Thriller

Carlos – Der Schakal (2010)

Regie: Olivier Assayas
Original-Titel: Carlos / Le Prix du Chacal
Erscheinungsjahr: 2010
Genre: Biopic, Drama, Thriller
IMDB-Link: Carlos / Le Prix du Chacal


Vorab die Info: Diese Rezension bezieht sich auf die Kurzfassung von Olivier Assayas‘ „Carlos – Der Schakal“, mit nur 3 Stunden quasi der Appetizer für die 5-Stunden-Langfassung.

In den 70ern und 80ern verbreitet der Terrorist Carlos Angst und Schrecken auf der Welt. Höhepunkt ist die Geiselnahme der an einer OPEC-Konferenz in Wien teilnehmenden Minister. Doch während Carlos zunächst noch für die palästinische Sache kämpft, verwirrt er sich in den folgenden Jahren und Jahrzehnten allmählich im Geflecht der internationalen diplomatischen Beziehungen, und aus den Freiheitskämpfern werden Attentäter ohne Ziel. Olivier Assayas erzählt das Leben des berühmt-berüchtigten Terroristen auf eine sehr nüchterne und zurückhaltende Weise. Carlos, eindrucksvoll gespielt von Edgar Ramirez, ist unglaublich charismatisch, wird dabei aber nie glorifiziert. Assayas lässt die Taten sprechen und zeigt so schonungslos auf, wie der einstige Idealist mit moralisch verachtenswerten Methoden in eine Spirale der Gewalt gerät, die fortan sein Leben bestimmen soll und aus der er nie wieder hinausfinden wird.

Die erste Hälfte des Films mit den Höhepunkten des Verrats eines Vertrauten und der OPEC-Geiselnahme (beides ist extrem spannend und dramaturgisch perfekt inszeniert, ohne vom dokumentarischen Stil abzuweichen) ist herausragend. Die zweite Hälfte, die sich mit dem allmählichen Niedergang Carlos‘ beschäftigt, wirkt trotz der langen Spielzeit etwas gehetzt. Ich könnte mir vorstellen, dass hier die Langfassung eine bessere Figur abgeben würde, denn in der dreistündigen Fassung springt der Film gegen Ende ziemlich schnell zwischen den Handlungsorten umher und muss sich damit den Vorwurf gefallen lassen, beliebig zu werden. Dennoch funktioniert der Film auch in der Kurzfassung sehr gut und ist durchaus einen Blick wert.


7,0
von 10 Kürbissen

(Foto: Polyfilm)

Life (2017)

Regie: Daniel Espinosa
Original-Titel: Life
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Science Fiction, Thriller
IMDB-Link: Life


Life is life? Life is live? Live is life? Live is live? Wurscht. Life is ein bestenfalls solides Sci-Fi-Patchwork aus „Alien“, „Gravity“ und „Apollo 13“. Eine Marssonde bringt ein possierliches Tierchen auf die ISS, das erstaunlich schnell wächst und die Crew bald vor einige Probleme stellt. Die Hütten brennt. Bald wird die internationale Raumstation ordentlich zerfleddert und es stellt sich die berechtige Frage, wie man die Haut retten kann dort im eiskalten und nicht unbedingt menschenfreundlichen Weltall in noch dazu so schlechter Gesellschaft. Die Beantwortung dieser Frage ist nicht unspannend und dank einer guten, launigen Besetzung (u.a. Jake Gyllenhaal, Ryan Reynolds und Rebecca Ferguson) auch recht unterhaltsam anzusehen, aber Originalitätspreise gibt’s dafür keine. Selbst den überraschenden Schlussgag sieht man kommen. Vor meinem geistigen Auge sehe ich M. Night Shyamalans Facepalm beim Sichten des Films. Für eine nette Sonntagabendunterhaltung reicht der Film durchaus aus, er hat auch definitiv seine Stärken wie zB die Schauwerte (die Schwerelosigkeit der Astronauten ist wirklich hübsch anzusehen), aber abgesehen von den Spezialeffekten ist der Film eher enttäuschende 0815-Durchschnitts-Sci-Fi-Kost.


5,0
von 10 Kürbissen

Get Out (2017)

Regie: Jordan Peele
Original-Titel: Get Out
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Horror, Thriller, Satire
IMDB-Link: Get Out


Das Regiedebüt von Jordan Peele ist derzeit in aller Munde und überaus erfolgreich. „Get Out“ ist der derzeit zweiterfolgreichste Rated-R-Horrorfilm der Geschichte (hinter „Der Exorzist“). Auch die Kritiker lieben den Film. Dementsprechend groß waren meine eigenen Erwartungen. Und „Get Out“ hat diese nicht enttäuscht. Was als Horrorfilm vermarktet wird, sich wie ein Psychothriller mit Horrorelementen und teils satirischen Anstrichen anfühlt, erweist sich als kluges und unglaublich spannendes und unterhaltsames Statement zum Alltagsrassismus in den USA. Chris, ein junger, wohlerzogener und schwarzer Fotokünstler, begleitet seine weiße Freundin zu deren Eltern in ein abgelegenes Landhaus. Er wird freundlich von den Eltern aufgenommen, nur der Bruder ist passiv aggressiv, und die beiden schwarzen Bediensteten verhalten sich merkwürdig und feindselig. Irgendetwas stimmt hier nicht so wirklich. Oder bildet er sich alles nur ein?

Jordan Peele zeigt auf, wie unterschwellig Rassismus auch stattfinden kann, selbst in liberalen Kreisen. Auch wenn Chris von der Familie freundlich aufgenommen wird, so ist seine andersfarbige Haut dennoch immer wieder (teils ungewollt) ein Thema. Es findet eine deutliche Abgrenzung statt zwischen Chris und der Familie, und die Versuche, Brücken zu schlagen, zeigen erst die Gräben auf. Auf seine Art ist „Get Out“ neben dem diesjährigen Oscar-Gewinner „Moonlight“ ein zweiter wichtiger Film zur afroamerikanischen Minderheit und deren (Alltags-)Problemen. Während allerdings „Moonlight“ bewusst schwere Kost ist, kommt „Get Out“ in einem sehr unterhaltsamen und satirischen Horrorsujet daher und vermittelt damit seine Botschaften unterschwelliger. Der Film macht Spaß – und regt danach zum Nachdenken an. Unterm Strich bleibt „Get Out“ immer noch ein recht klassischer Horrorthriller und ist damit in einem Genre angesiedelt, das mich nur selten begeistert, und er ist, was seine oberflächliche Handlung betrifft, auch sehr vorhersehbar, aber durch diese zusätzliche Ebene der Rassismus-Thematik sticht der Film in seinem Genre deutlich und positiv hervor. Ich halte es für durchaus möglich, dass wir uns vor der nächsten Oscar-Verleihung wieder über diesen Film unterhalten werden.


7,5
von 10 Kürbissen

Dead Flowers (1992)

Regie: Peter Ily Huemer
Original-Titel: Dead Flowers
Erscheinungsjahr: 1992
Genre: Drama, Fantasy, Krimi, Liebesfilm, Thriller
IMDB-Link: Dead Flowers


Der große Hype des österreichischen Kinos begann Ende der 90er. „Nordrand“ von Barbara Albert wird hierbei immer wieder als Initialzündung genannt. Seitdem erhält der österreichische Film auch international viel Beachtung, und Filmschaffende wie Michael Haneke, Ulrich Seidl, Götz Spielmann, Jessica Hausner, die schon genannte Barbara Albert oder der kürzlich verstorbene Michael Glawogger heimsen wichtige Preise ein bis hin zu den Oscars. „Dead Flowers“ von Peter Ily Huemer kam da vielleicht ein paar Jahre zu früh. Denn an sich hätte der Film alles gehabt, um in dieser Runde reüssieren zu können. Alex, die Hauptfigur, hätte durchaus einem Jim Jarmusch-Film entsprungen sein. Der stoische Kammerjäger lebt friedlich vor sich hin, bis er eines Tages die mysteriöse Alice am Straßenrand aufgabelt. Die ist verdreckt, ein bisschen verwirrt und offenbar auf der Flucht. Aber vor wem? Auch seine resolute Großmutter kann ihm da nicht weiterhelfen. Aber eigentlich will er ja nur seine Ruhe haben. Und Alice. Aber erstaunlich, wie viel Elan dieser Dandy der Raststättencafés entwickeln kann, wenn ihm mal die Liebe in die Knochen einschießt und ihm die Begehrte entrissen wird. Dann steigt er wie Orpheus in die Unterwelt, um seine geliebte Alice wieder zurückzuholen. Und diese Unterwelt sieht aus wie ein Industrieviertel in Wien. Fad. Ein bisschen versifft. Man schweigt sich vielsagend beim Bier an. Aber damit kennt sich Alex ja aus.

„Dead Flowers“ ist ein interessantes, in Vergessenheit geratenes Kapitel in der österreichischen Kinogeschichte. Laut Peter Ily Huemer hatte der Film, der auch auf der Berlinale lief und dort gut aufgenommen wurde, das Problem, dass zu jener Zeit der Erfolg oder Misserfolg von den zwei wesentlichsten österreichischen Kinokritikern bestimmt wurde. Einer der beiden mochte den Film. Der Andere nicht. Und damit waren die Blumen tot, ehe sie eine echte Chance hatten, auf ihr Publikum einwirken zu können. Vielleicht ist dieser Erklärungsansatz etwas zu kurz gegriffen, denn frei von Schwächen ist der Film definitiv nicht. Er sitzt zwischen den Stühlen mehrerer Genres, er ist sehr simpel und einfach gehalten, verzichtet weitgehend trotz des fantastischen Themas darauf, den Zuseher staunen zu lassen, und manche Handlungsstränge oder Gefühle entwickeln sich etwas zu schnell, als dass sie von jedem im Publikum nachvollzogen werden könnten. Dennoch ist „Dead Flowers“ auch heute noch gut anzusehen und zeigt auf, dass der österreichische Film schon länger diese Qualität aufweist, für die er seit zwei Jahrzehnten bekannt ist, und nicht erst seit Barbara Albert & Co.


6,0
von 10 Kürbissen

Logan – The Wolverine (2017)

Regie: James Mangold
Original-Titel: Logan
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Action, Science Fiction, Thriller
IMDB-Link: Logan


Mittwochabend. 20:15 Uhr. Es ist angerichtet, die Sitze sind bezogen, das Popcorn ist bereit. Jetzt noch eine halbe Stunde Werbung, dann geht es los. Man ist durchaus skeptisch angesichts der Berichte aus den Vorwochen. Noch nie hat eine Mannschaft ein 0:4 in der Champions League-K.O.-Phase umgedreht.

Und los. Keine drei Minuten sind durch, schon liegen die ersten zerfetzten Leichen rund um den Luxus-Schlitten, mit dem sich Logan, ehemals Wolverine, seine Brötchen als Chauffeur verdient. Luis Suarez trifft zum 1:0 für Barcelona gegen eine indisponierte Pariser Abwehr. Nach diesem Auftakt ist alles angerichtet, die Geschichte entwickelt sich, Barcelona drückt an, Logan auch. Düstere Zeiten drohen: Barcelona vernebelt eine Chance nach der anderen, Professor Xavier ist ein uralter, seniler, tablettensüchtiger Mann, die Mutanten wie ausgelöscht von der Erde. Kurz vor Halbzeit: Dramatisches geschieht. Ein Eigentor zum 2:0. Logan und Xavier treffen auf ein junges Mädchen, das interessante Fähigkeiten besitzt. Ein schönes Gemetzel vor der Pause. Zur Halbzeit wissen wir: Hier wird mehr geboten als erwartet.

Kurz nach der Pause: Elfmeter. Messi verwandelt sicher zum 3:0. Hoffnung kommt auf, dass das Superhelden-Genre mit „Logan“ einen unerwarteten und erfrischenden Beitrag erhält. Dann aber der Schock: Im zweiten Drittel des Films wird es richtig düster und emotional heftig. Cavani schießt das 1:3. Barcelona müsste jetzt schon 6:1 gewinnen. Aber gehen die Lichter tatsächlich aus? Nein! Logan und Barcelona halten dagegen und in einem dramatischen, herzerweichenden Finish scoren zweimal Neymar und einmal Sergi Roberto zum unmöglich gehaltenen 6:1 und Logan macht das für unmöglich Gehaltene war: Die X-Men werden erwachsen und erhalten ein brutales, blutiges und unfassbar trauriges Requiem. Am Ende feiert Barcelona das Wunder, die Spieler fallen sich in die Arme, während auf einem anderen Schauplatz ein hölzernes Kreuz in der Erde steckt und man weiß, dass man Zeuge eines historischen Ereignisses wurde. Nein, nicht vom Aufstieg Barcelonas, sondern vom Abgesang der Superhelden-Filme. Ganz groß. Ich war froh, im Kino gewesen zu sein und nicht vor dem Fernseher.


8,0
von 10 Kürbissen

Operation Avalanche (2016)

Regie: Matt Johnson
Original-Titel: Operation Avalanche
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Satire, Thriller
IMDB-Link: Operation Avalanche


War Neil Armstrong 1969 der erste Mensch auf dem Mond, oder war er es nicht? Um diese Frage wird ja seit Jahrzehnten gestritten. Aluhüte werden befragt, im Chemtrail-Satz gelesen, es ist alles nicht so einfach, denn niemand von uns war ja dabei. Alles, was wir als Beweis haben, sind ein paar grobkörnige Schwarzweißaufnahmen und das Ehrenwort von Uncle Sam. Matt Johnson, ein kanadischer Filmemacher, dachte sich Folgendes: ‚Nehmen wir an, das Ganze wäre tatsächlich eine große Verschwörung gewesen – irgendwer musste ja dann die Bilder der Mondlandung faken. Und das wäre doch eine verdammt gute Geschichte, jene über die Filmemacher, die diese Mondlandung nachstellen.‘ Und so passierte nun Folgendes: Matt Johnson drehte einen Film mit Matt Johnson in der Hauptrolle, der als Matt Johnson vorgibt, einen Dokumentarfilm über die 60er Jahre der NASA zu drehen, um in den Räumlichkeiten der NASA einen Film zu drehen über ein Filmteam, das in den 60er Jahren bei der NASA angeblich einen Dokumentarfilm dreht, aber in Wahrheit die Mondlandung nachstellt. All das im besten Mockumentary-Style als abendfüllender Spielfilm. Die NASA hatte keinen Plan, stellte aber brav für fünf Drehtage die Räumlichkeiten zur Verfügung und ist jetzt leicht angepisst, nachdem der Film nun fertig und alles Andere als eine Doku über die NASA der 60er Jahre ist. Allein schon für diese Chuzpe gibt’s mal einen halben Bewertungspunkt extra. Der Film an sich ist, sofern man sich auf diesen Stil einlassen kann, phasenweise recht witzig (allerdings auf eine subtile, hintergründige Weise) und bekommt dann auch noch Thriller-Elemente, die allerdings ein bisschen fehlplatziert wirken angesichts der Komik der ersten Hälfte. Auch hat „Operation Avalanche“ unübersehbare Längen. So bleibt das Ganze ein wenig unter den Möglichkeiten zurück, bietet aber dennoch gute Unterhaltung.


6,5
von 10 Kürbissen

Die Hölle – Inferno (2017)

Regie: Stefan Ruzowitzky
Original-Titel: Die Hölle – Inferno
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Thriller
IMDB-Link: Die Hölle – Inferno


Mit Spannung wurde der neue Film von Oscarpreisträger Stefan Ruzowitzky erwartet. „Die Hölle“ soll ein knallharter Thriller made in Austria sein. Und es beginnt gleich mal vielversprechend: Die Taxifahrerin und Thaiboxerin Özge, die einige ungelöste Wutprobleme mit sich herumträgt, wird Augenzeugin eines bestialischen Mordes in der Wohnung gegenüber. Blöd nur, dass der Täter, der im Dunkeln bleibt, mitbekommt, dass Özge hinüberspechtelt. Der rassistische Polizist (gespielt von Tobias Moretti, der sichtlich Freude daran hat, mal das Arschloch zu sein) ist auch keine große Hilfe. Soll sie doch schauen, wo sie bleibt, notfalls zeigt man ihr halt, wie sie sich selbst verteidigen kann. Und natürlich – allmählich laufen die Dinge aus dem Ruder, und Özges Leben ist in Gefahr. Allerdings hat sie keinen Bock darauf, das Opferlamm zu sein, also packt sie selbst ordentlich mit an. Das ist auch die größte Stärke des Films neben der Milieuschilderung von Österreichern zweiter Generation: Özge ist kein Mädchen, das gerettet werden muss, sondern teil selbst kräftig aus, ohne dass aus dem Film ein Rache-Epos a la „Kill Bill“ wird. Das Setting bleibt realistisch. Gleichzeitig tappt der Film allerdings in so ziemlich jede Klischeefalle, die man sich vorstellen kann. Immer, wenn man meint: ‚Also, es wäre schon verdammt abgedroschen, wenn sie jetzt das bringen würden“, kann man schon einen Hunderter darauf verwetten, dass der Film im nächsten Moment genau das bringt. Jedes Mal. Und so ist „Die Hölle“ am Ende ein leider extrem uninspiriertes, manchmal sogar ziemlich dummes, aber nicht unspannendes Handwerksstück.


5,5
von 10 Kürbissen

(Foto: Luna Filmverleih)

Personal Shopper (2016)

Regie: Olivier Assayas
Original-Titel: Personal Shopper
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Drama, Horror, Thriller
IMDB-Link: Personal Shopper


Beim Ansehen von Olivier Assayas‘ Film „Clouds of Sils Maria“ habe ich begriffen, dass Kristen Stewart eine Schauspielerin ist, eine großartige noch dazu. Wenn man sie lässt, dann können sich auf ihrem Resting Bitch Face wirklich viele Emotionen abspielen, dann ist da plötzlich eine Verletzlichkeit zu sehen, die ich erstaunen lässt. Also musste ich nach „Clouds of Sils Maria“ Abbitte leisten und war schon gespannt wie ein Gummiringerl auf die neueste Zusammenarbeit mit Assayas. Diese ist leider nicht ganz so geglückt wie der Vorgänger, so viel sei gleich gesagt. „Personal Shopper“ weiß nicht so recht, ob er ein Gruselfilm sein soll, ein Film über die Verarbeitung von Trauer und Verlust, ein Thriller, ein Krimi vielleicht, eine Selbstfindungsgeschichte, irgendwie ist er von allem ein bisschen was und damit etwas unentschlossen. Die Geschichte erzählt von der jungen Maureen (Kristen Stewart), die in Frankreich als Personal Shopper, eine Art Einkaufsassistentin für ein Supermodel (Nora von Waldstätten), arbeitet und gleichzeitig ihrem toten Zwillingsbruder nachspürt, denn sie haben einst einen Pakt geschlossen: Wer zuerst stirbt, gibt dem überlebenden Geschwisterteil ein Zeichen aus dem Jenseits. Maureen, die am gleichen Herzfehler leidet wie ihr toter Bruder, wartet also auf dieses Zeichen. Währenddessen bekommt sie seltsame Nachrichten von einer unbekannten Nummer, die sie dazu einladen, ein seltsames Spiel zu spielen. Das alles ist sehr gut anzusehen, ist stimmungsvoll aufgebaut und gut gespielt, allerdings fehlt mir manchmal der Fokus auf den Aspekt der Geschichte, um den es Assayas tatsächlich geht. Auch wenn sich am Ende irgendwie alles zusammenfügt, so bleibt der Weg dahin dennoch Stückwerk. Das Ende lässt viele Interpretationsmöglichkeiten offen (was ich ja sehr mag), wird aber viele Zuseher unbefriedigt zurücklassen. So ist „Personal Shopper“ zwar ein interessanter Film, aber kein großer Wurf.


6,5
von 10 Kürbissen

(Foto: Filmladen)

Passengers (2016)

Regie: Morten Tyldum
Original-Titel: Passengers
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Drama, Science-Fiction, Thriller
IMDB-Link: Passengers


„Gravity“ meets „2001 – Odyssee im Weltraum“ meets „Moon“ meets „Titanic“ meets „Kramer gegen Kramer“ meets „Shining“. Damit ist das Grundproblem, das Morten Tyldums „Passengers“ aufweist, schon umrissen. Der Film geht kein Risiko ein und den Weg des geringsten Widerstands. Die Ausgangslage hätte Potential für einen weitaus interessanteren, gewagteren Film gehabt: Auf einer 120 Jahre dauernden Reise durchs All zu einem neuen bewohnbaren Planeten kommt es zu einem Defekt, wodurch einer der Passagiere (Chris Pratt) aus dem Tiefschlaf erwacht. Während er die ersten Stunden noch im Glauben verbringt, er nähere sich nun dem neuen Heimatplaneten an, muss er bald zu seinem Entsetzen feststellen, dass ihn noch 90 Jahre von der Ankunft trennen. Heißt: Vor ihm liegt ein ganzes Leben in Einsamkeit auf einem Raumschiff, als einzige Gesellschaft der von Michael Sheen gespielte Bar-Roboter. Natürlich kommt man dann mit der Zeit auf dumme Gedanken. Und der dümmste davon ist sicherlich, eine hübsche Mitpassagierin (Jennifer Lawrence) vorzeitig aus dem Tiefschlaf zu holen. Was also eine Geschichte über die großen moralischen Fragen des Lebens hätte sein können – inwieweit man in das Leben eines anderen Menschen eingreifen darf, wie wir mit Einsamkeit umgehen, was menschliche Kontakte für uns bedeuten – biegt etwa zur Hälfte des Films ab, um konventionellere Sci-Fi-Thriller-Katastrophen-Pfade zu bestreiten. Das Raumschiff spielt verrückt, es muss gegen die Zeit angerannt werden, um das Werkl doch noch irgendwie zusammenzuhalten, und moralische Fragen werden bei all der Rennerei natürlich beiseite geschoben. Aber hier wird aus „Moon“ meets „2001 – Odyssee im Weltraum“ meets „Shining“ meets „Kramer gegen Kramer“ nun leider ein (schlechtes) „Gravity“ meets „Titanic“. Die Action ist leider ziemlich lächerlich und over-the-top und versenkt gegen Ende hin den an sich guten Film in die Durchschnittlichkeit. Für ein passables Kinovergnügen reicht es aus, aber man ärgert sich halt dann doch ein bisschen ob der verschenkten Chancen. So wie im Fußball über den Ausgleich, den der bislang gegen den Titelanwärter führende Underdog in der 90. Minute doch noch hinnehmen muss.


6,0
von 10 Kürbissen

Open Windows (2014)

Regie: Nacho Vigalondo
Original-Titel: Open Windows
Erscheinungsjahr: 2014
Genre: Thriller
IMDB-Link: Open Windows


Was für eine wunderbar absurde Ausgangslage: Ein Hobbit und ein Pornostar spielen in einem spanischen High-Tech-Thriller, der das Geschehen ausschließlich auf dem Bildschirm eines Laptops zeigt. „You had me at Hello!“ Die Geschichte ist rasch erzählt: Nick (gespielt von Elijah Wood), ein Nerd und Betreiber der Fanseite einer berühmten Hollywoodschauspielerin, wird zu einer Convention eingeladen, auf der seine Angebetete Jill (Sasha Grey) ihren neuen Film vorstellt. Er sitzt im Hotelzimmer, streamt die Veranstaltung und soll anschließend ein Interview mit ihr führen, als er einen mysteriösen Anruf bekommt. Der Anrufer erklärt ihm, dass Jill das Interview abgesagt hätte, dass sie dafür bestraft gehört, und er installiert lauter interessante Apps auf Nicks Computer, mit denen er beispielsweise ihre Telefonate abhören kann, die sich in Überwachungskameras hacken können und ähnliche nützliche Dinge, die der Stalker von Welt so braucht. Und Nick muss feststellen, dass er in einem perfiden Spiel als Marionette eingespannt ist, denn der Anrufer hat Böses im Sinn. Gut, dass da drei konfuse französische Hacker in der anderen Leitung hängen. Vielleicht können die ihm ja aus der Patsche helfen und auch seine heißgeliebte Jill retten?

„Open Windows“ ist so ein Fall von „gut gemeint, aber schlecht ausgeführt“. Die Grundidee, dass sich nämlich alles ausschließlich auf dem Bildschirm von Nicks Laptop abspielt – via Überwachungskamera-Videos, Video-Chats und dergleichen – ist reizvoll und interessant. Allerdings ist die Thrillerhandlung selbst so öde und so voller Klischees und Logikbrüche, dass man sich irgendwann nur noch auf den Kopf greift und dem Drehbuchautor sämtliche Viren und Trojaner, die im Internet je kursiert sind, auf den Hals wünscht.


3,0
von 10 Kürbissen