Jonah Hauer-King als Eric wirkt ebenfalls sympathisch, aber austauschbar. Javier Bardem ist als Triton unterfordert und langweilt sich die meiste Zeit über. Bleibt einzig Melissa McCarthy als böse Meereshexe Ursula, die mit Verve und Spaß an der Sache die Ehre des Casts zu retten versucht. Insgesamt ist „Arielle, die Meerjungfrau“ ein ordentlicher Abenteuerfilm, der routiniert gemacht ist, dem aber das besondere Etwas fehlt. Einmal ansehen reicht aus.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Disney/DISNEY – © 2023 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved, Quelle http://www.imdb.com)

Mein fabelhaftes Verbrechen (2023)

Regie: François Ozon
Original-Titel: Mon Crime
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Krimi, Satire, Komödie
IMDB-Link: Mon Crime


Es heißt immer: „Verbrechen lohnt sich nicht!“ Nun, das können die beiden mittellosen Freundinnen Madeleine (Nadia Tereszkiewicz) und Pauline (Rebecca Marder) so erst einmal nicht bestätigen. Madeleine ist eine angehende Anwältin, Pauline eine angehende Schauspielerin, doch Aufträge haben die beiden nicht wirklich, und so kuschelt man sich in einer kleinen Mietwohnung zusammen und schuldet dem Vermieter nicht weniger als fünf Monatsmieten. Was die prekäre Lage zunächst erschwert: Nach einem schiefgelaufenen Vorsprechen für eine Theaterrolle, das Pauline emotional aufgewühlt verlässt, findet sich wird schon bald jener Theaterproduzent tot aufgegriffen. Für die unfähigen Herren von Polizei und Staatsanwaltschaft steht sofort fest: Die junge Schauspielerin hat den Produzenten auf dem Gewissen, und Madeleine hat plötzlich eine unerwartete Klientin. Doch, wenn es nun kein kaltblütiger Mord, sondern Notwehr gewesen wäre? Pauline und Madeleine entwickeln rasch eine Verteidigungsstrategie: Mit großen, runden Augen gesteht Pauline vor der Jury die Tötung, doch hätte sie lediglich ihre Unschuld gegen den angreifenden Wüstling verteidigen wollen. Und plötzlich erhält die Jungdarstellerin einen ungeahnten Popularitätsschub, ihr Fall spaltet die Nation und sie wird zur Fahnenträgerin unterdrückter und ausgebeuteter Frauen. Das Leben von Pauline und Madeleine scheint eine unverhoffte Wendung zu nehmen, wäre da nicht der alternde Schauspielstar aus Stummfilmzeiten Odette Chaumette (eine fast unkenntlich aufgebrezelten Isabelle Huppert, die sämtliche Manierismen ihrer 50 Jahre währenden Schauspielkarriere in diese eine Rolle legt). Und alles verkompliziert sich wieder enorm. Lohnt sich also das Verbrechen am Ende dann doch nicht? François Ozon, ein stilistischer Pendler zwischen Extremen, scheint im Vorfeld zu „Mein fabelhaftes Verbrechen“ jede Menge Woody Allen-Filme gesehen und sich gedacht zu haben: Das kann ich auch! Die mit Tempo vorgetragenen Dialoge, das bürgerlich-intellektuelle Setting, selbst die Ausstattung erinnern auch an Woody Allen, doch fehlt „Mein fabelhaftes Verbrechen“, wenn man es harsch formulieren möchte, ein wenig die geistige Flughöhe für eine knackige Satire. Die Dialoge werden zwar mit Verve vorgetragen, doch ohne bemerkenswerten Sprachwitz, ja, an manchen Stellen wirken sie sogar sehr platt und lächerlich. Als hätte Ozon in diesen Momenten eigentlich eine Parodie auf Seifenopern drehen wollen. Es ist gut möglich, dass ich den Film falsch verstehe und genau das eigentlich seine Intention war, doch werde ich mit dieser lauwarmen Ausführung nicht warm. Es gibt einiges, was man positiv hervorheben kann bei diesem Film: Die Ausstattung, die Kostüme, das hohe Erzähltempo (auch wenn dieses nicht komplett durchgehalten wird), und vor allem Nadia Tereszkiewicz macht ihre Sache gut. So ist „Mein fabelhaftes Verbrechen“ durchaus unterhaltsam und einen Blick wert, doch weckt er in mir die Lust, ihn noch einmal sehen zu wollen? Leider nein.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Past Lives (2023)

Regie: Celine Song
Original-Titel: Past Lives
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Liebesfilm
IMDB-Link: Past Lives


Das koreanische Konzept des In-Yun besagt sinngemäß, sofern ich es richtig verstanden habe, eine Verbindung zwischen zwei Menschen aus deren früheren Leben. In unserem Kulturkreis würde man eine solche Verbindung vielleicht als „Seelenverwandtschaft“ bezeichnen. Young Na und Hae Sung haben eine starke Verbindung. Als Zwölfjährige sind sie füreinander so etwas wie der erste Crush, die erste große Liebe, doch dann wandert Young Na mit ihrer Familie nach Kanada aus, wird dort zu Nora (Greta Lee), und der Kontakt verliert sich. Zwölf Jahre später kontaktiert sie der in Korea gebliebene Hae Sung (Teo Yoo) via Facebook, und zumindest virtuell nähern sich die beiden wieder einander an. Doch das Timing passt nicht. Weitere zwölf Jahre vergehen, und dann taucht Hae Sung in New York, wo Nora mittlerweile mit ihrem Ehemann lebt, auf. Ist ihr In-Yun so stark, dass sie nach all dieser Zeit endlich zueinander finden? „Past Lives“ von Celine Song ist stark autobiographisch inspiriert. Auch Song kommt aus einer koreanischen Auswandererfamilie. Die Perspektive des Films ist demnach stark auf Nora fokussiert. Wer nun allerdings einen klassischen, vielleicht leicht kitschigen-schwülstigen Liebesfilm erwartet, wird von „Past Lives“ möglicherweise überrascht werden. Zwar ist die Geschichte leichtfüßig und mit gelegentlichen Einschüben von Humor erzählt, und sie folgt zunächst auch gängigen Mustern, doch offenbart sich mit der Zeit eine Ernsthaftigkeit und Seriosität, die aus dem realistischen Blickwinkel auf Beziehungen, den Song einnimmt, resultieren. Das Leben ist nicht Schwarz und Weiß, sondern besteht hauptsächlich aus Grautönen – wie auch Beziehungen. Und so fühlt sich „Past Lives“ in jedem Moment „echt“ an: authentisch, reflektiert und ehrlich. Hervorheben muss man auch das kontrollierte, nuancierte Spiel von Greta Lee, stoisch an der Oberfläche, doch mit emotionalem Tiefgang darunter. Auch Teo Yoo und John Magaro in der Rolle des Ehemanns spielen glaubwürdig und legen ihre Charaktere vielschichtig und nachvollziehbar an. „Past Lives“ ist ein rundum gelungener Film über die Liebe, über Beziehungen, über das Leben an sich und die Wellen, die uns manchmal an verschiedene Orte führen, uns aber dennoch auch miteinander verbinden.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Verlorene Herzen (1992)

Regie: Allison Anders
Original-Titel: Gas Food Lodging
Erscheinungsjahr: 1992
Genre: Drama
IMDB-Link: Gas Food Lodging


Amerikanisches Independent-Kino, das sich aus weiblicher Perspektive mit dem Prekariat auseinandersetzt, hat eine lange Tradition, und etliche Meisterwerke wie beispielsweise Nomadland von Chloe Zhao oder American Honey von Andrea Arnold sind in dieser Tradition entstanden. „Verlorene Herzen“ von Allison Anders aus dem Jahr 1992, hierzulande teils auch unter dem Originaltitel „Gas Food Lodging“ vermarktet, reiht sich durchaus in diese Liste ein, auch wenn Anders‘ Film etwas milder ausfällt und nicht so kantig wie die beiden anderen genannten Beispiele. Im Zentrum stehen drei Frauen: Die Kellnerin Nora (Brooke Adams) und ihre beiden fast erwachsenen Töchter Shade (Fairuza Balk) und Trudi (Ione Skye). Gemeinsam leben sie in einem Trailerpark in einer Kleinstadt in New Mexico. Der Vater ist schon lange von der Bildfläche verschwunden, und so ist es Shades größter Wunsch, einen Mann für ihre Mutter zu finden, eine Art von Eskapismus, die sich auch in ihrer Vorliebe für den mexikanischen Filmstar Elvia Rivero äußert. Ihre Schwester Trudi hingegen lebt promiskuitiv in den Tag hinein, bis sie eines Tages auf den Geologen Dank (Robert Knepper) trifft, zu dem sie Vertrauen fasst. Ein Fehler? Hier zeigt sich auch das Kernthema des Films: Alle drei Frauen haben aufgrund ihrer Lebensumstände und früherer Verletzungen Vertrauen in andere Menschen verloren. Nora, die Mutter, zieht es vor, lieber einsam zu sein, auch wenn sie umworben wird, wie sie selbst unumwunden zugibt, Trudis Vertrauensprobleme beruhen auf einer traumatischen Erfahrung und Shade, die noch am offensten auf andere Menschen zugeht, fühlt sich dennoch in ihrer Fantasiewelt besser aufgehoben als in der Realität. Dennoch gelingt es Anders, den Film leichtfüßig wirken zu lassen. All diese Themen werden fast beiläufig verhandelt, ohne dadurch aber an Ernsthaftigkeit zu verlieren. „Verlorene Herzen“ ist alles Andere als ein Sozialporno. Der Film ist ehrlich an den drei Frauen und ihren Gefühlen interessiert, ohne sie zur Schau zu stellen. Es gibt auch viele leichte, positive Momente, denn wie es im Leben so ist: Wo Licht ist, ist auch Schatten, und das gilt umgekehrt genauso. Dass der Film einen runden Abschluss, eine Art Aha-Moment der Figuren, eine Weiterentwicklung verweigert, ist damit nur stimmig und konsequent.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Ghostbusters: Legacy (2021)

Regie: Jason Reitman
Original-Titel: Ghostbusters: Afterlife
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Fantasy, Komödie, Abenteuerfilm
IMDB-Link: Ghostbusters: Afterlife


Viel kultiger als das Geisterjägerabenteuer Ghostbusters kann es nicht werden – wobei ich diesen Satz fast schon wieder revidieren muss beim Blick auf die lange Liste der Kultfilme der 80er-Jahre. Aber „Ghostbusters“ hat jedenfalls einen Platz im Herzen eines jeden Filmfans, und ich möchte konstatieren: Die Unterhaltungsindustrie Hollywoods befand sich damals auf einem absoluten Höhepunkt. Kein Wunder, dass nun in Zeiten von Remakes, Prequels, Sequels und Hommagen auch die Geisterjäger wieder ausgegraben werden – und das im Fall von Harold Ramis fast wortwörtlich, nachdem der 2014 viel zu früh von uns gegangen ist. Doch der Fokus von Jason Reitmans Film liegt ohnehin auf einer neuen Generation, verkörpert von Finn Wolfhard, der einfach da weitermacht, wo er in „Stranger Things“ aufgehört hat, Mckenna Grace, Celeste O’Connor und Logan Kim. Diese vier Jugendlichen treffen in einer entlegenen Kleinstadt mitten im Nirgendwo aufeinander. Trevor und Phoebe sind nach einer unerfreulichen Delogierung mit ihrer Mutter Callie (Carrie Coon) dort aufgeschlagen und haben die halbverfallene Farm ihres verstorbenen Großvaters als temporäre Unterkunft auserkoren, Lucky und „Podcast“ sind Locals, die sich schon bald mit den Neuankömmlingen anfreunden. Doch statt einer Coming of Age-Geschichte sind die vier Teenager schon bald in eine waschechte Geistergeschichte verwickelt, da die alte Farm so ihre Geheimnisse birgt. Gut, dass mit dem Geologen und Aushilfslehrer Gary Grooberson (Paul Rudd) ein Erwachsener mit von der Partie ist, der zumindest alt genug ist, um sich an die Geisterjagden in den 80er-Jahren in New York zu erinnern. Denn wie so oft: Geschichte neigt dazu, sich zu wiederholen. Bei aller Frische, die der Sohn von Ivan Reitman, Regisseur des kultigen Originalfilms, in die Neuauflage einbringt, das Thema der Wiederholung ist es, was letztlich eine eigentlich verdiente höhere Bewertung verhindert. Man kann im Grunde wirklich nicht groß meckern: Die Besetzung ist sympathisch, das Tempo so hoch wie der Unterhaltungswert, da wird vieles richtig gemacht, aber am Ende ist es dann doch zu viel, weil zu viel offensichtliches Fan-Pleasing. Manchmal ist weniger mehr. Rein für sich gesehen ist „Ghostbusters: Legacy“ ein sehr unterhaltsamer, gelungener Film, bei dem man in Kenntnis des Originalfilms jedoch immer wieder rausgeworfen wird durch den Gedanken: „Ah, das habe ich ja schon im ersten Ghostbusters-Film gesehen!“ So bietet „Ghostbusters: Legacy“ wohl sogar mehr Vergnügen, wenn man das Original noch nie gesehen hat, doch auf wie wenige trifft das wohl zu?


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Guardians of the Galaxy Vol. 3 (2023)

Regie: James Gunn
Original-Titel: Guardians of the Galaxy Vol. 3
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Science Fiction, Abenteuerfilm, Action
IMDB-Link: Guardians of the Galaxy Vol. 3


Nicht von mir, aber ein sinngemäßes Zitat eines Youtube-Users, dem ich uneingeschränkt zustimmen möchte: Der erste Guardians of the Galaxy-Film hat die Comedy in das Marvel Cinematic Universe gebracht, als es versucht hat, ernst zu sein, während nun der dritte und letzte Teil die Ernsthaftigkeit ins MCU zurückbringt, während es versucht, Comedy zu sein. Viel besser kann man die Entwicklung der Guardians-Trilogie nicht beschreiben. Und ja, Vol. 3 ist ein würdiger Abschluss der Filmreihe rund um einen zusammengewürfelten Haufen von Outlaws, die gemeinsam größer als die Summe ihrer Teile werden. Jede Figur bekommt ihre nachvollziehbare Entwicklung, doch im Herzen des dritten Teils steht nun der genetisch veränderte Waschbär Rocket, dessen Hintergrundgeschichte aufgerollt wird. War Rocket in den ersten Filmen noch die coole Socke mit den markigen Sprüchen, bekommt der Charakter im dritten Guardians-Film nun eine Tiefe, die in den besten Momenten zu Tränen rührt. Der Film dreht sich komplett um seine Figur, und die Mission der Guardians ist es schlicht, ihn zu retten. Diese Konzentration der Story auf Rocket und dessen Hintergrund sind gleichzeitig die große Stärke des Films wie auch seine Schwäche. Denn zum Einen ermöglicht es eben genau diese Charakterentwicklung (wovon alle Charaktere profitieren), zum Anderen bleiben aber dadurch die Bösewichter, die es zu bekämpfen gilt, austauschbar und fast seltsam motivationslos. Hier wurde Potential verschenkt. Auch übertreibt es der Film manchmal mit seinem Hang zum Absurden, das immer wieder mal eingestreut wird. Und dennoch kann man James Gunn zu seinem Abschluss der Trilogie nur gratulieren, denn es ist ihm gelungen, aus einem CGI-Waschbären mit Hang zu Zynismus und einem Waffenspleen eine der interessantesten Figuren im gesamten Marvel-Universum zu machen.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Marvel Studios/Courtesy of Marvel Studios – © 2023 MARVEL, Quelle http://www.imdb.com)

Du bist sowas von nicht zu meiner Bat-Mizwa eingeladen (2023)

Regie: Sammi Cohen
Original-Titel: You Are So Not Invited to My Bat Mitzvah
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Komödie
IMDB-Link: You Are So Not Invited to My Bat Mitzvah


Man kennt in Hollywood den Coppola-Clan. Man kennt die Skarsgaard-Schauspielfamilie. Und man kennt nun auch dank Netflix die Sandlers. Denn Adam Sandler, eines der Aushängeschilde des Streaming-Riesen, hat für seinen neuesten Film gleich seine ganze Familie untergebracht. Seine Tochter Sunny spielt die Hauptrolle, deren Schwester Sadie darf auch im Film gleich die Rolle der Schwester übernehmen, seine Frau Jackie ist immerhin in einer kleineren Nebenrolle zu sehen – da bleibt kaum noch Screentime für den eigentlichen Star, der sich in der Rolle des Vaters der beiden Mädchen wohltuend zurücknimmt. Und so ist „Du bist sowas von nicht zu meiner Bat-Mizwa eingeladen“ ein Adam Sandler-Film, der im Grunde ohne Adam Sandler auskommt. Denn im Mittelpunkt steht die zwölfjährige Stacy Friedman, die von einer epischen Bat-Mizwa, die große jüdische Feier der Mündigkeit, träumt. Da darf dann gerne mal Popstar Oliva Rodrigo auf einem Jet-Ski an der eigens für das Fest angeheuerten Yacht vorbeisausen, so jedenfalls die Vorstellung des Teenies. Doch erstens kommt es anders, und zweitens, als man denkt. Denn auch wenn alle Teenies der jüdischen Schule in protzigen Villen wohnen, aber das übersteigt dann doch ein wenig die Kapazitäten der Familie Friedman. Schwerwiegender ist jedoch, dass sich Stacy kurz vor dem für sie wichtigsten Fest ihres Lebens mit ihrer besten Freundin Lydia (Samantha Lorraine) verkracht. Schuld ist, natürlich, der fesche Fußballer der Schule, der zwar die Aufmerksamkeitsspanne einer Stubenfliege hat, aber auch einen gekonnt eingesetzten Schlafzimmerblick und sympathische Wuschellocken. Also Drama, Drama, Drama. Die Regisseurin Sammi Cohen inszeniert dieses nach Vorlage des gleichnamigen Jugendromans routiniert und mit Verve, hat aber dennoch mit einem fundamentalen Problem zu kämpfen: Die Geschichte rund um die Teenager-Freundschaft mit ihren Auf und Abs ist zwar recht nett erzählt, bietet aber wenig Substanz und schon gar nichts Neues. Immerhin machen die jungen Darstellerinnen ihre Sache gut, wobei erfreulicherweise vor allem Sunny Sandler positiv hervorsticht und zeigt, dass sich Nepotismus und Qualität nicht immer zwangsläufig ausschließen müssen.


5,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Courtesy of Netflix – © 2023 Netflix, Inc., Quelle http://www.imdb.com)

Sound of Metal (2019)

Regie: Darius Marder
Original-Titel: Sound of Metal
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Drama, Musikfilm
IMDB-Link: Sound of Metal


Ich habe ein Faible für Schlagzeuger, ich liebe Rockmusik. Ich liebe die mitreißende Energie eines guten Songs, drehe die Lautstärke dabei gerne einmal auf Anschlag. Wie grausam muss es sein, wenn man etwas, was man so liebt, plötzlich verliert? Der von Riz Ahmed genial verkörperte Musiker und Schlagzeuger Ruben erleidet eines Tages während einer Tournee mit seiner Freundin Lou (Olivia Cooke), zusammen sind sie die Hard Rock-Band Blackgammon, einen Hörsturz. Die Diagnose ist erschütternd: Nur noch etwa 20% Hörfähigkeit bleiben Ruben, und auch diese verschlechtern sich und reichen bei weitem nicht aus, die Geräusche des Alltags aufzunehmen oder sich an Gesprächen zu beteiligen. Ruben ist mehr oder weniger taub. Er wird in einer Gemeinschaft von Gehörlosen unter der Leitung von Joe (Paul Raci) aufgenommen, wo er lernen soll, mit seiner Situation umzugehen. Doch kann er sein altes Leben hinter sich lassen? „Sound of Metal“ ist ein überragendes Regiedebüt von Darius Marder und gleichzeitig eine gewaltige Schauspielleistung von Riz Ahmed und Paul Raci, beide völlig zu Recht mit Oscarnominierungen geehrt, im Falle von Raci sogar die erste, die jemals an einen gehörlosen Schauspieler ging. Die große Leistung, die alle drei vereint, ist eine völlige Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit bei Verzicht auf Sentimentalität. Niemand heischt hier um Mitleid, und gerade dadurch nimmt die Zuseher das Geschehen so mit, wird dieser Verlust einer ganzen Welt, eines ganzen Lebens so greifbar. Ohne allerdings das kongeniale Sounddesign, das verdientermaßen mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, würde dem Film eine wesentliche Komponente fehlen. Der Film schafft es allerdings mit seinem Sound, die Zuseher auf physisch mitzunehmen auf diese Reise in die Stille. Immer wieder werden die Szenen durch die Ohren von Ruben vermittelt, man fühlt seine Konfusion, sein Verlust von Verbindungen mit und bekommt dadurch ein Gespür vermittelt, wie wichtig dieser oft unterschätzte Sinn des Hörens für unser Leben ist. „Sound of Metal“ ist wahrlich kein Feelgood-Movie, aber ein in allen Belangen exzellenter, hochseriöser Film, der sich seinen Platz in der Filmgeschichte sichern wird.


8,5 Kürbisse

(Bildzitat: © Courtesy of TIFF, Quelle http://www.imdb.com)

Muriels Hochzeit (1994)

Regie: P. J. Hogan
Original-Titel: Muriel’s Wedding
Erscheinungsjahr: 1994
Genre: Komödie, Drama
IMDB-Link: Muriel’s Wedding


„Muriels Hochzeit“ von Paul J. Hogan (nicht zu verwechseln mit seinem Landsmann „Crocodile Dundee“ Paul Hogan), die australische Überraschungstragikomödie aus dem Jahr 1994, ist einfach zu beschreiben: Jede Menge selbstgerechte und selbstsüchtige Arschlöcher tun ihren Mitmenschen kaltblütig Gemeinheiten an, bis die Situation eskaliert. Daran ändern nicht einmal die gut gelaunten ABBA-Songs, die den Soundtrack dominieren. Das Überraschende dabei ist, dass Hauptfigur Muriel zunächst einmal moralisch nicht über ihren Bully-Freundinnen oder dem egozentrischen Vater, ein schmieriger Stadtrat, steht. Sie stiehlt, sie lügt und vor allem: Sie lügt sich selbst etwas vor. Eine Traumhochzeit möchte sie feiern, doch hatte das schüchterne Mauerblümchen bislang noch nicht einmal einen Freund. Aber ein Lügengespinst ist schnell gesponnen, und mit Papas Kröten, die man sich einfach dank Blankoscheck einverleibt, scheint ein Neustart im fernen Sydney zusammen mit der besten Freundin möglich. Und als schließlich per Zeitungsannonce eine Braut für einen südafrikanischen Schwimmstar, der bei den nächsten olympischen Spielen für Australien antreten möchte, gesucht wird, scheint sich der Traum der Hochzeit in Weiß zu erfüllen. Wenn man allerdings hinter die scheinbar leichten, fluffigen Szenen blickt, die stets anzudeuten scheinen: „Lebe deinen Traum!“, dann tun sich die schon besagten Abgründe auf. Der Film macht es seinem Publikum nicht leicht, ihn zu mögen. Und wer eine amüsante Rom-Com erwartet, wird sich gegen Ende im falschen Film wähnen. Diese Ambivalenz muss man anerkennen, genauso wie die schauspielerische Leistung der damals noch blutjungen Toni Colette, eine der begnadetsten ihrer Zunft. Dennoch vermag nicht jede Szene oder jeder Einfall gleichermaßen mitzureißen. Viele Figuren bleiben zu klischeehaft gezeichnet und zeigen wenig bis gar keine Entwicklung. Es scheint manchmal fast, als würde der Film gelegentlich vergessen, dass sie überhaupt da sind. Dennoch ist „Muriels Hochzeit“ auch heute noch als sozialkritische Tragikomödie durchaus sehenswert und Teil der Liste der 1001 Filme, die man gesehen haben muss, ehe das Leben vorbei ist.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Barbie (2023)

Regie: Greta Gerwig
Original-Titel: Barbie
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Komödie, Fantasy, Satire
IMDB-Link: Barbie


Pink ist die Farbe dieses Sommers. Um Greta Gerwigs „Barbie“ ist ein regelrechter Hype entstanden. So bietet das Gartenbaukino beispielsweise auf vielfachen Wunsch seiner Gäste Frühstücksvorstellungen dieses Films an. Gleichzeitig wird auch kein anderer Film des Jahres so kontrovers diskutiert wie die Realverfilmung zu dem beliebten Mattel-Spielzeug mit Margot Robbie, Ryan Gosling und America Ferrara in den Hauptrollen. Auf Google bringt es der Film aktuell auf eine Durchschnittsbewertung von 2,4 Sternen von 5 möglichen. Jeder 5-Stern-Rezension steht mehr als eine 1-Stern-Rezension gegenüber. Interessanterweise kommt ein Großteil der negativen Bewertungen wohl von männlichen Rezensenten, sofern man das aus den Usernamen schließen kann. Und damit wären wir auch schon mitten im Thema des Films. Denn wer eine seicht-amüsante Plastikweltkomödie erwartet, wird sehr schnell überrascht. Schon die Einstiegsszene ist ein großartiges und völlig respektloses Zitat von Kubricks Meisterwerk „2001: Odyssee im Weltraum“. Und in dieser Tonart geht es weiter. Greta Gerwig, die zusammen mit ihrem Lebensgefährten Noah Baumbach auch das Drehbuch geschrieben hat, zersetzt mit „Barbie“ nichts weniger als die komplette Gesellschaftsstruktur und ihre Unterteilung in männliche und weibliche Rollen und verhandelt quasi nebenbei gleich mal den Feminismus komplett neu. Die Herren kommen nicht gut weg in diesem Film, was mit Sicherheit auch die eine oder andere vernichtende Kritik erklärt, doch wer nur sieht bzw. sehen möchte, dass in diesem Film auf das „starke Geschlecht“ hingedroschen wird, übersieht ganz Wesentliches: Dass es Greta Gerwig nämlich gar nicht darum geht, ein Geschlecht als besser als das andere darzustellen, sondern vielmehr, Ungleichheiten und somit auch Ungerechtigkeiten aufzuzeigen und zu hinterfragen. Sie hält der Welt einen Spiegel vor, und wer mit dem Bild, das sich darin zeigt, unzufrieden ist, sollte sich demgemäß selbst hinterfragen. Wie sie das tut, ist hochgradig unterhaltsam und extrem witzig. Margot Robbie als (eine) Barbie und Ryan Gosling als (ein) Ken sind Idealbesetzungen, auch wenn die Stimme aus dem Off in einer Szene die Besetzung ironisch hinterfragt, und haben sichtlich Spaß an der Sache. Die Erschaffer von Barbieland, der bunten Plastikwelt, dürfen jetzt schon den Champagner für die nächsten Oscarnominierungen einkühlen. Das Tempo des Films ist hoch, aber nie gehetzt, und die Verschränkung der Puppenwelt mit der realen Welt bildet das Zentrum der Story, wird aber nicht für die eigentlich erwartbaren Witze, die man aus dem Aufeinanderprallen dieser beiden Welten ziehen könnte, missbraucht. Und genau dieser Aspekt zeigt exemplarisch auf, warum ich „Barbie“ für ein geniales Meisterwerk und vielleicht einen der besten, in sich stimmigsten Filme der Geschichte halte: Greta Gerwig und Noah Baumbach lassen mit ihrem Drehbuch das Offensichtliche beiseite und nutzen vielmehr den fantasievollen Raum, der sich ihnen dadurch bietet, um eine kluge, emotional aufrüttelnde und dennoch im besten Sinne komische Geschichte über Feminismus zu erzählen und unsere Gesellschaft gleichzeitig satirisch auszuleuchten. 9,5 Kürbisse gibt es hier für in meinen Augen perfekte Filme, und „Barbie“ ist ein perfekter Film. So grandios Oppenheimer auch ist und so hoch auch meine Erwartungen an den zweiten Teil von Villeneuves Dune sind, lege ich mich dennoch fest: Für mich ist „Barbie“ der Film des Jahres.


9,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Courtesy of Warner Bros. Picture – © 2023 – Warner Bros, Quelle http://www.imdb.com)