Denis Villeneuve

Dune: Part Two (2024)

Regie: Denis Villeneuve
Original-Titel: Dune: Part Two
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Science Fiction, Abenteuerfilm
IMDB-Link: Dune: Part Two


Es hat ein bisschen gedauert, bis ich den zweiten Teil von Denis Villeneuves „Dune“-Saga, basierend auf den Romanen von Frank Herbert, im Kino sichten konnte. Und es hat noch ein bisschen Zeit beansprucht, um den Film einzuordnen und zu bewerten. Denn eine Bewertung von 9,5 Kürbissen zückt man nicht so schnell. Diese Bewertung ist ausschließlich Meisterwerken der Filmgeschichte vorbehalten, quasi der (natürlich subjektiv bewerteten) qualitativen Speerspitze des Kinos. Doch in diese illustre Runde reiht sich meiner Meinung nach der zweite Teil der Saga rund um Paul Atreides (Timothée Chalamet) und den Wüstenplaneten ein. Und diese Einschätzung kommt nicht durch die verklärte Brille eines Dune-Fans zustande, da ich ehrlicherweise das Buch gar nicht mochte. Aber was Villeneuve und sein Team hier schaffen, ist immersives Kino, das neue Maßstäbe setzt. Was die „Herr der Ringe“-Saga vor zwanzig Jahren war, nämlich überwältigendes Abenteuerkino, das in Opulenz, Ausstattung und Aufwand die Latte für alle kommenden Filme ein gutes Stück höhergelegt hat, ist nun die „Dune“-Reihe für das heutige Kino. Qualitativ ist alles noch ein Stück besser, als man es bisher je gesehen hat. Doch was nützt die beste Technik, was bringen die eindrucksvollsten Bilder, wenn die Geschichte langweilig oder die Figuren blass bleiben? Doch auch diesbezüglich geht „Dune: Part Two“ keine Kompromisse ein. Trotz einer Länge von fast drei Stunden fühlt sich der Film kurzweilig an, er hat keine einzige fade Minute. Und auch die Darsteller:innen, die zugegebenermaßen in einem Science Fiction-Setting weniger Facetten zeigen müssen als in einem Arthouse-Drama, machen ihre Sache außerordentlich gut und spielen ihre Figuren mit der größtmöglichen Ambivalenz, die die Geschichte hergibt. Besonders hervorheben muss man an dieser Stelle den Neuzugang Austin Butler, der die Rolle des narzisstischen, soziopathischen Feyd-Rautha Harkonnen (eine Rolle, mit der sich Sting im David Lynch-Film von 1984 etwas übernommen hat) mit Verve und Charisma füllt, sodass es aus heutiger Sicht gar nicht mal unwahrscheinlich erscheint, dass „Dune: Part Two“ in der nächsten Award-Season auch in den Schauspielerkategorien berücksichtigt werden könnte. „Dune: Part Two“ ist also in jeglicher Hinsicht gelungen, das ist Überwältigungskino im besten Sinne und ein Film, der die große Leinwand zwar nicht braucht, diese aber brillant zu nutzen weiß. Kino ist nicht tot. Kino wurde nur in die Wüste geschickt, und dort fühlt es sich pudelwohl.


9,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)

Dune (2021)

Regie: Denis Villeneuve
Original-Titel: Dune
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Science Fiction
IMDB-Link: Dune


Es zeigt sich, dass man Leute an Themen lassen sollte, die diese wirklich lieben und umsetzen wollen. David Lynch mag für die Verfilmung von Frank Herberts Sci-Fi-Epos nicht die richtige Wahl gewesen sein, er selbst hasst seinen Film sogar. Bei Denis Villeneuve ist der Stoff in besseren Händen, und schon kommt eine ganz andere Würze hinein. Dass der Mann ein Händchen für eindrucksvolle und atmosphärisch dichte Bilder hat, ist das Salz in der Suppe. Und weil er sich so akribisch in die Materie vertieft hat, ist sein „Dune“ der Auftakt zu einem geplanten Zweiteiler, wobei sich die Produktion der zweiten Hälfte des Films nach dem Box Office-Ergebnis von Teil 1 entscheidet. Also mache ich euch gleich mal ein bisschen Pfeffer unterm Hintern: Geht ins Kino und schaut euch den Film an! Das ist Event-Kino vom Feinsten, für solche Blockbuster sind überdimensionierte Leinwände erfunden worden. Wenn ihr mit dem Inhalt nicht so ganz vertraut seid, hier eine kurze Zusammenfassung in Muskatnuss-Dosis, um euch nicht den Spaß zu spoilern: Auf einem Wüstenplaneten wird das richtig gute Zeug abgebaut, das den Menschen nicht nur schöne Augen macht, sondern Reisen quer durchs All erst möglich macht. Klar: Wer sich das Spice unter den Nagel reißen kann, ist ein gemachter Mann (bzw. ein gemachtes Herrscherhaus). Aber das weckt natürlich auch Begehrlichkeiten, und so haben gleich mehrere Familien ein großes Interesse daran, den Wüstenplaneten unter ihre Herrschaft zu bringen. Währenddessen träumt ein Herrschersohn von einem Spice Girl, und wie so oft in Sci-Fi- und Fantasy-Filmen sind Visionen gefährlich (Christian Stangl kann nach seiner Vision einer K2-Besteigung im Übrigen auch ein Lied davon singen.) Und schon geht alles durcheinander, dem jungen Mann brennt es wie Pfeffer unterm Hintern, um sich zu beweisen. Das alles wird begleitet von den schon angesprochenen atemberaubenden Bildern, für die man sich bei Kameramann Greig Fraser bedanken darf, und einem späten akustischen Höhepunkt in der Karriere des ewigen Hans Zimmer. Die Besetzung steht dem in Sachen Qualität nichts nach. Timothée Chalamet trägt die Bürde der Hauptrolle, an die so große Erwartungen verknüpft sind, mit Leichtigkeit, dazu ergänzen Rebecca Ferguson, Zendaya, Josh Brolin, Oscar Isaac, ein bis zur Unkenntlichkeit aufgedunsener Stellan Skarsgård, Dave Bautista, Jason Momoa, Javier Bardem und Charlotte Rampling den Allstar-Cast, und was soll ich sagen? Die Mischung schmeckt! Einer der ganz großen Höhepunkte dieses bislang so bitteren Kinojahres.


8,5 Kürbisse

(Bildzitat: Photo by Courtesy of Warner Bros. Picture/Courtesy of Warner Bros. Picture – © 2019 Warner Bros. Entertainment Inc., Quelle http://www.imdb.com)

Enemy (2013)

Regie: Denis Villeneuve
Original-Titel: Enemy
Erscheinungsjahr: 2013
Genre: Drama
IMDB-Link: Enemy


Denis Villeneuve ist einer der gefragtesten Regisseure derzeit. Kein Wunder, hat er zuletzt mit Arrival und Blade Runner 2049 zwei moderne Science Fiction-Klassiker geschaffen. Kein anderer Film wird derzeit so heiß erwartet wie sein Remake von David Lynchs Sci-Fi-Klassiker Dune. 2013 hat Villeneuve, obwohl schon gefeierter Thriller-Regisseur, freilich noch etwas kleinere Brötchen gebacken. Seinen Film „Enemy“ veredelt immerhin Jake Gyllenhaal in einer gekonnt angelegten Doppelrolle. Denn der ist hier sein eigenes größtes Problem. Als der Geschichtsprofessor Adam Bell feststellt, dass er mit dem Schauspieler Anthony St. Clair einen Doppelgänger hat und er diesen zu kontaktieren versucht, setzt er einen Strom von Ereignissen in Gang, die ein Zurück zum bisherigen Status Quo bald unmöglich machen. „Enemy“ ist eine lose Adaption des Buchs „Der Doppelgänger“ von Literaturnobelpreisträger José Saramago. Und genau das ist auch das Hauptproblem des Films. Denn bei der Vermarktung hat man einen entscheidenden Fehler gemacht und den Plot wie einen Thriller klingen lassen. Davon ist „Enemy“ aber weit entfernt. Vielmehr greift der Film dieses hintergründige Vexierspiel auf, für das die Romane von Saramago bekannt sind, und ist vielmehr an der conditio humana interessiert als am Spannungsbogen. Das Ende, über das man wohl ganze Nächte lang diskutieren könnte, bringt genau das auch zum Ausdruck. Das Problem ist nur, dass ich als Zuseher auf dem Weg dahin meiner falschen Erwartungshaltung aufgesessen bin. Und so liegt es wohl entscheidend an der eigenen Herangehensweise, ob man den Film nun gut und interessant oder dann doch über lange Strecken langweilig und seltsam empfindet. Was wiederum allerdings dem Film zum Vorwurf gemacht werden kann, denn wenn es ihm nur gelingt, ein intellektuell vorbereitetes Publikum mitzureißen, fällt das Fehlen dieser oftmals so wichtigen Zutat Spannung dann doch ins Gewicht.


5,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Photo by Caitlin Cronenberg – © 2014 – A24, Quelle: imdb.com)

Blade Runner 2049 (2017)

Regie: Denis Villeneuve
Original-Titel: Blade Runner 2049
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Science Fiction
IMDB-Link: Blade Runner 2049


Keinen anderen Film habe ich so sehr herbeigefürchtet wie „Blade Runner 2049“, das Sequel von Ridley Scotts Meisterwerk „Blade Runner“ aus dem Jahr 1982. Es gibt einige Filme, die ich als meine Lieblingsfilme bezeichnen würde, aber müsste ich einen davon herauspicken, es wäre „Blade Runner“. Die Nachricht, dass es nun 35 Jahre später eine Fortsetzung gibt, hat mich gleichzeitig hoffen und bangen lassen. Immerhin zeichnet Denis Villeneuve, der zuletzt das großartige „Arrival“ abgeliefert hat, für den Film verantwortlich – die Gefahr eines völligen Rohrkrepierers schien damit fürs Erste mal abgewendet zu sein. Aber man weiß ja nie. Und ein durchschnittlicher Solala-Blade Runner wäre ja auch maßlos enttäuschend, gemessen an der Vorlage.

Gleich mal vorab die gute Nachricht: Diese Sorgen waren völlig unbegründet. Natürlich – das Original bleibt in seiner visionären, philosophischen Dystopie unerreicht, aber dennoch macht „Blade Runner 2049“ so gut wie alles richtig. Er greift die Themen aus dem ersten Teil auf und denkt diese weiter und das alles in eine visuell eindrucksvolle Optik, die sichtbar dem Original huldigt, dabei aber die technischen Möglichkeiten der heutigen Zeit nutzt. „Blade Runner 2049“ fühlt sich genauso an wie der erste Film. Das kann man vielleicht als mangelnde Originalität bemäkeln, ich sehe es hingegen als Hommage und eben gelungene Fortführung. Und so finden sich auch viele Themen aus dem ersten Teil in „Blade Runner 2049“ gespiegelt, auch viele ganz eindeutige Anspielungen sind zu finden, die aber geschickt in die Story eingebaut sind. Ryan Gosling ist zudem die perfekte Besetzung. Ich weiß: Viele mögen ihn nicht allzu sehr und werfen ihm schauspielerische Eindimensionalität vor. Ich hingegen bin ein Fan, da er gerade durch seine stoische Ruhe eine unglaubliche Präsenz ausstrahlt, und die Emotionen im Kleinen zeigt, gut versteckt, man muss genau hinsehen, aber sie sind da. Gleich zu Beginn erfährt man, dass sein Detective K selbst ein Replikant ist, und sein zurückhaltendes Spiel passt hier sehr gut. Damit werden die Karten, die der erste Film auf den Tisch gelegt hat, gleich mal neu gemischt, und die Frage nach der Identität und dem Selbst aus einer neuen Perspektive beleuchtet. Keine Frage, „Blade Runner 2049“ fügt der Erzählung eine neue Facette hinzu. Dabei unterwandert der Film aber die Erwartungen der Zuseher und zeigt in vielen kleinen Details auf, dass man diese Fragen nicht mit Schwarz-Weiß-Antworten abtun kann. Sehr schön in diesem Zusammenhang das von Ana de Armas gespielte, sinnlich-naiv-verliebte Hologramm Joi mit einer Schlüsselszene ziemlich am Ende des Films. Und dann wäre da noch Harrison Ford, der erst spät dazu stößt, aber hey: Harrison Ford! Der macht jeden Film noch mal einen Tick besser. Allerdings ist „Blade Runner 2049“ sicherlich kein Film für jedermann. Zum Einen ist er mit fast drei Stunden Laufzeit wirklich lang, und dazu auch nicht allzu temporeich erzählt. Vielmehr entblättert er seine Themen Schicht für Schicht und nimmt sich Zeit für die Erkenntnisreise seiner Figuren, und das mag heutigen Sehgewohnheiten ein bisschen zuwiderlaufen. Zum Anderen erzählt er eben keine völlig neue Geschichte, sondern im Grunde die Geschichte aus dem ersten Film in einer neuen Perspektive weiter. Wem da die Zusammenhänge fehlen, wird wohl etwas weniger Vergnügen am Film haben. Und auch, wer bahnbrechend Neues erwartet, könnte hier enttäuscht sein. Aber für mich selbst als ganz großer Fan des ersten Films ist „Blade Runner 2049“ eine wirklich herausragende Fortsetzung, die den Geist des Originals gut einfängt, den Weg, den der Film vor 35 Jahren eingeschlagen hat, konsequent weitergeht, sich dabei immer wieder in Richtung des Meisterwerks von Ridley Scott verbeugt und dabei selbst zum Meisterwerk wird.

Ein Fun Fact im Übrigen: Da sehe ich mir den Film in Budapest an, und erst beim Abspann, als lauter ungarische Namen auftauche, bemerke ich, dass der Film zum größten Teil in Ungarn gedreht wurde, nämlich nur etwa 30 km westlich von Budapest.


9,0
von 10 Kürbissen

Arrival (2016)

Regie: Denis Villeneuve
Original-Titel: Arrival
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Drama, Science Fiction
IMDB-Link: Arrival


Intelligente Science Fiction ist ja etwas, das mich in der Regel schnell begeistert. Und nun packe man mit Denis Villeneuve einen der interessantesten Thriller-Regisseure der letzten Jahre, Amy Adams, Jeremy Renner, Forest Whitaker und Michael Stuhlbarg (alles von mir sehr geschätzte Leute, vor allem Amy Adams, auf die ich ein bisserl einen Crush habe, ich geb’s zu, und Jeremy Renner, den ich mir als Nachbarn wünschen würde) und einen klugen Plot zusammen – „you had me at hello“. Kann „Arrival“ das große Versprechen einlösen, das er mir im Vorfeld gegeben hat? Kurzfassung: Ja, kann er. „Arrival“ ist das bessere „Contact“, und ich fand „Contact“ schon gut. Die Story ist rasch erzählt: 12 seltsame außerirdische Schiffe (fühlte sich bei deren Anblick sonst noch jemand an „2001 – A Space Odyssey“ erinnert?) tauchen plötzlich auf, und eine von Erinnerungen an ihre verstorbene Tochter geplagte Linguistin wird gemeinsam mit einem Mathematiker hinzugezogen, um Kontakt aufzunehmen und rauszufinden, was die Herrschaften from outer space denn so wollen. Kann ja sein, dass sie einfach die falsche transgalaktische Abfahrt genommen haben und nun ihr Navi streikt. Oder sie wollen die Menschheit unterjochen und gegeneinander aufhetzen, wer weiß? Die Chinesen sind jedenfalls schon ganz nervös, und auch die Amis sind ausnahmsweise mal mit ihrem Latein am Ende. Und hier zeigt sich nun eine große Stärke des Films: In Anbetracht der generellen Verwirrung, die anlässlich der Landung der fremden Besucher herrscht, besinnt sich Menschheit zwar darauf, dass man halt doch im gleichen Boot sitzt und schafft es aber nicht, das Misstrauen, das unter Staaten und Geheimdiensten und Militärs herrscht, auszuräumen – man bespitzelt sich fröhlich weiter, kooperiert, aber nur solange man sich einen strategischen Vorteil erhofft, und irgendwie kennt sich keiner aus, wie man mit den Dingern im Vorgarten nun umgehen soll. Diese durch militärisches Zackzack überspielte Verwirrung fängt der Film gut ein. Am Ende ist „Arrival“ ziemlich intensives Futter für die Synapsen und plötzlich auch ein Plädoyer für das Leben – und wirkt sicherlich lange nach. Ein guter und intelligenter Film.


8,0
von 10 Kürbissen