Autor: Filmkürbis

All of Us Strangers (2023)

Regie: Andrew Haigh
Original-Titel: All of Us Strangers
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama, Liebesfilm
IMDB-Link: All of Us Strangers


Ein einsamer, homosexueller Drehbuchautor in einem kalten und verlassenen Appartement-Hochhaus in London. Das Leben zieht an ihm vorbei, die Tage sind gleichförmig und werden vorrangig auf der Couch verbracht, während über den Fernseher alte „Top of the Pops“-Folgen flimmern. Eines Tages klopft der einzige Mitbewohner dieses sterilen Hauses an der Tür: Betrunken, ebenfalls vereinsamt und nach Liebe und Geborgenheit suchend. Adam, der Schriftsteller, ist jedoch zu feige und schließt die Tür zunächst wieder. Doch die Neugier siegt, und bei der nächsten Begegnung lässt er sich auf die Avancen des jungen Harry ein. Was zunächst wie eine queere Liebesgeschichte in Anonymität der Großstadt beginnt, entfaltet sich unter Andrew Haighs sensibler Regie bald zu einer Studie von Vereinsamung, Trauer und Verlust. Denn bei einem Besuch seiner Geburtsstadt macht Adam bald eine unerwartete Begegnung: Er trifft auf seine Eltern, die sich im gleichen Alter wie er selbst befinden. Ein Traum? Eine Geistererscheinung? Eine Parallelwelt? Und kann ihm die aufkeimende Liebe zu Harry Halt geben in einer Situation, die Adam zu verschlingen droht? Langsam, aber keinesfalls langatmig tastet sich Haigh mit seinem grandios aufspielenden Cast vorwärts und entfaltet nach und nach das eigentliche Thema des Films bis hin zu seinem bitteren und aufwühlenden Ende. So großartig „All of Us Strangers“ auch inszeniert ist mit seinen weichen, zärtlichen Kamerabildern, dem klug eingesetzten Sounddesign und dem dichten Drehbuch, das der Geschichte dennoch genügend Raum zum atmen lässt, er würde nicht funktionieren ohne der überragenden Leistung des Casts, allen voran Andrew Scott in der Hauptrolle des Adam. Aber auch Paul Mescal als Harry sowie Claire Foy und Jamie Bell als Eltern tragen ihre Figuren mit größtmöglicher Sensibilität und Menschlichkeit und machen „All of Us Strangers“ zu einem gefühlsbetonten Drama, das mit zwar am Überirdischen anstreift, doch dank eben dieser ambivalenten und komplexen Figuren die Beine fest auf dem Boden behält.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Chris Harris/Chris Harris, Quelle: http://www.imdb.com)

Saltburn (2023)

Regie: Emerald Fennell
Original-Titel: Saltburn
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama, Komödie, Thriller
IMDB-Link: Saltburn


Schaut man die Oscarnominierungen 2024 durch, fehlt ein Film, der im Vorfeld hoch gehandelt wurde: „Saltburn“ von Emerald Fennell, die mit Promising Young Woman 2020 für Furore sorgte. Und da kommt man dann doch ins Grübeln. War der Academy die bitterschwarze, zynische Thrillerkomödie zu derb, zu eklig vielleicht (es gibt zwei, drei Stellen, die berechtigterweise für Kontroversen sorgen)? Andererseits hat Emerald Fennell ja auch in ihrem Vorgängerfilm bewiesen, dass sie auf Konventionen pfeift und einfach ihr Ding durchzieht. Und so ist auch „Saltburn“ ganz eindeutig ein Fennell-Film: Pulsierend, auf eine eher ungute Weise erotisch, mit tollem Soundtrack ausgestattet, mit Bildern, die wie Gemälde wirken (Kamera: der Oscar-dekorierte Linus Sandgren) und einem erneut groß aufspielendem Cast. In diesem Fall glänzt Barry Keoghan in der Hauptrolle des Oxford-Stipendiaten Oliver Quick (wer nun an Charles Dickens denkt, denkt nicht falsch), der aus einfachen Verhältnissen stammt und sich mit dem reichen Erben Felix Catton (Jacob Elordi) anfreundet. Dieser lädt Oliver ein, den Sommer über bei seiner Familie in Saltburn zu verbringen. Um das Anwesen in der Tonalität von Wolf Haas und seiner berühmten Brenner-Romane zu beschreiben: Schloss: Hilfsausdruck. Die Eltern (Rosamund Pike und Richard E. Grant) sind der neuen Bekanntschaft ihres Filius wohlgesonnen, und der lebt sich auch bald recht gut ein. So gut, dass er eigentlich gar nicht mehr weg möchte. Und schon bald zeigt sich, dass mehr in dem schüchternen Kerl steckt, als man auf den ersten Blick wahrnimmt. „Saltburn“ spielt geschickt mit den Erwartungshaltungen des Publikums, die immer wieder unterlaufen werden. Mal absurd komisch, mal sinnlich, mal bedrückend, mal zutiefst zynisch lässt sich der Film keinem Genre klar zuordnen und geht ganz eigene Wege. Auf den beißenden Humor sollte man sich einlassen können, ebenso wie auf die derben Szenen, die aber allesamt (wenig subtil) ein Sittenbild von Reich & Schön und jenen, die gerne dazugehören wollen, zeichnen. Zwar war „Promising Young Woman“ der konzentriertere und inhaltlich überraschendere Film, aber auch „Saltburn“ liefert gekonnte Unterhaltung und zeigt auf, dass Emerald Fennell ein Name ist, den man sich unbedingt merken muss.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Chiabella James/Chiabella James/Prime Video – © 2022 Amazon Content Services LLC, Quelle: http://www.imdb.com)

Orion und das Dunkel (2024)

Regie: Sean Charmatz
Original-Titel: Orion and the Dark
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Animation
IMDB-Link: Orion and the Dark


Aus der Feder von Charlie Kaufman stammen einige der aberwitzigsten und originellsten Drehbücher der jüngeren Filmgeschichte. So hat er uns in den Kopf von John Malkovich schauen lassen, Jim Carrey seine Liebe zu Kate Winslet vergessen lassen und sich selbst von Nicolas Cage spielen lassen. Der Mann steht für verrückte Einfälle. Wenn man nun auf die Prämisse des neuesten Netflix-Animationsfilms „Orion und das Dunkel“ schaut, wird der kreative Kopf dahinter nicht sofort sichtbar. Es geht um den 11jährigen Orion, der sich vor allem fürchtet, am meisten vor der Dunkelheit, und eines Nachts von eben genau dieser zur Rede gestellt wird. Dunkelheit hat nämlich die Schnauze voll von dem hysterischen Gekreische und nimmt Orion eine Nacht lang mit, sodass dieser die Angst vor ihm verliert. Das klingt erst einmal nach einem neuen Pixar-Werk – wenn zuletzt schon Elemente, Seelen und Gefühle personifiziert wurden, warum dann nicht auch Licht und Dunkelheit? Doch im vertrackten Aufbau der Geschichte (die Struktur mit mehreren Zeitebenen entfaltet sich erst nach und nach) zeigt sich dann doch eindeutig Charlie Kaufman. Und ich hätte es mir nie gedacht, doch genau das ist das Hauptproblem von „Orion und das Dunkel“. Die Ambition, mehr sein zu wollen als ein altersgerechter und unterhaltsamer Kinderfilm, macht „Orion und das Dunkel“ chaotisch. Die Story selbst ist dünn und gibt nicht viel her, aber der Versuch, diese in unterschiedlichen Zeitebenen zu erzählen und somit eine ganze Familiengeschichte zu verschränken, kann über den simplen Inhalt nicht hinwegtäuschen. Vielmehr reißt einen das Drehbuch immer wieder aus dem Film heraus, zerstört auf diese Weise die Illusion der Erzählung. Ich verstehe die Intention, das Thema des Erzählens, das Tradieren von Geschichten von einer Generation zur nächsten, zum Inhalt des Films zu machen, doch gleichzeitig kann sich der Film nicht entscheiden, woran ihm mehr liegt: Orions Abenteuer oder der Meta-Ebene. Am Ende muss eine lächerliche Deus Ex Machina herhalten, um die Fäden wieder zusammenzuführen. Selbst einem Charlie Kaufman scheinen auch mal die Ideen auszugehen.


5,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von DreamWorks Animation – © DreamWorks Animation © 2023, Quelle: http://www.imdb.com)

Sully (2016)

Regie: Clint Eastwood
Original-Titel: Sully
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Drama, Biopic
IMDB-Link: Sully


Große Passagierflugzeuge sind nicht unbedingt darauf ausgerichtet, im Wasser zu landen. Was Captain Chesley Sullenberger am 15. Jänner 2009 auf dem Hudson River vor New York gelungen ist, kann wohl als eine der größten Meisterleistungen der Luftfahrtgeschichte bezeichnet werden. Notwendig wurde dieser Stunt durch eine Kollision mit einem Vogelschwarm, der dafür sorgte, dass beide Triebwerke ausfielen. Umzukehren oder einen anderen Flughafen anzusteuern, war unmöglich, so der erfahrene Kapitän, also ging’s runter in den Fluss. Oder wäre es doch möglich gewesen, auf einem Flughafen zu landen statt das teure Flugzeug den Fischen zu überlassen? Die Luftfahrtbehörde schaut genau hin und bittet Sullenberger (Tom Hanks) und seinen Co Jeff Skiles (Aaron Eckhart) zum Gespräch. Haben die beiden etwa einen schwerwiegenden, weil teuren Fehler gemacht? „Sully“ unter der routinierten Regie von Clint Eastwood ist weniger Katastrophenfilm als Gerichtsdrama. Im Mittelpunkt stehen die Ermittlungen der Luftfahrbehörde und die Selbstzweifel von Sullenberger, die diese Ermittlungen verursachen. Ja, er hat 155 Menschenleben gerettet, aber war der Weg ins Wasser tatsächlich der einzig mögliche? Hier wird der Zynismus unserer Zeit spürbar: Es reicht nicht aus, zum Helden zu werden – es müssen auch die Interessen der Aktionäre gewahrt werden. Daraus und aus der nüchternen Nacherzählung der Ereignisse, die ohne künstliche Dramatisierung auskommt, bezieht „Sully“ seine größte Stärke. Es zeichnet einen Meister wie Eastwood aus, dass er den Unfall selbst enorm spannend, aber ohne Überhöhung zeigen kann. Andererseits wirkt sich der nüchterne, fast dokumentarische Zugang in den ruhigeren Momenten aber auch etwas bremsend aus und macht den Film gelegentlich etwas schwerfällig. Doch es überwiegen die positiven Aspekte, die einmal mehr unter Beweis stellen, dass der akribisch arbeitende Clint Eastwood trotz seines fortgeschrittenen Alters immer noch einer der interessanten und relevantesten Filmemacher unserer Zeit ist (von gelegentlichen Ausnahmen wie etwa dem eher drögen The Mule und dem Hurra-patriotischen „American Sniper“ mal abgesehen).


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)

Men in Black 3 (2012)

Regie: Barry Sonnenfeld
Original-Titel: Men in Black 3
Erscheinungsjahr: 2012
Genre: Action, Science Fiction, Komödie
IMDB-Link: Men in Black 3


10 Jahre sind seit dem letzten Abenteuer der Men in Black vergangen, und J (Will Smith) und K (Tommy Lee Jones) sind immer noch Partner. Allerdings kriselt es etwas in ihrer Beziehung, da K recht verschlossen wirkt. Und dann verschwindet er plötzlich auch noch. Als J nach ihm sucht, scheinen alle zu glauben, dass K seit vierzig Jahren tot ist. Und rasch wird klar. Da hat jemand, nämlich der frisch aus dem Mondgefängnis entlaufene Boris die Bestie, mit der Zeit herumgespielt. Es gibt also nur einen Weg für J, seinen Partner zu retten: Zurück! Ganz wichtig ist allerdings bei einer solchen Zeitreise, ja nicht dem jüngeren K zu begegnen. Und natürlich kann man sich darauf verlassen, dass das so ziemlich die erste Sache ist, die J in der Vergangenheit anstellt. Aber weil es ohnehin keinen anderen Weg zu geben scheint, haut er sich mit dem jüngeren K (Josh Brolin) auf ein Packl, und die beiden Agenten gehen gemeinsam auf Bestien-Jagd. Dabei haben sie auch noch das außerirdische Wesen Griffin (Michael Stuhlbarg) an der Backe, der sämtliche Dimensionen und mögliche Zukünfte gleichzeitig sehen kann – was unglaublich anstrengend klingt. „Men in Black 3“ hat einige offenkundige Schwächen, aber auch Stärken. Auf der positiven Seite steht das amüsante Spiel mit der Zeit. Wer solche Zeitreise-Geschichten mag (so wie ich), wird bei „Men in Black 3“ auf seine Kosten kommen. Auch ist Josh Brolin als jüngere Version von Tommy Lee Jones gut gecastet. Zu guter Letzt ist die Figur des Griffin ein wunderbarer Sidekick, der wirklich Spaß macht. Allerdings weist der Film auch ein paar gröbere Mängel auf: Boris ist der uninteressanteste Bösewicht der gesamten Filmreihe und eher nervig als Furcht einflößend. Auch weist der Film, anders als seine beiden Vorgänger, gelegentliche Längen auf, das Tempo ist nicht ganz so rasant wie in den vorigen Filmen. Und Smith hat mit Brolin bei weitem keine so gute Chemie wie mit Tommy Lee Jones. Das alles führt dazu, dass der dritte Film der Men in Black-Reihe zwar immer noch gut unterhält, aber nicht mehr so wie aus einem Guss wirkt, sondern eher Stückwerk ist, dessen einzelne Teile vielleicht höheren Genuss bringen als der zweite Film, man dafür als Kompensation aber auch durch einige Stellen durch muss, die den Unterhaltungswert der ersten beiden Filme nicht aufweisen. Insgesamt also eine ambivalente Sache. Zum Glück überwiegen aber die positiven Aspekte.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Wilson Webb – © 2011 Columbia Pictures Industries, Inc. All rights reserved., Quelle http://www.imdb.com)

Men in Black 2 (2002)

Regie: Barry Sonnenfeld
Original-Titel: Men in Black II
Erscheinungsjahr: 2002
Genre: Action, Science Fiction, Komödie
IMDB-Link: Men in Black II


Nach dem großen Erfolg des ersten „Men in Black“-Films war klar, dass es eine Fortsetzung geben musste. Doch wie, wenn doch eine der Hauptfiguren am Ende des ersten Films geblitzdingst wurde? Nun, nichts ins unmöglich in good old Hollywood, und so liegt natürlich irgendwo eine Maschine herum, die das Blitzdingsen rückgängig machen kann. Und so greift der eigentlich schon als Agent pensionierte und nun ein gemütliches Postlerleben führende K (Tommy Lee Jones) wieder ins Geschehen ein, und das ist auch gut so. Denn so erfahren Agent J (Will Smith) in der Alienjagd mittlerweile auch ist, aber hier geht es um etwas Persönliches aus Ks Vergangenheit, als das Alien Serleena (Lara Flynn Boyle) in Gestalt eines Victoria’s Secret-Model auf die Erde herabsteigt. Die MiB-Zentrale ist auch rasch in ihrer Hand, und so liegt es einmal mehr an dem ungleichen Partner-Duo J und K, die Welt und nebenher die hübsche Pizzeria-Angestellte Laura Vasquez (Rosario Dawson) zu retten. Zugegeben, Originalitätspunkte für den Plot erhält der zweite Teil des Franchises nicht. Und die Fallhöhe nach der überbordenden Kreativität von Teil 1 war auch zugegebenermaßen recht hoch. Und doch schlägt sich der zweite Film recht tapfer, auch wenn er bei weitem nicht die übergroßen Fußstapfen des ersten Films auszufüllen vermag. Aber die Chemie zwischen Will Smith und Tommy Lee Jones stimmt, die Drehbuchautoren haben genug flotte Sprüche eingebaut, um den komödiantischen Aspekt der Reihe weiterhin zu betonen, und alle Beteiligten scheinen Spaß an der Sache gehabt zu haben. Fazit: Kein Meisterwerk, aber passt schon.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Men in Black (1997)

Regie: Barry Sonnenfeld
Original-Titel: Men in Black
Erscheinungsjahr: 1997
Genre: Action, Science Fiction, Komödie
IMDB-Link: Men in Black


Bevor es Will Smith auf Oscar-Moderatoren abgesehen hat, waren es hauptsächlich Aliens, die von ihm eins aufs Maul bekommen habe. Siehe sein Hollywood-Durchbruch Independence Day und siehe auch „Men in Black“ von Barry Sonnenfeld. In dieser mittlerweile schon ikonischen Science Fiction-Komödie spielt er einen New Yorker Polizisten, der von einer geheimen Organisation rekrutiert wird, um fortan größere Fische als Ladendiebe zu jagen. Die Men in Black überwachen nämlich sämtliches extraterrestrisches Leben auf der Erde, das sich in der Schutzzone Manhattan aufhält – was vielleicht so manche Eigenheiten der New Yorker Bürgerinnen und Bürger erklären mag. Und gleich zu Beginn seiner noch jungen Karriere muss sich Agent J an der Seite seines erfahrenen Partners Agent K (Tommy Lee Jones) mit einem sehr ungustiösen Problem herumschlagen: Eine Schabe mit Größenwahn möchte eine Galaxie besitzen, und diejenigen, denen die Galaxie eigentlich gehört, drohen der Erde mit völliger Zerstörung. Das ist nichts, was man oft in Jobbeschreibungen liest. Und so haben J und K gleich richtig Stress, aber Learning by Doing ist ohnehin die effizienteste Methode, um in einen neuen Job hineinzuwachsen. „Men in Black“ ist wunderbar abgedreht und verfolgt vor allem ein Ziel: Amüsante Unterhaltung. Will Smith als Newbie mit großer Klappe und Tommy Lee Jones als knochentrockener Veteran, der schon alles gesehen hat und das mindestens dreifach, sind Idealbesetzungen. Man muss auch Vincent D’Onofrio hervorheben, der als außerirdische Schabe im Menschenkostüm einen der denkwürdigsten und aberwitzigsten Schurken der Filmgeschichte gibt. Mindestens genauso ikonisch ist der Soundtrack von Danny Elfman. Das Tempo ist hoch, die Gags sitzen, und mit Will Smiths Figur staunen auch wir über die Absonderlichkeiten, die das Universum im Verborgenen bereithält. So kann, nein: so soll leichtfüßige Unterhaltung aussehen.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 1997 – Columbia Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt (2022)

Regie: Aaron und Adam Nee
Original-Titel: The Lost City
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Abenteuerfilm, Action, Komödie, Rom-Com
IMDB-Link: The Lost City


„The Lost City“ hat alles: Abenteuer. Eine Schatzsuche. Action. Romantik. Exotik. Sandra Bullock. Channing Tatum. Daniel Radcliffe. Und Brad Pitt! Die Abenteuerkomödie von Aaron und Adam Nee wirkt so, als hätten die beiden Regiebrüder Indiana Jones mit den Quartermain-Filmen, Uncharted und den neuen Jumanji-Filmen in einen Mixer geworfen und kräftig durchgerührt in der Hoffnung, dass das Ergebnis noch mal besser als nur die Summe seine Teile ist. Das Problem dabei ist: Habt ihr schon mal versucht, Avocado mit Ananas, Gurke, Karotte, Apfel, Banane und Blattspinat in einen Mixer zu schmeißen? Alle Ingredienzen sind ja ein Genuss für sich, aber in Summe kommt halt eine undefinierbare, braune Suppe heraus, die einfach nach allem und nichts schmeckt. Gut, so hart muss man mit „The Lost City“ nicht unbedingt zu Gericht gehen, denn der Film hat fraglos seine Momente – das komödiantische Timing stimmt häufig. Aber nach durchaus vielversprechendem Beginn (die Entführung einer Bestseller-Autorin durch einen durchgeknallten Milliardär, der sich durch ihre Mithilfe einen sagenumwobenen Schatz krallen will, doch nicht damit rechnet, dass ihr unterbelichtetes Covermodel zu Hilfe eilt) lässt der Film dann auch recht schnell nach. Die Dschungel-Action wirkt beliebig und mit Versatzstücken älterer und besserer Filme garniert, es läuft auf den üblichen Showdown hinaus, den man schon meilenweit voraus riecht, das alles wirkt leider sehr uninspiriert, auch wenn sich Sandra Bullock und Channing Tatum nach Kräften bemühen, das Vehikel zu tragen. Aber da kommen wir zum zweiten großen Problem des Films: Auch das wieder so ein Gurke-Ananas-Ding. Jede/r für sich ist großartig, aber die beiden haben zusammen einfach keine Chemie. Und so bleibt „The Lost City“ ein schales Abenteuer, das zwar einige gelungene Stellen aufweist, aber insgesamt nicht funktionieren will. Eine einmalige Sichtung ist mehr als ausreichend.


3,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Photo Credit: Kimberley French/Kimberley French – © 2021 Paramount Pictures. All rights reserved, Quelle: http://www.imdb.com)

Im letzten Sommer (2023)

Regie: Catherine Breillat
Original-Titel: L’été dernier
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama, Erotik
IMDB-Link: L’été dernier


Catherine Breillat steht unter Verdacht, gerne mal filmisch mit Grenzüberschreitungen zu provozieren. Da darf dann auch mal ein *hüstel* gestandener Porno-Darsteller sein gewaltiges Gemächt herzeigen, wie beispielsweise in „Romance XXX“. In ihrem neuesten Film bedient die französische Altmeisterin des provokativen Kinos ein Genre, das für gewöhnlich freizügigen Internetseiten vorbehalten ist: Stiefmutter verführt Stiefsohn. (Jetzt wäre mir mit „Steifsohn“ gerade fast ein Tippfehler unterlaufen, den ich so hätte stehen lassen können.) Wobei: So eindeutig ist die Antwort auf die Frage, wer wen verführt, nicht zu geben. Gut, die scharfe Mama hätte eigentlich wenig Grund, den aufsässigen Gockel, der, weil schwieriges Kind, von seiner leiblichen Mutter zu seinem Vater abgeschoben wird, zum Betthupferl zu machen. Sie ist beruflich erfolgreich, hat zwei entzückende adoptierte Töchter mit ihrem Göttergatten, der zwar vielleicht schon etwas in die Jahre gekommen und leiblich auseinandergegangen ist (und, unter uns gesagt, ein Alkoholproblem hat, wenn er zu jedem Abendessen, das ihm die Gattin hinstellt, ein, zwei Glaserl Whiskey trinken muss), aber es läuft eigentlich ganz gut in ihrem Leben. Das alles auf Spiel zu setzen für ein Tête-à-Tête mit dieser Schmalzlocke von Stiefsohn: Hat sie nicht alle? Aber irgendwas hat dieser Bengel halt schon an sich, der offen rebelliert und eigentlich gar nicht dazugehören will in diese Patchwork-Familie. Warum sich der so an Muttern ranmacht, wird auch nicht ganz klar. Am ehesten kann man sein Verhalten unter jugendlichen Leichtsinn und eben Rebellion verbuchen. Aber es passiert nun mal das, was passiert, und hinterher schauen alle bedröppelt aus: Muttern, weil sie Schuldgefühle hat (Nonanet!), Söhnchen, weil er Gefühle entwickelt (oder zumindest äußert), die nicht erwidert werden. Und schon bahnt sich die große Familientragödie am Horizont an. Was Junior lernen muss: Eine Frau, die alles hat, kann auch alles verlieren und wird sich mit Zähnen und Klauen gegen eben dies zur Wehr setzen. „Im letzten Sommer“ ist natürlich auf Provokation aus. Aber darunter liegt eine Ebene, die den Film, für mich jedenfalls, sehr interessant macht: Nämlich der Umgang mit der Schuld- und Schuldgefühlfrage. Breillat zeichnet das Porträt einer Frau, die andere für ihre Fehler zahlen lässt. Dabei ist sie, hervorragend gespielt von Léa Drucker, gar keine Antagonistin, kein kaltherziges Ekel, sondern eben einfach jemand, der einen gewissen Status und Annehmlichkeiten erworben hat und diese um keinen Preis der Welt aufgeben möchte. Und in gewisser Weise gibt Breillat damit auch einen Kommentar zum Zustand unserer Gesellschaft ab, ob so intendiert oder nicht.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: http://www.imdb.com)

Die Schneegesellschaft (2023)

Regie: J. A. Bayona
Original-Titel: La sociedad de la nieve
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama
IMDB-Link: La sociedad de la nieve


Die Geschichte ist so unglaublich, dass sie nur wahr sein kann: Anfang der 70er Jahre stürzte eine Rugbymannschaft aus Uruguay auf dem Weg nach Chile über den Anden ab. Auf einem Berggipfel im Nirgendwo gestrandet, ohne Aussicht auf Hilfe oder Rettung, gingen die Überlebenden durch unfassbares Leid und standen vor der schwierigen moralischen Entscheidung, die toten Kameraden zu essen, um zu überleben, ehe sie nach über zwei Monaten im Eis wie durch ein Wunder doch noch geborgen wurden. Noch in den 70ern wurde diese Geschichte unter dem Titel „Überleben!“ verfilmt. J. A. Bayona, der sich mit Das Waisenhaus einen Namen gemacht hatte, ehe er ihn mit Jurassic World: Das gefallene Königreich wieder in den Sand setzte, gelingt nun mit der Neuverfilmung dieses Survival-Dramas ein eindrucksvolles und mittlerweile Oscar-nominiertes Comeback im Regiestuhl. Sein Geheimrezept sieht vor, sich nicht auf den reißerischen Aspekt der Geschichte, besagtes moralische Dilemma, zu konzentrieren, sondern die Gemeinschaft in den Vordergrund zu rücken, den Halt, den sich die jungen Männer in dieser Ausnahmesituation geben, und den schieren Überlebenswillen, der aber nicht niedrigste Instinkte zutage fördert, sondern sich immer noch innerhalb eines gesellschaftlichen Rahmens bewegt. Bayona erzählt diese Geschichte dabei in einem visuell mitreißenden, ultrarealistischem Stil und behält somit Distanz zu dem Geschehen, was angesichts der unglaublichen Ereignisse auch geboten ist, um eben nicht zu reißerisch zu werden. Andererseits birgt diese nachvollziehbare Entscheidung auch eine Schwäche: Mit der Distanz der Geschichte bleiben auch die Figuren distanziert, was den Film vor allem zu Beginn stellenweise doch ein wenig zäh werden lässt. Dennoch Hut ab vor Bayonas Regie und der stimmigen Umsetzung einer wundersamen Geschichte, die sich kein Autor jemals so hätte ausdenken können.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: http://www.imdb.com)