Komödie

Days of the Bagnold Summer (2019)

Regie: Simon Bird
Original-Titel: Days of the Bagnold Summer
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Komödie
IMDB-Link: Days of the Bagnold Summer


Man weiß nicht so recht, was schwieriger ist: Teenager zu sein oder die Mutter eines Teenagers zu sein. Wenn beide dann für sechs Wochen aufeinander picken, weil der Exmann in Florida kurzfristig den geplanten sommerlichen Besuch des Sohnemanns abgesagt hat, entfalten sich die Schwierigkeiten auf einem noch viel höheren Niveau. Hier treffen zwei Aliens aufeinander. Sohn Daniel (Earl Cave, der Sohn von Nick Cave) und Mutter Sue (Monica Dolan mit einer herrlich überspannten Darstellung) müssen aber nun das Beste aus der Situation machen. Und beide haben Probleme, die man üblicherweise so hat. Daniel, ein Metal-Head, hat Stress mit seinem besten Kumpel und träumt davon, eine Band zu gründen, Sue, unscheinbare Bibliothekarin, sieht sich plötzlich mit männlichem Interesse konfrontiert. Die größte Herausforderung ist allerdings, diesen verdammten Sommer irgendwie zu überstehen, ohne sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Man merkt: Auf beiden Seiten ist viel guter Wille dabei, das Beste aus der Situation zu machen. Aber guter Wille allein reicht manchmal halt nicht ganz aus. Simon Bird ist mit seinem Debütfilm, der auf einer Graphic Novel beruht, eine zutiefst britische Feelgood-Komödie gelungen. „Days of the Bagnold Summer“ ist ein Film, in den man sich einfach hineinfallen kann, der gut und gewitzt unterhält und dabei nie eine seiner Figuren vorführt, sondern allen mit Respekt begegnet. Definitiv ein kleines Highlight des diesjährigen Filmfestivals Locarno. Vielleicht kein Film für die Ewigkeit, aber mindestens für einen Sommer.


7,5
von 10 Kürbissen

Ivana the Terrible (2019)

Regie: Ivana Mladenovic
Original-Titel: Ivana cea Groaznica
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Komödie, Drama
IMDB-Link: Ivana cea Groaznica


Die in Bukarest lebende serbische Filmemacherin und Schauspielerin Ivana kommt in ihre Heimatstadt an Grenze zwischen Rumänien und Serbien an der Donau. Die Stadt ist gerade dabei, ein Festival zu Ehren der rumänisch-serbischen Freundschaft auszurichten und hätte Ivana gerne als Botschafterin des Festivals. Doch die hat andere Probleme: unerklärliche Kopfschmerzen, einen Wickel mit der Großmutter, einen dreizehn Jahre jüngeren Geliebten und die Angst davor, dass diese Liaison auffliegt, denn man ist hier noch recht konservativ unterwegs, und dass eine Frau einen jüngeren Lover haben kann, der noch dazu schmutzige Dinge mit ihr beim Sex tut, das ist quasi unvorstellbar. Und auch auf das Festival hat sie keine Lust, auch wenn ihr Ex Andrei, mit dem sie sich noch immer gut versteht, und dessen neue Freundin Anca als Musiker gebucht sind. So weit, so gewöhnlich. Nun zum Ungewöhnlichen, was sich hier auch als Problem herausstellt: Ivana ist Ivana Mladenovic, Andrei ist Andrei Dinescu. Anca ist Anca Pop. Die ganze Familie Mladenovic spielt sich selbst. Dieser ungewöhnliche Ansatz führt zwar zum Einen zu einem dokumentarischen Feeling, das von der Regisseurin durchaus so beabsichtigt ist. Der Film scheint nur in geringen Dosen mit Fiktion angereichert zu sein. Aber genau in dieser Dosierung liegt auch das Problem: Denn so wird „Ivana the Terrible“, was als selbstironische Reflexion über das Leben als Berühmtheit in der Heimatstadt gedacht sein mag, zu einer Nabelschau, in der gerade das Bemühen von Ivana Mladenovic, unsympathisch zu wirken, einen bitteren Beigeschmack hat. Denn klar ist, dass sie sich so für den Film inszeniert und so ihre eigenen Befindlichkeiten thematisiert. Die gerade eben verstorbene Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison meinte einst, dass sie Literatur von Schriftstellern, die nur über sich selbst und ihre Welt schreiben, fadisiert. Und so geht es mir auch mit Filmemachern, die von sich selbst erzählen. Denn immer liegt ein Filter darüber, der die Befindlichkeiten überhöht und damit – für mich – uninteressant machen. Am Film berührt hat mich eigentlich nur die Widmung am Ende: Anca Pop ist nämlich kurz nach Fertigstellung des Films tödlich verunglückt.


4,0
von 10 Kürbissen

https://www.youtube.com/watch?v=3AW96zQDE3A

Wonders in the Suburbs (2019)

Regie: Jeanne Balibar
Original-Titel: Merveilles à Montfermeil
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Satire, Politfilm, Komödie
IMDB-Link: Merveilles à Montfermeil


Wow! Da hat man so einen Cast beisammen (neben Regisseurin und Darstellerin Jeanne Balibar selbst Emmanuelle Béart, Mathieu Amalric, Ramzy Bedia uvm.) und fährt das Ding dermaßen an die Wand, dass nicht einmal verwertbare Brösel übrigbleiben. Voilà, Mesdames et Messieurs, das ist „Merveilles á Montfermeil“ oder was die Franzosen unter politischer Satire verstehen. Hysterie. Gekreische. Völlig unlustiges Massensummen. Noch unlustigere Gags mit der Garderobe. Hektik. Noch mehr Hysterie und Gekreische. Second Live-Avatare, die miteinander kopulieren. Frauen in Marshmallowman-Kostümen. HYSTERIE! GEKREISCHE! Die Story ist eigentlich wurscht, denn sie ist quasi nichtexistent. Jede Menge Trubel um die Bürgermeisterin (Emmanuelle Béart) und ihr Team in der Kleinstadt. Jeder will mit jedem ins Bett (womit der geneigte Cineast sofort erkennt, ah, er befindet sich in einem französischen Film), aber wenn es dann mal ernst werden könnte, fangen sie lieber an zu reden oder zu tanzen. Kaum ein anderer Film auf den diversen Festivals, die ich in den letzten Jahren besucht habe, hat so konsequent den Saal leergespielt wie dieser. Und auch ich war mehrmals knapp dran, mich aus dem Kinosaal zu extrahieren und in eine hübsche Wiese mit Blick auf den Lago Maggiore zu pflanzen. Arg verschwendete Lebenszeit.


1,5
von 10 Kürbissen

Notre dame (2019)

Regie: Valérie Donzelli
Original-Titel: Notre dame
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Komödie, Liebesfilm, Satire
IMDB-Link: Notre dame


Es wirkt zunächst fast ein wenig seltsam, die Kathedrale von Notre-Dame in Paris zu sehen, wie sie sich bester Gesundheit erfreut, wenn man doch weiß, dass sie vier Monate zuvor gebrannt hat und dieser Tage einen traurigen Eindruck erweckt. Aber so ist das, wenn das Leben die Kunst überholt und vice versa. Den fehlenden Realitätsbezug auf dieser Ebene kann man Valérie Donzelli, die auch gleich die Hauptrolle der angehenden Architektin Maud übernommen hat, jedenfalls nicht anlasten. Sehr wohl aber auf allen anderen Ebenen. Denn der Versuch, originell zu sein, gelingt leider nur in den seltensten Fällen, beschränkt sich eigentlich nur darauf, dass zur Trennung die Beteiligten anfangen, ein trauriges Lied zu singen, was sie nun nie mehr tun werden. Ja, das hat Stil, ist komisch und durch und durch französisch. Aber die Geschichte rund um Maud, die versehentlich und dank etwas Magie einen Architektenwettbewerb über die Neugestaltung des Vorplatzes von Notre-Dame gewinnt, verfällt immer wieder in Kindereien wie zum Beispiel willkürliche Ohrfeigen in der Öffentlichkeit, heftige Ohnmachtsanfälle beim Anblick des Ex-Geliebten und hysterischen Möchtegern-Anwältinnen, die sich beim Anblick eines schönen Mannes nicht mehr halten können und denen, was das eigentliche Kerngebiet der Jurisprudenz betrifft, von eben jenen, juristisch unbeleckten Schönlingen aus der Patsche geholfen werden muss. Vielleicht existiert noch irgendwo ein Dorf, in dem man über so etwas lacht, mir fällt nur im Moment keines ein. Sympathisch sind immerhin die Darstellerinnen und Darsteller, die ihre Sache gut machen – soweit sie halt gegen diese Blödeleien ankämpfen können. Aber am Ende werden vielleicht zwei, drei gute Szenen, in denen der Film ausnahmsweise mal funktioniert hat, in Erinnerung bleiben und das vage Gefühl, dass man viel Potential verschenkt hat durch Hysterie und Volksschulhumor.


4,0
von 10 Kürbissen

Yesterday (2019)

Regie: Danny Boyle
Original-Titel: Yesterday
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Liebesfilm, Musikfilm, Komödie, Fantasy
IMDB-Link: Yesterday


Ich mag Danny Boyle und seinen Zugang zu Filmen. Diese sind immer dynamisch, rhythmisch, voller Musik und mit einem verdammt guten Pacing gemacht. Und zumeist kann er sich auf richtig gute Schauspielerinnen und Schauspieler verlassen. Kurz: Er versteht sein Handwerk und hat einen sehr eigenen, leicht wiederzuerkennenden Stil entwickelt. „Yesterday“, eine romantische Musik-Komödie mit leichtem Fantasy-Einschlag, scheint da erst einmal nicht richtig hineinzupassen. Der Trailer sieht niedlich aus, aber so ganz klar, dass es sich um einen Danny Boyle-Film handelt, ist es nicht. Das findet man erst heraus, wenn man wirklich im Kino sitzt. Denn dann stimmt plötzlich wieder alles zusammen: Der Schnitt und das Timing, die Beleuchtung, die schrägen Kamerafahrten, vor allem aber die schauspielerischen Leistungen. Newcomer Himesh Patel spielt wunderbar sympathisch den erfolglosen Musiker Jack Malik, der eines Nachts von einem Bus angefahren wird und tags darauf feststellt, dass er der einzige Mensch weltweit ist, der sich an die Beatles und ihre Songs erinnern kann. Natürlich wird dieses Wissen zu einer Goldgrube für ihn. Lily James ist seine hoffnungslos in ihn verschossene Agentin und platonische Freundin, und ganz ehrlich: Man möchte diesem Jack Malik an die Gurgel fassen, dass er so blöd ist, die Gefühle dieses bezaubernden Wesens nicht wahrzunehmen und zu erwidern. Lily James als Ellie ist unfassbar süß. Und auch die Nebenrollen sind gut (und saukomisch) besetzt – ob nun Kate McKinnon als geldgierige Managerin, Joel Fry als verpeilter Slacker-Freund oder Ed Sheeran als Ed Sheeran – alles geht auf. Natürlich ist der Film selbst nicht mehr als nette Unterhaltung zwischendurch, die auf einer augenzwinkernden Prämisse aufbaut, die die Nostalgiker unter uns bedient. Aber der Film als solches ist einfach exzellent gemacht, streckenweise herrlich komisch, gut gespielt und rundum sympathisch. Und wer am Ende bei „Hey Jude“ nicht Lust bekommt, mitzusingen, dem ist eh nicht mehr zu helfen.


7,5
von 10 Kürbissen

Kick-Ass (2010)

Regie: Matthew Vaughn
Original-Titel: Kick-Ass
Erscheinungsjahr: 2010
Genre: Action, Komödie
IMDB-Link: Kick-Ass


Es gibt Filme, die einfach immer Spaß machen – ganz gleich, wie oft man sie bereits gesehen hat. „Kick-Ass“ gehört definitiv in diese Kategorie. Rotzfrech, saukomisch und dabei von einer grafischen Brutalität, die man in manchen „ausgewachsenen“ Actionfilmen nicht sieht, unterhält mich der Film über seine ganze Spieldauer von fast zwei Stunden jedes Mal großartig. Erzählt wird die Geschichte des Teenagers Dave, gespielt von Aaron Taylor-Johnson, dessen sympathisch verpeilte Figur des Möchtegern-Superhelden nicht weiter entfernt sein könnte vom Bösewicht in Nocturnal Animals einige Jahre später. Dave kann eigentlich nichts, ist sogar für einen Loser zu durchschnittlich. Dennoch zieht er sich ein Kostüm an, um fortan als Kick-Ass die Nachbarschaft zu beschützen. Und stolpert in eine Geschichte hinein, die viel zu groß für ihn ist. So hat er bald Mafiaboss Frank D’Amico (Mark Strong) auf seinen Fersen. Aber gut, dass Big Daddy (Nicolas Cage) und Hit-Girl (Chloë Grace Moretz) zur Stelle sind, denn im Gegensatz zu Dave wissen die beiden, wie man Ärsche versohlt. Die komische Brillanz des Films liegt im Nebeneinander der unschuldigen Teenager-Coming of Age-Geschichte und der Brutalität eines Killer-Actionfilms. Da wird schon mal im Hintergrund ein vermeintlicher Verräter gefoltert und anschließend erschossen, während der fürsorgliche Mafia-Vater, der diesen Befehl gegeben hat, sich nach getaner Arbeit mit seinem Sohn im Auto darüber unterhält, ob er Popcorn zum gleich beginnenden Kinofilm haben möchte oder nicht. Zugegeben, das muss man mögen. Für empfindliche Mägen sind manche Szenen in „Kick-Ass“ vielleicht tatsächlich zu starker Tobak. Da wird geschnetzelt und geschossen, was die Blutkonserven hergeben. Gleichzeitig macht das allerdings unglaublich viel Spaß. Es ist amoralisch, inkorrekt und böse. Aber es fetzt.


8,0
von 10 Kürbissen

Sie sind ein schöner Mann (2005)

Regie: Isabelle Mergault
Original-Titel: Je vous trouve très beau
Erscheinungsjahr: 2005
Genre: Komödie, Liebesfilm
IMDB-Link: Je vous trouve très beau


Lassen wir mal die Prämisse des Films, dass nämlich der Mann der Erlöser der armen rumänischen Frauen sein muss, die sonst nur putzen gehen können und sich kaum über Wasser halten, gnädig beiseite. Denn genau betrachtet geht mir die schon gegen den Strich. Aber was Isabelle Mergault mit ihren beiden Hauptdarstellern Michel Blanc in der Rolle des griesgrämigen frischen Witwers auf dem Bauernhof und Medeea Marinescu als lebenslustige Rumänin, die eine Heiratsvermittlerin zusammengebracht hat, in „Sie sind ein schöner Mann“ zeigt, ist ein Feel-Good-Movie par excellence, dem man auch solche groben Schnitzer gerne verzeiht. In den besten Fällen sind französische Komödien ja wunderbar charmant. Diese besten Fälle kommen nur nicht allzu gehäuft vor. Oft müssen sie als Deckmäntelchen für versteckte Ressentiments herhalten, über die herzhaft gelacht werden darf, da sie dann doch nicht weh tun, denn so rassistisch/sexistisch/wasauchimmeristisch sind wir ja in Wirklichkeit gar nicht, nicht wahr? Oder doch? In diese Falle tappt „Sie sind ein schöner Mann“ trotz der holprigen Ausgangslage nicht wirklich. Zumindest hüpft der Film nicht mit Anlauf hinein. Das ist vor allem Marinescu und Blanc zu verdanken, die ihre Figuren mit einer wundervollen Dreidimensionalität ausstatten, die dem Film gut tut. Allein dadurch hebt sich der Film wohltuend von üblicher Durchschnittskost französischer Komödien ab. Dass die Handlung selbst arg vorhersehbar ist, ist wohl dem Genre geschuldet. Dass sich aber ein glatzköpfiger pragmatischer Bauer und eine tanzende, lachende junge Frau mit großen Zukunftsplänen ineinander verlieben können, erzählt der Film auf nachvollziehbare Weise und mit gutem Gespür für die feinen Unterschiede, über die zumindest von Herzen geschmunzelt werden darf. Das passt schon so.


6,5
von 10 Kürbissen

Love & Friendship (2016)

Regie: Whit Stillman
Original-Titel: Love & Friendship
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Komödie, Historienfilm, Liebesfilm
IMDB-Link: Love & Friendship


„Love & Friendship“ ist die Verfilmung von Jane Austens „Lady Susan“. Kate Beckinsale spielt auf unnachahmliche, oscarverdächtige Weise eben diese, eine durchtriebene und äußerst lebensfrohe Witwe, die sich zwischen ihren dem Amusement dienenden amourösen Verwicklungen auch noch darum kümmern muss, ihre Tochter möglichst vorteilhaft unter die Haube zu bringen. Und das ist schön anzuschauen (diese gut aussehenden Menschen in ihren vorteilhaften Garderoben!), schön anzuhören (diese gewitzten und geschliffenen Dialoge!) und darüber hinaus ein herrliches Spiel mit doppeltem Boden mit dem Medium Film an sich. Denn wenn zB eine neue Figur eingeführt wird, so wird diese dem Publikum erst mal in einer Frontalaufnahme präsentiert samt Namen, Verwandtschafts- bzw. Bekanntschaftsverhältnis sowie einer sarkastischen Anmerkung zur Person. Jeder bekommt sein Fett weg. Und so versteht sich der Film nicht nur als akkurates Kostümdrama, sondern gleichzeitig als augenzwinkernder und phasenweise extrem witziger Kommentar auf das ganze Genre. Eine sehr gelungene Jane Austen-Verfilmung, mit der wohl die Autorin selbst auch ihren Spaß gehabt hätte, und eine große Rolle für Kate Beckinsale, um die es in den letzten Jahren leider sehr still geworden ist. Man wünscht sich, dass sie mehr von diesen wunderbaren Rollen angeboten bekommt.

 


7,5
von 10 Kürbissen

Neruda (2016)

Regie: Pablo Larraín
Original-Titel: Neruda
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Biopic, Krimi, Drama, Komödie
IMDB-Link: Neruda


Luis Gnecco spielt Pablo Neruda, den großen Volksdichter Chiles und einen der bedeutendsten Vertreter des Kommunismus. Dieser tritt in den Augen der Machthaber etwas zu vehement gegen das herrschende Regime auf und wird so seines Amtes als Senator enthoben und soll verhaftet werden. Neruda flüchtet, geht mit seiner Frau Delia (Mercedes Morán) in den Untergrund, unterstützt von seinen Parteifreunden. Der Polizist Oscar Peluchonneau, gespielt von Gael García Bernal, heftet sich an seine Fersen. Der sinnliche Liebes- und Lebensmensch Neruda hat keine Lust darauf, sich wie ein Käfer zu verkriechen, und so entspinnt sich rasch ein amüsantes wie spannendes Katz-und-Maus-Spiel. Ich muss zugeben, ich tat mir anfangs trotz der großartigen Darstellerleistungen und der extrem intelligenten Dialoge etwas schwer, in den Film hineinzufinden, denn Vieles schien mir überzeichnet zu sein, maßlos übertrieben, überdramatisiert. Aber dann fiel der Groschen: „Neruda“ ist nicht einfach ein politisches Bio-Pic, sondern vielmehr (auch) eine vergnügliche Hommage an den Film Noir und die Hard-Boiled-Detektivgeschichten der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Spätestens wenn der knallharte, wortkarge Polizist Peluchonneau (herrlich missverstanden in einer Szene, als ein Mann seinem Gutsherrn die Ankunft des Polizisten ankündigt und auf dessen Frage, was denn der für einer sei, antwortet mit: „Halb Idiot, halb Arschloch“) über seine eigene Rolle in Nerudas Geschichte zu reflektieren beginnt, löst sich das Vexierspiel zwischen den Genres auf, und der Film steuert auf einen grandiosen Showdown im Schnee der Anden hin. Kluges, großes und herrlich selbstironisches Kino.


8,0
von 10 Kürbissen

Der Sex Pakt (2018)

Regie: Kay Cannon
Original-Titel: Blockers
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Komödie
IMDB-Link: Blockers


Wenn sich Hollywood um das Thema Sex in Filmen bemüht, wird es zumeist recht schnell peinlich – oder aber wir befinden uns in der Erwachsenenunterhaltung. Ein differenziertes, nuanciertes Bild von Sexualität wird man jedenfalls nicht so schnell finden. „Der Sex Pakt“ von Kay Cannon könnte nun, was den Titel betrifft, beide Spektren abdecken: die plump-verklemmte Komödie genauso wie den Pornofilm. Spoiler: Es handelt sich um Ersteres. Wer davon enttäuscht ist, kann also jetzt mit dem Lesen aufhören. Allen Anderen, die sich nicht abschrecken lassen, sei hier nun eine kurze Inhaltsangabe mitgegeben: Drei junge beste Freundinnen beschließen einen Pakt: In der Prom Night (in den USA ist das in der Bedeutung quasi so etwas wie Weihnachten, Ostern, der Geburtstag und die Wiedergeburt Christi zusammen) verlieren sie alle ihre Unschuld. Blöd nur, dass das die Eltern spitzkriegen, und die hecheln schon bald panisch den Teenagern hinterher, um sie vom schlimmsten Fehler ihres Lebens (also Sex) abzuhalten. Die Eltern werden dargestellt von Leslie Mann als vermeintliche Beste Freundin-Mutter, die feststellen muss, dass ihre Connection mit dem Nachwuchs nicht so eng ist wie vermutet, John Cena als sportlichen Kumpel-Dad, der eine sensible Seite hat, und Ike Barinholtz als verpeilter geschiedener Vater, der die Verbindung zu seiner Tochter verloren hat. Gelegentlich blitzt bei den dreien komödiantisches Talent auf – vor allem John Cena spielt den überprotektiven Vater recht charmant. Die guten Ansätze, die sich hin und wieder zeigen, werden allerdings mit Fortdauer des Films niedergewalzt von Fäkalhumor und Kotz-Szenen. Ganz ehrlich: Das war schon in „American Pie“ unlustig zu einer Zeit, als es noch als lustig wahrgenommen wurde. Diese Art von Humor ist nicht besser geworden in den letzten Jahrzehnten. Und auch wenn sich der Film darum bemüht, nicht der üblichen Prüderie solcher Produktionen anheim zu fallen, so scheitert er dann doch an der latent mitschwingenden Bigotterie des Produktionslandes. Verklemmt bleibt verklemmt, und das schimmert halt immer wieder durch trotz aller gegenteiliger Bemühungen.


4,0
von 10 Kürbissen