2022

Blaze (2022)

Regie: Del Kathryn Barton
Original-Titel: Blaze
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Drama
IMDB-Link: Blaze


SLASH Festival. Jedes Jahr ein Fixpunkt in Österreichs Filmlandschaft. Hier werden fantastische, absurde, dystopische, groteske und erschreckende Filme gezeigt, die allesamt vereint, dass sie dem Naturalismus abschwören und eigene Wege gehen, die auf verschlungenen Pfaden ins Herz der Finsternis führen. So auch „Blaze“, das Langfilmdebüt der australischen Malerin Del Kathryn Barton. Das Thema des Films ist durchaus realistisch: Die zwölfjährige Blaze wird zufällig Zeugin einer Vergewaltigung mit Totschlag und davon, was absolut nachvollziehbar ist, stark traumatisiert. Trost spendet ihr – und hier kommt nun Bartons eigener Weg zum Vorschein – eine bunte, glitzernde Drachenlady in ihrem Schlafzimmer. „Blaze“ ist ein Traumabewältigungsfilm, der sein Thema nicht auf die leichte Schulter nimmt, aber dennoch einen sehr eigenen Zugang findet. In dieser Vermengung von tragischer Realität und Fantasie erinnert er an den grandiosen Film Die Beste aller Welten, ohne aber dessen Eindringlichkeit zu erreichen. Dafür wirkt „Blaze“ verspielter, und schon bald wird klar, dass der Film auch eine Allegorie auf das Erwachsenwerden durch den Verlust der Unschuld ist. Das alles in bunten, knalligen Farben, wie man sich halt die Fantasiewelt einer Zwölfjährigen vorstellt. Gerade in der Bildkomposition zeigt sich Bartons Hintergrund als Malerin. Der Film geht visuell Wagnisse ein, die aber fast alle aufgehen. Darunter legt sich ein Soundteppich, der verschiedenste Musikgenres ineinandergreifen lässt. Man könnte nun kritisch anmerken, dass es vielleicht ein bisschen zu viel von allem ist, zu gewollt, aber der Film funktioniert dennoch. Was nicht zuletzt an der überragenden Nachwuchsdarstellerin Julia Savage liegt, die ihrer Blaze Facettenreichtum und Tiefe verleiht. Man sollte sich diesen Namen merken.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Blond (2022)

Regie: Andrew Dominik
Original-Titel: Blonde
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Biopic, Drama
IMDB-Link: Blonde


„Sie wollte blond wie eine Semmel sein, blond, blonder als der Sonnenschein …“ Dieses hochlyrische Werk haben wir Rainhard Fendrich, Säulenheiliger des Austropops, zu verdanken. Ob er beim Texten dieser tiefsinnigen Zeilen an Marilyn Monroe gedacht hat, ist nicht überliefert. Möglich wär’s. Denn die war bekanntermaßen auch keine Naturblondine, sondern hat mit viel Wasserstoff nachgeholfen. So wie Ana de Armas, die auch eher dem Typ „glutäugige Latina“ entspricht, sich aber mutig in die ikonische Rolle stürzt. Und siehe da – es funktioniert! Gelegentlich blitzt ein wenig der lateinamerikanische Akzent durch, aber geschenkt. Ana de Armas macht einen herausragenden Job, ihre Marilyn Monroe ist zutiefst ge- und verstört, verletzlich, fast schon mythisch, jedenfalls ätherisch. Aber hoppla – wo bleiben die guten Seiten der Frau, die als Norma Jeane Mortenson geboren wurde, ehe sie zur Legende ihrer Zeit aufstieg? Ist dieses Biopic von Andrew Dominik nicht etwas einseitig, gar entwürdigend geworden? Ganz ehrlich – jeder Ulrich Seidl-Film erscheint dagegen wie ein Feelgood-Movie. Man muss jedoch erst einmal mit einem Missverständnis ausräumen. Andrew Dominik hat nämlich kein Biopic gedreht, auch wenn das Label draufsteht. „Blond“ ist vielmehr eine episodenhafte, kunstvoll verspielte und horrorartige Abrechnung mit dem Publikum selbst. Der Film greift alle Gerüchte und Klischees auf, die man von Marilyn Monroe zu kennen glaubt, und verzerrt sie ins Groteske. Das ist schmerzhaft anzusehen, denn der Film hält uns einen Spiegel vor. „Ihr wolltet in den Abgrund starren? Doch passt auf, der Abgrund starrt auf euch zurück“, ruft uns der Film zu, und Nietzsche kichert leise im Hintergrund, während sich Freud besorgt die Brille aufsetzt. Man muss schon viel Geduld mitbringen, denn „Blond“ ist gegen jede Sehgewohnheit gebürstet und auch mit seiner Länge von 166 Minuten nichts, was man mal nebenbei konsumiert. Ich könnte allerdings nicht einmal mit gutem Gewissen behaupten, dass der Film die volle Konzentration der Zuseher:innen erfordert, denn mehr als auf einer intellektuellen Ebene spielt er sich auf der Ebene der Sinne ab. Es ist ein Film, in den man sich einfach fallen lassen muss. Gelingt das, ist er großartig. Gelingt das nicht, ist er Mist und Zeitverschwendung. Und so kann ich auch die vielen negativen Stimmen nachvollziehen, aber mich hat er – nach einigen Startschwierigkeiten, bis ich mich eingefunden habe in diese ganz spezielle Stimmung, die es für die Sichtung braucht – dann trotz seiner Länge(n) gepackt.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Matt Kennedy/Matt Kennedy/NETFLIX – © 2022 © NETFLIX, Quelle http://www.imdb.com)

Thor: Love and Thunder (2022)

Regie: Taika Waititi
Original-Titel: Thor: Love and Thunder
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Abenteuerfilm, Science Fiction, Fantasy, Action
IMDB-Link: Thor: Love and Thunder


Ich bin ja ein großer Fan von Taika Waititis bisherigem Schaffen. What We Do in the Shadows und JoJo Rabbit sind absurd-komische (und in zweiterem Falle auch teils tragische) Meisterwerke. Und auch sein Einstand im Marvel Cinematic Universe mit „Thor: Tag der Entscheidung“, das immerhin schon dritte Abenteuer rund um den Gott des Donners, hat mir sehr gut gefallen. Ich mag diese schnoddrige, respektlose Art, sich Stoffen zu nähern und diese ad absurdum zu führen. Im nun vierten Thor-Film geht der Schuss aber nun erstmals so richtig nach hinten los. Denn plötzlich geht es nur mehr darum, fetzige Bilder zu zeigen, die dann von ironischen oder selbstironischen Sprüchen unterlaufen werden, während aus den Boxen Guns’n’Roses donnern. Immer und immer wieder. Die Story? Egal. Die Figuren? Werden auf dem Altar der Selbstironie geopfert. Und wenn es dann plötzlich dazu kommt, dass sie Tiefe zeigen müssen, können wir nicht mit ihnen mitleiden, da wir den ganzen Film lang über sie gelacht haben. Autsch! Visuell ist auch der vierte Thor-Film schön anzusehen und gelegentlich sogar spektakulär. Und mit Gorr, dem Götterschlächter, hat man auch einen Schurken an der Hand, der einem das Gruseln lehren kann, was nicht zuletzt daran liegt, dass er von niemand Geringerem als Christian Bale verkörpert wird. Aber Waititi nutzt dieses gewaltige Potential nicht aus, er findet einfach keine Balance zwischen der Komik und der Tragik in den Figuren. Und so ist „Thor: Love and Thunder“ eine uneinheitliche Collage mal mehr, mal weniger gelungener Szenen und muss sich komplett auf seinen Schauwert verlassen, denn etwas anderes hat der Film nicht zu bieten. Schade drum. Man sieht leider überdeutlich, dass sich Waititis Schmäh langsam abnutzt. Die Frische, die er mit dem dritten Thor-Film ins Franchise gebracht hat, ist nun aufgebraucht. Immerhin Guns’n’Roses-Fans werden ihre Freude mit dem Film haben.


4,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Jasin Boland/Jasin Boland – © Marvel Studios 2022, Quelle http://www.imdb.com)

Doctor Strange in the Multiverse of Madness (2022)

Regie: Sam Raimi
Original-Titel: Doctor Strange in the Multiverse of Madness
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Abenteuerfilm, Science Fiction, Fantasy, Horror, Action
IMDB-Link: Doctor Strange in the Multiverse of Madness


Als hätte es Doctor Strange (Benedict Cumberbatch) nicht gereicht, mit der Zeit herumzuspielen, nein, der arrogante Zauberer, der die Drecksarbeit in der Regel seinem fliegenden Cape überlässt, muss auch noch durch verschiedene Paralleluniversen fliegen. Wie blöd so etwas ausgehen kann, hat er ja schon in Spider-Man: No Way Home gesehen. Fairerweise muss man dazusagen, dass das fröhliche Hüpfen durch unterschiedliche Welten diesmal nicht auf seinem Mist gewachsen ist, sondern er der jungen Dame America Chavez (Xochitl Gomez) diese Spontanurlaube verdankt. Denn die kann nämlich, wenn sie unter Stress ist, die Tore zu anderen Welten öffnen. Wenig überraschend weckt diese Fähigkeit Begehrlichkeiten, und schon bald hat sie jemanden auf ihren Fersen, der sich dieses Talent für eigene Zwecke aneignen möchte. Doctor Strange, sein treues Cape und Sorcerer Supreme-Buddy Wong (Benedict Wong) haben alle Hände voll zu tun, diese finsteren Pläne zu vereiteln und werden dabei blöderweise auch noch über diverse Parallelwelten verteilt, was die Sache nicht einfacher macht. „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ steht ganz im Zeichen des üblichen Marvel’schen Rezepts, das aus Action, Humor und bunten Fantasiewelten besteht. Mit Sam Raimi auf dem Regiestuhl kommt allerdings eine weitere Komponente hinzu, nämlich eine ordentliche Portion Horror, und das tut dem Film sichtlich gut. Überhaupt fühlt sich das zweite Doctor Strange-Soloabenteuer mehr wie ein Sam Raimi-Film als ein weiterer MCU-Film an. Gekonnt verbindet er die bunte Welt seiner Spider-Man-Trilogie (jene mit Tobey Maguire, und ja, es ist kompliziert mit den Spider-Man-Filmen) mit dem absurden Horror seiner Tanz der Teufel-Filme. Und das passt auch ganz gut zusammen, ohne dass der neueste Doctor Strange zu einem klassischen Horrorfilm werden würde. Aber die gelegentlichen Einsprengsel von Grusel und Schauer passen gut ins Konzept und geben den Humoreinlagen ein stabiles Gegengewicht. Das eigentliche Highlight des Films ist aber der Bösewicht, über den an der Stelle nichts verraten sei – das wäre ein massiver Spoiler. Es sei aber gesagt, dass die schurkischen Ambitionen ausnahmsweise einmal gut nachvollziehbar sind und der Figur Tiefe verleihen. Unterm Strich befindet sich „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ vielleicht nicht unter den allerbesten MCU-Filmen, aber er unterhält auf hohem Niveau und ist durchaus etwas Eigenständiges innerhalb des Comicfilmuniversums.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Courtesy of Marvel Studios/Courtesy of Marvel Studios – © Marvel Studios 2022, Quelle http://www.imdb.com)

The House (2022)

Regie: Paloma Baeza, Emma De Swaef, Niki Lindroth von Bahr und Marc James Roels
Original-Titel: The House
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Animation, Fantasy, Episodenfilm
IMDB-Link: The House


Die Stop-Motion-Tricktechnik ist etwas für richtige Masochisten. Jedes einzelne Bild muss von Hand gebaut werden. Das ist nichts, was man schnell mal in zwei Wochen mit dem Handy abdrehen kann. Glücklicherweise finden sich auch heute noch genügend Spinner, die sich diese Arbeit antun. Denn die daraus resultierenden Ergebnisse sind oft von erstaunlicher Kreativität und einem ganz eigenen Charme – siehe Wes Andersons Meisterwerk Isle of Dogs oder das komplett irre The Old Man Movie aus Estland. „The House“, ein britischer Episodenfilm mit Beteiligung aus Belgien und Schweden, ist ein weiteres Beispiel dafür, dass diese Sisyphosarbeit, die mit einem Stop-Motion-Film einhergeht, oft ungeahnte Kreativität freisetzt, als würde die repetitive Arbeit, die Figuren Bild für Bild in minimalsten Bewegungsfortschritten in Szene zu setzen, einen Ausgleich in Originalität brauchen. Allein schon das Hauptperson der drei Episoden rund um ein herrschaftliches Prunkhaus ist so angelegt, wie man es heutzutage nur selten sieht. Hier bewohnen neben einer vierköpfigen Familie in der ersten Episode in weiterer Folge Ratten und Katzen in Menschengestalt das alte Haus. Erinnerungen an Kinderbücher von früher werden wach. Alle drei Episoden vereint, dass sie vom Niedergang erzählen. Niemand wird in dem Haus glücklich, und es ist Einfaches, in den Geschichten eine subtile Kritik am Drang nach Besitztum und Betongold zu sehen. Es wäre aber falsch, den Film nur darauf zu reduzieren. Denn es gibt so viel mehr zu entdecken. Da wären die unterschiedlichen stilistischen Ausrichtungen, die von viktorianischem Schauersetting in der ersten Episode über eine kühl-nüchterne, zeitgemäße Stilistik in Episode zwei bis zu einer dystopischen, am Ende auch an Steampunk erinnernde Ästhetik reicht – alles aber in den Gesamtkontext eingewoben, sodass das Werk wie aus einem Guss wirkt. Es gibt zwar einige Längen zu bemängeln, und nicht alles erschließt sich sofort beim ersten Ansehen – es bleiben Fragen offen, über die sich dann wunderbar diskutieren lässt – aber insgesamt ist „The House“ ein großer, mit viel Liebe für Details umgesetzter Wurf.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 2021 Netflix, Inc., Quelle http://www.imdb.com)

Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse (2022)

Regie: David Yates
Original-Titel: Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Abenteuerfilm, Fantasy
IMDB-Link: Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore


Albus Dumbledore: Das ist jener großer Zauberer, der in den 1930er-Jahren fesche dreiteilige Anzüge trug und sich einen adretten, gepflegten Bart stehen ließ, ehe er irgendwann beschloss, dass das äußere Erscheinungsbild nachrangig ist – gemütliche Pyjamas, ein verfilzter Hut und ein Bart, der selbst dann noch alles verdeckt, wenn er nackig herumläuft, tun es auch. Im dritten Teil der auf fünf Filme angelegten Fantastic Beasts-Reihe legt er aber noch Wert auf einen schicken Auftritt – immerhin steckt Jude Law in der Rolle, und der würde es wohl im Leben nie zulassen, verlottert herumzulaufen. Aber eigentlich ist Jude Law, auch wenn seine Figur des Albus Dumbledore gleich reißerisch im Titel auftaucht, gar nicht der Star dieses dritten Films. Diese Ehre gebührt Mads Mikkelsen als Gegenspieler Gellert Grindelwald. Nicht, weil er massiv viel mehr Screentime bekommt als Jude Law oder Eddie Redmayne als Newt Scamander, um den die Filmreihe eigentlich aufgebaut ist, sondern weil er die Rolle als Grindelwald dermaßen rockt, dass wohl jeder scharf nachdenken muss, wenn die Frage gestellt wird, wer im zweiten Teil die Rolle des Bösewichts übernommen hat. Ach ja, der Depp war’s. Aber während Depps Grindelwald eher eine milde Karikatur war, bekommt die Rolle unter Mikkelsen deutlich mehr Tiefe. Das hilft dem Film weiter, und das allmählich absackende Interesse nach dem zweiten Film wird wieder neu geweckt und macht Lust auf den vierten Teil der Reihe. Auch positiv ist, dass man sich wieder mehr an die Welt von Harry Potter erinnert fühlt – auch Hogwarts bekommt hier wieder seinen Auftritt. Oft ist es ja langweilig, ausgetretenen Pfaden zu folgen. In diesem Fall sorgt dieser Kniff aber dafür, sich wieder heimeliger zu fühlen, wenn man als Harry Potter-Fan mit dem zweiten Film ein wenig gefremdelt hat. Auch der dritte Teil der Reihe bleibt deutlich hinter dem grandiosen und charmanten Auftakt zurück, ist aber insgesamt ein Schritt in die richtige Richtung.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Uncharted (2022)

Regie: Ruben Fleischer
Original-Titel: Uncharted
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Abenteuerfilm, Action
IMDB-Link: Uncharted


Zugegeben, ich habe die Spiele zu „Uncharted“ nie gespielt. Ob Ruben Fleischers Verfilmung der Vorlage gerecht wird, kann ich somit nicht beurteilen. Worüber ich mir aber meine Meinung bilden kann, ist die Frage, ob das actionreiche Abenteuer mit Tom Holland, Mark Wahlberg, Antonio Banderas, Sophia Ali und Tati Gabrielle in den Hauptrollen als Film mitreißt. Die Voraussetzungen wären ja nicht so schlecht – mit Tom Holland ein hochmotivierter Jungspund in der Hauptrolle, der sich anschickt, mit verpeiltem Charme das Erbe von Harrison Ford anzutreten. Dazu kommt, dass ich generell gerne Leuten zusehe, wie sie vergrabene Schätze ausbuddeln und dabei tödlichen Fallen ausweichen müssen. Und Sophia Alis Lächeln ist ein Hingucker. So weit, so gut. Doch leider zündet „Uncharted“ bei mir überhaupt nicht. Entweder die Szenen sind dermaßen absurd und over the top, dass man sich – bei aller Liebe zu fantastischen Settings und kindlichen Abenteuereien – nur noch an den Schädel greifen kann. Oder man hat das Gefühl, alles schon einmal woanders und vor allem besser gesehen zu haben, nämlich vor allen Dingen in der Indiana Jones-Reihe und in den James Bond-Filmen. Selbst Mark Wahlberg hat schon einmal inspirierter gespielt, was echt etwas heißt! Und Antonio Banderas als Schurke? Sagen wir so: Er war halt gerade verfügbar und hat die Kohle gerne mitgenommen. Einzig Tom Holland stemmt sich mit seinem spitzbübischen Charme gegen die Katastrophe, doch die lässt sich nicht abwenden. Unaufhaltsam läuft der Film seinem Schicksal, dem baldigen Vergessenwerden, entgegen. So etwas kommt halt raus, wenn man sich nicht entscheiden kann, ob man lieber einen James Bond-Film oder einen Indiana Jones-Film drehen möchte und dann einfach das Schlechteste von beidem miteinander vermengt, während man die guten Aspekte der jeweiligen Filmreihen gekonnt umschifft.


4,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Clay Enos – © 2020 CTMG, Inc., Quelle http://www.imdb.com)

Jurassic World: Ein neues Zeitalter (2022)

Regie: Colin Trevorrow
Original-Titel: Jurassic World Dominion
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Abenteuerfilm, Science Fiction, Action, Horror, Thriller
IMDB-Link: Jurassic World Dominion


Das Problem der Jurassic World-Trilogie wurde bereits im großen Finale des ersten Films der neuen Trilogie unverhohlen angesprochen: „We need more teeth!“ Mehr Zähne also. Mehr Furcht einflößende Saurier, die größer, fieser, intelligenter, tödlicher und hungriger sind. Darauf baut die ganze Jurassic World-Trilogie auf. Was man gerne vergisst: Im ikonischen ersten Jurassic Park-Film waren die Dinosaurier insgesamt nur 14 Minuten lang zu sehen, und sie waren keine Killerbestien, sondern einfach große Viecher, die nach ihren Instinkten gehandelt haben (mit Ausnahme der Raptoren, die waren von Anfang an als Intelligenzbestien angelegt). Die Spannung baut sich vielmehr auf dem auf, was man nicht sieht, als auf dem, was man sieht. Diese Tugend wurde im Verlauf der weiteren Filme über Board geworfen, und die Story wurde immer mehr aufgeblasen, immer epischer, und damit immer konfuser. Waren die ersten beiden Filme der neuen Trilogie schon storytechnisch ein Griff in einen großen Haufen Dino-Dung, fährt der dritte Teil den Karren nun endgültig an die Wand. Die Ausgangsbasis wäre großartig gewesen. Umso ärgerlicher ist es, dass Colin Trevorrow dermaßen wenig daraus gemacht hat. Wir erinnern uns: Am Ende von Jurassic World: Das gefallene Königreich geht eine Auktion fürchterlich schief, und die Dinos marschieren los, um es sich neben den Menschen gemütlich zu machen. Vier Jahre später sind Dinosaurier in der freien Wildbahn zuhause und Teil unseres Planeten. Aus dieser Idee hätte man so viel rausholen können! Es hätte gereicht, die reaktivierte alte Garde rund um Sam Neill, Laura Dern und Jeff Goldblum dabei zuzusehen, wie sie versuchen, Dinos einzufangen, sodass diese in einem geschützten Habitat ausgesetzt werden können (und nein, damit meine ich nicht die Tropen in den Dolomiten). Die nicht unspannende Nebengeschichte rund um einen Agrarkonzern, der den Hals nicht vollbekommt und damit die ganze Nahrungskette auf Erden gefährdet (Monsanto, schaut ihr eh gut hin?), hätte man da gut reinmischen können. Stattdessen gibt es aber eben „more teeth“ und den Verdacht, dass Colin Trevorrow heimlich ein Mash-Up aus einem James Bond-Film und dem neuesten Indiana Jones-Film drehen wollte, nur eben mit Dinosauriern. Dieses verhunzte Irgendwas ist im besten Fall dümmlich, im schlimmsten Fall ärgerlich, v.a. wenn man an das vergebene Story-Potential denkt. So bleibt unterm Strich das Fazit: Trotz hoher Erwartungen und offenem Fan-Pleasing durch den Einbau des ursprünglichen Jurassic Park-Casts in tragenden Hauptrollen ist der dritte Teil der neuen Trilogie der schlechteste Film der ganzen Reihe. Einen halben Kürbis extra gibt es immerhin noch für Jeff Goldblum being Jeff Goldblum. Klappe zu. Saurier tot.


4,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Universal Pictures and Amblin En – © 2021 Universal Studios and Storyteller Distribution LCC., Quelle http://www.imdb.com)

Dreizehn Leben (2022)

Regie: Ron Howard
Original-Titel: Thirteen Lives
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Drama
IMDB-Link: Thirteen Lives


2018 wurden 12 Jugendliche im Alter von 11 bis 16 und ihr Fußballtrainer in einer Höhle in Thailand vom eintretenden Monsun überrascht und vom Wasser eingeschlossen. Die Rettungsaktion zog sich über zwei Wochen unter der gespannten Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit. Am Ende musste ein aberwitziger Plan herhalten, um die Jungs und ihren Trainer aus der überfluteten Höhle zu bergen. Der umtriebige Ron Howard, der sich in nahezu allen Genres wohlfühlt und 1995 schon Erfahrung mit Katastrophenfilmen gemacht hat – in Apollo 13 musste er Tom Hanks & Co. aus dem Weltall zurück nach Hause bringen – überrascht in „Dreizehn Leben“ mit einem sehr unprätentiösen und stellenweise fast dokumentarisch wirkenden Ansatz. Er vertraut zurecht darauf, dass die Geschichte selbst ausreichend Spannung in sich trägt, um die Zuseher trotz einer Laufzeit von fast 2,5 Stunden am Sessel kleben zu lassen. Der nüchterne Ansatz, den der Film verfolgt, schlägt sich auch nieder in den Leistungen der Darsteller. Viggo Mortensen, Colin Farrell, Joel Edgerton und Tom Bateman als Höhlentaucher stellen ihren Hollywood-Glamour gekonnt zurück und stellen sich ganz in den Dienst der Geschichte. Dazu kommt, dass trotz Fokus auf das internationale Expertenteam, das eine entscheidende Rolle bei der Bergung der Eingeschlossenen gespielt hat, der Film auch den lokalen Helfern und Helden genug Raum gibt und deutlich macht, dass die Rettung nur durch eine gemeinsame Anstrengung aller möglich war. „Dreizehn Leben“ verzichtet komplett auf Pathos und bemüht sich um eine möglichst realistische Darstellung der Geschehnisse, wie auch von den tatsächlich Beteiligten bestätigt wird. Auch wenn sie festhalten, dass es in Wirklichkeit noch viel schlimmer und viel verrückter war, da das Wasser in der Höhle so schlammig war, dass man quasi nichts sehen konnte. So gesehen ist „Dreizehn Leben“ ein seltener Fall eines Hollywood-Films, der die wahren Ereignisse sogar noch ein wenig herunterspielt anstatt sie zu überhöhen. Dennoch ist der aktuell auf Amazon Prime verfügbare Film ein absoluter Nägelbeißer. Allein das zeigt schon, wie aberwitzig die ganze Geschichte ist.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Scott Garfield – © 2022 CTMG, Quelle http://www.imdb.com)

Bullet Train (2022)

Regie: David Leitch
Original-Titel: Bullet Train
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Komödie, Action
IMDB-Link: Bullet Train


Brad Pitt fährt Zug. Und weil er einen nicht ganz legalen Auftrag hat, nämlich in diesem Zug von Tokyo nach Kyoto (einer von diesen extrem schnellen japanischen Shinkansen-Zügen) ein Köfferchen zu entwenden, darf man sich als Zuseher schon darauf einstellen, dass diese Zugreise nicht viel gemein hat mit den üblichen Railjet-Fahrten von Wien nach Salzburg hierzulande. Nicht einmal Verspätung haben diese japanischen Geschosse. Gut, „Ladybug“, so der Codename des von Pitt gespielten Glücksritters, muss also ein Gepäckstück klauen und beim nächsten Bahnhof mit diesem abdampfen. Klingt eigentlich nicht so stressig. Allerdings muss er schon bald feststellen, dass er nicht der Einzige im Zug ist, der einen sinisteren Plan verfolgt. Da wären beispielsweise die dubiosen „Zwillinge“ (Brian Tyree Henry und Aaron Taylor-Johnson), die eine vormalig gekidnappte Mafia-Brut sicher nach Hause geleiten soll. Dann ist da ein liebes Mädel (Joey King), das ganz unladylike ordentlich austeilen kann. Ein verzweifelter Vater mit einer Waffe (Andrew Koji) treibt sich auch noch herum. Und das sind nicht mal alle seltsamen Gestalten, die diesen Zug noch betreten sollen. Schon bald findet sich Ladybug in einer recht verzweifelten Lage wieder, die, auch wenn er der Gewalt abschwören und nach friedlichen Auswegen suchen wollte, die Mortalitätsrate in seiner unmittelbaren Umgebung sprunghaft ansteigen lässt. „Bullet Train“ von David Leitch, der auch schon Deadpool in sein zweites Abenteuer gestürzt hat, ist ein vergnügliches und irrwitziges Action-Spektakel, in das sich Brad Pitt mit sichtlichem Genuss stürzt. Der Film lebt von seiner Performance, auch wenn der Rest des Casts ebenfalls für Brüller sorgt, doch die verwirrten Blicke von Brad Pitt angesichts der immer absurder werdenden Lage und seine verzweifelten Versuche, das Gespräch mit jenen zu suchen, die ihm an den Kragen wollen, sind einfach saukomisch. Die Action sitzt auch und ist immer einen kleinen Tick over the top, sodass man sich schon händereibend auf die nächste Keilerei freut. Ist das anspruchsvolles Kino? Nein. Aber extrem unterhaltsames.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Scott Garfield – © 2022 CTMG, Quelle http://www.imdb.com)