Komödie

Mid90s (2018)

Regie: Jonah Hill
Original-Titel: Mid90s
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Drama, Komödie
IMDB-Link: Mid90s


Der Freund, der mit mir im Kino war, drückte es nach dem Abspann wohl am besten aus. Mit einem fassungslosen Grinsen meinte er: „Wie haben wir die 90er bloß überlebt?“ Und ja, wenn man Jonah Hills Regie-Debüt Glauben schenken kann, war das eine echt verrückte Zeit. Die 90er waren ein Jahrzehnt, indem plötzlich alles möglich war – und nichts. Man konnte in Flanellhemden zum Rock-Idol werden. Auf Skateboards die Welt erobern. Sich die Zeit mit Videospielen vertreiben. Gleichzeitig war die Zeit aber auch geprägt von einer Ratlosigkeit, was die Zukunft betraf. Von einer immer weiter auseinanderklaffenden Schere zwischen den Habenden und den Nicht-Habenden. Zwischen den Coolen und Uncoolen. Plötzlich war es wichtig, welche Kleidung man trug, welches Board man fuhr, welche Musik man hörte. Darüber wurde Zugehörigkeit definiert, und Außenstehende gnadenlos abgegrenzt. Jonah Hill hat einen brillanten Film über genau das gedreht: Zugehörigkeit, Anerkennung, Freundschaft, die Suche nach einer Zukunft. „Mid90s“ ist warmherzig, und obwohl er den Zuseher, der in dieser Zeit aufgewachsen ist, in eine nostalgische Stimmung versetzt, beschönigt er nichts. „Mid90s“ könnte auch eine Dokumentation über jugendliche Skater sein. Es passiert nicht viel, aber man spürt, wie hier etwas zusammenwächst und sich etwas entwickelt. Im Mittelpunkt steht der von Sunny Suljic großartig verkörperte Stevie, der sich einer Gruppe von Jugendlichen anschließt. Freundschaften wie Feindschaften entstehen fast beiläufig. Das Aufwachsen ist kein mühsamer Akt, sondern geschieht organisch. Erfahrungen werden gemacht. Man stürzt, steht wieder auf, fährt weiter. Nicht alles ist dabei gut und hilfreich, aber es gehört alles dazu. Selten habe ich einen Film gesehen, der sich so natürlich und ungekünstelt anfühlt, der sich nicht (auch nicht subtil) darum bemüht, eine Botschaft an die Zuseher zu bringen, und gerade dadurch Essentielles vom Leben vermittelt. Dabei ist „Mid90s“ auch auf einem erstaunlich hohen handwerklichen Niveau angesiedelt. Die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wird, mit Aussparungen, mit raffinierten, aber nie aufdringlichen Schnitten, mit dem immer auf den Punkt gebrachten Einbau des Soundtracks, das alles zeugt von großem Können. Überhaupt der Soundtrack: Neben erwartbaren Songs aus den 90ern (die allerdings allesamt aus der Nische kommen, selbst von Nirvana wurde nichts Offensichtliches genommen, sondern ein Song von ihrem Unplugged Live-Album) steuern Trent Reznor (der Nine Inch Nails-Mastermind) und sein kongenialer Partner Atticus Ross den vielleicht besten Original-Soundtrack des Jahres bei, der genau die oben angesprochenen Themen des Films auch akustisch erfahrbar macht. Bei „Mid90s“ wirkt einfach alles wie aus einem Guss. Ich bin schwer verliebt in diesen Film. Die Bewertung könnte sogar noch weiter steigen.


9,0
von 10 Kürbissen

Shazam! (2019)

Regie: David F. Sandberg
Original-Titel: Shazam!
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Action, Abenteuerfilm, Fantasy, Komödie
IMDB-Link: Shazam!


Wenn man David Sandberg heißt, dreht man offenkundig gerne amüsante Actionfilme. Um Verwechslungen mit dem schwedischen Kollegen, der für den viralen Kickstarter-Hit Kung Fury verantwortlich zeichnete, zu vermeiden, packte sich der Regisseur der DC-Comicverfilmung „Shazam!“ noch die Initiale F. in seinen Namen. Trotzdem ein wenig verwirrend, diese ganze Sandbergerei. Allerdings hat DC gut getan, den bislang hauptsächlich durch Kurzfilme aufgefallenen David F. Sandberg in den Regiestuhl zu hieven. Im ewigen Beef DC gegen Marvel hat ja in den letzten Jahren DC deutlich den Kürzeren gezogen. Vor allem die martialistisch durchstilisierten Filme von Zack Snyder konnten sich gegen das verspielt Lockere von Marvel nicht durchsetzen. Comics leben eben auch vom Humor. (Außer man heißt Christopher Nolan, dann kann man auch die humorlosesten Filme aller Zeiten drehen – und trotzdem Großartiges und Stilbildendes leisten.) Jedenfalls wirft DC nun mit „Shazam!“ einen Kollegen ins Rennen, der ausschließlich mit Humor punktet. Der 14jährige Billy Batson wird zum Superhelden Shazam, wenn er diesen magischen Namen ausspricht. Er ist damit kugelsicher, kann Energieblitze abfeuern, und das mit dem Fliegen kriegt er auch noch hin. Und damit ist alles über den Film gesagt. „Shazam!“ ist quasi „Big“ (man beachte die kleine Verneigung vor dem Tom Hanks-Klassiker in der Szene mit dem Fußpiano) mit Superheldenkräften. Ein Junge im Körper eines Erwachsenen, nur mit ein paar Extra-Features ausgestattet. Und das führt zu saukomischen und herrlich überdrehten Szenen. Auch sind die Sidekicks (in diesem Fall: einige sehr nerdige Kinder, die von Pflegeeltern aufgenommen wurden) wunderbar sympathisch. Die Chemie zwischen den Darstellern stimmt. Einzig Mark Strong als Superbösewicht wirkt im Vergleich zu den anderen Comic-Schurken der letzten Jahre eher blass. Aber das ist fast egal, denn „Shazam!“ braucht keine breit angelegte Story-Line oder das Gefühl einer allumfassenden Weltenbedrohung. „Shazam!“ ist ein einfach konstruierter, aber effektiver Crowdpleaser. Vielleicht bleibt der Film nicht ewig im Gedächtnis haften, und vielleicht ist er auch ein wenig zu sympathisch-jugendlich angelegt (auch bei den Gags), aber für zwei kurzweilige Kinostunden taugt er allemal.


6,5
von 10 Kürbissen

Thithi (2015)

Regie: Raam Reddy
Original-Titel: Thithi
Erscheinungsjahr: 2015
Genre: Drama, Komödie
IMDB-Link: Thithi


Wegen solchen Filmen liebe ich Filmfestivals. Wann hat man sonst schon die Gelegenheit, ein indisches Familiendrama am Land zu sehen außer beispielsweise auf der Viennale? Dass Netflix diesen Film mittlerweile auch ins Programm aufgenommen hat, ist ein seltener Glücksfall, denn damit war wirklich nicht zu rechnen. Aber worum geht es in „Thithi“? Der 101jährige Dorfälteste hatte gerade noch Zeit, eine unflätige Schimpfkanonade auf jeden, der zufällig seinen Weg kreuzt, abzufeuern, ehe er nach langem und erfülltem Leben dann doch das Zeitliche segnet. Dessen Sohn, selbst schon ein alter Mann, nimmt das gelassen. Er will lieber gemütlich am Feld unter Bäumen sitzen, was rauchen und sich gelegentlich einen Schluck aus seinem Flachmann genehmigen. Blöd nur, dass dessen Sohn wiederum, der Enkel des Verblichenen also, gerade Geldsorgen hat, die ein Verkauf des Familiengrundstücks lösen würde. Nur sein Vater, der eigentliche Erbe, will davon nichts wissen, weil ihn solche profanen weltlichen Dinge einfach nicht mehr interessieren. Was tun? Na ja, mit ein bisschen Geld und Beziehungen und Erfindungsreichtum lassen sich auch in Indien gefälschte Dokumente wie zB ein Totenschein des quietschfidelen Vaters ausstellen. So weit, so gut. Nur muss jetzt der Vater verschwinden, um keinen Verdacht zu erwecken, am besten auf eine ausgedehnte Reise. Er wollte ja eh immer das Land sehen. Weit kommt er allerdings nicht, da er sich kurzerhand einer Gruppe von Schäfern anschließt, die unweit des Dorfes campieren. Beim Thithi für den verstorbenen Ahnen (eine Art Gedenkfest) kommt es zum unvermeidlichen Chaos. „Thithi“ hat alles: Eine kluge, interessante Geschichte, tolle Darsteller, einen spannenden Einblick in eine fremde Welt und eine Unzahl an Schafen, Ziegen und Handys. Trotz aller Fremdheit sind die Themen vertraut: Geldsorgen. Sorgen mit der lieben Verwandtschaft. Erste Liebe (den Urenkel des Toten erwischt es). Und der Versuch, in all dem Chaos immer noch einen Überblick zu behalten, die Fäden des eigenen Lebens zu ziehen. Vielleicht ist „Thithi“ einen Tick zu lang, aber eine lohnenswerte Erfahrung ist er allemal.

 


7,5
von 10 Kürbissen

Almost Famous – Fast berühmt (2000)

Regie: Cameron Crowe
Original-Titel: Almost Famous
Erscheinungsjahr: 2000
Genre: Drama, Komödie, Roadmovie, Musikfilm
IMDB-Link: Almost Famous


Zur Erinnerung: 10 Punkte bekommen nur die absoluten Lieblingsfilme von mir, die sich im Laufe der Jahre auch bei Mehrfachsichtungen bewährt (und dabei vielleicht sogar gewonnen) haben. Cameron Crowes autobiographisch geprägter Film „Almost Famous“ gehört zu diesem kleinen Kreis. Und es ist wirklich egal, in welcher Stimmung ich gerade bin – diesen Film kann ich jederzeit erneut sehen. Vielleicht, weil im Grunde jeder so sein möchte wie der 15jährige William Miller (Patrick Fugit), der mit seiner Lieblingsband auf Tour sein darf, um darüber für ein international renommiertes Magazin zu schreiben. Vielleicht, weil Billy Cudrup als Gitarrist so eine coole Socke ist. Vielleicht, weil ich bei jeder Sichtung ein bisschen in Kate Hudsons Penny Lane verschossen bin. Vielleicht, weil ich beim Elton John-Song „Tiny Dancer“ im Bus immer mitsingen möchte. Vielleicht, weil ich beim Intro des eigens für den Film geschriebenen Songs „Fever Dog“ immer Gänsehaut bekomme. Vielleicht, weil ich, wenn ich „I have to go home“ sage, als Antwort im Grunde auch immer „You are home!“ hören möchte. Vielleicht, weil der Film für mich so perfekt wie kein anderer ein bestimmtes Lebensgefühl vermittelt und eine Sehnsucht nach Freiheit, Abenteuer und Zugehörigkeit. (In dieser Hinsicht ist dem Film das ebenfalls grandiose „Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers“ von Rob Reiner zumindest ähnlich.) „Almost Famous“ ist eine große Filmliebe von mir. Ein Film für alle, die das Gefühl haben, im falschen Jahrzehnt geboren zu sein – und für all jene, die im richtigen Jahrzehnt geboren wurden und sich das Gefühl ihrer Jugend wieder zurückholen möchten.


10
von 10 Kürbissen

Can You Ever Forgive Me? (2018)

Regie: Marielle Heller
Original-Titel: Can You Ever Forgive Me?
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Biopic, Krimi, Komödie
IMDB-Link: Can You Ever Forgive Me?


An Melissa McCarthy scheiden sich die Geister, und das nicht nur seit ihrem Mitwirken in „Ghostbusters“. Dass sie aber wirklich verdammt gut schauspielern kann, wenn man sie nicht in nervigen Komödien als naives Pummelchen besetzt, beweist sie in Marielle Hellers „Can You Ever Forgive Me?“ In diesem komödiantisch angehauchten Biopic spielt sie die Schriftstellerin und Biographin Lee Israel, die von notorischer Erfolglosigkeit und einer gewissen misanthropischen Grundeinstellung geplagt wird. Durch Zufall entdeckt sie ein neues Geschäftsmodell für sich: Briefe berühmter Schriftsteller faken und für teures Geld an Antiquariate verkaufen. Ihr Partner in crime ist der exzentrische Bohemian Jack Hock (Richard E. Grant, neben Melissa McCarthy ebenfalls für einen Oscar nominiert). Gemeinsam mischen sie die Sammlerszene auf, und weil sie eben keine Profis sind, sondern mehr oder weniger naiv da hineinstolpern, stapelt sich schon bald nicht nur das ungewaschene Küchengeschirr neben Lees Spüle, sondern auch eine Menge Probleme. Marielle Heller erzählt die Geschichte mit einem Augenzwinkern und unprätentiös und verlässt sich dabei ganz auf die Kunst der groß aufspielenden McCarthy und Grant. Das allein reicht schon aus, um für einen unterhaltsamen Kinoabend zu garantieren. Das allein reicht aber nicht aus, um den Film zu einem denkwürdigen Meisterwerk werden zu lassen. Zu unspektakulär und beiläufig plätschert die Geschichte dahin, und dass Lee Israel hauptsächlich recht unsympathisch wirkt, lässt die Zuseher dann vielleicht doch nicht so ganz mitfiebern mit ihrem Charakter. Es fehlt einfach ein innerer Spannungsbogen. Hier lässt Marielle Heller die Zügel vielleicht ein wenig zu sehr schleifen. Dennoch ist der Film zumindest geeignet, bisherige Zweifler an McCarthys Schauspielkunst zum Verstummen zu bringen. Die ist schon gut, wenn man sie nur lässt.


6,5
von 10 Kürbissen

Vice – Der zweite Mann (2018)

Regie: Adam McKay
Original-Titel: Vice
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Biopic, Politfilm, Komödie, Drama
IMDB-Link: Vice


Seit „The Big Short“ ist Adam McKay wohl einer der interessantesten Regisseure Hollywoods. Die Fähigkeit, komplexe, trockene Stoffe auf eine schwarzhumorige bis zynische Weise allgemein verständlich und wahnsinnig unterhaltsam zu vermitteln, macht ihm wohl kaum jemand so schnell nach. Mit „Vice“ legt Adam McKay nun nach – und diesmal gilt sein Interesse der als eher farblos geltenden Figur des Dick Cheney, ehemaliger Vizepräsident unter George W. Bush. Hinter der spröden Fassade verbirgt sich allerdings einer der vielleicht am meisten unterschätzten Strippenzieher der jüngeren Politikvergangenheit. Rücksichtslos und nur auf den eigenen Vorteil bedacht weitete Dick Cheney mit jedem Karriereschritt seine Kompetenzen aus, bis er schließlich mit President Bush unter ihm (und genau zu diesem Schluss muss man am Ende des Films kommen) die Welt veränderte. Adam McKay impliziert, dass durch Cheneys Entscheidungen der Irak-Krieg angezettelt wurde, woraufhin der gesamte Nahe Osten destabilisiert und zu dem Fleckerlteppich aus terroristischen Vereinigungen, als den wir ihn heute kennen, wurde. Die Ölfirma, als deren CEO Cheney davor fungierte, profitierte jedenfalls nicht schlecht von dem Chaos, das auf den Krieg folgte. „Vice“ erzählt die Geschichte, wie aus dem Säufer und Taugenichts Dick Cheney der damals wohl mächtigste Mann der Welt werden konnte. Und er tut dies mit den Mitteln, die auch „The Big Short“ schon interessant gemacht haben: Mit überspitzten Szenen, mit dem gelegentlichen Einspielen von Archivmaterial, mit einem sarkastischen Erzähler aus dem Off, mit Verfremdungen (göttlich: die Szene, in der Dick Cheney und seine Frau Lynne abends im Bett in shakespeare’schen Versen zu reden beginnen, um die Dramatik der Entscheidung, die gefällt werden muss, theatralisch zu unterstreichen) und einem genialen Cast. Amy Adams als Lynne Cheney, Steve Carell als Donald Rumsfeld, Sam Rockwell als George W. Bush – sie alle sind großartig. Was aber Christian Bale macht, geht meiner Meinung nach über Schauspiel weit hinaus. Er spielt nicht Dick Cheney, er ist Dick Cheney. Und damit meine ich nicht nur die verblüffende optische Verwandlung. Vielmehr liegt die Faszination im Detail: Im kalten, berechnenden Blick, im Zucken seiner Mundwinkel, durch das sich seine Schachzüge ankündigen, in der leicht gebeugten, so unterwürfig wirkenden Körperhaltung, jede Faser seines Körpers schreit: Dick Cheney! Wenn es dafür keinen Oscar gibt, dann weiß ich auch nicht mehr weiter. Allerdings kommt „Vice“ als Film nicht ganz an das meisterhafte „The Big Short“ heran. Denn „Vice“ hat Längen, und auch das Tempo ist insgesamt eher gedrosselt. Dank der vielen guten Regieeinfälle und dem grandiosen Cast bleibt der Film über seine ganze Laufzeit interessant, aber mitreißen kann er dabei nicht immer.


7,0
von 10 Kürbissen

Fukuoka (2019)

Regie: Lu Zhang
Original-Titel: Fukuoka
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Drama, Komödie
IMDB-Link: Fukuoka


Tja, die Liebe. Sie ist ein seltsames Spiel, sie kommt und geht von einem zum anderen. Das wusste schon die Schlagersängerin Connie Francis, und wer würde es wagen, ihr zu widersprechen? Im Fall des südkoreanischen Films „Fukuoka“ ist die Liebe von Soon-yi vor 28 Jahren von Hae-hyo zu Jea-moon gegangen und dann ganz, weshalb die beiden Jugendfreunde immer noch einen Wickel miteinander haben. Hae-hyo hat sich nach Japan in die Stadt Fukuoka abgesetzt, wo er nun eine Bar besitzt. Und Jea-moon hat neben seinem Second Hand-Buchladen in Korea noch eine nervige junge Nachbarin namens So-dam (nicht zu verwechseln mit einem ehemaligen irakischen Diktator), die ihn dazu nötigt, auf Urlaub nach Fukuoka zu fliegen, wo sie natürlich genau die Bar findet, in der Hae-hyo vor sich hin schmollt. Aber 28 Jahre sind eine lange Zeit, und irgendwann kann man es auch mal gut sein lassen. So finden die beiden Dickköpfe nach anfänglichen Schwierigkeiten dann doch nach und nach zu einer kultivierten Gesprächsbasis, So-dam sei Dank. Diese Annäherung ist zeitweise durchaus komisch anzusehen und gespickt mit allerlei surrealistischen Momenten rund um So-dam. Während die Geister der Erinnerung heraufbeschworen werden, stellt sich durchaus auch mal die Frage, ob das die einzigen Geister sind, die in diesem Film zu finden sind. Am Ende schlägt „Fukuoka“ vielleicht die eine Kapriole zu viel für meinen Geschmack, und auch nicht jede Szene ist per se wirklich zwingend, aber der Film ist im Gesamten dann doch eine positive Erfahrung. Kann man sich durchaus mal ansehen.


6,5
von 10 Kürbissen

(Foto: Lu Film)

Green Book – Eine besondere Freundschaft (2018)

Regie: Peter Farrelly
Original-Titel: Green Book
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Drama, Komödie, Roadmovie, Biopic
IMDB-Link: Green Book


Kritiker und die Oscar-Academy lieben den Film. Meine gute Freundin Elke, unerreichtes Vorbild cineastischer Expertise, hasst ihn. Wie so oft liegt die Qualität des Films wohl irgendwo dazwischen. Jedenfalls war ich arg neugierig auf den Film, der Peter Farrelly, dem lustigen Krachmacher, plötzlich so etwas wie eine ernst zu nehmende Reputation beschert hat. Erzählt wird die Geschichte von Tony Lip (Viggo Mortensen), einem ungehobelten italoamerikanischen Türsteher mit rassistischen Vorurteilen, und seinem Boss für zwei Monate: Dr. Don Shirley (Mahershala Ali), ein brillanter Pianist, der sich einbildet, eine Konzerttour durch den Süden der USA zu machen. Also engagiert er Tony Lip als Fahrer. Das Problem bei der Sache ist die Jahreszahl. 1962. Und so sehr Dr. Shirley auch hofiert wird, Konzerte zu geben, vor Ort kommt auch er nicht gegen rassistische Ressentiments an. Dazu gehört beispielsweise, dass er nicht die Toilette im Haus benutzen darf, sondern mit dem Plumpsklo im Garten vorlieb nehmen muss. Diese Vorurteile stehen im krassen Kontrast zum kultivierten Auftritt des Musikers, der selbst aufgrund seiner Hautfarbe einige gröbere Identitätsprobleme mit sich herumschleppen muss. „Green Book“ bezieht seinen Humor wie auch seine Tragik aus dem gekonnt inszenierten Kontrast zwischen den beiden Hauptfiguren. Gerade das Zusammenspiel der beiden und das Unterlaufen von Erwartungshaltungen, was die Figurenkonstellation betrifft, führt dazu, dass der Rassismus, dem sich beide gegenüber sehen, umso wirkungsvoller zur Geltung kommt. Allerdings schafft es der Film nicht, gröbere Klischeefallen zu vermeiden. Und das Ende ist hollywoodtauglich zuckersüß. Das Problem bei der Sache: Man geht danach mit einem guten Gefühl aus dem Kino und vergisst dabei auf das Leid, das Minderheiten zur damaligen Zeit erfahren haben und auch heute noch erfahren. Dieses Leid kleistert der Film einfach zu. So gesehen ist „Green Book“ zwar ein nett anzusehender Feelgood-Film mit ernstem Thema, aber zu leichtgewichtig, um als großer Wurf durchzugehen. Hollywood liebt den Film dennoch (oder vielleicht auch gerade deshalb). Und immerhin: Die schauspielerischen Leistungen sind in der Tat oscarwürdig.


6,5
von 10 Kürbissen

Das Mädchen Wadjda (2012)

Regie: Haifaa Al Mansour
Original-Titel: Wadjda
Erscheinungsjahr: 2012
Genre: Drama, Komödie
IMDB-Link: Wadjda


Die Geschichte eines Fahrradkaufs. Ein 11jähriges Mädchen möchte den neuesten Flitzer käuflich erwerben und sinnt daher darüber nach, wie es am besten zu Geld kommen kann. Das klingt erst mal recht unspektakulär. Wenn die Geschichte allerdings im stock-konservativen Saudi-Arabien stattfindet und das vorwitzige Mädchen, das vor allem bei den streng muslimischen Lehrerinnen ununterbrochen aneckt, ausgerechnet darauf verfällt, einen Zitierwettbewerb zum Koran zu gewinnen, um das Preisgeld für den Fahrradkauf einzustreifen, und wenn man auch noch berücksichtigt, dass in Saudi-Arabien Frauen nicht Fahrradfahren, denn das macht man einfach nicht als Frau, dann wird aus dieser banalen Geschichte recht schnell ein subversiver Spaß. „Das Mädchen Wadjda“ von Haifaa Al Mansour war nicht nur der erste Film Saudi-Arabiens, der von einer Frau gedreht wurde, sondern 2012 auch ein weltweiter Kassenknaller und Festivalerfolg. Allerdings stellt sich bei mir trotz der unbestrittenen Qualitäten, die der leichtfüßige und humorvoll erzählte Film hat, dann doch die Frage, ob er für ähnliche Furore gesorgt hätte, wäre er von einem Mann oder in einem anderen Land gedreht worden. Es ist sehr löblich und wichtig, dass Haifaa Al Mansour mit dem Film ein Zeichen setzen konnte, aber dass „Das Mädchen Wadjda“ es gleich unter die „1001 Filmen, die man gesehen haben muss, bevor das Leben vorbei ist“ geschafft hat, ist dann vielleicht doch ein bisschen zu viel der Ehre für diesen netten und unterhaltsamen, aber nicht spektakulären Film. Gesellschaftliche Implikationen mag er gehabt haben, und das ist auch gut so, aber als Meisterwerk für die Ewigkeit sehe ich ihn dennoch nicht an. Nichtsdestotrotz kann man sich damit einen beschwingten Abend machen. Und froh darüber sein, dass wir im Westen zwar auch unsere Kreuze zu tragen haben (pun intended), aber zumindest die Frauen Fahrradfahren dürfen.


7,0
von 10 Kürbissen

Liebe hat zwei Gesichter (1996)

Regie: Barbra Streisand
Original-Titel: The Mirror Has Two Faces
Erscheinungsjahr: 1996
Genre: Komödie, Liebesfilm, Rom-Com
IMDB-Link: The Mirror Has Two Faces


Im Grunde meines Herzens bin ich ein Romantiker. Auch bei Pornos warte ich immer darauf, dass die beiden heiraten und miteinander glücklich werden. Scheint daher einfach nicht mein Genre zu sein. Hin und wieder darf es also auch eine Herz erwärmende Rom-Com sein, und wenn die mit so intelligenten Dialogen und charmant aufspielenden Darsteller/innen wie „Liebe hat zwei Gesichtern“ gespickt ist, dann garantiert mir das schon mal einen vergnüglichen Filmabend. Mit Barbra Streisand am Ruder kann man eigentlich nicht viel falsch machen. Die Dame hat einfach Niveau. Dazu kommen ein hintersinniger Wortwitz und ein Gespür für Timing. All das spielt sie in „Liebe hat zwei Gesichter“ aus. Da geht es um die intelligente, humorvolle Literaturdozentin Rose, die sich fast schon damit abgefunden hat, unverheiratet zu bleiben. Doch dann trifft sie auf ihren Universitätskollegen Gregory, gespielt von Jeff Bridges. Gregory ist Professor für Mathematik und schwer gezeichnet von seinen  früheren Beziehungen. Er entschließt sich dazu, seinem (Liebes-)Leben eine drastische Wendung zu geben: Eine Beziehung sollte nicht durch Sex oder körperliche Anziehung gestört werden. Nein, Intellekt und gemeinsame Interessen sind das Ideal, auf dem sich etwas Langfristiges aufbauen lässt. Da kommt ihm das optische Mauerblümchen Rose gerade recht. Und als er ihr, ohne sie vorher jemals auch nur geküsst zu haben, einen Antrag macht, ist sie zwar nicht begeistert – aber besser, als allein übrig zu bleiben, ist das allemal. Also wird geheiratet. Und erwartungsgemäß fangen damit die Probleme erst an. Denn die Libido lässt sich nicht einfach abschalten wie ein schlechter Porno. Das alles ist dermaßen charmant und mit solch erfrischenden Dialogen vorgetragen, dass nur arge Misanthropen mit dem Film so rein gar nichts anfangen können.


7,5
von 10 Kürbissen