Autor: Filmkürbis

Minority Report (2002)

Regie: Steven Spielberg
Original-Titel: Minority Report
Erscheinungsjahr: 2002
Genre: Drama, Science Fiction, Thriller, Krimi
IMDB-Link: Minority Report


Wenn der Jäger zum Gejagten wird: Kein neues Sujet in der Filmgeschichte, doch immer wieder spannend. Wenn dieses Thema noch gewürzt wird mit einer dystopischen Vorlage aus der Feder von Philip K. Dick, einem der größten Science Fiction-Autoren des letzten Jahrhunderts, niemand Geringerer als Steven Spielberg auf dem Regiestuhl Platz nimmt und der ewige Actionheld Tom Cruise durchs Bild rennen darf, stehen die Vorzeichen für einen bombastischen Film schon mal sehr gut. „Minority Report“ aus dem Jahr 2002 arbeitet mit einer cleveren Ausgangsidee: In einer nicht allzu fernen Zukunft werden dank übersinnlich begabter Medien Verbrecher aus dem Verkehr gezogen, noch ehe sie ihr Verbrechen begehen. John Anderton ist Leiter dieses Spezialtrupps der Polizei, die künftige Morde verhindern soll, ehe sie geschehen. Doch eines Tages spuckt das System einen Namen, mit dem er selbst am wenigsten gerechnet hätte, als künftigen Mörder aus: seinen eigenen. Und schon beginnt die wilde Jagd, denn natürlich lässt sich das nicht geheim halten. Ihm auf den Fersen: Detective Witwer (Colin Farrell), der die ganze Verbrechensprävention auf Basis von drei seltsamen Schwimmern, die schlechte Träume haben, eh am liebsten einstampfen würde. Der gejagte Anderton ist im Zwiespalt – einerseits wäre es für ihn nicht übel, könnte er seine (zukünftige) Unschuld beweisen, denn niemand atmet gerne gesiebte Luft. Andererseits würde er damit seinen Job abschaffen. Dieses moralische Dilemma kommt vielleicht im Zuge des groß angelegten Actiongedöns etwas zu kurz, doch dafür ist der Film trotz stattlicher Laufzeit von fast 2,5 Stunden sehr kurzweilig und unterhaltsam. Doch aufgrund seiner moralischen und ethischen Grundsatzfragen bleibt der Film auch weiterhin interessant, und so ist „Minority Report“ mittlerweile zu einem gut gealterten Science Fiction-Klassiker geworden.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

An einem schönen Morgen (2022)

Regie: Mia Hansen-Løve
Original-Titel: Un beau matin
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Drama, Liebesfilm
IMDB-Link: Un beau matin


Hach, die Franzosen. Gelingt es ihnen, ihre übliche Geschwätzigkeit in Liebesdramen abzulegen, kommen richtig feine, sensible Filme heraus. Wie „An einem schönen Morgen“ von Mia Hansen-Løve. Die renommierte Regisseurin schickt hier die hochgeschätzte Léa Seydoux auf eine emotionale Achterbahnfahrt. Die jung verwitwete Übersetzerin Sandra muss sich nicht nur um ihre Tochter, sondern auch um ihren neurogenerativ erkrankten Vater (Pascal Greggory) kümmern, der am sogenannten Benson-Syndrom leidet. Bei dieser teuflischen Erkrankung, die Alzheimer-Kranke befallen kann, kann das Sehvermögen nicht mehr richtig im Hirn verarbeitet werden. Die Folge sind Demenz und schlimme Seheinschränkungen, man vergisst, und man vergisst, zu sehen. Gerade in der Phase, als die Familie entscheiden muss, wie sie mit dem Vater weiterverfährt; der nicht mehr allein leben kann, tritt ein alter Freund wieder in ihr Leben. Dieser ist mäßig glücklich verheiratet, hat selbst einen jungen Sohn, und macht Sandra, die jegliche Hoffnung auf ein eigenes Liebesleben schon aufgegeben hat, sichtlich Avancen. Jede Teilgeschichte für sich gäbe in diesem Film schon mal ein hochemotionales, auf die Tränendrüse drückendes Drama ab. Hansen-Løve hingegen ist nicht daran interessiert, ihre Figuren dem Mitleid der Zuseher:innen auszusetzen. Stattdessen bringt sie ein feinfühliges Beziehungsdrama auf die Leinwand, das verschiedene Facetten der Liebe beleuchtet. Das ist große Kunst, wenngleich mit dem Risiko des Scheiterns behaftet, wenn nicht der Cast 1A abliefert. Doch mit Léa Seydoux und Pascal Greggory hat Mia Hansen-Løve zwei Zugpferde, die ihre schwierigen Aufgaben eindrucksvoll meistern. Ganz großes Gefühlskino – und das im besten Sinne ohne Kitsch und Tränendrücken.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: © Les Films Pelléas, Quelle http://www.imdb.com)

Alles, was wir geben mussten (2010)

Regie: Mark Romanek
Original-Titel: Never Let Me Go
Erscheinungsjahr: 2010
Genre: Drama, Science Fiction
IMDB-Link: Never Let Me Go


Der Brite Kazuo Ishiguro, seit 2017 Nobelpreisträger für Literatur, schreibt erbauliche Bücher, so richtige Schenkelklopfer. In „Was vom Tage übrig blieb“ reibt sich ein moralisch flexibler Butler für seinen Herrn auf, der unverhohlene Begeisterung für einen kleinen Mann mit Chaplin-Bart aus dem idyllischen Städtchen Braunau hegt. Im neuesten Roman „Klara und die Sonne“ stellt eine künstliche Intelligenz fest, dass sie nur dann beachtet wird, wenn sie nützlich ist. Und in „Alles, was wir geben mussten“ wachsen drei Kinder in einem Internat auf mit dem Wissen, dass sie nicht mehr sind als eine lebende Organspendebank für die Reichen und Mächtigen. Wenn es soweit ist, werden sie ausgeschlachtet, bis nichts mehr da ist, was sie am Leben halten kann. Hach, bei so viel Unterhaltung schmeckt das Popcorn doch gleich mal doppelt so gut! In diesem Sinne darf diese Einleitung als Warnung herhalten vor den Büchern von Ishiguro im Allgemeinen und der Verfilmung von „Alles, was wir geben mussten“ im Speziellen. Das ist nur etwas für sonnige Gemüter. Wer nicht mit einem Schutzschild aus Gelassenheit und innerem Frieden bewehrt ans Werk geht, wird gnadenlos niedergeknüppelt. Mark Romanek gelang jedenfalls eine sehr werksgetreue Verfilmung des berühmten Romans – mit allen dahin einhergehenden positiven wie negativen Aspekten. Positiv hervorzuheben ist die Besetzung, die mit Carey Mulligan als zentrale Figur Kathy ein schauspielerisches Schwergewicht aufwartet, das die Wucht der vielschichtigen Trostlosigkeit in Blicken und Gesten stemmen kann, ohne zur Karikatur zu verkommen. An ihrer Seite: Keira Knightley und Andrew Garfield, die beide deutlich zurückbleiben, was aber nicht weiter schlimm ist, da sich die Geschichte eben auf Kathy konzentriert. Der hauptsächliche negative Aspekt der werksgetreuen Verfilmung ist das Erzähltempo – hier merkt man den Einfluss der gesetzt erzählten Vorlage. So braucht es ein wenig Geduld und Sitzfleisch für den Film, und am Ende stellt sich die Frage, ob man mit der Lektüre des Buchs nicht insgesamt besser fahren würde, da der Film selbst dem Stoff keine weiteren Nuancen hinzufügen kann. Für alle, die das Buch aber nicht kennen, ist „Alles, was wir geben mussten“ ein guter Einstieg in die dystopischen Gedankenwelten von Kazuo Ishiguro, sehenswert und in sich sehr stimmig.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

See How They Run (2022)

Regie: Tom George
Original-Titel: See How They Run
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Komödie, Krimi
IMDB-Link: See How They Run


Es kommt alles wieder. Die 80er. Die 90er. Klassische Whodunit-Krimis. Letztere sicherlich beeinflusst vom Erfolg der Knives Out-Filme von Rian Johnson und den Neuauflagen der Hercule Poirot-Krimis unter der Regie von Kenneth Branagh. Hercule Poirot stammt übrigens aus der Feder von Agatha Christie, der Königin des Krimis, und so verwundert es wenig, dass nach allen Reminiszenzen und Hommagen nun mal Christie selbst einen Auftritt in einem Krimi haben darf – wenngleich auch nur als Randfigur, denn rund um ihr Stück „Die Mausefalle“, das demnächst filmisch adaptiert werden soll, steigt plötzlich die Todesrate rapide an. Zunächst erwischt es den von sich selbst sehr eingenommenen Hollywood-Regisseur Leo Köpernick (Adrien Brody), der selbst im Jenseits nicht den Schlapfen halten kann und das Geschehen weiterhin fröhlich kommentiert. Auftritt Inspector Stoppard (Sam Rockwell) und Polizeinovizin Stalker (Saoirse Ronan), die große Mühe haben, sich einen Reim auf den Mord zu machen. Vor allem Constable Stalker lässt sich zu obskuren Lösungsversuchen hinreißen, die zwar von großem Enthusiasmus zeugen, aber den Fall nicht vorwärts bringen. Inspector Stoppard hingegen ist wenig begeistert, einen Rookie an die Hand nehmen zu müssen, und zeigt generell wenig Eigeninitiative. Aber, wie es halt so ist in diesem Genre: das ungleiche Paar rauft sich allmählich zusammen und kommt dem Bösen auf die Schliche. „See How They Run“ ist lakonisch erzählt, hat aber ein Problem: Gerade durch diese Reduktion in der Tonalität sind einem Helden, Opfer und Schurken irgendwie egal. Allein die Figur von Saoirse Ronan zeigt Tiefe und ist ein wenig gegen den Strich gebürstet. Ihr folgt man gerne, dem Rest nicht so ganz. Und so ist der Film zwar beileibe nicht schlecht, schöpft seine Möglichkeiten aber nicht aus. Einige skurrile Momente und eben die immer großartige Ronan allein sind zu wenig für einen guten Film.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Parisa Taghizadeh – © 2021 20th Century Studios All Rights Reserved, Quelle http://www.imdb.com)

The Menu (2022)

Regie: Mark Mylod
Original-Titel: The Menu
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Komödie, Satire, Thriller
IMDB-Link: The Menu


Für die Haute Cuisine muss man schon ein wenig einen Klescher haben, einen Poscher, eine Schraube locker (Übersetzung für die nördlichen Nachbarn). Da blecht man Hunderte von Euros, nur um zu essen. Aber ehrlicherweise: Wenn man einmal in den Genuss eines solchen Weltklassemenüs gekommen ist, kann man die Faszination dahinter nachvollziehen, denn plötzlich wird Essen zur Kunstform, und man trifft auf Geschmackskombinationen, die einem bislang völlig unbekannt waren. Würde ich das regelmäßig machen wollen? Nein. Dazu wäre mir das Geld zu schade. Doch hätte ich das Geld so locker sitzen wie die Gäste des fiktiven Nobelrestaurants Hawthorn, idyllisch auf einer einsamen Insel gelegen, würde ich mir das wohl öfter gönnen. Für Tyler (Nicholas Hoult), Fanboy der Haut Cuisine und großer Verehrer von Küchenchef Julian Slowik (Ralph Fiennes), geht ein Traum in Erfüllung, als er einen der begehrten Plätze zu einem Abendessen im Hawthorn ergattert. Seine Begleitung Margot (Anya Taylor-Joy) ist weniger beeindruckt, aber die junge Dame zieht mit und lässt sich vom enthusiastischen Tyler in die geheimnisvolle Welt der Spitzengastronomie einführen. In diesem Sinne fungiert das junge Paar als Tourguides für das außenstehende Publikum. Julian Slowik erweist sich schon bald als genialer, aber exzentrischer Kontrollfreak, der sein Menü bis ins kleinste Detail durchgeplant hat. Und er hat die eine oder andere Überraschung in petto. Bald schon sind die Gäste ins Abendessen involvierter, als sie sich das jemals hätten erträumen können. „The Menu“ ist ein bitterböser, schwarzhumoriger Film über das Ausloten und Überschreiten von Grenzen in einer Welt, die auf Extreme ausgerichtet ist. Wehe, dir brennt als Haubenkoch einmal die Suppe an – die Karriere ist ruiniert. Diese Extreme greift Mark Mylod in seinem Film auf und spielt sie bis zum bitteren Ende weiter. „The Menu“ ist einer der seltenen Filme, die sich auf abwegige Pfade begeben und sich dabei selbstbewusst auf ihre Wirkung verlassen, ohne ihre Handlung bis ins Detail erklären zu wollen. Ob satirische Allegorie auf die Verschwendungssucht unserer Zeit, zynischer Kommentar auf die Scheinwelt von Reich und Schön oder einfach eine schwarzhumorige Horrorkomödie – was auch immer das Publikum daraus mitnehmen möchte, bleibt den Zusehern überlassen. Angelegt ist alles, der Rest freie Interpretation und persönlicher Zugang. Und das finde ich großartig.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Photo Credit: Eric Zachanowich/Eric Zachanowich – © 20th Century Studios. All Rights Reserved. All Rights Reserved, Quelle http://www.imdb.com)

Jolt (2021)

Regie: Tanya Wexler
Original-Titel: Jolt
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Action
IMDB-Link: Jolt


Kate Beckinsale scheint die Rolle der Vampirin Selene aus der Underworld-Filmreihe so verinnerlicht zu haben, dass sie selbst nicht mehr altert. Oder sie hat sich mal mit Paul Rudd und Keanu Reeves kurzgeschlossen und nach deren Geheimnis gefragt. Möglicherweise hat auch die moderne Kosmetik ihre Finger im Spiel. Wie auch immer – kurz vor ihrem 50. Geburtstag haut sie einen Actionfilm raus, den auch eine 20jährige nicht knackiger hätte spielen können. „Jolt“ von Tanya Wexler ist so etwas wie die weibliche Form von „Crank“. Während sich Jason Statham regelmäßige Adrenalinstöße verpassen musste, um nicht abzunippeln, ist die Figur der Lindy gegensätzlich gedacht: Immer, wenn sie einen Adrenalinschub bekommt bzw. sich über etwas aufregt, wird sie zur absoluten Furie und haut alles kurz und klein. Fast könnte man meinen, Lindy wäre der Urtyp einer Wienerin. Wobei wir ja weniger handgreiflich werden, sondern lieber in uns hineingranteln. Zu viel Action ist nicht die Sache der Wienerinnen und Wiener. Vielleicht wäre eine Wiener Version von „Jolt“ auch unterhaltsamer gewesen. Denn auch versucht wird, Humor unterzubringen, ist dieser leider maßlos aufgesetzt und wirkt zu gewollt und damit deplatziert. Die Action selbst hat man auch schon oft so gesehen, und die Story kann man im besten Fall als konfus bezeichnen. Da muss man schon alle Augen inklusive Hühneraugen zudrücken, um intellektuell einigermaßen unfallfrei durchs Geschehen zu kommen. Dazu kommt pseudo-coole Musik, also genau die Art von Musik, von denen alte Säcke wie ich glauben, dass sie von hippen Jugendlichen gehört wird (verwendet man das Wort „hip“ überhaupt noch?), von denen diese fehlgeleiteten Versuche, sich an der Jugend anzubiedern, höchstens mit einem milden Lächeln quittiert wird. Immerhin Kate Beckinsale sieht gut aus, aber das passt auch zu einem Film, der sich „Style over Substance“ als oberste Maxime ins Heft geschrieben hat.


3,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Simon Varsano, Quelle http://www.imdb.com)

Stichtag (2010)

Regie: Todd Phillips
Original-Titel: Due Date
Erscheinungsjahr: 2010
Genre: Komödie, Roadmovie
IMDB-Link: Due Date


Der Mann: Ein erfolgreicher Architekt in Atlanta. Die Frau: Hochschwanger, nur wenige Tage vor der Geburt, in Los Angeles. Das Problem: Der völlig verpeilte Möchtegern-Schauspieler Ethan Trembley, der nicht nur dafür sorgt, dass der arrogante Architekt von allen Airlines Flugverbot bekommt, sondern diesen im Zuge der Zwangs-Fahrgemeinschaft, die die beiden fortan bilden, an den Rande des Wahnsinns bringt. Das ist dann auch schon der ganze Film. Es geht darum, dass sich Robert Downey Jr. und Zach Galifianakis Nettigkeiten an den Kopf werfen und in möglichst absurde Situationen geraten. So ein Buddy-Movie wieder Willen kann ja sehr amüsant sein, wenn sich anfangs komplett konträre Charaktere im Verlauf des Films zusammenraufen müssen, doch sollte in einem solchen Fall die Chemie zwischen den Darstellern stimmen und beide Charaktere verständliche Motivationen für ihre Handlungen und Handlungsweisen mitbringen. Die vielfältigen Probleme von „Stichtag“ sind, dass beide Charaktere hochgradig unsympathisch sind (da hilft nicht einmal das Charisma von Robert Downey Jr.), es keinerlei Chemie zwischen den beiden gibt, die erkennen lässt, warum sich die beiden am Ende der Reise nicht noch einmal kräftig anschreien und dann für immer getrennt ihrer Wege gehen (sorry für den hier enthaltenen Spoiler, der aber kaum jemanden, der mit diesem Genre vertraut ist, sonderlich überraschen wird), und die Figur von Zach Galifianakis komplett over the top dämlich agiert. Ja, es gibt skurrile Personen, doch die sollten dennoch eine Herkunft unter der Spezies der Menschen erkennen lassen. Zach Galifianakis‘ Figur kann man im besten Fall als „abgespaced“ beschreiben. Abgesehen von einigen vereinzelten, wirklich lustigen Szenen, die aber komplett für sich stehen, funktioniert somit der Film überhaupt nicht.


4,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Melinda Sue Gordon – © 2010 Warner Bros. Entertainment Inc. and Legendary Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

Avatar: The Way of Water (2022)

Regie: James Cameron
Original-Titel: Avatar: The Way of Water
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Science Fiction, Abenteuerfilm
IMDB-Link: Avatar: The Way of Water


Der folgende Text ist in der Stimme von David Attenborough zu lesen: „Hier sehen Sie nun einen Na`vi-Familienverband. Um der Aufmerksamkeit ihrer natürlichen Feinde, der Sky People, zu entgehen, migriert diese Familie von den schützenden Höhlen des Berglands an die Küste und schließt sich einem fremden Verband an. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, sich der neuen Lebensweise anzupassen, integriert sich die Familie schließlich mit Erfolg. Hier nun die Darstellung eines Initiationsritus, bei dem eines der jungen Mitglieder der Familie vom Nachwuchs des Häuptlings des Verbands vor eine Mutprobe gestellt wird. Im Zuge dessen erwirbt der junge Na’vi das Vertrauen eines Exemplars der Wasserspezies der Tulkun aus der Familie der Walartigen. Wie Sie sehen werden, geschätztes Publikum, wird diese aufkeimende Freundschaft später noch eine wichtige Rolle spielen. Aber nun richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die sich nähernden Sky People, die mit unethischen Jagdmethoden versuchen, die migrierte Familie der Na’vi aus ihrem Versteck in eine offene Umgebung zu locken.“ Was James Cameron in diesem Leben wohl nicht mehr lernen wird, ist, komplexe Geschichten zu erzählen. Selbst seine Meisterwerke wie beispielsweise die ersten beiden Terminator-Filme verzichten in ihrem heroischen Versuch, das Publikum nicht zu überfordern, auf Kapriolen, die den Einsatz von Hirnwindungen erfordern. Teil 1: Roboter reist in die Vergangenheit, um eine Frau zu töten. End of story. Teil 2: Roboter reist in die Vergangenheit, um anderen Roboter daran zu hindern, den Sohn der Frau zu töten. End of story. Das hat super funktioniert. Man konnte sich dadurch auf die Action konzentrieren. (Ab Teil 3 und dem misslungenen Versuch, die Geschichte aufzupeppen, liefen die Dinge dann irgendwie aus dem Ruder.) Also ja, man braucht nicht unbedingt eine wahnsinnig gewundene, hochintellektuelle Geschichte, um einen guten Film zu drehen. Ein bisschen mehr Fleisch an den Rippen hätte „Avatar: The Way of Water“ allerdings vertragen. Das Ganze wirkt nun wie eine Naturdokumentation, die im Mittelteil durch eine Variation von „Moby Dick“ abgelöst wird, ehe James Cameron ein paar nicht benötigte Aufnahmen von Titanic findet, die er am Ende des Films wiederverwenden kann. Was immerhin bleibt, sind einige der eindrucksvollsten Bilder, die CGI jemals hervorgebracht hat. In diesem Aspekt des Filmemachens ist James Cameron ein Besessener, ein Getriebener, der Grenzen auslotet und überschreitet. Unbedingt auf einer großen Leinwand in 3D sehen, denn wie auch der erste Avatar-Film lebt der zweite Teil von seinen überragenden Bildern.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Amsterdam (2022)

Regie: David O. Russell
Original-Titel: Amsterdam
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Krimi, Drama, Komödie
IMDB-Link: Amsterdam


David O. Russell macht es mir nicht einfach. Für mich ist der renommierte Regisseur ein Überraschungsei. Oder, um es mit Forrest Gump zu sagen, eine Schachtel Pralinen. „Three Kings“ gehört zu den wenigen Filmen, die ich abgebrochen habe. Dann kam „The Fighter“, den ich richtig gut fand. Über „Silver Linings“ habe ich mich wieder geärgert. Zwar ein guter Film, aber hey, verdammt noch mal, der Oscar für die beste weibliche Hauptrolle gehörte Emmanuelle Riva für „Amour“. (Sorry, JLaw. Ich mag dich ja trotzdem, solange du keine russischen Spioninnen spielst.) Über „American Hustle“ konnte man sich hingegen gar nicht ärgern. Ein grandioser Film. Und dann „Joy“, wieder Jennifer Lawrence, diesmal aber in einem richtig miesen Film. Was ist nun „Amsterdam“ – Top oder Flop? Geht man nach den meisten Kritiken, hat hier David O. Russell eine veritable Bruchlandung hingelegt. Und ja, ich verstehe, wie man dazu kommt, den Film nicht zu mögen. „Amsterdam“ springt in der Tonalität recht erratisch umher, versucht, Komödie, Drama, Krimi und Thriller zu vereinen, um am Ende relativ unspektakulär auszulaufen. Und doch hat der Film etwas, das über die (erneut) überragende Darstellung von Christian Bale hinausgeht: Der Film will so erratisch sein. In einer chaotischen Zwischenkriegszeit (der letzte Krieg hat noch sichtbare Narben hinterlassen, der kommende ist zwar noch nicht greifbar, aber es brodelt sich etwas zusammen in der Weltpolitik) läuft eben nicht alles in einem klaren Bogen ab. Da gibt es Raum für Leid genauso wie für Hoffnung. „Amsterdam“ ist auch mehr an der Geschichte dreier durch das Schicksal verbundenen Freunde (Bale, Margot Robbie und John David Washington) interessiert als an der Krimi-Handlung, die die drei nach vielen Jahren wieder zusammenführt. Es geht mehr um die Frage, wie eng Freundschaften sein können, die aus gemeinsamem Schmerz geboren wurden. Und das ist vielleicht der hoffnungsvollste Aspekt des Films: Auch wenn die Welt durchzudrehen scheint, solange man sich auf seine Freunde verlassen kann, gibt es immer einen Grund, jeden Tag aufzustehen und weiterzumachen.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Courtesy of 20th Century Studios/Courtesy of 20th Century Studio – © 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved, Quelle http://www.imdb.com)

Codename U.N.C.L.E. (2015)

Regie: Guy Ritchie
Original-Titel: The Man from U.N.C.L.E.
Erscheinungsjahr: 2015
Genre: Action, Komödie
IMDB-Link: The Man from U.N.C.L.E.


Guy Ritchie hat eine Nische für sich gefunden: Er dreht Guy Ritchie-Filme. Was ich damit sagen will: Der britische Regisseur pflegt einen derart einzigartigen Stil, dass er nicht Gefahr läuft, irgendwann einmal durch halbgare Copycats vom Thron der lakonischen schwarzhumorigen Thriller gestoßen zu werden, die allesamt im Zwielicht zwischen Legalität und Illegalität (immer ein wenig mehr in Richtung zweiteres geneigt) spielen. Im Grunde dreht er fast immer den gleichen Film, und nur selten wagt er sich in andere Genres vor wie beispielsweise in Aladdin. Sein Metier bleiben eben die Agenten- und Ganoven-Thriller. Harte Kerle mit perfekten Manieren, die selbst während gewagten Stunts immer noch einen lockeren Spruch auf den Lippen haben. Kommt euch bekannt vor? Klar, James Bond tickt genauso. Kein Wunder, dass Henry Cavill, der in „Codename U.N.C.L.E.“ neben Armie Hammer die Hauptrolle geben darf, immer wieder als nächster James Bond-Kandidat in den Ring geworfen wird. Aber James Bond ist zwar ein sarkastischer Bastard mit Manieren, gerät aber nie in derart schräge Bredouillen wie die Helden aus Ritchies Filmen. In diesem Fall müssen sich am Höhepunkt des Kalten Krieges ein amerikanischer und ein russischer Geheimagent zusammentun, um einem finsteren Weltuntergangsszenario Einhalt zu gebieten. Nun ja, raffiniert ist der Plot nicht. Aber die sich zart entwickelnde Bromance zwischen Cavill und Hammer macht vieles wett – sogar das überraschend hölzerne Spiel von Alicia Vikander, die es eigentlich besser kann, in diesem Film aber schnell in Vergessenheit gerät. „Codename U.N.C.L.E.“ gehört nicht zu Ritchies stärksten Filmen, ist aber ein typischer Ritchie. Wer dessen sehr eigenwilligen Stil mag, wird hier gut bedient.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Daniel Smith – © 2013 Warner Bros. Entertainment Inc., Quelle http://www.imdb.com)