Autor: Filmkürbis

Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik 2 (2006)

Regie: Gore Verbinski
Original-Titel: Pirates of the Caribbean: Dead Man’s Chest
Erscheinungsjahr: 2006
Genre: Abenteuerfilm, Fantasy
IMDB-Link: Pirates of the Caribbean: Dead Man’s Chest


Der Schurke ist besiegt, der Fluch aufgehoben, der Schönling kriegt das Mädel, der charismatische Piratenkapitän sein Schiff – Ende gut, alles gut im ersten Fluch der Karibik-Film. Aber weil Disney vor allem eine Gelddruckmaschine ist, war nach dem Erfolg des Abenteuerfilms mit Johnny Depp, Keira Knightley und Orlando Bloom in den Hauptrollen rasch klar, dass die erdachte Fantasywelt für ein ganzes Franchise reichen würde. Und so wurden der zweite und dritte Film in einem Aufwasch gedreht und kurz nacheinander in die Kinos gebracht. Man muss festhalten, dass der zweite Teil der Abenteuersaga damit kein vollständiger Film ist, sondern eben die erste Hälfte einer fast 5,5stündigen Geschichte. Man braucht also viel Sitzfleisch, wenn man mit Captain Jack Sparrow in See stechen will. Was Gore Verbinski in seinen Filmen generell gut macht: Er hält das Tempo hoch. Er nimmt dabei zwar die eine oder andere Seitenroute, die nicht wirklich viel zur Geschichte beisteuert, aber solange diese Abwege humorvoll und temporeich inszeniert sind, folgt ihm das Publikum dabei gerne. Hätte es beispielsweise die Episode auf der Kannibaleninsel gebraucht? Sicher nicht. Aber sie bietet dem Cast einige Möglichkeiten, komödiantisch zu glänzen. Und darauf ist der zweite Teil der Fluch der Karibik-Reihe ausgelegt: Klamauk schlägt Suspense. Hatte Teil 1 noch einige tatsächlich recht gruselige Szenen und scheute sich nicht davor, Piraten als üble Zeitgenossen zu zeigen, denen es zuweilen auch mal an die Gurgel ging, nimmt Teil 2 nun volle Fahrt auf ein Happy-Abenteuer-Land, indem nicht einmal ein riesiger, Schiffe verschlingender Kraken den Puls deutlich ansteigen lässt. Die Action ist gut inszeniert, daran liegt es also nicht, aber die Grundtonalität des Films ist im Vergleich zum ersten Teil deutlich aufgehellt und noch einen Tick abgedrehter, während die Geschichte selbst in den Hintergrund rückt. Jack Sparrow ist nicht mehr das Skurrilste am Film. Als Unterhaltungseskapismus funktioniert jedoch auch der zweite Teil, und über die oscarprämierten Special Effects kann man heute noch staunen. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Tentakeln des Bösewichts Davy Jones (Bill Nighy), die fast schon als eigener Charakter des Films bezeichnet werden müssen. Vielleicht wäre ein „Tentacles of the Caribbean: Davy Jones‘ Flute Serenade“ das bessere Ende dieser Geschichte gewesen als der folgende dritte Teil.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Peter Mountain – © Disney Enterprises, Inc., All rights reserved., Quelle: http://www.imdb.com)

To the Moon (2024)

Regie: Greg Berlanti
Original-Titel: Fly Me to the Moon
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Rom-Com, Komödie
IMDB-Link: Fly Me to the Moon


Filme zur Eroberung des Weltraums, das „Space Race“ und die Mondlandung gibt es mittlerweile einige. Das Weltall übt eine ungebrochen Anziehungskraft auf uns Menschen aus. Selbst einer der allerersten fiktionalen Langfilme der Geschichte, Georges Méliès‘ Reise zum Mond, befasste sich mit diesem Thema. In Greg Berlantis „To the Moon“ trifft nun Scarlett Johansson als gewiefte und recht gewissenlose Marketingexpertin auf Channing Tatum, der als NASA-Führungskraft, der für den Startvorgang der Apollo-Missionen verantwortlich ist, gegen den Strich besetzt ist – nicht unbedingt zum Vorteil der ansonsten sehr charmanten, in bester Screwball-Tradition umgesetzten Rom-Com. So richtig glaubwürdig wirkt eine mit allen Wassern gewaschene Marketing- und PR-Expertin Mitte/Ende der 60er-Jahre, die von der Regierung damit beauftragt wird, dem amerikanischen Volk die Mondlandung schmackhaft zu machen, zwar auch nicht, aber Tatum bringt als Veteran und technischer Leiter zu wenige Dimensionen ins Spiel mit, um diese Figur richtig zu verankern. Aber sei’s drum. Man kann auch bewundern, wie kompromisslos „To the Moon“ in seiner Figurengestaltung jegliche Authentizität beiseite wischt. Dafür bekommt man ein gut gelauntes Darstellerduo mit guter Chemie und allerlei witzige bis aberwitzige Szenen mit viel Tempo und Leichtfüßigkeit. Und auch der Cat Content kommt nicht zu kurz. Was wie ein lahmer Running Gag aufgezogen wird, entfaltet auf dem Höhepunkt des Films eine geniale humoristische Note. Die Bewertung des Films fällt einfach: Er macht einfach richtig Spaß und bietet ein Stück weit Eskapismus in Reinform. Dazu bietet er Scarlett Johansson einmal mehr die Möglichkeit, zu brillieren. (Kleiner Tipp: es lohnt sich, den Film auf Englisch zu sehen, wenn man sich dessen mächtig genug fühlt, denn einige der witzigsten Szenen resultieren aus Johanssons Talent für unterschiedliche Akzente.) „To the Moon“ erzählt eine altbekannte Geschichte nicht unbedingt neu, schickt sie aber durch ein Spiegelkabinett mit Zerrspiegeln, die einen immer wieder mal kichern lassen.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Dan McFadden – © 2024 CTMG, Inc. All Rights Reserved. Quelle: http://www.imdb.com)

Fluch der Karibik (2003)

Regie: Gore Verbinski
Original-Titel: Pirates of the Caribbean: The Curse of the Black Pearl
Erscheinungsjahr: 2003
Genre: Abenteuerfilm, Fantasy
IMDB-Link: Pirates of the Caribbean: The Curse of the Black Pearl


Der erste Auftritt von Johnny Depp 2003 als Captain Jack Sparrow war eine Sensation. Mit einer entwaffnenden Mischung aus Durchtriebenheit, Exzentrik und Selbstironie erspielte er sich sogar eine Oscar-Nominierung. Irgendwie muss diese Rolle an ihm haften geblieben sein, denn seither greift er in vielen seiner Rollen, ob passend oder nicht, auf die Manierismen von Jack Sparrow zurück. Und dabei ist dieser Jack Sparrow, wenn man es genau betrachtet, gar nicht mal die Hauptfigur des Films. Vielmehr geht es um den Schmied Will Turner (Orlando Bloom, damals gerade am Durchstarten) und sein zähes Bemühen, die heimlich Angebetete, Gouverneurstochter Elizabeth Swan (Keira Knightley, ebenfalls auf dem Weg nach oben) aus den Klauen einer schrecklichen und verfluchten Piratenbande unter Captain Barbossa (Geoffrey Rush mit sichtlicher Freude am Overacting) zu retten. Ein edler Grund, sich in tiefe Gewässer zu wagen und Untoten zu trotzen. Jack Sparrow, nein, ich korrigiere: Captain Jack Sparrow ist für ihn unliebsames Mittel zum Zweck, weiß er doch, wo sich das verwunschene Piratenschiff Black Pearl befindet. Doch Captain Sparrow handelt nach seiner eigenen Agenda, und so wechselt das Schicksal der Helden öfter und schneller als Keira Knightley ihre Kleider. Warum „Fluch der Karibik“ trotz in die Jahre gekommener Special Effects (die aber immer noch ihres dazu beitragen, die Illusion aufrecht zu halten) auch heute noch funktioniert, liegt am rasanten Erzähltempo unter der Regie von Gore Verbinski, dem es gelingt, in 2,5 Stunden Laufzeit keine wirklich langweilige Minute unterzubringen. Jede Szene sitzt und ist entweder von Spannung, von Action oder von Humor – oder von allem gleichzeitig – getragen. Dazu kommt die schon erwähnte Leistung von Johnny Depp, der mit seiner Darstellung eine Ikone des Films geschaffen hat. Erst in den späteren Teilen übertrieb er es mit der Exzentrik, doch sein Piratenkapitän bietet in diesem ersten Abenteuer eine ausgewogene Mischung aus Hinterlist, Tollpatschigkeit und Dadaismus. Kein Wunder, dass der Film dermaßen erfolgreich war, dass es davon nun mehr Fortsetzungen gibt, als ich jemals sehen wollte.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: © 2003 – Buena Vista Pictures, Quelle: http://www.imdb.com)

A Quiet Place: Tag Eins (2024)

Regie: Michael Sarnoski
Original-Titel: A Quiet Place: Day One
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Horror, Drama, Science Fiction
IMDB-Link: A Quiet Place: Day One


Als gelernter Wiener kann ich dem Konzept der A Quiet Place-Welt einiges abgewinnen. Wer unnötig Lärm macht oder sonst eine Ruhestörung begeht, geht sofort über den Jordan. Man stelle sich mal diese herrliche Ruhe in Straßenbahnen oder Zugabteilen vor! Keine wilde Party morgens um zwei Uhr in der Nachbarswohnung mehr! Wundervoll! Und keine grantigen Audi-Fahrer, die glauben, die Straße gehöre ihnen, was sie mit lautem Hupen kundtun müssen. Was für eine Vorstellung! Insofern muss man den außerirdischen Entitäten mit den großen Lauschern ja fast dankbar sein, dass sie sich unseren Planeten ausgesucht haben, um für Ruhe zu sorgen. Im Grunde sind das lediglich etwas aggressivere Varianten der sudernden alten Wiener Dame, die dem Covid’schen Balkonkonzert des Tenors nebenan mit einem herzlichen „RUHE! RUHE! So schee is des a net!“ den Garaus gemacht hatte. Aber wenn man selbst der Ruhestörer ist, der dann Sekunden später in einer Blutlache liegt, ist das halt auch nur bedingt lustig. Da ist es auch kein Trost, wenn man weiß, dass man ohnehin in wenigen Wochen bis Monaten das Zeitliche gesegnet hat, so wie es der krebskranken Samira (Lupita Nyong’o) ergeht. Als die außerirdischen Musikkritiker also über New York hereinfallen, tut sie erst einmal das, was jeder in der Situation tun würde: Sie versucht zu überleben. Nachdem Ersteres (zumindest vorerst einmal) sichergestellt ist, bekommt sie aber Lust auf Pizza, nämlich in einer ganz bestimmten Pizzeria in Harlem, und so macht sie sich auf den geräuschlosen Weg nach Norden, während der Rest der Stadt (sofern er nicht von Außerirdischen zermantscht wird) nach Süden flüchtet, da das Militär relativ schnell herausgefunden hat, dass die Besucher aus fernen Galaxien zwar außergewöhnlich gut hören, aber nur schlecht schwimmen können, was dazu führt, dass im Süden der Stadt Boote bereitgestellt werden, die die restlichen Überlebenden der Invasion retten sollen. Aber Samira ist eben nicht nach Rettung, sondern nach Pizza zumute. Zusammen mit ihrem tiefenentspannten Kater Frodo (bitte um einen Oscar für den Kater Schnitzel!) zieht sie quer durch die Stadt, im Schlepptau schon bald den ängstlichen Studenten Eric (Joseph Quinn, den man aus der vierten Staffel von „Stranger Things“ kennt). Auf Zehen- (bzw. Pfoten-)spitzen schleicht das ungleiche Trio nun durch die Stadt, dabei versuchend, unvermeidliche Zusammenstöße mit den Außerirdischen zu vermeiden. Besonders originell ist das nicht, und man ahnt schon bald, worauf das alles hinausläuft, aber das Nyong’o, Quinn und Schnitzel groß aufspielen und sich das Drehbuch Zeit nimmt, die zwischenmenschlichen und -kätzischen Beziehungen aufzubauen, folgt man dem lautlosen Geschehen gerne. Überhaupt fühlt sich „A Quiet Place: Tag Eins“ die meiste Zeit über mehr wie ein Drama als wie ein Horrorfilm an – was für mich keinen Nachteil darstellt. Allerdings muss ich einen unfassbaren Logikfehler hervorheben: Es ist absolut unmöglich, dass du eine Katze in eine verlassene Bar setzen kannst, ohne dass sie leere Gläser vom Tresen stößt (und ihnen interessiert nachblickt) oder auf dem Schlagzeug der Band herumläuft! Es scheint, als wäre am Set kein einziger Katzenbesitzer anwesend gewesen.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Gareth Gatrell/Gareth Gatrell – © 2023 Paramount Pictures. All Rights Reserved. Quelle: http://www.imdb.com)

Nope (2022)

Regie: Jordan Peele
Original-Titel: Nope
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Horror, Science Fiction
IMDB-Link: Nope


Jordan Peele hat sich einen Namen gemacht. Er steht für intelligenten Horror mit sozialkritischen Untertönen. Sein erster Langfilm Get Out wurde gleich mal mit einem Oscar für das beste Drehbuch prämiert. Nach Wir aus 2019 war „Nope“ nun 2022 der dritte Langfilm, bei dem er für Drehbuch, Regie und Produktion verantwortlich zeichnete. Auch dieser Film folgt dem mittlerweile typischen Peele-Muster einer Verrätselung und Surrealität, das zu einem permanenten Gefühl einer diffusen Bedrohung wird. Und das in einem Neo-Western-Setting. Diesmal lässt er die Katze jedoch bereits zur Mitte des Films aus dem Sack, was den Effekt mit sich bringt, dass der Horroranteil in seinem jüngsten Werk geringer ausfällt als in den beiden Filmen zuvor. In „Nope“ glauben der stoische Ranchbesitzer O.J. und dessen Schwester Emerald, deren Vater vor einem halben Jahr auf sehr seltsame Weise ums Leben gekommen ist, eine UFO-Begegnung gemacht zu haben. Doch was ist dran an dieser mysteriösen Sichtung, auf die sich O.J. keinen Reim machen kann? Wie kann man Beweise für das Außernatürliche finden? Der Überwachungstechniker Angel schließt sich dem Geschwisterpaar bald an, und gemeinsam suchen sie nach Antworten. „Nope“ mag zwar nicht das konzentrierteste Werk von Jordan Peele sein, aber vielleicht ist es sein unterhaltsamstes und steht damit für mich fast auf einer Stufe mit „Get Out“. Immer wieder durchsponnen von feinsinnigem Humor, der bereits im Titel des Films zu finden ist, baut Peele eine ambivalent-bedrohliche Atmosphäre auf, aus der die gut dosierten Schreckens- und Gewaltszenen mit großer Wucht auf den Zuseher einschlagen. Einzig dem Showdown am Ende fehlt es ein wenig an Dringlichkeit und damit auch Spannung. Dennoch: Ein wilder Ritt!


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Universal Pictures – © 2022 Universal Studios. All Rights Reserved, Quelle: http://www.imdb.com)

Godzilla x Kong: The New Empire (2024)

Regie: Adam Wingard
Original-Titel: Godzilla x Kong: The New Empire
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Fantasy, Action
IMDB-Link: Godzilla x Kong: The New Empire


Da glaubt man, eine Benchmark definiert zu haben, mit Godzilla II: King of the Monsters nämlich jene für den schlechtesten Monsterfilm ever, und dann kommt „Godzilla x Kong: The New Empire“ daher und unterbietet dieses Machwerk im Niveaulimbo noch weiter. Dabei war der Vorgänger Godzilla vs. Kong, ebenfalls unter der Regie von Adam Wingard, ja gar nicht mal so übel und eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Rohrkrepierer von 2019. Der wollte nämlich gar nicht mehr sein, als er war: Einfach eine epische Keilerei zwischen zwei Supermonstern. In „Godzilla x Kong: The New Empire“ ist aber nun die sogenannte Hohlerde im MonsterVerse etabliert: Eine Erde unter der Erde, in die sich Kong am Ende von „Godzilla vs. Kong“ zurückgezogen haben, um dort in Frieden zu leben und nach Familienangehörigen zu suchen, während Godzilla seine ozeanischen Nickerchen an der Oberfläche hält. Nervige Verwandtschaft findet er dort unten tatsächlich, nämlich eine schlecht gelaunte Affenbande unter der Führung des sogenannten Skull King. Der will sein Unwesen auf der Erdoberfläche treiben, warum auch immer, und um ihn zu stoppen, bleibt Kong nichts anderes übrig, als sich mit seinem Erzfeind, der verstrahlten Echse, zusammenzutun. Adam Wingard und die Schaffer des Films dachten sich wohl: Wenn schon Buddy-Movie, dann größer und spektakulärer, als es jemals dagewesen ist! Doch der Film hat eine Menge Probleme. Die größten davon: Das menschliche Personal. Nicht nur, dass es komplett wurscht ist, was diese debilen Abenteurer rund um Rebecca Hall (ihre Figur trifft eine debile Entscheidung nach der anderen), Brian Tyree Henry (mit der undankbaren Aufgabe, einen debilen Spruch nach dem anderen loszulassen), Dan Stevens (debil grinsend) und Kaylee Hottle (debil gestikulierend) machen – sie entstammen einem Drehbuch direkt aus der Hölle. Manchmal beschleicht einen das Gefühl, man hätte einfach die Horde Affen aus der Hohlerde an Schreibmaschinen gesetzt und diese wie wild tippen lassen, in der Hoffnung, irgendwann würden sie schon was Shakespeare-eskes schreiben, doch dann lief ihnen die Zeit davon. Nächstes Grundproblem: Die CGI. Jedes Computerspiel kann heutzutage mit imposanteren und glaubwürdigeren Grafiken aufwarten. Wenn man sich vor Augen hält, was die Japaner mit deutlich geringeren Mitteln in Godzilla Minus One auf die Beine gestellt haben, kommen einem die Tränen. Problematisch ist auch der uninspiriert eingesetzte 80er-Jahre-Soundtrack, der so deplatziert wirkt wie Godzilla in einer Porzellanfabrik. Und das vielleicht größte Problem: Aufgrund des (unverständlichen) finanziellen Erfolgs werden die Affen demnächst erneut an die Schreibmaschinen gesetzt und sollen an einer Fortsetzung schreiben. Mag sein, dass ich „Godzilla vs. Kong“ im Nachhinein etwas zu positiv und diesen Film nun etwas zu negativ bewerte, aber der Ärger über zwei vergeudete Stunden ist größer als Kong, der huckepack von Godzilla getragen wird.


2,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)

Godzilla Minus One (2023)

Regie: Takashi Yamazaki
Original-Titel: Gojira Mainasu Wan
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Action, Drama, Science Fiction
IMDB-Link: Gojira Mainasu Wan


Was den Österreichern die volkstümliche Schlagermusik ist, ist den Japanern Godzilla: Seit Jahrzehnten bringen gruselige Kreaturen unermessliches Leid über die Bevölkerung und zerstören die Zivilisation, und doch sind sie Teil des kulturellen Erbes. Im nun 37. Godzilla-Film (US-Produktionen wie die verunglückte Gurke von Roland Emmerich eingerechnet) erfindet Takashi Yamazaki, der für Drehbuch und Regie verantwortlich zeichnet, das Rad bzw. die Echse nicht neu, bettet aber seine Zerstörungsorgien in interessante menschliche Dramen ein. In erster Linie geht es um den Kamikaze-Pilot Koichi Shikishima (Ryonusuke Kamiki), der gleich doppelt Schuld auf sich geladen hat: Nachdem er in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs desertiert, findet er kurz darauf nicht den Mut, mit der Bordkanone seines Flugzeugs den die auf einer Nebeninsel stationierten Mechaniker angreifenden Godzilla zu attackieren. Ob es was gebracht hätte, sei dahingestellt, aber so wird jedenfalls mit Ausnahme von Shikishima und des Chefmechanikers Tachibana die ganze Gruppe von der Riesenechse mit dem schlechten Wutmanagement ausgelöscht. Zurück in Tokio stellt Shikishima fest, dass seine Eltern in den Bombenruinen gestorben sind. Zudem nistet sich die junge Noriko samt Kind, das nicht ihres ist, bei ihm ein. Doch findet Shikishima keine Ruhe, und als Godzilla einige Jahre später erneut gesichtet wird und sich auf den Weg nach Tokio macht, muss sich Shikishima erneut seinen Ängsten stellen. „Godzilla Minus One“ ist in mehrerer Hinsicht bemerkenswert: Zum Einen wäre da eben das fast schon stille Post-Trauma-Bewältigungsdrama rund um Shikishima, auf dem der Fokus in der ersten Hälfte des Films liegt. Zum Anderen ist „Godzilla Minus One“ der erste fremdsprachige Film, der jemals den Oscar für die besten Spezialeffekte einheimsen konnte. Und das durchaus verdient. Zwar bewegt sich Godzilla etwas klobig (das liegt wohl in der Natur der Echse), doch die Inszenierung der Zerstörung wirkt brutal, roh und mitreißend. Ohne ein richtiger Godzilla-Kenner zu sein (neben dem schon genannten Emmerich-Verbrechen kenne ich noch den Ur-Godzilla, die US-Neuinterpretation von Gareth Edwards aus 2014 sowie dessen Nachfolgewerke Godzilla II: King of the Monsters und Godzilla vs. Kong), doch reiht sich „Godzilla Minus One“ hinter dem Gareth Edwards-Film als meine persönliche Nummer 2 unter den Monsterechsenfilmen ein.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)

Mit einem Tiger schlafen (2024)

Regie: Anja Salomonowitz
Original-Titel: Mit einem Tiger schlafen
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Biopic
IMDB-Link: Mit einem Tiger schlafen


Mit Biopics lässt sich derzeit gutes Geld verdienen, und so kommt eines nach dem anderen auf den Markt und erzählt von sensiblen Künstlerseelen, gefallenen Helden, ihren noch heldenhafteren Comebacks und später Anerkennung. Eine sensible Künstlerseele, der erst sehr spät Anerkennung zuteil wurde, war die Kärntner Malerin Maria Lassnig auf jeden Fall. Aber dank zweier mutiger und hemmungsloser Leistungen, nämlich jener von Drehbuchautorin und Regisseurin Anja Salomonowitz und Hauptdarstellerin Birgit Minichmayr, kommt „Mit einem Tiger schlafen“ nicht einmal in die Nähe des Langeweile-Verdachts, unter dem die meisten Biopics heutzutage stehen. Auf Chronologie und das Nacherzählen von Erlebnissen und Wendepunkten in der Biographie der Künstlerin wird gepfiffen. Da wechseln sich collageartig Szenen aus der Kindheit, der Jugend, dem Wirken als Erwachsene und dem hohen Alter ab – mit Ausnahme der Kindheit allesamt gespielt von Minichmayr, die das Alter ihrer Protagonistin allein durch Körperhaltung und Stimme greifbar macht. Die Maske hat da herzlich wenig zu tun. Allein dieser darstellerische Gewaltakt, der unter Beweis stellt, dass Minichmayr stets unter den besten deutschsprachigen Schauspielerinnen genannt werden muss und beispielsweise ihrer nun zu internationalem Ruhm gelangten deutschen Kollegin Sandra Hüller um nichts nachsteht, macht aus dem Werk etwas schwer Greifbares, Sperriges, aber dafür umso Interessanteres. Über die Bilder und dem Prozess des Malens wird das Innenleben der Künstlerin auf die Leinwand transportiert. Ihr Kampf um Anerkennung in einer patriarchalischen Welt, in der sie zunächst nicht richtig ernst genommen wird, drückt sich über ihr Werk aus, weniger über biographische Notizen. Begegnungen, und seien es so wichtige wie mit ihrem langjährigen Lebensgefährten Arnulf Rainer, werden auf Schlaglichter reduziert. Mehr als an realen Ereignissen ist Salomonowitz am fast schon manischen Antrieb ihrer Figur Maria Lassnig interessiert. Und auch sonst bricht der Film immer wieder mit üblichen Konventionen: Die vierte Wand wird mehrmals durchbrochen, teils kommen Zeitzeugen in kurzen Interviewschnipseln zu Wort, und immer wieder werden Bilder von Maria Lassnig prominent in Szene gesetzt und scheinen ihre Seite der Geschichte zu erzählen. Mitunter mag das alles etwas wirr und rätselhaft wirken, und gerade zu Beginn hat man Probleme damit, sich in dieser durcheinandergewürfelten Dramaturgie zurechtzufinden. Auch schleicht sich die eine oder andere Länge ein. Aber allein schon der Mut der Inszenierung macht sich aus meiner Sicht bezahlt und hebt „Mit einem Tiger schlafen“ qualitativ deutlich über die meisten Biopics hervor, die in den letzten Jahren erschienen sind. Zudem findet Salomonowitz ein Ende, das Gänsehaut beschwert und noch lange nachklingt.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)

Kleine schmutzige Briefe (2023)

Regie: Thea Sharrock
Original-Titel: Wicked Little Letters
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Komödie, Krimi
IMDB-Link: Wicked Little Letters


Es ist empörend: Die in der Gemeinschaft der Kleinstadt Littlehampton so geschätzte Edith (Olivia Colman) erhält reihenweise anonym verfasste Briefe mit den unflätigsten Beschimpfungen. Der Vater (Timothy Spall), unter dessen streng patriarchalischer Obhut die fromme Jungfer lebt, ist sich sicher: Da kann nur die niveau- und geistlose Nachbarin Rose (Jessie Buckley) dahinterstecken! Es ist doch stadtbekannt, dass die verwitwete junge Mutter abends in den Kneipen herumhurt und säuft, das Kind ist auch ganz verzogen, und einen Schwarzen hat sie auch noch als Freund! Da es so nicht weitergehen kann, schreitet nun die Polizei ein und ohne handfeste Beweise, sondern nur auf Basis einer Aussage von Edith wird Rose festgenommen. Doch die junge Polizistin Gladys Moss (Anjana Vasan) traut dem Ganzen nicht. Was, wenn Rose unschuldig ist? Und so beginnt sie, auf eigene Faust zu ermitteln – sehr zum Unbill des Polizeichefs. Was Thea Sharrock mit „Kleine schmutzige Briefe“ auf die Leinwand zaubert, ist höchst amüsantes Wohlfühlkino, das es sich allerdings nicht zu sehr in seiner Komfortzone einrichtet, sondern mit den bissigen Mitteln der Satire ein moralisches Bild zeichnet, das nur vordergründig den Zeitgeist der 20er Jahre einzufangen scheint. Wenn man hinter dieses Bild blickt, nimmt man durchaus aktuelle Bezüge war. Vorverurteilungen aufgrund von Hörensagen kennt man schließlich nur zu gut aus der Welt der (a)sozialen Netzwerke. Und was in Sharrocks Film die kleinen schmutzigen Briefe sind, lässt sich übertragen auf anonyme Hasspostings. So finster diese Parallele auch ist, die man unweigerlich ziehen muss, lässt sich der Film dennoch nicht auf den Boden des großen Dramas hinunterziehen. Er bleibt leichtfüßig und amüsant. Es ist zum Schreien komisch, wenn ein pikierter Anwalt in einem Kleinstadtgerichtssaal der 20er Jahre mit sichtlichem Unbehagen aus den Briefen zitieren muss, die keine Ungehobeltheit und Perversität auslassen, verfickt noch mal. Einzig ein wenig mehr Tiefe hätte man den Nebenfiguren gewünscht. So verbleiben viele entweder auf dem Status der Karikatur (die Männer) oder der Typen (die Frauen). Dieses Manko wird aber immerhin durch Olivia Colmans Darstellung einer vielschichtigen und emotional beinahe unergründlichen Frau, die aufgrund patriarchalischer Fesseln auf kenne nennenswerte Zukunft blicken kann, aber plötzlich dank der Briefe im Mittelpunkt des Interesses steht, ausgemerzt.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)

The Fall Guy (2024)

Regie: David Leitch
Original-Titel: The Fall Guy
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Action, Komödie
IMDB-Link: The Fall Guy


David Leitch kennt sich aus, hat er doch als Stuntman in Hollywood Fuß gefasst, ehe er dazu übergegangen ist, seine eigenen Filme zu drehen (zuletzt der unglaublich unterhaltsame Bullet Train). Ryan Gosling kennt sich, hat er doch in Drive schon den Archetypen des stoischen Stuntmans gespielt, den nichts aus der Ruhe bringt. Bei solchen Auskennern ist die Erwartungshaltung natürlich besonders hoch, dass die Actionkomödie rund um einen verliebten Stuntman, der sich, quasi aus Reuegefühlen und um seine Angebetete (Emily Blunt) zurückzugewinnen, in einen bizarren Kriminalfall hineinziehen lässt, bei dem es schon bald um Kopf und Kragen geht. Schon Brad Pitt in „Bullet Train“ war ziemlich ahnungslos und hübsch irritiert davon, was um ihn herum passiert ist, aber die stoische Mimik von Ryan Gosling kann nicht einmal im Ansatz verbergen, dass sein Colt Seavers wirklich keinen blassen Schimmer hat, was vor sich geht. Alles, was er will, ist den verschwundenen Actionschauspieler Tom Ryder (Aaron Taylor-Johnson), dessen Stuntdouble er bis zu einem tragischen Unfall am Set war, wieder zurück zum Drehort zu bringen, ehe das Studio Wind davon bekommt, dass der Star plötzlich von der Bildfläche verschwunden ist und folglich der angebeteten Regisseurin Jody Moreno das Licht, sprich: die Finanzierung abdreht. Was folgt, sind genreübliche Verfolgungsjagden, Prügeleien, Schießereien, Explosionen und trockene Sprüche, alles rasant und mit jenem augenzwinkernden Humor inszeniert, der schon „Bullet Train“ ausgezeichnet hat. „The Fall Guy“ ist eine mit Verve abgedrehte Actionkomödie, die versucht, beide Genres, die Action wie die Komödie, so ausbalanciert wie möglich zu bedienen. Und das klappt die meiste Zeit über auch recht gut. Warum der neueste Film von Leitch dennoch deutlich hinter „Bullet Train“ zurückbleibt, liegt an einigen sehr schablonenhaft skizzierten Figuren, die bis zur Karikatur verzerrt werden, und einem manchmal fehlenden Gespür für Timing wie auch für die richtige Songauswahl. Musik: So wichtig! Doch so bemüht der Film auch ist, sämtliche denkbare wie undenkbare Variationen des KISS-Klassikers „I Was Made For Lovin‘ You“ in die Gehörgänge zu bringen: Manchmal ist Wiederholung ein gutes Stilmittel und manchmal eben nicht. Das zu differenzieren ist zugegebenermaßen nicht leicht. Wie heißt es so schön: Der Ton macht die Musik.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Universal Pictures – © Universal Studios. All Rights Reserved. Quelle: http://www.imdb.com)