Roadmovie

Queer (2024)

Regie: Luca Guadagnino
Original-Titel: Queer
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Liebesfilm, Drama, Roadmovie, Biopic
IMDB-Link: Queer


Da ist er nun, der Überraschungsfilm der Viennale 2024. Wie Eva Sangiorgi in ihrer kurzen Ansprache vor Beginn der Vorführung erklärte, wäre der Film ohnehin als Fixpunkt im Programm gelaufen, hätte man nur rechtzeitig einen Verleih dafür gefunden. Nachdem sich dieser Prozess aber ein wenig hinzog, musste man ausweichen und dem neugierigen Publikum Guadagninos neuestes Werk mit Daniel Craig in der Hauptrolle eben als Überraschungsfilm präsentieren. Auf der einen Seite erscheint diese Vorgehensweise durchaus mutig, denn der Film nach einer literarischen Vorlage von William S. Burroughs gehört sicherlich zu jenen, die die Gemüter spalten. Andererseits: Wann kann man schon einen Guadagnino-Film als Überraschungsfilm präsentieren? Der Italiener ist so etwas wie der große internationale Aufsteiger der letzten zehn Jahre mit Filmen wie Call Me by Your Name oder Suspiria. Er gehört zu jenen Regisseuren, deren Stil man sofort wiedererkennt, da er eine ganz eigene, sinnliche Bildsprache pflegt und auch musikalisch immer wieder spannende Pfade betritt. „Queer“ bildet diesbezüglich keine Ausnahme – im Gegenteil. Der Film ist atmosphärisch enorm dicht. Die Story hingegen – und da sind wir bei dem Aspekt, der wohl die Geister voneinander scheiden wird – bleibt dünn. In seinem autobiographischen Roman erzählt William S. Burroughs von seinem Alter Ego, das in Schwulenbars in Mexico City abhängt und sich unsterblich in einen Jüngeren (Drew Starkey) verliebt, mit dem er sich schließlich auf einen Roadtrip nach Südamerika aufmacht, um dort nach der legendären Yage-Pflanze zu suchen, nach dessen Einnahme man angeblich Gedanken lesen kann. William Lee, mit vollem Einsatz von Daniel Craig gespielt, der die wohl beste und jedenfalls mutigste Leistung seiner Karriere abliefert, ist ein Suchender, doch scheint er manchmal selbst nicht zu wissen, was er sucht. Gefangen zwischen Lust und dem aufrichtigen Wunsch nach Liebe ist er ein Mensch, der niemals anzukommen scheint, ganz gleich, wohin es ihn verschlägt. Prinzipiell sieht man ihm bei seiner Reise ins Nirgendwo auch gerne zu, dafür sorgt allein schon die schon angesprochene dichte Atmosphäre. Und doch hat der Film ein Problem mit dem Pacing. Zieht sich der erste der drei Teile recht zäh hin, wird Teil zwei beinahe nebenbei rasch abgehandelt, ehe der Film in Teil drei, die Suche nach der Yage-Pflanze, ins Groteske driftet. Alle drei Teile fühlen sich auf ihre Weise wie eigene Filme an, die nur schwer zueinanderfinden. So fällt es am Ende auch schwer, eine emotionale Bindung zur Figur des William Lee aufzubauen, auch wenn sich Daniel Craig eben die Seele aus dem Leib spielt. „Queer“ ist ein Kunstwerk, eine ästhetische und intellektuelle Übung, der trotz aller Bemühungen (oder vielleicht auch gerade deshalb) ein wenig die emotionale Mitte fehlt. Ein Wagnis mit ganz klaren Stärken, aber auch Schwächen.


6,5 Kürbisse

Bildzitat: http://www.imdb.com

Civil War (2024)

Regie: Alex Garland
Original-Titel: Civil War
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Kriegsfilm, Roadmovie
IMDB-Link: Civil War


Gleich vorweg: „Civil War“ von Alex Garland ist ein filmischer Tritt in die Magengrube. Da gibt es nichts zu beschönigen, und wer ein eher zartbesaitetes Gemüt hat, tut wohl gut daran, um diesen Film einen Bogen zu machen. Für einen gemütlichen Popcorn-Abend zuhause ist der Film denkbar ungeeignet. Denn wir tauchen mit Alex Garland, der sich gerne mit existenzialistischen Fragen herumplagt wie zB in seinem meisterhaften „Ex Machina“ oder auch in Auslöschung, dokumentiert in „Civil War“ die Bestie Mensch. Vordergründig handelt es sich um „Civil War“ um einen dystopischen Polit-Kriegsfilm, der einen kleinen Gruppe von Kriegsjournalisten (allen voran Kirsten Dunst mit einer ihrer besten Karriereleistungen) auf dem Weg durch das Kriegsgebiet nach Washington D.C. folgt. Texas und Kalifornien haben sich von den USA abgespaltet, formieren nun die Western Federation, und führen als solche Krieg gegen den Rest der Staaten. Lee (Dunst) und ihre Kollegen sind hautnah dabei, wenn die Amerikaner sich gegenseitig beschießen (ohne zum Teil zu wissen, auf wen sie da gerade genau schießen) oder sich unaussprechliche Gräuel antun. Garland lässt die Hintergründe des Konflikts bewusst im Dunkeln, was das Szenario nur umso bedrohlicher wirken lässt, denn am Ende läuft es in seinen Bildern auf die Essenz des Krieges hinaus: Menschen töten einander und wissen zum Teil nicht einmal, warum. Frag nach bei den Soldaten, die sich gerade in der Ukraine beschießen. Ja, es gibt diffuse Kriegsauslöser, „die da oben“ eben, es gibt Propaganda, die das Grauen zu rechtfertigen versucht, aber am Ende liegen da einfach eine Menge zerstückelte Menschen in ihrem Blut, die, hätte man sie vorab gefragt, wohl kaum zugestimmt hätten, ihr Leben für den diffusen Kriegsgrund, welcher auch immer das ist, geben zu wollen. Sie schießen aufeinander, weil sie es eben müssen. Und sie können das nur, weil sie sich ein Stück weit vom Menschsein distanzieren. Wenn dann ein bereits entwaffneter und verwundeter Soldat der Gegenseite beiläufig per Kopfschuss getötet wird oder Soldaten, die sich schon ergeben haben, vor Ort exekutiert werden, so geht das nur, weil man ihn ihnen nicht mehr die Brüder, Freunde, Kollegen sieht, die sie ansonsten in Friedenszeiten vielleicht wären. Und das zeigt Alex Garland in „Civil War“ schonungslos auf. Dazu ist der Film technisch gut gemacht. Drastische Szenen werden teils durch beschwingte Musik konterkarikiert, was das Grauen jedoch nicht abfedert, sondern noch brutaler macht, zeigt diese lockere Musik eben auch die Entmenschlichung in diesen Situationen auf. Alles ist super, wir foltern und töten nur mal eben jenen Typen, mit dem wir damals in die Schule gegangen sind. Uff! Dass es am Ende eines solchen Wahnsinns keine strahlenden Sieger geben kann, versteht sich von selbst.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)

The Belgian Wave (2023)

Regie: Jérôme Vandewattyne
Original-Titel: The Belgian Wave
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Science Fiction, Komödie, Horror, Roadmovie
IMDB-Link: The Belgian Wave


Meine Damen und Herren, jetzt heißt es aufgepasst! Ich präsentiere die chemische Formel für die stärkste Droge der Welt: H2O. Auf die Frage an Regisseur Jérôme Vandewattyne im Q&A nach Sichtung seiner Science Fiction-Komödie „The Belgian Wave“ nämlich, wie viele Drogen er während der Realisierung dieses irren Trips konsumiert hätte, antwortete dieser mit: „Keine. Nur jede Menge Wasser“. Aber vielleicht finden sich im belgischen Wasser ja bewusstseinserweiterte Substanzen. Denn auf solche irren Bilder muss man erst einmal kommen. Es beginnt mit einem grandiosen Kameradrohnenflug mitten durch einen Rave, und Bilder wie Musik dieser ersten Szene geben schon mal den Ton an für die kommenden 1,5 Stunden. Die Journalistin Karen und der Künstler Elzo, der sich gerne mal LSD-„Microshots“ fit hält, gehen gemeinsam auf einen abgefahrenen Roadtrip, um nach dem Anfang der 90er Jahre verschwundenen Reporter Marc Vaerenbergh zu suchen. Dieser forschte einer Reiher unerklärlicher UFO-Sichtungen über Belgien nach, die als „Belgian Wave“ in die Geschichtsbücher eingehen sollten. Karen und Elzo interviewen zunächst Weggefährten des verschwundenen Reporters, zu dem sie beiden einen sehr persönlichen Bezug haben, doch je tiefer sie in die Geschichte eintauchen, desto abstruser wird diese – bis sie schließlich im ecuadorianischen Dschungel landen und dort lustige Substanzen einwerfen. Alles an „The Belgian Wave“ ist laut und schrill. Zugegeben, ich tat mir schwer, einen Zugang zu dem Film zu finden, der in allen Belangen einfach over the top zu sein scheint, in den psychedelischen Bildern, in der mit wenigen Ausnahmen permanent pulsierenden Musik, in der komplett von der Realität losgelösten schauspielerischen Leistung, doch erkenne ich an, dass das alles handwerklich ausgezeichnet und mit viel Liebe gemacht ist. Allein schon die Tatsache, das alles in 21 Tagen abgefilmt zu haben, nötigt höchsten Respekt ab, aber aus diesem minimalen Zeit- und Geldbudget dann auch noch einen solchen stilistisch eigenen und abenteuerlich geschnittenen Film herauszuholen, ist aller Ehren wert. Wie gesagt, findet man Zugang zu diesem schrillen Trip in Neonfarben, hat man großen Spaß daran. Für alle, die es etwas ruhiger bevorzugen, wird das Erlebnis aber auch schnell mal anstrengend.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Zombieland (2009)

Regie: Ruben Fleischer
Original-Titel: Zombieland
Erscheinungsjahr: 2009
Genre: Komödie, Horror, Roadmovie
IMDB-Link: Zombieland


Wie uns Lehrfilme zu diesem Thema zeigen, gibt es für zwei Personenkreise gute Überlebenschancen im Fall einer Zombieapokalypse: Nämlich für die Verpeilten, die Zombies ohnehin nicht von normalen Menschen unterscheiden können (siehe „Shaun of the Dead“), und für die schüchternen Nerds, die sich wochenlang in ihrer Wohnung einbunkern und an denen das Leben da draußen vorbeigeht wie eben in „Zombieland“ von Ruben Fleischer. Der namenlose Teenager, gespielt von Jesse Eisenberg, der sich später nach seinem Zielort „Columbus“ nennt, ist so ein schüchterner Nerd. Und blöd für ihn: Die heiße Nachbarin, die ihn immer ignoriert hat, aber nun Hilfe suchend an seiner Tür klopft, möchte sich fleischlichen Genüssen auf eine ganz andere Art hingeben, als Columbus sich das vorgestellt hätte. Da also begreift der junge Mann, dass Zombies die Erde überrannt haben. Sein Überleben verdankt er einer Reihe von selbstgewählten Regeln sowie der Begegnung mit dem Bad-Ass „Tallahassee“ (Woody Harrelson), ein harter Hund, der im Zuge der Pandemie ein neues Hobby gefunden hat: Auf möglichst kreative Weise Zombies killen. Unterwegs gabeln die beiden die Schwestern Little Rock und Wichita (Abigail Breslin und Emma Stone) auf, die ungeachtet der Widrigkeiten ein Ziel vor Augen haben: Im Vergnügungspark Pacific Playland mal für eine Weile vergessen, dass die Weltlage gerade echt beschissen ist. Nach anfänglichen Schwierigkeiten raufen sich die vier Überlebenden zusammen und machen sich gemeinsam auf den Weg durch eine dystopische Welt. „Zombieland“ ist ganz klar eine (stellweise saukomische) Komödie, spart aber nicht mit gut eingesetzten Horrorelementen. Wer einen schwachen Magen hat, sollte vor der Sichtung lieber mal die Packungsbeilage lesen oder einen Arzt oder Filmkritiker fragen. Hier gibt es nämlich Blut und Beuschel in Hülle und Fülle zu bewundern. Doch auf jeden Schrecken folgt der nächste, gut eingesetzte Witz, sodass das Schaudern nahtlos in Lachen übergeht. Gleichzeitig gehen die Witze aber nicht zulasten der Story oder gar der Charaktere. „Zombieland“ hält das Tempo jederzeit hoch, ist aber dennoch gut ausbalanciert zwischen anarchischem Humor, leichtem Grusel und kreativen Regie-Einfällen. In diesem Sinne also ein perfekter Blockbuster, der mittlerweile zurecht Kultstatus genießt und eine Fortsetzung zur Folge hatte, die den Regler sogar noch mal eine Stufe weiter dreht.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 2009 – Columbia/TriStar, Quelle http://www.imdb.com)

Die schrillen Vier auf Achse (1983)

Regie: Harold Ramis
Original-Titel: National Lampoon’s Vacation
Erscheinungsjahr: 1983
Genre: Komödie, Roadmovie
IMDB-Link: National Lampoon’s Vacation


Hände hoch, wer nicht mit Filmen von Chevy Chase aufgewachsen ist. Über den Komödienstar als Menschen kann man vielleicht streiten, wie man so hört, aber eines lässt sich nicht bestreiten: In den 80ern war er eine richtig große Nummer. Und natürlich liefen auch im Haushalt der Kürbisse die Griswold-Filme rauf und runter (wenngleich die VHS-Kassette zu „Jagd auf einen Unsichtbaren“ noch abgenudelter war). In „Die schrillen Vier auf Achse“ macht sich die Familie Griswold auf einen irren Trip quer durch die USA von Chicago nach Kalifornien, um als heiß ersehntes Ziel der Reise den Vergnügungspark Walley World zu besuchen. Und natürlich: Wenn man vier Chaoten in ein Familienauto setzt und auf eine mehrere Tausend Kilometer lange Fahrt schickt, ist garantiert, dass so ziemlich alles passiert, aber nichts nach Plan. „Die schrillen Vier auf Achse“ sind ein überdrehter Familienspaß, an dem das jüngere Publikum vielleicht sogar noch mehr Spaß hat als die älteren Semester, wenngleich auch viele Witze von Doppeldeutigkeiten und Anzüglichkeiten leben. Dennoch kommt die Energie des Films vor allem vom Grimassen schneidenden, überdrehten Herumgehampel von Chevy Chase. Diese Komik nutzt sich zwar mit der Zeit etwas ab, aber ich erinnere mich: Als jungen Filmkürbis hat mich das damals köstlich unterhalten. Heute gibt es immerhin noch einige schöne Szenen, die das Zwerchfell nach wie vor beanspruchen, doch insgesamt ist mir das alles ein wenig zu zappelig geworden. Alles eine Frage des Humors, der sich schließlich auch verändert im Laufe der Jahre.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Stichtag (2010)

Regie: Todd Phillips
Original-Titel: Due Date
Erscheinungsjahr: 2010
Genre: Komödie, Roadmovie
IMDB-Link: Due Date


Der Mann: Ein erfolgreicher Architekt in Atlanta. Die Frau: Hochschwanger, nur wenige Tage vor der Geburt, in Los Angeles. Das Problem: Der völlig verpeilte Möchtegern-Schauspieler Ethan Trembley, der nicht nur dafür sorgt, dass der arrogante Architekt von allen Airlines Flugverbot bekommt, sondern diesen im Zuge der Zwangs-Fahrgemeinschaft, die die beiden fortan bilden, an den Rande des Wahnsinns bringt. Das ist dann auch schon der ganze Film. Es geht darum, dass sich Robert Downey Jr. und Zach Galifianakis Nettigkeiten an den Kopf werfen und in möglichst absurde Situationen geraten. So ein Buddy-Movie wieder Willen kann ja sehr amüsant sein, wenn sich anfangs komplett konträre Charaktere im Verlauf des Films zusammenraufen müssen, doch sollte in einem solchen Fall die Chemie zwischen den Darstellern stimmen und beide Charaktere verständliche Motivationen für ihre Handlungen und Handlungsweisen mitbringen. Die vielfältigen Probleme von „Stichtag“ sind, dass beide Charaktere hochgradig unsympathisch sind (da hilft nicht einmal das Charisma von Robert Downey Jr.), es keinerlei Chemie zwischen den beiden gibt, die erkennen lässt, warum sich die beiden am Ende der Reise nicht noch einmal kräftig anschreien und dann für immer getrennt ihrer Wege gehen (sorry für den hier enthaltenen Spoiler, der aber kaum jemanden, der mit diesem Genre vertraut ist, sonderlich überraschen wird), und die Figur von Zach Galifianakis komplett over the top dämlich agiert. Ja, es gibt skurrile Personen, doch die sollten dennoch eine Herkunft unter der Spezies der Menschen erkennen lassen. Zach Galifianakis‘ Figur kann man im besten Fall als „abgespaced“ beschreiben. Abgesehen von einigen vereinzelten, wirklich lustigen Szenen, die aber komplett für sich stehen, funktioniert somit der Film überhaupt nicht.


4,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Melinda Sue Gordon – © 2010 Warner Bros. Entertainment Inc. and Legendary Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

Killer’s Bodyguard 2 (2021)

Regie: Patrick Hughes
Original-Titel: The Hitman’s Wife’s Bodyguard
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Action, Komödie
IMDB-Link: The Hitman’s Wife’s Bodyguard


In Killer’s Bodyguard mussten sich Ryan Reynolds als Bodyguard und Samuel L. Jackson als Auftragskiller zusammenraufen, um den Killer rechtzeitig von England nach Den Haag zu bekommen, wo er gegen einen mörderischen Diktator als Kronzeuge aussagen sollte. Der Film lebte stark von einer richtig guten Chemie der beiden Hauptdarsteller und einem ziemlich durchgeknallten Auftritt von Salma Hayek in einer Nebenrolle. Durch den Erfolg von „Killer’s Bodyguard“ war rasch klar, dass ein zweiter Aufguss folgen würde. Und – die Überraschung hält sich in Grenzen – logischerweise musste mehr von dem, was Teil 1 so erfolgreich machte, in Teil 2 hinein. Also mehr Humor, mehr Action und mehr Salma Hayek. Mehr „Motherfucker!“-Flüche von Samuel L. Jackson gingen nicht, denn dieser im ersten Film aufgestellte Rekord wird zu meinen Lebzeiten kaum mehr überboten werden können. Die Story ist für den Unterhaltungswert komplett irrelevant. In Stichworten: Finsterer Antonio Banderas als Grieche mit göttlichem Zorn, irgendwas mit Superviren, die Blackouts verursachen und eben viel Herumgerenne von Reynolds, Jackson und Hayek, was in der Regel mit Explosionen endet. Der Film braucht ein wenig, um Fahrt aufzunehmen. Zudem ist der schurkische Plan des Gegenspielers dermaßen absurd und dämlich, dass man erst seinen IQ auf einen zweistelligen Wert herunterfahren muss, um sich nicht ständig Grün und Blau ärgern zu müssen. Dazu kommt ein mieser Auftritt von Frank Grillo (es tut mir leid, aber der Mann kann überhaupt nicht spielen), und irgendwie macht alles keinen Sinn. Aber egal, denn spätestens mit der Mitte des Films beginnt das, was man von diesem erwartet: Schießereien, Prügeleien, Explosionen, Verfolgungsjagden, alles komplett over the top und immer garniert mit launigen Sprüchen. Gut ist das nicht, aber zumindest stellenweise sehr unterhaltsam. Aber schade, dass man bei diesem Film nicht einmal den Anschein wahren wollte, eine schlüssige Geschichte zu erzählen.


5,0 Kürbisse
von 10 Kürbissen

(Foto: 20th Century Fox)

Der Engländer, der in den Bus stieg und bis ans Ende der Welt fuhr (2021)

Regie: Gillies MacKinnon
Original-Titel: The Last Bus
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Drama, Roadmovie
IMDB-Link: The Last Bus


Hach, ich hab’s hier ja schon öfter geschrieben, aber diese deutschen Titel … Was im englischen Original kurz und knackig „The Last Bus“ heißt, wird bei uns als „Der Engländer, der in den Bus stieg und bis ans Ende der Welt fuhr“ vermarktet. Demnächst im Kino zu sehen: „Die Polynesierin, die beim Krabbenessen die Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest fand, nach New York zog, wo sie eine bedeutende Wissenschaftlerin wurde, ehe sie in ihr Heimatdorf zurückkehrte und dort den Stammesvorsitz übernahm“ oder auch „Der Mistelbacher, der den Zug nahm, um in die große Stadt zu seiner Arbeitsstätte zu fahren, wo er den Tag bis zum Abend verbrachte und wieder nach Hause fuhr“. Diese Titel blähen einen Text einfach unnötig auf. Ihr merkt es selbst – so viele Zeilen und noch kein einziges Wort zu Gillies MacKinnons Roadmovie der entschleunigten Art. Darin macht sich ein über 90jähriger Rentner auf den Weg vom äußersten Zipfel Schottlands zum äußersten Zipfels Südengland, und das mit dem Bus. Man möchte meinen, Zeit hat der alte Knabe ja genug, aber genau die wird ihm knapp, was natürlich für Stress sorgt, wenn die Dinge nicht nach Fahrplan laufen. Aber immerhin gibt es dadurch ausreichend Möglichkeiten für zwischenmenschliche Begegnungen. Genau die entpuppen sich aber als größter Schwachpunkt des gutgemeinten, aber mäßig ausgeführten Rührstücks. Denn diese Begegnungen wirken beliebig, klischeeüberladen und tragen zur Entwicklung der Figur von Tom, dem reisenden Rentner, nichts bei. Er ist am Ende der Reise der gleiche wie zu Beginn. Immerhin erlauben es diese Szenen Timothy Spall, sein ganzes Können zu zeigen. Der Mitte 60jährige spielt den über 90 Jahre alten, gebrechlichen Tom mit Leib und Seele. In keinem Moment zweifelt man an, dass in der Rolle ein knapp 30 Jahre jüngerer Schauspieler steckt. Wobei, so eine große Kunst ist das vielleicht auch nicht. Nach einer Stunde Badminton nach längerer Pause schaue ich 40jähriger auch aus wie Mitte 70. Vielleicht war das Spalls Geheimnis, um in diese Rolle zu schlüpfen. Jedenfalls macht er seine Sache gut, und seine Darstellung hätte ein ebenbürtiges Drehbuch verdient gehabt.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Scott Garfield – © 2022 CTMG, Quelle http://www.imdb.com)

Nomadland (2020)

Regie: Chloé Zhao
Original-Titel: Nomadland
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Drama, Roadmovie
IMDB-Link: Nomadland


Chloé Zhao ist mir schon mit ihrem Vorgängerfilm The Rider sehr positiv aufgefallen. Den Ansatz, die Geschichten echter Menschen von ihnen selbst dargestellt fiktionalisiert auf den großen Screen zu bringen, setzt sie mit „Nomadland“ fort – diesmal mit Unterstützung einer wie immer herausragenden Frances McDormand in der Hauptrolle und David Strathairn an ihrer Seite. Der Rest des Casts ist aber direkt von den Straßen, auf denen sie mit ihren Wohnwagen von Job zu Job pilgern, für den Film gecastet worden. Sie berichten aus ihrem eigenen Leben, von ihren persönlichen Schicksalen. Wie auch in „The Rider“ vermeidet Choé Zhao Rührseligkeit und Schuldzuweisungen. Das Leben in den USA kann hart und bitter sein, wenn man nicht auf der wirtschaftlich begünstigten Butterseite gelandet ist. Träume lösen sich in Schall und Rauch auf, ein festes Heim kann sich nicht jeder leisten, und so zieht man nomadengleich von Stadt zu Stadt, um in den Versandzentren von Amazon oder bei der Rübenernte ein paar Dollar zu machen. Man scheißt in Eimer, weil es kein fließendes Wasser gibt, und hilft sich gegenseitig mit Werkzeug und einer gelegentlichen Umarmung aus. Es ist ein Leben am Rand bzw. im Dazwischen – nicht ganz am untersten Ende der Obdachlosigkeit, aber eben auch noch nicht der Working Class zugehörig. „Nomadland“ gibt diesen Menschen im Dazwischen eine Stimme und erzählt fast beiläufig dazu noch eine Geschichte über Familie und Zusammenhalt. Einer der großen Filme der diesjährigen Viennale – was den Publikumszuspruch wie die Qualität gleichermaßen betrifft.


8,0
von 10 Kürbissen

(Foto: (c) Viennale)

Queen & Slim (2019)

Regie: Melina Matsoukas
Original-Titel: Queen & Slim
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Thriller, Drama, Roadmovie, Liebesfilm
IMDB-Link: Queen & Slim


Als Mensch mit dunkler Hautfarbe, der in einem Staat, in dem noch die Todesstrafe vollzogen wird, gerade einen Polizisten erschossen hat, kann man sich gleich drei Sekunden nach der Verübung der Tat ausrechnen, welche Chancen man noch hat. Da ist es dann auch egal, dass man den Herrn in Uniform versehentlich und aus Notwehr ins Jenseits befördert hat. Und da ist es dann auch egal, dass das von der Kamera des Polizisten im Auto mitgefilmt wurde. Ab diesem Moment bist du einfach eine arme Sau auf der Flucht. So geht es Ernest (Daniel Kaluuya). Und mit ihm auf der Flucht befindet sich sein Tinder-Date und nunmehrige Komplizin Angela (Jodie Turner-Smith). Ganz grob zusammengefasst ist „Queen & Slim“ von Melina Matsoukas eine Art Mash-Up aus „Thelma & Louise“ und Nächster Halt: Fruitvale Station. Die himmelsschreiende Ungerechtigkeit gegen die schwarze Bevölkerung in den USA wird verpackt in eine Flucht-Roadmovie quer durch die Staaten auf den Weg nach Florida, von wo aus sich das Paar wider Willen Richtung Kuba absetzen möchte. In den besten Momenten ist „Queen & Slim“ tatsächlich aufwühlend und bringt die Hoffnungslosigkeit seiner Figuren glaubhaft rüber. In den weniger guten Momenten – und davon gibt es leider so einige – trägt der Film zu dick auf und hämmert seine Botschaft auf den Zuseher ein, der ein bisschen mehr Subtilität durchaus vertragen würde. In den schlechtesten Momenten rutscht das Geschehen ins moralisch Fragwürdige ab. Definitiv gehört „Queen & Slim“ zu jenen Filmen, die einen Problematiken, die man am eigenen Leib nicht erleben kann (zum Glück), besser nachvollziehen lassen. Aber es wäre schön gewesen, wenn man diese Erfahrung in einen besseren Film verpackt hätte.


5,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: (c) 2019 Universal Pictures, Quelle imdb.com)