Ava DuVernay

Der 13. (2016)

Regie: Ava DuVernay
Original-Titel: 13th
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Dokumentation
IMDB-Link: 13th


„Weder Sklaverei noch Zwangsdienstbarkeit darf, außer als Strafe für ein Verbrechen, dessen die betreffende Person in einem ordentlichen Verfahren für schuldig befunden worden ist, in den Vereinigten Staaten oder in irgendeinem Gebiet unter ihrer Gesetzeshoheit bestehen.“ So lautet der 13. Zusatzartikel der US-amerikanischen Verfassung, auf die man im land of the free besonders stolz ist. Mit diesem Zusatzartikel wurde de jure die Sklaverei in den USA abgeschafft. Wie bei fast allen Gesetzestexten steckt der Teufel im Detail, nämlich im Zwischensatz „außer als Strafe für ein Verbrechen“. Heißt: Wer eingebuchtet ist, kann zum Zwangsdienst verdonnert werden. Eh nicht schlecht, denkt man sich, denn wer etwas ausgefressen hat, darf dafür gerne Buße tun. Jetzt gibt es aber in diesem Konstrukt einen gewaltigen Pferdefuß. Mit der Abschaffung der Sklaverei verloren die USA ihre billigen Arbeitskräfte. Die muss man sich irgendwie wiederholen. Also warum sich nicht einfach diesen Zusatz im Zusatzartikel zu Diensten machen und versuchen, die Anzahl der Menschen hinter schwedischen Gardinen subtil zu erhöhen? Und weil man ja nicht einfach so wahllos Leute einsperren darf, braucht es dafür einen rechtskonformen Grund. Auftritt Richard Nixon und später auch Ronald Reagan, deren Politik, wie Ava DuVernay in ihrer wichtigen und gut recherchierten Dokumentation aufzeigt, den Grundstein dafür legte, dass heute im schon genannten land of the free so viele Bürgerinnen und Bürger im Gefängnis sitzen wie sonst nirgends, mehr noch als im vielgescholtenen China. Mit 655 Inhaftierten pro 100.000 Einwohner stellen die USA auch im relativen Vergleich den Spitzenwert. Ava DuVernay nutzt die Fachkompetenz ihrer Interviewpartner, um mit einfachen filmischen Mitteln, die aber wirkungsvoll eingesetzt werden, eine komplexe Geschichte verständlich aufbereitet zu erzählen. Ein guter und wichtiger Film.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Selma (2014)

Regie: Ava DuVernay
Original-Titel: Selma
Erscheinungsjahr: 2014
Genre: Biopic, Drama, Historienfilm, Politfilm
IMDB-Link: Selma


Dass „Selma“ von Ava DuVernay bei der Oscar-Verleihung 2015 „nur“ als bester Film und für den besten Song nominiert war (für Letzteres bekam er dann auch die Auszeichnung), gehörte zu den großen Aufregern des damaligen Jahrganges. Was ist mit einer Nominierung für Ava DuVernay? Was ist mit David Oyelowo als Martin Luther King? Beides berechtigte Fragen, wenn man den Film sieht. Denn „Selma“ ist ein sehr ambitionierter Historienfilm mit großartigen Darstellern, allen voran eben Oyelowo, über einen wichtigen Moment in der Geschichte der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Es geht um die von Martin Luther King angeführten Selma-Montgomery-Märsche aus dem Jahr 1965, die auf das Unrecht hinwiesen, dass schwarzen Bürgerinnen und Bürgern trotz neuer Gesetze immer noch der Zugang zu den Wahlen erschwert wurden. Bürokratische Willkür, jede Menge Fallstricke in den Gesetzestexten und eine völlige Ignoranz des Problems seitens der US-Regierung sorgten dafür, dass Zehntausende Amerikanerinnen und Amerikaner jeglicher Couleurs gegen alle Widerstände von Selma nach Montgomery, der Hauptstadt von Alabama, zogen und friedlich protestierten. „Selma“ zeichnet sowohl die Vorgeschichte als auch die Märsche selbst (erst der dritte konnte erfolgreich durchgeführt werden, während die ersten beiden noch von der Exekutive behindert wurden) nach. Martin Luther King wird dabei als Familienvater und Mensch mit Stärken und Schwächen gleichermaßen gezeigt. Der ausgewogene Blick tut dem Film und seiner starken Botschaft durch. Gleichzeitig wird der Stoff dadurch teilweise auch etwas trocken abgehandelt. Über die gesamte Laufzeit von über zwei Stunden hat der Film dann doch den einen oder anderen Leerlauf. In den besten Momenten aber ist er auf eine sehr positive, unpathetische Weise ergreifend. Auch in einem exzeptionell guten Jahrgang 2014/2015 (u.a. „Grand Budapest Hotel“, „Birdman or The Unexpected Virtue of Innocence“, „Boyhood“ oder „Whiplash“) konnte sich dieser Film durchaus behaupten und gehört, so behaupte ich mal, zu jenen Filmen, die auch in einigen Jahren noch relevant sein werden.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 52 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


7,0
von 10 Kürbissen