Liebesfilm

Crocodile Dundee – Ein Krokodil zum Küssen (1986)

Regie: Peter Faiman
Original-Titel: Crocodile Dundee
Erscheinungsjahr: 1986
Genre: Komödie, Liebesfilm, Abenteuerfilm
IMDB-Link: Crocodile Dundee


Wieder einmal ein Ausflug in die Kindheit: Crocodile Dundee, gespielt von Paul Hogan (von dem übrigens auch das Oscar-nominierte Drehbuch stammt), war für den kleinen Filmkürbis einfach der Größte. Durch das australische Outback streifen, Leguane braten, sich mit Krokodilen anlegen und Tiere hypnotisieren: Das wollte ich auch können! Heute, gut dreißig+ Jahre später, stelle ich fest, dass allein die Hypnose ein erreichbares Lebensziel war, auch wenn die Hypnoserichtung umgekehrt verläuft: Statt meinen Kater zu hypnotisieren, hypnotisiert dieser mich, wenn er vor der leeren Futterschüssel sitzt. Aber immerhin besser als nichts. Und auch nach New York habe ich es geschafft. In dieser Hinsicht kann ich also dem wackeren Buschmann die Hand reichen. Ich behaupte auch, dass ich mich dabei souveräner geschlagen habe als „Mick“ Dundee, der von Reporterin Sue Charlton (Linda Kozlowski) von der australischen Wildnis in den Großstadtdschungel mitgenommen wird und dort zur kleinen Sensation wird. Ob er nun einem schlecht gelaunten Wasserbüffel gegenübersteht oder einem Straßenräuber: Der Mann weiß sich zu helfen. Und wenn ein Yuppie auf einer Party gerade Probleme mit der Nase hat und sich ein gesundes Pülverchen in eben diese reinziehen möchte, geht nichts über eine Dampfinhalation. „Crocodile Dundee“ ist ein Film, den man heute so wohl nicht mehr drehen würde – Männer sind Machos, Frauen sind neugierig und müssen gerettet werden, der Verlobte ist ein Schleimbatzen allerbester Güte, und Konflikte regelt man am besten mit einem gezielten Faustschlag. Aber: Das alles ist so charmant und witzig umgesetzt und Paul Hogan so charismatisch in seiner Lebensrolle, dass man dem Film all diese Schwächen gerne verzeiht. Wer nicht schon einmal die „Das ist ein Messer!“-Szene zitiert hat, werfe den ersten Bumerang.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Archive Photos/Getty Images – © 2012 Getty Images, Quelle http://www.imdb.com)

She Came to Me (2023)

Regie: Rebecca Miller
Original-Titel: She Came to Me
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Rom-Com, Liebesfilm
IMDB-Link: She Came to Me


Die eigene Psychotherapeutin zu heiraten, klingt erst einmal nach einer soliden Idee. Doch nutzt das auch nur wenig, wenn man erstens, wie es dem Opernkomponisten Steven (Peter Dinklage) ergeht, eine veritable Schaffenskrise hat, die sich in Panikattacken manifestiert, und zweitens die Angetraute (Anne Hathaway) selbst ordentlich einen an der Waffel hat, wie sich in einem ausgewachsenen Putzfimmel zeigt. So richtig kompliziert wird alles, wenn man dann einen zufälligen One-Night-Stand hat mit einer Stalkerin, die an Romantiksucht leidet, der Stiefsohn die minderjährige Tochter der Putzfrau datet und der Vater eben jener Tochter meint, das Recht auch zu Lasten seiner eigenen Familie durchsetzen zu müssen, nur weil er nicht verputzt, dass der Lover seiner Tochter dunkelhäutig ist. Und schon haben wir ein schönes Durcheinander, in dem Peter Dinklage so traurig schauen kann, wie er will – er wird dennoch hemmungslos vom Schicksal durchgebeutelt. Immerhin führt das zu einigen sehr komischen und absurden Situationen, in denen Rebecca Miller das Genre der Rom-Com genüsslich zelebriert und gleichzeitig zeigt, dass sie ihre eigene Geschichte nicht bierernst nimmt. Das tut dem Film gut, der auf diese Weise recht unterhaltsam ist. Allerdings leidet die Glaubwürdigkeit darunter. Marisa Tomei als Schlepperkahn-Kapitänin und liebesbesessener Love Interest ist ein gutes Beispiel dafür, dass Glaubwürdigkeit eben nicht das Hauptanliegen von Miller war. Zwar spielt sie ihre Figur einmal mehr mit Verve, aber man kauft ihr diese dennoch nicht ab. Auch Dinklage funktioniert als Star der Komponistenszene nur bedingt. Die Panikattacken und das traurige G’schau passen gut zu ihm, aber die Exzentrik des musikalischen Genies wirkt aufgesetzt. Da hat Cate Blanchett in Tár ganz andere Maßstäbe gesetzt. Und Hathaway, die auch als Produzentin agiert, hat mit ihrer Figur zwar sichtlich Freude, aber deren Charakterbogen ist schon sehr weit hergeholt. Auch scheint Miller nicht ganz im Klaren darüber zu sein, welche Geschichte sie nun eigentlich erzählen möchte: Jene des Komponisten in der Krise, jene des Künstlers und seiner Muse, die Geschichte des jungen Pärchens und der Widrigkeiten, die sie erfahren (und die viel zu beiläufig abgetan werden, wenn man bedenkt, was für sie auf dem Spiel steht), jene der Psychiaterin mit Zwangsneurosen? Alles verschwimmt ein wenig ineinander, und ich wiederhole mich: Es ist gut, dass sich der Film nicht selbst zu ernst nimmt, denn dann würde er unweigerlich komplett den Faden verlieren. So bleiben aber zumindest 1,5 unterhaltsame Stunden, über deren Inhalt man vielleicht nicht allzu groß nachdenken sollte oder auch kann, dessen einzelne Szenen aber für sich recht gut funktionieren. Hier ist eben nur das Ganze nicht größer als seine Teile.


5,5 Kürbisse

(Foto: (c) Viennale)

Roter Himmel (2023)

Regie: Christian Petzold
Original-Titel: Roter Himmel
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama, Liebesfilm
IMDB-Link: Roter Himmel


Das zweite Werk nach einem erfolgreichen Debüt ist immer der künstlerische Endgegner. Das weiß auch der Schriftsteller Leon (Thomas Schubert), der mit seinem Kumpel Felix (Langston Uibel) in das abgelegene Ferienhaus von Felix‘ Mutter an die Ostsee fährt, um dort den stockenden Roman „Club Sandwich“ fertigzuschreiben. Während Felix das Meer und das Dolcefarniente genießt, zieht sich Leon in eine griesgrämige Altherren-Attitüde zurück. Spaß wird vermehrt mit den Worten „Die Arbeit lässt es nicht zu!“ Zugegeben, dass Thomas Schubert Wiener ist, hat ihm sicherlich bei der Charakterentwicklung von Leon geholfen – wir Wiener sind halt die Meister im Granteln. Und so grantelt sich Leon eben durch den Sommer, der gestört wird von Felix‘ Lebenslust, dem ungebetenen Gast Nadja (Paula Beer) und ihrem „Stecher“ Devid (Enno Trebs). Am Horizont aber braut sich ein Feuer zusammen. Waldbrände bringen die Sommeridylle ins Wanken, und rote Schicksalswolken hängen über Leons Haupt. Christian Petzold ist ein Lyriker unter den Filmemachern. „Roter Himmel“ ist inhaltlich schwer zu beschreiben. Es ist vielmehr ein sinnlicher Film, der seine poetische Kraft aus den Zwischenräumen, den Auslassungen schöpft. Die Charaktere umtanzen sich, sie werden selten explizit, und wenn das Ungesagte plötzlich einmal laut ausgesprochen wird, klingt es hart und fast deplatziert – ein Einbruch der Realität in eine Traumwelt. Thomas Schubert und Paula Beer, die schon in Das finstere Tal eine enge Beziehung zueinander hatten, spielen, so ehrlich muss man sein, ihre Kollegen an die Wand. Thomas Schubert entwickelt sich zu einer präsenten Leinwandgewalt a la Josef Bierbichler, der Typus von Schauspieler, der nicht viel sagen muss, sondern alles mit dem Heben seiner Augenbrauen auszudrücken vermag und so herrlich stoisch bleibt wie ein Felsen, an dem alle anderen Figuren zerschellen müssen. Allerdings hat er die undankbarere der beiden Hauptfiguren abbekommen, denn sein Leon ist zum Einen kein Sympathieträger und zum Anderen in seiner Griesgrämigkeit und Entrückung auch recht eindimensional im Vergleich zu Paula Beers geheimnisvoller Nadja, die gleichzeitig die Geschichte erden muss. Nicht alles an „Roter Himmel“ ist geglückt, doch sollte man diesen Film wohl nicht allzu analytisch zerpflücken, sondern am besten einfach auf sich wirken lassen.


7,0 Kürbisse

(Foto: (c) Viennale)

Good Will Hunting – Der gute Will Hunting (1997)

Regie: Gus Van Sant
Original-Titel: Good Will Hunting
Erscheinungsjahr: 1997
Genre: Drama, Liebesfilm
IMDB-Link: Good Will Hunting


Zwei Anfang 20jährige Schauspielschüler setzen sich gemeinsam hin und schreiben das Drehbuch für ihren ersten Film, der Jahre später von Gus Van Sant kongenial umgesetzt wird. Diese Ausgangslage muss man sich vor Augen halten, wenn man den Monolog von Robin Williams als Psychiater Sean Maguire anhört – vielleicht eine der besten Szenen der Filmgeschichte überhaupt (und hier anstelle des sonst üblichen Trailers verlinkt). Man kann es nicht anders sagen: Ben Affleck und Matt Damon haben mit „Good Will Hunting“ Geniales (und auch Oscar-prämiertes) geleistet. Ihre Geschichte über einen vorbestraften Dockarbeiter ohne akademischer Ausbildung, der als mathematisches Wunderkind sogar Fields-Medaillen-Träger (Stellan Skarsgård) in die Tasche steckt, aber an normalen Beziehungen scheitert, entfaltet nicht zuletzt dank des außergewöhnlichen Schauspiels (Oscar für Robin Williams, Oscarnominierungen für Matt Damon und Minnie Driver) eine unglaubliche Wucht, der man sich nicht entziehen kann. „Good Will Hunting“ ist eine emotionale Achterbahnfahrt, eine Außenseitergeschichte, die, wie manche Kritiken attestieren, gelegentlich zu dick aufzutragen scheint, aber für mich dennoch immer den richtigen Ton trifft. Es ist ein Film mit Tiefgang, der aber dennoch fast leichtfüßig wirkt, was er der Authentizität seiner Figuren verdankt. Die Gang rund um Will, der empathische Psychiater, der seine eigenen Dämonen mit sich schleppt, der ehrgeizige Mathematikprofessor, der erkennt, dass eine andere Sonne heller leuchtet als er selbst und sich nun ihrem Glanz baden möchte, der Love Interest mit Charakter, der nicht nur hübsch sein darf, sondern auch humorvoll – es ist schon erstaunlich, dass es Damon und Affleck in so jungen Jahren gelungen ist, ein derart breit aufgestelltes, vielschichtiges Personal für ihre Geschichte aufzubauen. „Good Will Hunting“ ist ein Klassiker und gehört in meinen Augen auf die Liste der besten Filme in einem an grandiosen Filmen wahrlich nicht armen Jahrzehnt.


9,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 1997 Miramax Pictures- all rights reserved, Quelle http://www.imdb.com)

Past Lives (2023)

Regie: Celine Song
Original-Titel: Past Lives
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Liebesfilm
IMDB-Link: Past Lives


Das koreanische Konzept des In-Yun besagt sinngemäß, sofern ich es richtig verstanden habe, eine Verbindung zwischen zwei Menschen aus deren früheren Leben. In unserem Kulturkreis würde man eine solche Verbindung vielleicht als „Seelenverwandtschaft“ bezeichnen. Young Na und Hae Sung haben eine starke Verbindung. Als Zwölfjährige sind sie füreinander so etwas wie der erste Crush, die erste große Liebe, doch dann wandert Young Na mit ihrer Familie nach Kanada aus, wird dort zu Nora (Greta Lee), und der Kontakt verliert sich. Zwölf Jahre später kontaktiert sie der in Korea gebliebene Hae Sung (Teo Yoo) via Facebook, und zumindest virtuell nähern sich die beiden wieder einander an. Doch das Timing passt nicht. Weitere zwölf Jahre vergehen, und dann taucht Hae Sung in New York, wo Nora mittlerweile mit ihrem Ehemann lebt, auf. Ist ihr In-Yun so stark, dass sie nach all dieser Zeit endlich zueinander finden? „Past Lives“ von Celine Song ist stark autobiographisch inspiriert. Auch Song kommt aus einer koreanischen Auswandererfamilie. Die Perspektive des Films ist demnach stark auf Nora fokussiert. Wer nun allerdings einen klassischen, vielleicht leicht kitschigen-schwülstigen Liebesfilm erwartet, wird von „Past Lives“ möglicherweise überrascht werden. Zwar ist die Geschichte leichtfüßig und mit gelegentlichen Einschüben von Humor erzählt, und sie folgt zunächst auch gängigen Mustern, doch offenbart sich mit der Zeit eine Ernsthaftigkeit und Seriosität, die aus dem realistischen Blickwinkel auf Beziehungen, den Song einnimmt, resultieren. Das Leben ist nicht Schwarz und Weiß, sondern besteht hauptsächlich aus Grautönen – wie auch Beziehungen. Und so fühlt sich „Past Lives“ in jedem Moment „echt“ an: authentisch, reflektiert und ehrlich. Hervorheben muss man auch das kontrollierte, nuancierte Spiel von Greta Lee, stoisch an der Oberfläche, doch mit emotionalem Tiefgang darunter. Auch Teo Yoo und John Magaro in der Rolle des Ehemanns spielen glaubwürdig und legen ihre Charaktere vielschichtig und nachvollziehbar an. „Past Lives“ ist ein rundum gelungener Film über die Liebe, über Beziehungen, über das Leben an sich und die Wellen, die uns manchmal an verschiedene Orte führen, uns aber dennoch auch miteinander verbinden.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Her (2013)

Regie: Spike Jonze
Original-Titel: Her
Erscheinungsjahr: 2013
Genre: Drama, Liebesfilm, Science Fiction
IMDB-Link: Her


2013: Spike Jonze bringt einen visionären Science Fiction-Liebesfilm auf die Leinwand, in dem sich ein einsamer Schreiber von persönlich gestalteten Grußkarten und Briefen in ein Betriebssystem verliebt. Gut, es hat die Stimme von Scarlett Johansson, aber trotzdem kann ich mich an meine Verblüffung erinnern, als ich den Film zum ersten Mal im Kino sah. 2023: Statte ChatGPT mit Johanssons Stimme aus, und der Film ist Realität. Spooky. Was wohl Jonze selbst heutzutage über seinen Film denkt? Ich möchte ihm nicht einmal unterstellen, dass es seine Grundintention war, einen möglichst prophetischen Blick in die Zukunft zu werfen, denn ihm geht es in „Her“ sichtlich um andere Dinge: um das Gefühl der Verlorenheit, das uns alle manchmal überfällt, und um den Wunsch, mit jemanden eine emotionale Verbindung einzugehen, und sei es auch nur eine künstliche Intelligenz. Gleichzeitig aber verhandelt der Film auf weiteren Ebenen genau die Problematik, vor der wir heute stehen: Was, wenn sich diese von uns geschaffene Intelligenz weiterentwickelt? Welche Folgen hat das für uns? Hier ist Spike Jonze weniger pessimistisch, als ich es im Moment bin (man spürt vielleicht ein klein wenig, dass diesmal Charlie Kaufman, mit dem Jonze eine lange und denkwürdige kreative Zusammenarbeit verbindet, nicht involviert war), aber dennoch lässt er diese Frage nicht außer Acht. Dass „Her“ auch abseits seiner klugen Erzählung ein kleines Wunderwerk ist, liegt primär am sensationellen Cast. Joaquin Phoenix gehört zu den Meistern seiner Generation – er kann schlicht alles spielen, ob ein vom Leben gebrochener Psychopath wie in Joker, ein von Inzest- und Machtfantasien gebrochener Psychopath wie in Gladiator, oder eben jenen Theodore Twomley, von seiner früheren Beziehung gebrochen, aber alles andere als ein Psychopath, vielmehr eine unglaublich gutherzige, wenn auch verletzte Seele. Der Mann ist ein schauspielerisches Chamäleon. Daneben Scarlett Johansson, die nur deshalb um eine Golden Globe-Nominierung gebracht wurde, weil sie keine einzige Sekunde im Film zu sehen ist. Aber was sie mit ihrer Stimme anstellt, ist aller Ehren wert. Die hervorragende Amy Adams in einer kleinen, aber wichtigen Nebenrolle bringt schließlich so etwas wie eine Erdung in die Geschichte ein. „Her“ ist ein herausragender Film, der in allen Teilen meisterhaft und gleichzeitig auch mehr als die Summe seiner Teile ist.


9,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Courtesy of Warner Bros. Picture – © 2013 – Untitled Rick Howard Company LLC, Quelle http://www.imdb.com)

Schräger als Fiktion (2006)

Regie: Marc Forster
Original-Titel: Stranger Than Fiction
Erscheinungsjahr: 2006
Genre: Fantasy, Komödie, Liebesfilm, Drama
IMDB-Link: Stranger Than Fiction


Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Will Ferrell einmal eine der herzzerreißendsten Figuren der Filmgeschichte spielen würde? Und das ausgerechnet als lakonischer (und arschlangweiliger) Steuerprüfer. Der Clou liegt darin, dass sein Harold Crick eine fiktive Romanfigur ist, dessen Leben von der Feder der exzentrischen Schriftstellerin Karen Eiffel (Emma Thompson) bestimmt wird und deren Stimme er eines Tages zu hören beginnt. Und die hat gerade beschlossen, ihn sterben zu lassen. Sie weiß noch nicht wie, nur, dass mit dem Ende ihres Buches auch das Ende von Harold Crick gekommen ist. Und das ausgerechnet, als er beginnt, sich die Bäckerin Ana Pascal (Maggie Gyllenhaal) zu verlieben, die jedoch nur wenig für seine Gefühle übrig hat – kein Wunder, denn sie hält nichts von sauberer Buchführung und korrekter Abgabe von Steuern an den Staat, der diese dann für Rüstung und Militär verwendet. Doch vorerst macht ihm das drohende Ableben ohnehin mehr zu schaffen als Miss Pascals sarkastische Bemerkungen. Nach anfänglichen Zweifeln an der eigenen geistigen Gesundheit sucht Crick schließlich den Rat des Literaturprofessors Jules Hilbert (Dustin Hoffman) auf. Kann ihm dieser helfen, seinem Schicksal zu entrinnen? „Schräger als Fiktion“ ist ein absoluter Glücksfall von einem Film. Wie schon erwähnt spielt Will Ferrell hier wohl die beste Rolle seines Lebens. Er ist perfekt gecastet für diesen trockenen Buchhalter-Typen, dessen Leben komplett aus den Fugen gerät und der verwirrt, aber stoisch versucht, die losen Enden wieder einzufangen. An seiner Seite spielt Maggie Gyllenhaal den sinnlichen Gegenpart, das Yin zu Cricks Yang. Das Thema der Balance zieht sich durch den ganzen Film – Karen Eiffel in all ihrem Exzentrismus erhält ein Gegengewicht durch Queen Latifahs No-Nonsense-Sekretärin Penny, auch sind Tragik und Komik perfekt ausbalanciert wie auch Zuneigung und Abneigung von Crick und Ana Pascal. „Stranger Than Fiction“ ist ein Film, der durch seine liebevoll-skurrile Grundidee aus der Feder von Charlie Kaufman hätte stammen können, und doch ist er keine Kopie des Stils des gefeierten New Yorker Drehbuchautors, sondern etwas ganz und gar Eigenständiges.


8,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Ralph Nelson – © 2006 Columbia Pictures Industries, Inc. All Rights Reserved, Quelle http://www.imdb.com)

Sterne unter der Stadt (2023)

Regie: Chris Raiber
Original-Titel: Sterne unter der Stadt
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama, Liebesfilm
IMDB-Link: Sterne unter der Stadt


Seien wir ehrlich: Viel Wienerischer als „Sterne unter der Stadt“ kann ein Film nicht sein. Es geht um schräge Typen, um glühende Perry Rhodan-Fans, die nach den Sternen greifen wollen, aber unter der Erde im Fundbüro arbeiten, es geht um U-Bahnen (okay, es ist „nur“ die U2, für das ungeschönte Wien-Feeling empfehle ich eine Fahrt mit der U6 zwischen Floridsdorf und Westbahnhof) und es geht natürlich um die Liebe und um den Tod. Fehlt eigentlich nur noch der Zentralfriedhof als Schauplatz, aber gut, man kann nicht alles haben. Aber eben fast alles. Und wenn dann noch Verena Altenberger, eine der Größten ihrer Zunft, die wir aktuell haben, den Film mit ihrem unprätentiösen Spiel veredelt, ist das grantelnde Wiener Herz schon so gut wie gewonnen. Beziehungsweise erst einmal das von Alexander (Thomas Prenn), der eigentlich geschworen hat, sich niemals zu verlieben, um nicht dem tragischen elterlichen Schicksal zu folgen. Aber erstens kommt es anders, und zweitens, als man denkt. Und so entwickelt sich eine zarte, ja, fast schon kitschige Romanze zwischen Gleis 1 und Gleis 2. Und kaum hat man es sich so richtig bequem gemacht im plüschigen Kinosessel und wohlwollend die „Amelie“-Vibes aufgenommen, kommt der Wienerische Hang zum Morbiden durch, und man plagt sich mit schweren Schicksalsschlägen herum. Was ist der Film nun? Mehr Liebesfilm oder mehr Drama? Nun, der Film hält gut die Waage. Wie es im Leben halt so ist: Es gibt gute Tage, und es gibt schlechte Tage. Und manchmal muss man springen, auch wenn man Angst hat. „Sterne unter der Stadt“ ist ein schöner, ein melancholischer, ein durch und durch kitschiger Film, der das Publikum wohl gespalten zurücklässt, aber manchmal muss ein bisschen Zuckerguss sein, manchmal müssen bunte Schmetterlinge durchs Zimmer flattern und Blicke eine tiefere Bedeutung entfalten, als sie das in der Realität tun. Manchmal braucht es den Blick der Träumer.


7,0 Kürbisse

(Foto: http://www.filmladen.at)

An einem schönen Morgen (2022)

Regie: Mia Hansen-Løve
Original-Titel: Un beau matin
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Drama, Liebesfilm
IMDB-Link: Un beau matin


Hach, die Franzosen. Gelingt es ihnen, ihre übliche Geschwätzigkeit in Liebesdramen abzulegen, kommen richtig feine, sensible Filme heraus. Wie „An einem schönen Morgen“ von Mia Hansen-Løve. Die renommierte Regisseurin schickt hier die hochgeschätzte Léa Seydoux auf eine emotionale Achterbahnfahrt. Die jung verwitwete Übersetzerin Sandra muss sich nicht nur um ihre Tochter, sondern auch um ihren neurogenerativ erkrankten Vater (Pascal Greggory) kümmern, der am sogenannten Benson-Syndrom leidet. Bei dieser teuflischen Erkrankung, die Alzheimer-Kranke befallen kann, kann das Sehvermögen nicht mehr richtig im Hirn verarbeitet werden. Die Folge sind Demenz und schlimme Seheinschränkungen, man vergisst, und man vergisst, zu sehen. Gerade in der Phase, als die Familie entscheiden muss, wie sie mit dem Vater weiterverfährt; der nicht mehr allein leben kann, tritt ein alter Freund wieder in ihr Leben. Dieser ist mäßig glücklich verheiratet, hat selbst einen jungen Sohn, und macht Sandra, die jegliche Hoffnung auf ein eigenes Liebesleben schon aufgegeben hat, sichtlich Avancen. Jede Teilgeschichte für sich gäbe in diesem Film schon mal ein hochemotionales, auf die Tränendrüse drückendes Drama ab. Hansen-Løve hingegen ist nicht daran interessiert, ihre Figuren dem Mitleid der Zuseher:innen auszusetzen. Stattdessen bringt sie ein feinfühliges Beziehungsdrama auf die Leinwand, das verschiedene Facetten der Liebe beleuchtet. Das ist große Kunst, wenngleich mit dem Risiko des Scheiterns behaftet, wenn nicht der Cast 1A abliefert. Doch mit Léa Seydoux und Pascal Greggory hat Mia Hansen-Løve zwei Zugpferde, die ihre schwierigen Aufgaben eindrucksvoll meistern. Ganz großes Gefühlskino – und das im besten Sinne ohne Kitsch und Tränendrücken.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: © Les Films Pelléas, Quelle http://www.imdb.com)

Eve und der letzte Gentleman (1999)

Regie: Hugh Wilson
Original-Titel: Blast from the Past
Erscheinungsjahr: 1999
Genre: Rom-Com, Liebesfilm
IMDB-Link: Blast from the Past


Ich bin halt ein alter Romantiker. Wenn ein junger Herr mit guten Manieren auftaucht, sagen wir mal, von Brendan Fraser gespielt, und er öffnet einer junger Dame wie Alicia Silverstone galant die Türen, dann freue ich mich einfach darüber, dass Werte wie Respekt und Anstand hochgehalten werden. Auch beim Porno warte ich immer darauf, dass am Ende geheiratet wird, aber ich sage euch: Dieses Genre ist sowas von enttäuschend! Also lieber bei der Rom-Com bleiben, und in diesem Genre ist „Eve und der letzte Gentleman“ ein durchaus gelungener Beitrag, der vielleicht ein wenig Patina angesetzt hat in den letzten 23 Jahren, aber hey, wer nicht? Allein die Story ist schon entzückend: Als ein Jet nach einem Unfall auf sein Haus knallt, geht der leicht neurotische Wissenschaftler Calvin Webber (Christopher Walken) mit seiner Ehefrau (Sissy Spacek) in den Luftschutzkeller, und weil er vom Jet nichts weiß, sondern glaubt, dass die Sowjets eine Atombombe über L.A. gezündet hätten, bleibt das Ehepaar 35 Jahre lang abgeschottet von der Außenwelt da unten. Als ihr Sohn Adam (eben Brendan Fraser) sozusagen das Licht der Welt erblickt, da er losgeschickt wird, um neue Vorräte zu kaufen, und auf die kesse Eve (Alicia Silverstone) stößt, wirkt er nicht nur wie aus der Zeit gefallen, sondern ist dies wortwörtlich. Wie gesagt, fast ein Vierteljahrhundert nach Erscheinen des Films wirken manche Gags schon etwas angestaubt, und doch hat der Film seine Momente und kann auch heute noch gut unterhalten, was auch an der gut aufgelegten Besetzung liegt. Gute Screwball-Komödien sterben eben nie aus.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: © 1999 New Line Cinema, Quelle http://www.imdb.com)