Komödie

Verwünscht (2007)

Regie: Kevin Lima
Original-Titel: Enchanted
Erscheinungsjahr: 2007
Genre: Komödie, Fantasy, Rom-Com
IMDB-Link: Enchanted


Es konnte ja nur eine Frage der Zeit sein, bis Disney einen Meta-Film über Disney-Märchen auf die Leinwand bringen würde. In „Verwünscht“ schlüpft Amy Adams in die Rolle einer naiven Disney-Prinzessin, die von ihrer bösen Schwiegermutter in spe auf eine Reise ohne Wiederkehr geschickt wird – von der zauberhaften Zeichentrickwelt ins heutige New York. Und schon rasch stellt sie fest, dass Drachen, Oger und anderes Getier nicht das größte Übel darstellen, dem man begegnen kann. Nein, der misogyne Großstadtmensch ist es, und dabei trifft sie noch nicht einmal auf Woody Allen, sondern auf einen eigentlich recht charmanten, aber bindungsunwilligen Scheidungsanwalt, gespielt von „McDreamy“ Patrick McDempsey. Dieser bekommt die singende Prinzessin eher unfreiwillig, aber sehr zur Freude seiner kleinen Tochter an die Backe, und ritterlich steht er der verwirrten jungen Dame zur Seite. Das wiederum gefällt seiner Freundin (Idina Menzel) nicht. Die Probleme werden verschärft durch einen debilen Prinzen, der seiner verlorengegangenen Prinzessin wagemutig, aber planlos hinterherspringt, und schließlich der Stiefmutter selbst, die sich nicht auf ihr Personal verlassen kann, sondern am Ende alles selbst in die Hand nehmen muss, um dafür zu sorgen, dass es sich endgültig ausgeträllert hat für die Schöne. Soweit, so traditionell Disney. Was aber „Verwünscht“ hervorragend macht, ist die augenzwinkernde Selbstironie, mit der diese traditionellen Bilder unterlaufen werden. Klar, Shrek macht das derber und konsequenter, aber man muss die unaufgeregte Leichtigkeit loben, mit der Disney seine eigenen Themen durch den Kakao zieht. Und Amy Adams ist zuckersüß. Habe ich schon mal erwähnt, dass die Dame längst überfällig für einen Oscar ist? Wahrscheinlich schon ca. siebzehnmal hier, aber einmal mehr schadet nicht.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: © Disney, Quelle http://www.imdb.com)

Teuflisch (2000)

Regie: Harold Ramis
Original-Titel: Bedazzled
Erscheinungsjahr: 2000
Genre: Komödie, Fantasy, Rom-Com
IMDB-Link: Bedazzled


„Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will, und stets das Gute schafft“. So sprach Mephisto in Goethes Faust, und ganz ehrlich: Dass man dieses Zitat nicht in die deutsche Synchronisation von Harold Ramis‘ „Teuflisch“ übernommen hat, ist ein großes Versäumnis. Denn wie passend wäre es gewesen, das der von Liz Hurley gespielten Teufelin in den Mund zu legen, die dem sozial unterentwickelten Elliot Richards (Brendan Fraser) die Seele abluchsen möchte durch die Erfüllung von sieben Wünschen, ein wahrer Teufelspakt eben. Die Wünsche drehen sich um die Eroberung der adretten Arbeitskollegin Alison (Frances O’Connor), doch stets steckt der Teufel, nun ja, im Detail. Da wir uns im trittfesten Genre der romantisch-fantastischen Komödie bewegen und Harold Ramis nicht dafür bekannt war, die Welt brennen sehen zu wollen, kann man sich entspannt zurücklehnen und die Teufelin ihre Arbeit machen lassen – am Ende wird schon alles positiv ausgehen, das Gute eben geschaffen sein. Der Weg dahin ist sehr vergnüglich, und auch wenn der Film schon ein klein wenig angestaubt wirkt und Liz Hurley wirklich nicht gut spielen kann (sie macht das durch ihre Schmolllippen wieder wett), so ist er durch seinen altbackenen Charme und die witzigen Szenen der beinahe geglückten Wunscherfüllungen dennoch jederzeit einen Re-Watch wert.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Killer’s Bodyguard 2 (2021)

Regie: Patrick Hughes
Original-Titel: The Hitman’s Wife’s Bodyguard
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Action, Komödie
IMDB-Link: The Hitman’s Wife’s Bodyguard


In Killer’s Bodyguard mussten sich Ryan Reynolds als Bodyguard und Samuel L. Jackson als Auftragskiller zusammenraufen, um den Killer rechtzeitig von England nach Den Haag zu bekommen, wo er gegen einen mörderischen Diktator als Kronzeuge aussagen sollte. Der Film lebte stark von einer richtig guten Chemie der beiden Hauptdarsteller und einem ziemlich durchgeknallten Auftritt von Salma Hayek in einer Nebenrolle. Durch den Erfolg von „Killer’s Bodyguard“ war rasch klar, dass ein zweiter Aufguss folgen würde. Und – die Überraschung hält sich in Grenzen – logischerweise musste mehr von dem, was Teil 1 so erfolgreich machte, in Teil 2 hinein. Also mehr Humor, mehr Action und mehr Salma Hayek. Mehr „Motherfucker!“-Flüche von Samuel L. Jackson gingen nicht, denn dieser im ersten Film aufgestellte Rekord wird zu meinen Lebzeiten kaum mehr überboten werden können. Die Story ist für den Unterhaltungswert komplett irrelevant. In Stichworten: Finsterer Antonio Banderas als Grieche mit göttlichem Zorn, irgendwas mit Superviren, die Blackouts verursachen und eben viel Herumgerenne von Reynolds, Jackson und Hayek, was in der Regel mit Explosionen endet. Der Film braucht ein wenig, um Fahrt aufzunehmen. Zudem ist der schurkische Plan des Gegenspielers dermaßen absurd und dämlich, dass man erst seinen IQ auf einen zweistelligen Wert herunterfahren muss, um sich nicht ständig Grün und Blau ärgern zu müssen. Dazu kommt ein mieser Auftritt von Frank Grillo (es tut mir leid, aber der Mann kann überhaupt nicht spielen), und irgendwie macht alles keinen Sinn. Aber egal, denn spätestens mit der Mitte des Films beginnt das, was man von diesem erwartet: Schießereien, Prügeleien, Explosionen, Verfolgungsjagden, alles komplett over the top und immer garniert mit launigen Sprüchen. Gut ist das nicht, aber zumindest stellenweise sehr unterhaltsam. Aber schade, dass man bei diesem Film nicht einmal den Anschein wahren wollte, eine schlüssige Geschichte zu erzählen.


5,0 Kürbisse
von 10 Kürbissen

(Foto: 20th Century Fox)

10 Dinge, die ich an dir hasse (1999)

Regie: Gil Junger
Original-Titel: 10 Things I Hate About You
Erscheinungsjahr: 1999
Genre: Komödie, Rom-Com, Liebesfilm
IMDB-Link: 10 Things I Hate About You


Es gibt Stoffe, die sind für die Ewigkeit gemacht. Der gute, alte William Shakepeare hat gleich eine ganze Reihe davon für die Nachwelt abgeliefert. Alle Verfilmungen von Shakespeare-Stoffen zu sehen, wäre eine Lebensaufgabe. Wie zeitlos die Geschichten sind, zeigt sich auch daran, dass die meisten Stoffe ohne Probleme in die heutige Zeit übertragen werden können und dort auch noch wunderbar funktionieren. Wie am Beispiel des Stücks „Der Widerspenstigen Zähmung“, das mit Julia Stiles und Heath Ledger in den Hauptrollen als „10 Dinge, die ich an dir hasse“ schlicht an eine amerikanische High School transferiert wurde. Wer aber fürchtet, dass hier nun Teenager altbackene Verse deklamieren (obwohl auch das funktionieren kann, wie beispielsweise Baz Luhrmanns „Romeo und Julia“ beweist), kann beruhigt sein – lediglich der Handlungsrahmen ist Shakespeare, der ganze Rest vom Typus „freche Teenie-Komödie der 90er“. Temporeich und mit viel Gespür für Witz und Timing inszeniert Gil Junger das zunächst monetär indizierte Werben des Slackers Patrick Verona um die feministische, auf Krawall gebürstete Anwaltstochter Kat, die wiederum Druck von ihrer jüngeren Schwester bekommt, denn die darf nicht zum Abschlussball, wenn die an amourösen Verwicklungen so gut wie gar nicht interessierte Kat nicht ebenfalls ein Date aufweisen kann. Natürlich rückt der geschäftliche Aspekt des Buhlens bald in den Hintergrund, schwebt aber wie ein Damoklesschwert über allen Beteiligten. „10 Dinge, die ich an dir hasse“ ist ein gutes Beispiel, wie man Figuren witzig und mit Marotten zeichnen kann, ohne sie der Lächerlichkeit preiszugeben. Man merkt den Respekt vor der Vorlage und vor den Protagonisten. Gleichzeitig schafft der Film es aber, etwas komplett Eigenständiges zu sein. Dazu haben Ledger und Stiles eine wirklich gute Chemie miteinander. Ein Film, der auch fast ein Vierteljahrhundert nach seinem Erscheinen nichts von seinem Unterhaltungswert eingebüßt hat.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: © 1999 – Touchstone Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

Matilda (1996)

Regie: Danny DeVito
Original-Titel: Matilda
Erscheinungsjahr: 1996
Genre: Komödie, Fantasy
IMDB-Link: Matilda


Kinderfilme, die man als Kind nie gesehen hat, später zum ersten Mal als Erwachsener zu sichten, kann zuweilen eine etwas schwierige Angelegenheit sein. Das liegt vorrangig daran, dass das Kind über andere Dinge lacht als der zynische bis misanthropische Erwachsene, dem es peinlich ist, wenn mal bei einem infantilen Witz der Mundwinkel leicht nach oben zuckt. Darauf gleich einen kräftigen Schluck Chateau Haut-Brion 1988 und eine sarkastische Bemerkung in der Hoffnung, niemand hätte diesen kurzfristigen Verlust der Impulskontrolle mitbekommen. Aber irgendwie sträubt sich das innere Kind dann doch recht vehement gegen die zur Schau gestellte, fadisierende Noblesse, und plötzlich bricht man in ein Kichern aus, wenn die misshandelte Schülerin, die von der bösartigen Direktorin Knüppelkuh per Hammerwurftechnik aus dem Fenster geschleudert wird, von Matildas Zauberkräften gerettet wird und eine astreine Landung im Blumenfeld hinlegt. „Matilda“ nach einem Kinderbuch des in diesem Genres omnipräsenten Roald Dahl unter der Regie von Danny DeVito (der sich nicht das Vergnügen nehmen ließ, selbst in die Rolle des ungustiösen Vaters mit dem Hang zur Kleinkriminalität zu schlüpfen) mag sich vielleicht an ein sehr junges Publikum wenden, ist aber mit genug Charme, Fantasie und Esprit umgesetzt, um auch ältere Semester zu unterhalten. Die Geschichte um ein junges, von den Eltern vernachlässigtes Mädchen, das eines Tages magische Kräfte an sich entdeckt, bietet genügend Gelegenheiten für absurd-komische Momente, die DeVito auch genüsslich zelebriert. Mara Wilson in der Hauptrolle der jungen Matilda macht ihre Sache sehr sympathisch, und es ist schade, dass ihre Karriere nie über den Status des Kinderstars hinauskam. Danny DeVito und seine Frau (auch im echten Leben) Rhea Perlman haben sichtlich Spaß an ihren Rollen, Embeth Davitz fällt der etwas undankbare Part zu, einfach nur entzückend zu sein, ohne allzu viel Tiefgang aufbauen zu können, und Pam Ferris in der Rolle der sadistischen Schuldirektorin hat körperlich einiges zu leisten. Meine Frau hat schon angekündigt: Wenn wir mal Kinder haben, wird „Matilda“ fest ins Filmprogramm aufgenommen. Ganz ehrlich: Ich habe nichts dagegen.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Columbia TriStar – © 1996 TriStar Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

Bullet Train (2022)

Regie: David Leitch
Original-Titel: Bullet Train
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Komödie, Action
IMDB-Link: Bullet Train


Brad Pitt fährt Zug. Und weil er einen nicht ganz legalen Auftrag hat, nämlich in diesem Zug von Tokyo nach Kyoto (einer von diesen extrem schnellen japanischen Shinkansen-Zügen) ein Köfferchen zu entwenden, darf man sich als Zuseher schon darauf einstellen, dass diese Zugreise nicht viel gemein hat mit den üblichen Railjet-Fahrten von Wien nach Salzburg hierzulande. Nicht einmal Verspätung haben diese japanischen Geschosse. Gut, „Ladybug“, so der Codename des von Pitt gespielten Glücksritters, muss also ein Gepäckstück klauen und beim nächsten Bahnhof mit diesem abdampfen. Klingt eigentlich nicht so stressig. Allerdings muss er schon bald feststellen, dass er nicht der Einzige im Zug ist, der einen sinisteren Plan verfolgt. Da wären beispielsweise die dubiosen „Zwillinge“ (Brian Tyree Henry und Aaron Taylor-Johnson), die eine vormalig gekidnappte Mafia-Brut sicher nach Hause geleiten soll. Dann ist da ein liebes Mädel (Joey King), das ganz unladylike ordentlich austeilen kann. Ein verzweifelter Vater mit einer Waffe (Andrew Koji) treibt sich auch noch herum. Und das sind nicht mal alle seltsamen Gestalten, die diesen Zug noch betreten sollen. Schon bald findet sich Ladybug in einer recht verzweifelten Lage wieder, die, auch wenn er der Gewalt abschwören und nach friedlichen Auswegen suchen wollte, die Mortalitätsrate in seiner unmittelbaren Umgebung sprunghaft ansteigen lässt. „Bullet Train“ von David Leitch, der auch schon Deadpool in sein zweites Abenteuer gestürzt hat, ist ein vergnügliches und irrwitziges Action-Spektakel, in das sich Brad Pitt mit sichtlichem Genuss stürzt. Der Film lebt von seiner Performance, auch wenn der Rest des Casts ebenfalls für Brüller sorgt, doch die verwirrten Blicke von Brad Pitt angesichts der immer absurder werdenden Lage und seine verzweifelten Versuche, das Gespräch mit jenen zu suchen, die ihm an den Kragen wollen, sind einfach saukomisch. Die Action sitzt auch und ist immer einen kleinen Tick over the top, sodass man sich schon händereibend auf die nächste Keilerei freut. Ist das anspruchsvolles Kino? Nein. Aber extrem unterhaltsames.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Scott Garfield – © 2022 CTMG, Quelle http://www.imdb.com)

Der Dummschwätzer (1997)

Regie: Tom Shadyac
Original-Titel: Liar Liar
Erscheinungsjahr: 1997
Genre: Komödie
IMDB-Link: Liar Liar


Jim Carrey. In vielen Filmen in den 90ern zu sehen, in fast ebenso vielen nur schwer ertragbar. Dabei ist Carrey ein wirklich begnadeter Darsteller. Siehe „Die Truman Show“, „Der Mondmann“, aber auch seine Mini-Rolle in The Bad Batch. Das Problem ist halt: Hat man so ein Gummigesicht wie Jim Carrey, wird das natürlich monetarisiert. „Der Dummschwätzer“ von Tom Shadyac aus dem Jahr 1997 ist ein Beispiel dafür. 83 Minuten lang geht es darum, Jim Carrey möglichst viele Grimassen schneiden zu lassen. Dabei weist der Film eine wirklich nette Prämisse auf: Carrey spielt den verlogenen Anwalt Fletcher Reede, der, nach einem weiteren, von Ausreden übertünchten Vergessen des Geburtstages, von seinem schwer enttäuschten Sohn in die Bredouille gebracht wird. Der wünscht sich nämlich zum Geburtstag nichts Anderes, als dass der liebe Papa einen ganzen Tag lang nicht lügen kann. Und genau das widerfährt Fletcher nun. Blöd, dass er gerade kurz vor der Beförderung zum Partner seiner Anwaltskanzlei steht und einen wichtigen, sprich: finanziell lukrativen Fall vertritt, und zwar auf der moralisch falschen Seite des Gerichtsstands. Diese 24stündige Wahrheitspflicht kommt Fletcher natürlich nicht wirklich recht, aber, Hollywood sei Dank, sie bieten immerhin ausreichend Zeit zur Läuterung. Unter den mäßigen Komödien Jim Carreys ist „Der Dummschwätzer“ (bzw. „Liar Liar“, wie er im Original heißt) eine, die zumindest nicht noch negativer abfällt. Der Film hat seine Momente, und Jim Carrey kann mit seinen Gesichtsausdrücken halt grandios unterhalten, wenn er sie richtig einsetzt. Dennoch gibt es deutlich bessere Familienkomödien und, mit Verweis auf die oben genannten Filme, auch viel, viel bessere Jim Carrey-Filme.


5,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Getty Images/Getty Images, Quelle http://www.imdb.com)

Beyond the Infinite Two Minutes (2020)

Regie: Junta Yamaguchi
Original-Titel: Droste no hate de bokura
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Science Fiction, Komödie
IMDB-Link: Droste no hate de bokura


Was ist die wichtigste Zutat für einen gelungenen, unterhaltsamen Film? Die Antwort ist ganz einfach: Eine originelle Idee, die konsequent und mit handwerklichem Geschick umgesetzt wird. „Beyond the Infinite Two Minutes“, das Regiedebüt von Junta Yamaguchi, hat genau diese Zutat in ihrer geschmackvollsten Form. Gäbe es einen Oscar für Originalität, der hätte fix nach Japan gehen müssen. In diesem handwerklich einfach gehaltenen, aber inhaltlich komplexen Low-Budget-Film entdeckt ein Kaffeehausbesitzer, dass sein Monitor im Café und jener in seinem Zimmer über dem Café miteinander verbunden sind. Der untere Bildschirm zeigt zwei Minuten in die Zukunft. Nun sind zwei Minuten relativ unspektakulär – große Weissagungen a la Nostradamus lassen sich damit nicht machen. Aber ein Freund von Kato, dem Kaffeehausbesitzer, hat schon bald die Idee, die beiden Bildschirme so aufzustellen, dass sie einander ansehen und so einen sogenannten Droste-Effekt zu erzeugen – das ist, wenn ein Bild ein Bild zeigt, das das Bild zeigt, das das Bild zeigt etc. Und plötzlich geht der Blick in die Zukunft schon weiter – mit allerlei vergnüglichen und aberwitzigen Folgen. „Beyond the Infinite Two Minutes“ ist einer jener Filme, die vom Zuseher höchste Konzentration erfordern, da man sonst schlicht mit diesem minutenweisen Herumhüpfen zwischen Zukunft und Vergangenheit überfordert ist. Gleichzeitig aber, und das macht den Film so besonders, ist das keine große Anstrengung oder Arbeit, denn Yamaguchi inszeniert seine Sci-Fi-Story mit viel Augenzwinkern und ist immer auf den Unterhaltungswert bedacht. So ist der Film zwar clever gestrickt, aber in erster Linie macht er Spaß. An das Overacting der Laientheatertruppe, die für den Film rekrutiert wurde, muss man sich vielleicht zu Beginn erst einmal gewöhnen, aber genau das trägt dann auch zum Charme des Films bei, der so handwerklich unbedarft wirkt, aber mit seiner originellen Story fast schon als Geniestreich bezeichnet werden kann.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Apollo 10 1/2: Eine Kindheit im Weltraumzeitalter (2022)

Regie: Richard Linklater
Original-Titel: Apollo 10 1/2: A Space Age Childhood
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Animation, Science Fiction, Komödie
IMDB-Link: Apollo 10 1/2: A Space Age Childhood


Wenn ich irgendwo Richard Linklaters Namen lese, werde ich schon mal hellhörig. Denn der Mann hat ein sehr gutes Gespür für emotional mitreißende Filme, die dabei jegliche Nähe zum Kitsch gekonnt vermeiden. Meistens witzig und originell und mit einer eigenen Sicht auf die Dinge. In „Apollo 10 1/2: Eine Kindheit im Weltraumzeitalter“ bedient sich Linklater mal wieder der Technik der Rotoskopie. Hierbei werden reale Aufnahmen in der Nachbearbeitung in einen Animationsstil überführt – das Verfahren selbst erinnert an das gute, alte Abpausen mit Transparentpapier. Im Falle von Linklater ist das Ganze natürlich ein wenig komplexer gehalten. Ziel ist es, die Realität auf das Wesentlichste zu reduzieren. Und apropos Reduktion: Die gibt auch die (sehr witzige) Hauptprämisse des Films vor. Die USA stehen kurz vor der Apollo 11-Mission, die den ersten Mann auf den Mond bringen soll. Das Problem: Versehentlich haben sie die Landekapsel etwas zu klein gebaut. Um in der Zwischenzeit, bis eine etwas größere Kapsel gebaut ist, nicht untätig Däumchen drehen zu müssen, schickt man kurzerhand in einer Top-Secret-Mission jemanden auf den Mond, der klein genug für die Kapsel ist. Mit dem raumfahrtbegeisterten 10-jährigen Stanley haben sie auch bald genau den richtigen Kandidaten für dieses Abenteuer. „Apollo 10 1/2: Eine Kindheit im Weltraumzeitalter“ ist ein liebevoll gezeichnetes Schelmenstück, das einerseits das Nostalgiegefühl der 60er Jahre und der ersten Mondlandung heraufbeschwört, andererseits aber auch über Erinnerungen und deren Lücken und subjektiven Einordnungen reflektiert. Es mag nicht einer der „großen“ Filme von Linklater sein (man erinnere sich nur an dieses über ein Jahrzehnt dauernde Mammut-Projekt „Boyhood“), aber der Film ist eine sympathische Zeitreise, der man gerne folgt.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Take Shelter – Ein Sturm zieht auf (2011)

Regie: Jeff Nichols
Original-Titel: Take Shelter
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Drama, Thriller
IMDB-Link: Take Shelter


Wir müssen mal über Michael Shannon reden. Dass ich ein großer Fan seiner Schauspielkunst bin, habe ich hier schon des Öfteren kundgetan. Aber wer nach der Sichtung von „Take Shelter“ immer noch nicht der Meinung ist, dass der gute Mann mit Oscars und Filmpreisen überschüttet gehört, mit dem muss ich wohl mal ein ernstes Wörtchen reden. Michael Shannons Stärke liegt in seinem Minimalismus. Es gibt hochgeschätzte Kolleginnen und Kollegen, wie zum Beispiel Daniel Day-Lewis (den ich nach wie vor für den besten Schauspieler ever halte), die ihre Rollen expressiv anlegen und mit jeder Faser ihres Körpers, mit jeder Bewegung pure Energie ausstrahlen. Man denke dabei an den überragenden „I drank your milkshake“-Monolog aus „There Will Be Blood“. Michael Shannon ist das genaue Gegenteil davon. Er wirkt stoisch, ein Monolith von einem Mann, an dem scheinbar alles abprallt. Und dann zuckt ein kleiner Muskel in seinem Gesicht, oder die Augen wandern mal kurz auf die Seite, die Lippen sind für einen Sekundenbruchteil zusammengekniffen, und plötzlich ist es einem, als blicke man direkt in seine Seele hinein. Alles, was der Mann tut, macht er mit den geringsten Mitteln, die gerade dadurch eine unheimliche Wucht entfalten. Wer wäre besser geeignet gewesen, einen Bauarbeiter zu spielen, der plötzlich nächtliche Visionen hat und an seiner eigenen geistigen Gesundheit zweifelt? Michael Shannon hatte schon viele glorreiche Momente, aber „Take Shelter“ ist sein Meisterstück. Dass der Film aber so dermaßen gut ist, liegt nicht an Michael Shannon allein. Das Drehbuch ist grandios und baut nach und nach eine bedrohliche Spannung auf, die von Jeff Nichols virtuos inszeniert wird. Jessica Chastain als liebende, aber zweifelnde Ehefrau zeigt ebenfalls ihr ganzes Können, und die Entscheidung, ein stilles Drama über die Grenzen des menschlichen Geists und die in uns schlummernden Urängste zu drehen statt eines effekthaschenden Actionkrachers (auch das wäre möglich gewesen), ist die Grundlage für die Größe dieses Films. Anschauen!


8,5 Kürbisse

(Bildzitat: © 2011 – Sony Pictures Classics, Quelle http://www.imdb.com)