Science Fiction

765874 – Unification (2024)

Regie: Carlos Baena
Original-Titel: 765874 – Unification
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Kurzfilm, Science Fiction
IMDB-Link: 765874 – Unification


Star Trek ist Teil einer weltweiten Identität des 20. Jahrhunderts. Man wird die entlegensten Dörfer des Erdballes besuchen können, mit Sicherheit findet sich ein Trekkie unter den Dorfbewohnern. Doch selbst das Raumschiff Enterprise entkommt nicht dem unerbittlichsten Feind der Menschheit, der Zeit. Von der Originalcrew sind nur noch Captain Kirk, Chekov und Sulu am Leben. Und auch von ihnen werden wir uns wohl oder übel in absehbarer Zeit verabschieden müssen. Diesen Abschied nimmt Carlos Baena in seinem atmosphärisch dichten und emotional berührenden Kurzfilm mit dem sperrigen Titel „765874 – Unification“ vorweg. Unter Mithilfe von William Shatner besucht Captain Kirk seinen alten Weggefährten und Freund Spock am Sterbebett. Fast zehn Jahre nach dem Tod von Leonard Nimoy ermöglicht die moderne Tricktechnik diese Reise in die Vergangenheit. Und die Möglichkeiten werden gut genutzt, führen den Star Trek-Fan auf eine nostalgische Reise, die fast ohne Worte auskommt und rein auf die Kraft der Bilder vertraut. Natürlich ist das rührselig und kitschig, aber ein wenig Kitsch hat Star Trek im Grunde immer gut gestanden. Dieser Tage auf Youtube veröffentlicht und somit für alle frei zugänglich ist der Film einerseits eine Verbeugung vor Nimoy und ein Dank an die zahlreichen Fans, die dem Raumschiff Enterprise fast sechzig Jahre nach dem Jungfernflug immer noch die Treue halten, andererseits aber auch eine kompakte Meditation über Vergänglichkeit, Tod und Freundschaft – existenzielle Themen, vor denen sich Star Trek nie gescheut hat. Und damit geht der Film weit über reines Fan-Pleasing hinaus.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)

Megalopolis (2024)

Regie: Francis Ford Coppola
Original-Titel: Megalopolis
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Science Fiction, Drama
IMDB-Link: Megalopolis


Der legendäre Francis Ford Coppola hat seine besten Arbeiten abgeliefert, wenn er tief in das Herz der Finsternis geblickt hat – sei es in der Pate-Trilogie oder in Apocalypse Now. Diese Meisterwerke überdauern unbestritten Generationen von Filmliebhaber:innen und sind heute noch so relevant wie damals. als sie erschienen sind. Als großes filmisches Vermächtnis schenkt uns Coppola nun mit seinem wohl letzten Film die Utopie einer Stadt, die sich wie Phoenix aus der Asche zu erheben scheint. New Rome, eine Variation von New York (die Anspielungen auf das alte Rom finden sich nicht nur im Namen der Stadt, sondern in allen Details des Films bis hin zum Haarschnitt), ist schier untrennbar in zwei Klassen unterteilt: Die Reichen und Mächtigen schmeißen Partys, die an Orgien erinnern, der Pöbel existiert in den Ruinen der finstersten Gassen. Es droht – analog zum antiken Weltreich – der komplette Zerfall, und Bürgermeister Cicero (Giancarlo Esposito) ist in einem desillusionierten Pragmatismus gefangen, bei dem einzig der Machterhalt im Vordergrund steht. Ihm gegenüber steht das visionäre Genie Cesar Catalina (Adam Driver), ein Architekt mit einer ganz eigenen, traumhaften Vorstellung der Zukunft der Stadt. Mit dieser stößt er vor allem bei Cicero auf Widerstand, denn das Volk brauche nach seinen Vorstellungen keine Träume, sondern reale Lösungen für reale Probleme. Um diesen Konflikt von Vision versus Pragmatismus (mitten drin, die von Nathalie Emmanuel gespielte Tochter des Bürgermeisters, die eine Liebesbeziehung mit dessen Rivalen Cesar eingeht) dreht sich „Megalopolis“, und eines sei vorweg genommen: Es ist von Anfang an klar, welcher Seite Coppola selbst zugeneigt ist. Der Mann, der so tief in die dunkelsten Ecken der menschlichen Seele geblickt hat, macht der Menschheit mit seinem letzten Film den Vorschlag, miteinander zu träumen und gemeinsam eine bessere Welt zu erschaffen. Das ist schön, das ist lobenswert, allein, es hätte einen besseren Film für diese Botschaft gebraucht. In einer überladenen und wenig überzeugenden Hochglanz-CGI-Welt vergisst Coppola, dass Schauwerte allein nicht ausreichen, um eine gute Geschichte zu erzählen. Denn wenn man die Story nüchtern zusammendampft, ist die Suppe schon recht dünn. Und auch Konflikten geht Coppola eher aus dem Weg, als dass er sie auserzählt. So tröpfelt das Geschehen vor sich her, es gibt Leerstellen zu überwinden, die wie ein weißes Papier anmuten, auf denen etwas Bemerkenswertes hätte entstehen können. Man muss vor Coppola den Hut ziehen, der quasi sein ganzes Privatvermögen in dieses letzte filmische Vermächtnis gesteckt hat und den Mut eingegangen ist, seinen eigenen Weg beharrlich zu gehen, doch leider gelingt es ihm nicht wirklich, die Zuseher auf diesem Weg mitzunehmen. So bleibt „Megalopolis“ eine große Absichtserklärung.


4,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Courtesy of Lionsgate/Courtesy of Lionsgate – © 2024 Lionsgate, Quelle: http://www.imdb.com)

Planet der Affen: New Kingdom (2024)

Regie: Wes Ball
Original-Titel: Kingdom of the Planet of the Apes
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Science Fiction, Abenteuerfilm
IMDB-Link: Kingdom of the Planet of the Apes


Die Welt ist ein Affenzirkus. Während sich die Menschen dank ihres selbst geschaffenen Virus geistig zurückentwickelt haben, haben die Affen, durch eben dieses Virus kognitiv gestärkt, die Erde übernommen. Sie sind fähig zu sprechen, haben die Falknerei für sich entdeckt und leben in friedlichen Kommunen zusammen. Doch wenn man sich die Menschheitsgeschichte ansieht, war diese immer von Krieg und Gewalt geprägt. Warum sollte es auch bei den Affen anders sein? Und so wird das Dorf des Schimpansen Noa von gewalttätigen Gorillas überfallen und seine Freunde und Familie werden verschleppt. Zusammen mit einer anhänglichen Menschenfrau, die etwas zu verbergen scheint, und einem Orang-Utan macht sich Noa auf den Weg, sein Dorf aus den Fängen des selbst ernannten Königs Proximus Caesar zu befreien. Die Geschichte in „Planet der Affen: New Kingdom“, der vierte Teil des Reboots und wohl Auftakt einer neuen Trilogie, ist also recht simpel gestrickt. Die Schauwerte allerdings überzeugen. Die pelzigen Charaktere sind wieder grandios umgesetzt, auch wenn die Filmreihe nun an einem Punkt angekommen ist, wo das Tierische an den Affen allmählich verlorengeht – gerade der Kontrast aus „Menschwerdung“ und tierischem Verhalten hat den ersten drei Teilen eine Würze gegeben, die nun im vierten Teil vermisst wird. Auch ist der neue Hauptcharakter Noa etwas blass im Vergleich zu Caesar aus der ersten Trilogie. Dessen Werdegang, Geschichte und inneren Konflikte haben die ganze Trilogie getragen, doch Noa ist (noch) etwas zu eindimensional, um die gleiche Tiefe zu erreichen. Insgesamt ist dieser neue Planet der Affen-Film aber grundsolide, spannende Unterhaltung, die am Ende die Tür öffnet zu komplett neuen Handlungssträngen, die der Reihe einen interessanten Twist geben könnten, wenn sie denn gut umgesetzt werden.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von 20th Century Studios/20th Century Studios – © 2024 20th Century Studios. All Rights Reserved., Quelle: http://www.imdb.com)

Alien: Romulus (2024)

Regie: Fede Álvarez
Original-Titel: Alien: Romulus
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Science Fiction, Horror
IMDB-Link: Alien: Romulus


Ja, wo isser denn, der Filmkürbis? Doch nicht etwa in den Weiten des Weltalls, wo dich niemand schreien hört, verschollen? Glücklicherweise nicht, denn solche ekligen Begegnungen mit außerirdischen Lebensformen blieben mir erspart. Mir reicht schon, was auf der Erde herumläuft. Beziehungsweise reichen mir die 35 Grad Anfang September. Diese Hitzewelle hat mich ausgeknockt. Das Gute am Klimawandel ist, dass er unseren Planeten für die potenziellen Drecksviecher, die da oben im All über uns schwirren, zu heiß und damit uninteressant macht. Die vergnügen sich somit lieber in anderen Sonnensystemen wie etwa jenem, der die Minenkolonie Jackson’s Star angehört. Dort planen ein paar junge Erwachsene, die nicht bis zu frühzeitigen Ableben für die Weyland-Yutani Cooperation schuften wollen, ihre Flucht. Dummerweise führt sie diese auf eine abgewrackte Raumstation, die nur auf den ersten Blick verlassen scheint. Der Rest ist (gut gemachte) Menschenjagd durch Aliens, wie man sie vor allem aus den ersten vier Alien-Filmen kennt. „Alien: Romulus“ von Fede Álvarez spielt zwischen dem ersten und dem zweiten Alien-Film und nutzt diese zeitliche Verankerung für einen überraschenden und durchaus gelungenen Gastauftritt. Der Film erfindet die Reihe nicht neu, sondern besinnt sich ihrer alten Stärken. Was die Alien-Reihe abseits ihrer blutigen Schlitzerei so interessant macht, ist, dass das Grauen zwar durch eine bösartige außerirdische Lebensform verkörpert wird, es aber erst durch amoralisches Handeln der Menschen herbeigerufen bzw. immer wieder neu losgelassen wird. Was dann in den Filmen passiert, sind die Kollateralschäden, die durch einen Gotteskomplex, Profitgier und falsche Neugierde entstehen. Diesen Aspekt zeigt „Alien: Romulus“ deutlich auf. Man weiß schon, dass man in einem Alien-Film die Figuren nicht allzu sehr ins Herz schließen sollte, denn wie in bekannten Kinderabzählreimen geht es diesen einem nach dem anderen an den Kragen, aber vor allem Cailee Spaney und David Jonsson als Android Andy machen ihre Sache richtig gut, sodass man Interesse an ihren Figuren entwickelt. Und das ist im Horror-Schlitzer-Genre schon mal eine richtig gute Sache, denn viele mittelmäßige bis schlechte Horrorfilme leiden darunter, dass es einem aufgrund schlecht geschriebener Charaktere, die vielleicht auch noch nervig von den Darsteller:innen verkörpert werden, völlig egal ist, wer wann wie ins Gras beißt – schlimmer noch: dass man irgendwann einmal die Seite wechselt und den Bösen die Daumen drückt, dass sie die nervigen Figuren endlich von der Leinwand entfernen. Das passiert in „Alien: Romulus“ nicht. Allerdings meint es Álvarez mit seiner Verbeugung vor dem ersten Film etwas zu gut und strapaziert damit am Ende des Films etwas die Geduld der Zuseher, wenn sich Actionsequenzen wie Matrjoschka-Figuren verhalten: Aus jeder hüpft noch einmal eine neue hervor, bis es langweilig und repetitiv wird. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Hätte es diesen nachträglichen Zwischenteil zu den Alien-Filmen gebraucht? Das wahrscheinlich nicht. Aber er unterhält auf gutem Niveau und hat damit jedenfalls seine Berechtigung.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von 20th Century Studios/20th Century Studios – © 2024 20th Century Studios. All Rights Reserved. Quelle: http://www.imdb.com)

A Quiet Place: Tag Eins (2024)

Regie: Michael Sarnoski
Original-Titel: A Quiet Place: Day One
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Horror, Drama, Science Fiction
IMDB-Link: A Quiet Place: Day One


Als gelernter Wiener kann ich dem Konzept der A Quiet Place-Welt einiges abgewinnen. Wer unnötig Lärm macht oder sonst eine Ruhestörung begeht, geht sofort über den Jordan. Man stelle sich mal diese herrliche Ruhe in Straßenbahnen oder Zugabteilen vor! Keine wilde Party morgens um zwei Uhr in der Nachbarswohnung mehr! Wundervoll! Und keine grantigen Audi-Fahrer, die glauben, die Straße gehöre ihnen, was sie mit lautem Hupen kundtun müssen. Was für eine Vorstellung! Insofern muss man den außerirdischen Entitäten mit den großen Lauschern ja fast dankbar sein, dass sie sich unseren Planeten ausgesucht haben, um für Ruhe zu sorgen. Im Grunde sind das lediglich etwas aggressivere Varianten der sudernden alten Wiener Dame, die dem Covid’schen Balkonkonzert des Tenors nebenan mit einem herzlichen „RUHE! RUHE! So schee is des a net!“ den Garaus gemacht hatte. Aber wenn man selbst der Ruhestörer ist, der dann Sekunden später in einer Blutlache liegt, ist das halt auch nur bedingt lustig. Da ist es auch kein Trost, wenn man weiß, dass man ohnehin in wenigen Wochen bis Monaten das Zeitliche gesegnet hat, so wie es der krebskranken Samira (Lupita Nyong’o) ergeht. Als die außerirdischen Musikkritiker also über New York hereinfallen, tut sie erst einmal das, was jeder in der Situation tun würde: Sie versucht zu überleben. Nachdem Ersteres (zumindest vorerst einmal) sichergestellt ist, bekommt sie aber Lust auf Pizza, nämlich in einer ganz bestimmten Pizzeria in Harlem, und so macht sie sich auf den geräuschlosen Weg nach Norden, während der Rest der Stadt (sofern er nicht von Außerirdischen zermantscht wird) nach Süden flüchtet, da das Militär relativ schnell herausgefunden hat, dass die Besucher aus fernen Galaxien zwar außergewöhnlich gut hören, aber nur schlecht schwimmen können, was dazu führt, dass im Süden der Stadt Boote bereitgestellt werden, die die restlichen Überlebenden der Invasion retten sollen. Aber Samira ist eben nicht nach Rettung, sondern nach Pizza zumute. Zusammen mit ihrem tiefenentspannten Kater Frodo (bitte um einen Oscar für den Kater Schnitzel!) zieht sie quer durch die Stadt, im Schlepptau schon bald den ängstlichen Studenten Eric (Joseph Quinn, den man aus der vierten Staffel von „Stranger Things“ kennt). Auf Zehen- (bzw. Pfoten-)spitzen schleicht das ungleiche Trio nun durch die Stadt, dabei versuchend, unvermeidliche Zusammenstöße mit den Außerirdischen zu vermeiden. Besonders originell ist das nicht, und man ahnt schon bald, worauf das alles hinausläuft, aber das Nyong’o, Quinn und Schnitzel groß aufspielen und sich das Drehbuch Zeit nimmt, die zwischenmenschlichen und -kätzischen Beziehungen aufzubauen, folgt man dem lautlosen Geschehen gerne. Überhaupt fühlt sich „A Quiet Place: Tag Eins“ die meiste Zeit über mehr wie ein Drama als wie ein Horrorfilm an – was für mich keinen Nachteil darstellt. Allerdings muss ich einen unfassbaren Logikfehler hervorheben: Es ist absolut unmöglich, dass du eine Katze in eine verlassene Bar setzen kannst, ohne dass sie leere Gläser vom Tresen stößt (und ihnen interessiert nachblickt) oder auf dem Schlagzeug der Band herumläuft! Es scheint, als wäre am Set kein einziger Katzenbesitzer anwesend gewesen.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Gareth Gatrell/Gareth Gatrell – © 2023 Paramount Pictures. All Rights Reserved. Quelle: http://www.imdb.com)

Nope (2022)

Regie: Jordan Peele
Original-Titel: Nope
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Horror, Science Fiction
IMDB-Link: Nope


Jordan Peele hat sich einen Namen gemacht. Er steht für intelligenten Horror mit sozialkritischen Untertönen. Sein erster Langfilm Get Out wurde gleich mal mit einem Oscar für das beste Drehbuch prämiert. Nach Wir aus 2019 war „Nope“ nun 2022 der dritte Langfilm, bei dem er für Drehbuch, Regie und Produktion verantwortlich zeichnete. Auch dieser Film folgt dem mittlerweile typischen Peele-Muster einer Verrätselung und Surrealität, das zu einem permanenten Gefühl einer diffusen Bedrohung wird. Und das in einem Neo-Western-Setting. Diesmal lässt er die Katze jedoch bereits zur Mitte des Films aus dem Sack, was den Effekt mit sich bringt, dass der Horroranteil in seinem jüngsten Werk geringer ausfällt als in den beiden Filmen zuvor. In „Nope“ glauben der stoische Ranchbesitzer O.J. und dessen Schwester Emerald, deren Vater vor einem halben Jahr auf sehr seltsame Weise ums Leben gekommen ist, eine UFO-Begegnung gemacht zu haben. Doch was ist dran an dieser mysteriösen Sichtung, auf die sich O.J. keinen Reim machen kann? Wie kann man Beweise für das Außernatürliche finden? Der Überwachungstechniker Angel schließt sich dem Geschwisterpaar bald an, und gemeinsam suchen sie nach Antworten. „Nope“ mag zwar nicht das konzentrierteste Werk von Jordan Peele sein, aber vielleicht ist es sein unterhaltsamstes und steht damit für mich fast auf einer Stufe mit „Get Out“. Immer wieder durchsponnen von feinsinnigem Humor, der bereits im Titel des Films zu finden ist, baut Peele eine ambivalent-bedrohliche Atmosphäre auf, aus der die gut dosierten Schreckens- und Gewaltszenen mit großer Wucht auf den Zuseher einschlagen. Einzig dem Showdown am Ende fehlt es ein wenig an Dringlichkeit und damit auch Spannung. Dennoch: Ein wilder Ritt!


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Universal Pictures – © 2022 Universal Studios. All Rights Reserved, Quelle: http://www.imdb.com)

Godzilla Minus One (2023)

Regie: Takashi Yamazaki
Original-Titel: Gojira Mainasu Wan
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Action, Drama, Science Fiction
IMDB-Link: Gojira Mainasu Wan


Was den Österreichern die volkstümliche Schlagermusik ist, ist den Japanern Godzilla: Seit Jahrzehnten bringen gruselige Kreaturen unermessliches Leid über die Bevölkerung und zerstören die Zivilisation, und doch sind sie Teil des kulturellen Erbes. Im nun 37. Godzilla-Film (US-Produktionen wie die verunglückte Gurke von Roland Emmerich eingerechnet) erfindet Takashi Yamazaki, der für Drehbuch und Regie verantwortlich zeichnet, das Rad bzw. die Echse nicht neu, bettet aber seine Zerstörungsorgien in interessante menschliche Dramen ein. In erster Linie geht es um den Kamikaze-Pilot Koichi Shikishima (Ryonusuke Kamiki), der gleich doppelt Schuld auf sich geladen hat: Nachdem er in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs desertiert, findet er kurz darauf nicht den Mut, mit der Bordkanone seines Flugzeugs den die auf einer Nebeninsel stationierten Mechaniker angreifenden Godzilla zu attackieren. Ob es was gebracht hätte, sei dahingestellt, aber so wird jedenfalls mit Ausnahme von Shikishima und des Chefmechanikers Tachibana die ganze Gruppe von der Riesenechse mit dem schlechten Wutmanagement ausgelöscht. Zurück in Tokio stellt Shikishima fest, dass seine Eltern in den Bombenruinen gestorben sind. Zudem nistet sich die junge Noriko samt Kind, das nicht ihres ist, bei ihm ein. Doch findet Shikishima keine Ruhe, und als Godzilla einige Jahre später erneut gesichtet wird und sich auf den Weg nach Tokio macht, muss sich Shikishima erneut seinen Ängsten stellen. „Godzilla Minus One“ ist in mehrerer Hinsicht bemerkenswert: Zum Einen wäre da eben das fast schon stille Post-Trauma-Bewältigungsdrama rund um Shikishima, auf dem der Fokus in der ersten Hälfte des Films liegt. Zum Anderen ist „Godzilla Minus One“ der erste fremdsprachige Film, der jemals den Oscar für die besten Spezialeffekte einheimsen konnte. Und das durchaus verdient. Zwar bewegt sich Godzilla etwas klobig (das liegt wohl in der Natur der Echse), doch die Inszenierung der Zerstörung wirkt brutal, roh und mitreißend. Ohne ein richtiger Godzilla-Kenner zu sein (neben dem schon genannten Emmerich-Verbrechen kenne ich noch den Ur-Godzilla, die US-Neuinterpretation von Gareth Edwards aus 2014 sowie dessen Nachfolgewerke Godzilla II: King of the Monsters und Godzilla vs. Kong), doch reiht sich „Godzilla Minus One“ hinter dem Gareth Edwards-Film als meine persönliche Nummer 2 unter den Monsterechsenfilmen ein.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)

Furiosa: A Mad Max Saga (2024)

Regie: George Miller
Original-Titel: Furiosa: A Mad Max Saga
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Action, Science Fiction
IMDB-Link: Furiosa: A Mad Max Saga


Von Tempo 100 und E-Autos hält George Miller in seiner Mad Max-Saga nicht viel. Da gurgeln die aufgemotzten Benziner mit 200 Sachen und mehr über Sandpisten, weil’s eh schon wurscht ist. Die Menschheit hat’s verkackt, die Zivilisation ist im Anus, die Natur auch – man weiß: Der Planet Erde wird das Desaster schon irgendwann abschütteln und auf Reset drücken, wenn sich die letzten vor Testosteron triefenden Exemplare endlich gegenseitig abgemurkst haben. Da wären so Figuren wie der schon aus Mad Max: Fury Road bekannte Immortan Joe, ein ziemlich degenerierter Möchtegern-Imperator, der trotz Wüstensetting eindeutig zu wenig Sonne abbekommen hat, oder als neuer Fiesling der von Chris Hemsworth mit viel Freude gespielte Dementus. Dieser hat als Anführer seines Biker-Clans ebenfalls Machtgelüste, die sich zunächst spießen mit den Absichten von Immortan Joe. Mittendrin in diesem pseudo-politischem Chaos, das nicht an Verhandlungstischen, sondern mit Flammenwerfern und kamikaze-artigen War Boys bereinigt werden will, befindet sich Furiosa, die als Kind von Dementus entführt wurde, ansehen musste, wie ihre Mutter beim Versuch ihrer Rettung einen grausamen Tod fand und dann von Dementus an Immortan Joe verhökert wurde. Das nenne ich mal Trauma! Das scheint Furiosa aber mit viel Wut im Bauch zu überwinden und in zwei Lebensziele zu kanalisieren: 1. Dementus den Garaus zu machen und 2. wieder nach Hause ins grüne Land zu finden. Thema 2 hat George Miller in „Mad Max: Fury Road“ abgehakt, also kümmert er sich nun in der Vorgeschichte zu seinem Kassenschlager von 2015 nun um Thema 1. Für die titelgebende Furiosa, deren Geschichte nun erzählt wird, ist Charlize Theron nun etwas zu alt geworden, aber Anya Taylor-Joy (und Alyla Brown als jüngste Version von Furiosa) machen einen guten Job und verleihen dieser stillen, wütenden Figur eine Glaubwürdigkeit, die die Geschichte zugänglicher macht als „Mad Max: Fury Road“. Was „Mad Max“ gefehlt hat, nämlich eine emotionale Bindung zu den Hauptfiguren, macht „Furiosa“ also besser. Ein shakespeare’sches Drama sollte man sich dennoch nicht erwarten. Auch in „Furiosa“ geht es vor allem um eines: Gut gemachte Action, Hausmarke Miller. Also Flammen, Explosionen, High-Speed-Verfolgungsjagden und ganz viel Blechschrott. Das ist beeindruckend in Szene gesetzt, und mit seinen beiden letzten Filmen aus dem Mad Max-Universum zementiert George Miller wohl seinen Status als Meister der analogen Effekte ein. Aber ein wenig repetitiv werden diese endlosen Materialschlachten dann halt doch irgendwann.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Courtesy of Warner Bros. Picture – © 2023 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved, Quelle: http://www.imdb.com)

Dune: Part Two (2024)

Regie: Denis Villeneuve
Original-Titel: Dune: Part Two
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Science Fiction, Abenteuerfilm
IMDB-Link: Dune: Part Two


Es hat ein bisschen gedauert, bis ich den zweiten Teil von Denis Villeneuves „Dune“-Saga, basierend auf den Romanen von Frank Herbert, im Kino sichten konnte. Und es hat noch ein bisschen Zeit beansprucht, um den Film einzuordnen und zu bewerten. Denn eine Bewertung von 9,5 Kürbissen zückt man nicht so schnell. Diese Bewertung ist ausschließlich Meisterwerken der Filmgeschichte vorbehalten, quasi der (natürlich subjektiv bewerteten) qualitativen Speerspitze des Kinos. Doch in diese illustre Runde reiht sich meiner Meinung nach der zweite Teil der Saga rund um Paul Atreides (Timothée Chalamet) und den Wüstenplaneten ein. Und diese Einschätzung kommt nicht durch die verklärte Brille eines Dune-Fans zustande, da ich ehrlicherweise das Buch gar nicht mochte. Aber was Villeneuve und sein Team hier schaffen, ist immersives Kino, das neue Maßstäbe setzt. Was die „Herr der Ringe“-Saga vor zwanzig Jahren war, nämlich überwältigendes Abenteuerkino, das in Opulenz, Ausstattung und Aufwand die Latte für alle kommenden Filme ein gutes Stück höhergelegt hat, ist nun die „Dune“-Reihe für das heutige Kino. Qualitativ ist alles noch ein Stück besser, als man es bisher je gesehen hat. Doch was nützt die beste Technik, was bringen die eindrucksvollsten Bilder, wenn die Geschichte langweilig oder die Figuren blass bleiben? Doch auch diesbezüglich geht „Dune: Part Two“ keine Kompromisse ein. Trotz einer Länge von fast drei Stunden fühlt sich der Film kurzweilig an, er hat keine einzige fade Minute. Und auch die Darsteller:innen, die zugegebenermaßen in einem Science Fiction-Setting weniger Facetten zeigen müssen als in einem Arthouse-Drama, machen ihre Sache außerordentlich gut und spielen ihre Figuren mit der größtmöglichen Ambivalenz, die die Geschichte hergibt. Besonders hervorheben muss man an dieser Stelle den Neuzugang Austin Butler, der die Rolle des narzisstischen, soziopathischen Feyd-Rautha Harkonnen (eine Rolle, mit der sich Sting im David Lynch-Film von 1984 etwas übernommen hat) mit Verve und Charisma füllt, sodass es aus heutiger Sicht gar nicht mal unwahrscheinlich erscheint, dass „Dune: Part Two“ in der nächsten Award-Season auch in den Schauspielerkategorien berücksichtigt werden könnte. „Dune: Part Two“ ist also in jeglicher Hinsicht gelungen, das ist Überwältigungskino im besten Sinne und ein Film, der die große Leinwand zwar nicht braucht, diese aber brillant zu nutzen weiß. Kino ist nicht tot. Kino wurde nur in die Wüste geschickt, und dort fühlt es sich pudelwohl.


9,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)

The Marvels (2023)

Regie: Nia DaCosta
Original-Titel: The Marvels
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Science Fiction, Abenteuerfilm, Action
IMDB-Link: The Marvels


Das MCU, das Marvel Cinematic Universe, hat mittlerweile Ausmaße erreicht, die an Marcel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ erinnern, nur dass Proust wahrscheinlich einfacher zu verstehen ist. Denn ein Problem ist nicht mehr von der Hand zu weisen: Kennt man nicht alle Filme, alle Serien und weiß der Kuckuck noch, was alles zum Universum gehört, hat man so gut wie keine Chance, sich in den selbstreferenziellen Werken zurechtzufinden. Eine Erleichterung immerhin ist, dass diese Filme und Serie trotz dieses offensichtlichen Problems immer noch recht einfach gestrickt sind: Bösewicht will Böses tun, die Guten haben lustige Fähigkeiten, die dabei helfen, die Schurken zu besiegen und am Ende ist die Welt, das Universum und der ganze Rest gerettet. Auf dem Weg dahin gibt es Schlägereien und Laserwaffen. Und im Falle des viel gescholtenen „The Marvels“ von Nia DaCosta jede Menge Cat Content, der zur Unterhaltung beiträgt, und eine Bollywood’sche Gesangseinlage, die das nicht tut. Ist die massive Kritik, die immer wieder über das neueste Abenteuer aus der Marvel-Schmiede zu lesen ist, gerechtfertigt? Nun, die ist wohl in vielen Fällen zu harsch. Zwar scheitert auch „The Marvels“ daran, die hohe Messlatte, die die Russo-Brüder mit den Avengers-Filmen oder James Gunn mit der Guardians of the Galaxy-Reihe gelegt haben, auch nur annähernd zu erreichen, doch sind die interstellaren Keilereien der drei toughen Damen, die sich aufgrund einer schicksalshaften physikalischen Verschränkung zusammentun müssen (Brie Larson als Captain Marvel, die sich allmählich mit dem Schicksal angefreundet hat, eben diese spielen zu müssen, Teyonah Parris als Monica Rambeau und Iman Vellani als Fangirl Ms. Marvel, die allen die Show stiehlt) immerhin kurzweilig in Szene gesetzt. Die ökonomische Laufzeit von 105 Minuten erlaubt auch keine Seitenschlenker, die die Story noch unverständlicher machen würden. Für einen gemütlichen Abend im Patschenkino passt das schon.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Marvel Studios/Courtesy of Marvel Studios – © 2023 MARVEL., Quelle: http://www.imdb.com)