Autor: Filmkürbis

Die Katze aus dem Weltraum (1978)

Regie: Norman Tokar
Original-Titel: The Cat from Outer Space
Erscheinungsjahr: 1978
Genre: Komödie, Science Fiction
IMDB-Link: The Cat from Outer Space


Und wieder einmal ein Ausflug in die Kindheit. Was mögen kleine Jungs? Klar: Raumschiffe! Und was noch? Katzen! Natürlich Katzen! 1978 brachten die Disney Studios in einem Anflug von Genialität diese beiden Erfolgsrezepte für Box Office-Hits zusammen, und voilá: Da ist sie, „Die Katze aus dem Weltraum“. Nur wenige VHS-Kassetten in der Sammlung meiner Eltern waren abgenudelter als diese. Und auch heute noch macht der Film Spaß. Gut, vielleicht trifft dies nur dann zu, wenn man damit seine halbe Kindheit verbracht hat, denn ehrlicherweise sind die Spezialeffekte mit heutigem Blick gesehen doch eher halbgar, die Geschichte sehr cheesy und das Schauspiel durchwachsen, aber dennoch finde ich den Film nach wie vor sehr kurzweilig und charmant. Vielleicht liegt es daran, dass die Katze in der Hauptrolle einfach ein richtig apartes Tierchen mit sehr ausdrucksvollen Augen ist und den menschlichen Cast (Ken Berry, Sandy Duncan, Harry Morgan und ein Roddy McDowall, der wohl einfach das Geld brauchte) damit an die Wand spielt, vielleicht ist der Film aber auch tatsächlich genau das: Kurzweilig und charmant. Eine liebevolle Science Fiction-Parodie, die sich selbst nicht zu ernst nimmt, aber nicht in sinnlose Blödelei verfällt, sondern ihre Geschichte, so dünn sie auch sein mag, immerhin konsequent erzählt. Wenn man heute an Disneys Meisterwerke denkt, fällt einem dieser Film kaum ein, aber er hat schon seine Existenzberechtigung, wissen wir seither nun endlich, dass Katzen nicht nur die Erde beherrschen, sondern gleich das ganze Universum. Wir haben das anhand der wissenden Blicke unserer Stubentiger ja immer geahnt, aber hier ist nun der Beweis.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

In guten Händen (2011)

Regie: Tanya Wexler
Original-Titel: Hysteria
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Komödie, Biopic, Liebesfilm, Historienfilm
IMDB-Link: Hysteria


Man kann getrost davon ausgehen, dass die Erfindung des Vibrators nicht exakt so stattgefunden hat wie es Tanya Wexler in ihrem sympathischen Film „In guten Händen“ beschreibt. Zum Einen war der Erfinder des beliebten Spielzeugs der Damenwelt, Joseph Mortimer Granville, zum Zeitpunkt seiner Errungenschaft bereits 50 Jahre alt, und selbst wenn man annimmt, dass Hugh Dancy ähnliche Gene wie Paul Rudd oder Keanu Reeves besitzt, kauft man ihm einen 50jährigen Arzt nicht ab. Zum Anderen sind wohl sämtliche Figuren rund um Granville herum frei erfunden. Aber das ist eben das Vorrecht des Kinos: Man darf sich die historische Realität eben gerne mal zurechtbiegen, sofern es der Unterhaltung dient. Frag nach bei Quentin Tarantino. Insofern nehmen wir die Geschichte eben gerne so, wie sie kommt: Leichtfüßig, charmant, stellenweise sehr komisch und mit einem gut aufgelegten Cast, in dem jede/r seine bzw. ihre Momente hat: Neben Hugh Dancy in der Hauptrolle (der geboren wurde, um in Historienfilmen zu spielen, und wann kommt endlich mal jemand auf die Idee, und lässt ihn und Hugh Jackman Brüder spielen?) geigen Jonathan Pryce, Felicity Jones, Rupert Everett und natürlich die großartige Maggie Gyllenhaal auf, die den Film mit jeder Szene an sich reißt und deren emanzipierte Frauenrechtlerin Charlotte Dalrymple die mit Abstand die interessanteste Figur in diesem Ensemble ist. Überhaupt: So absurd die Behandlung weiblicher „Hysterie“ im 19. Jahrhundert auch anmutet, verlässt sich Wexler nicht allein auf daraus gewonnen Situationskomik, sondern zeigt eine Sympathie für Charlotte und ihr Anliegen. Das tut dem Film gut, ohne dass er aber deshalb plötzlich andere Töne anschlägt. „In guten Händen“ will einfach grundsympathische und leichtgewichtige Unterhaltung sein, vielleicht historisch nicht 100% akkurat, aber mit dem Herz am rechten Fleck.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Pleasantville – Zu schön, um wahr zu sein (1998)

Regie: Gary Ross
Original-Titel: Pleasantville
Erscheinungsjahr: 1998
Genre: Komödie, Fantasy, Drama
IMDB-Link: Pleasantville


Wenn jemand ein buntes Leben führt, ist das nicht unbedingt immer als Kompliment zu verstehen. Das empfindet auch der Teenager David (Tobey Maguire), der am liebsten die alte Schwarz-Weiß-Familienserie „Pleasantville“ schaut, denn dort ist das Leben geregelt und in Ordnung. Seine Schwester Jennifer (Reese Witherspoon) hat jedoch nichts für diese beschauliche Friede-Freude-Eierkuchen-Welt übrig, und als der Kampf um die Herrschaft über die Fernbedienung zwischen den beiden Teenies seinen Höhepunkt erreicht, werden sie plötzlich in die Serie hineingezogen und verkörpern fortan Bud und Mary, das Geschwisterpaar in Pleasantville. Während sich David/Gus gut in seiner Lieblingsscheinwelt zurechtfindet, hat Jennifer/Mary erst einmal Anpassungsprobleme. Doch dann beschließt sie: Wenn schon gefangen in einer TV-Welt, warum nicht einfach das Beste daraus machen und Spaß haben? Sie rüttelt die Prüderie und heile Welt gehörig auf – mit überraschenden Folgen. „Pleasantville“ ist ein oft unterschätztes, mittlerweile fast in Vergessenheit geratenes Kleinod, das damals immerhin für drei Oscars nominiert war und generell gute Kritiken bekam. Heute wirkt der Film zwar ein klein wenig angestaubt – die Serien, in die Teenager von heute hineingezogen würden, wären nicht so beschaulich wie „Pleasantville“ und man kann froh sein, dass solche magischen Fernbedienungen noch nicht erfunden wurden – aber Idee und Ausführung sind charmant und inspiriert. Vor allem das Spiel mit Schwarz-Weiß und Farbe funktioniert nach wie vor sehr gut und sorgt für einen unverwechselbaren Look. Auch die Besetzung funktioniert. Von Tobey Maguire wünscht man sich zwar (einmal mehr) etwas mehr Esprit, doch die junge Reese Witherspoon bringt die Energie rein, die Maguire fehlt. In weiteren Nebenrollen glänzen Joan Allen, William H. Macy, Jeff Daniels und J. T. Walsh, und es tut dem Film sichtlich gut, dass er sich auch die Zeit nimmt für ihre Geschichten und nicht ausschließlich bei David und Jennifer bleibt. Ein klein wenig aus der Zeit gefallen wirkt „Pleasantville“ zwar, ein bisschen altbacken vielleicht, aber er hat seine Qualitäten und darf gerne wieder öfter gesichtet werden.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Die UFO-Verschwörung (2018)

Regie: Ryan Eslinger
Original-Titel: UFO
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Science Fiction
IMDB-Link: UFO


Die Frage, ob wir im Weltall alleine sind, beschäftigt den Menschen, seitdem er eine Idee davon hat, dass es ferne Planeten gibt. Dieses Thema und diese Fragestellung hat einige wirklich herausragende Science Fiction-Filme hervorgebracht – beginnend mit dem Stummfilm-Klassiker Die Reise zum Mond über Steven Spielbergs Meisterwerk „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ und nicht endend bei Denis Villeneuve’s Meisterwerk Arrival. Zuletzt hat sich der Belgier Jérome Vandewattyne in The Belgian Wave diesem Thema auf eine abgefahrene, leuchtend neonfarbene Weise angenähert. Ryan Eslinger versucht es in seinem Science Fiction-Thriller „Die UFO-Verschwörung“ von 2018 mit einem schon oft verwendeten pseudowissenschaftlichen Ansatz. Kluger Student (Alex Sharp), dem kein Schwein zuhört, ist klüger als alle anderen, nachdem am Flughafen von Cincinnati ein unidentifizierbares Flugobjekt gesichtet wurde, was ihm Scherereien mit den Behörden (vertreten durch David Strathairn) einbringt. Gillian Anderson wirkt auch am Rande mit und holt sich ihren Scheck ab, und es gibt natürlich ein hübsches Mädel (Ella Purnell), das nicht wirklich relevant für die Geschichte ist, aber den Nerd-Helden gelegentlich anschmachten darf. Ein Film wie gemacht für den Spartensender Syfy – unspektakuläre und teils etwas unbeholfen gemachte Genre-Kost, die ihre interessante Ausgangsprämisse zu keinem Zeitpunkt zu einer spannenden Geschichte verarbeiten kann.


4,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Crocodile Dundee – Ein Krokodil zum Küssen (1986)

Regie: Peter Faiman
Original-Titel: Crocodile Dundee
Erscheinungsjahr: 1986
Genre: Komödie, Liebesfilm, Abenteuerfilm
IMDB-Link: Crocodile Dundee


Wieder einmal ein Ausflug in die Kindheit: Crocodile Dundee, gespielt von Paul Hogan (von dem übrigens auch das Oscar-nominierte Drehbuch stammt), war für den kleinen Filmkürbis einfach der Größte. Durch das australische Outback streifen, Leguane braten, sich mit Krokodilen anlegen und Tiere hypnotisieren: Das wollte ich auch können! Heute, gut dreißig+ Jahre später, stelle ich fest, dass allein die Hypnose ein erreichbares Lebensziel war, auch wenn die Hypnoserichtung umgekehrt verläuft: Statt meinen Kater zu hypnotisieren, hypnotisiert dieser mich, wenn er vor der leeren Futterschüssel sitzt. Aber immerhin besser als nichts. Und auch nach New York habe ich es geschafft. In dieser Hinsicht kann ich also dem wackeren Buschmann die Hand reichen. Ich behaupte auch, dass ich mich dabei souveräner geschlagen habe als „Mick“ Dundee, der von Reporterin Sue Charlton (Linda Kozlowski) von der australischen Wildnis in den Großstadtdschungel mitgenommen wird und dort zur kleinen Sensation wird. Ob er nun einem schlecht gelaunten Wasserbüffel gegenübersteht oder einem Straßenräuber: Der Mann weiß sich zu helfen. Und wenn ein Yuppie auf einer Party gerade Probleme mit der Nase hat und sich ein gesundes Pülverchen in eben diese reinziehen möchte, geht nichts über eine Dampfinhalation. „Crocodile Dundee“ ist ein Film, den man heute so wohl nicht mehr drehen würde – Männer sind Machos, Frauen sind neugierig und müssen gerettet werden, der Verlobte ist ein Schleimbatzen allerbester Güte, und Konflikte regelt man am besten mit einem gezielten Faustschlag. Aber: Das alles ist so charmant und witzig umgesetzt und Paul Hogan so charismatisch in seiner Lebensrolle, dass man dem Film all diese Schwächen gerne verzeiht. Wer nicht schon einmal die „Das ist ein Messer!“-Szene zitiert hat, werfe den ersten Bumerang.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Archive Photos/Getty Images – © 2012 Getty Images, Quelle http://www.imdb.com)

Miss Americana (2020)

Regie: Lana Wilson
Original-Titel: Miss Americana
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Dokumentation
IMDB-Link: Miss Americana


Keine Frage: Wenn eine musikalisch sich dem Independent- und Alternative-Genre zugehörig fühlende Freundin während des Urlaubs extra um drei Uhr in der Früh den Wecker stellt, um Karten für die Tournee 2024 von Taylor Swift zu ergattern, oder wenn die Tageszeitung DerStandard damit beginnt, im Sportteil über einen hierzulande wenig bekannten Footballspieler zu berichten, nur weil er gerade der Hauptprotagonist des nächsten Taylor Swift-Albums ist, kann man von einem weltweiten Phänomen sprechen. Der als junge Countrysängerin gestarteten Pop-Prophetin kann man sich nicht entziehen. Und natürlich darf eine Dokumentation, die den bisherigen Karriereweg von Taylor Swift nachzeichnet, nicht fehlen. Lana Wilson nimmt sich dieses Jobs routiniert an. Frühe Aufnahmen deuten den Ehrgeiz der jungen Sängerin, der sie schließlich bis an die Spitze geführt hat, an. Doch begnügt sich Lana Wilson nicht damit, Schlaglichter auf diesen bisherigen Weg zu werfen, sondern gönnt Swift auch Raum, sich selbst auszudrücken und Dinge anzusprechen, die sie bewegen, wie zum Beispiel Body-Shaming, ihrer daraus resultierenden Essstörung und generell den Social Media-Mob, dem man als Künstler heute ausgesetzt ist. Das ist erfrischend ehrlich und durchaus interessant. Dennoch kommt Lana Wilsons Dokumentation nicht über den Status des Gewöhnlichen hinaus, weil sie eben sehr konventionell und damit vorhersehbar angelegt ist. Brav werden die einzelnen Stationen des Lebens abgehakt, dazwischen gibt es eben immer wieder aktuelle Aufnahmen, in denen Taylor Swift die Facette von sich zeigen kann, die sie gerade zeigen möchte, und Cat Content gibt es ebenfalls. Eh nett, eh kurzweilig, aber die große Erleuchtung wartet am Ende nicht. Für Swifties natürlich dennoch so etwas ähnliches wie die Heilige Bibel, nur ohne Leidensweg und Kreuzigung – das verträgt sich nicht mit Popmusik. Amen.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: © Courtesy of the Sundance Film Festival, Quelle http://www.imdb.com)

Ein ganzes Leben (2023)

Regie: Hans Steinbichler
Original-Titel: Ein ganzes Leben
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama, Heimatfilm
IMDB-Link: Ein ganzes Leben


Gut möglich, dass Robert Seethaler ein Fan von John Williams‘ (der Schriftsteller, nicht der Komponist) Roman „Stoner“ ist. Ich bin es jedenfalls. Worum es in „Stoner“ geht: Um ein einfaches Leben eines Universitätsprofessors, dem das Schicksal immer wieder mal Steine in den Weg legt, und der doch unbeirrbar weitermacht, einfach, weil es halt so ist, das Leben, weil es immer weitergehen muss. Robert Seethaler scheint diese Geschichte aufgegriffen und in den Bergen angesiedelt zu haben, dort, wo das Leben ohnehin immer eine mühevolle Qual ist, weil das Wetter unbeständig und hart, die Natur grausam und die Wege weit und beschwerlich sind. In Hans Steinbichler Verfilmung plagt sich der Knecht Andreas Egger (großartig verkörpert von Stefan Gorski und August Zirner) durch dieses Leben. Vom Ziehvater (Andreas Lust als besonders fieser Fiesling) regelmäßig verdroschen, bis schließlich Schäden bleiben, bleibt Andreas ein wortkarger Außenseiter, der nur Entbehrungen und Mühsal kennt. Es verwundert nicht, dass er als junger Mann, als er die Gelegenheit dazu bekommt, ganz weit hinauf auf den Berg zieht, wo er vor seiner kleinen, kargen Hütte Gemüse zieht und den Bauarbeitern zusieht, die weiter unten die erste Seilbahn der Region bauen. Als er sich in Marie (Julia Franz Richter) verliebt, wird auch Egger ein Seilbahner – er möchte eine Familie gründen, und dafür braucht er Geld. Doch nichts geht einfach in Eggers Leben. Immer wieder muss er sich neuen, harten Schlägen stellen, doch er setzt diesen stoisch sein ganzes Wesen entgegen. Immer weiter, immer weiter, weil es ja weitergehen muss. Die ganze Grausamkeit des Lebens wird in Eggers Existenz sichtbar, doch reichen die kleinen Glücksmomente aus, um diese abzufedern oder vielleicht auszugleichen? Es ist diese existentialistische Grundüberlegung, die Steinbichlers Film trägt. Es passiert nicht viel und noch weniger Außergewöhnliches, und doch folgt man gebannt diesem einfachen und beschwerlichen Leben, nicht aus Voyeurismus, sondern weil sich dahinter eine fundamentale Wahrheit verbirgt: Das Leben ist das, was wir selbst daraus machen. Bedeutung hat das, was wir Bedeutung geben. Und das ist die tröstliche Botschaft in einem Heimat- oder vielmehr Antiheimatfilm, der sich in die Kategorie „schwere Kost“ einordnen lässt. Dennoch: Handwerklich ausgezeichnet gemacht mit eindrucksvoller Kulisse und viel Liebe zur Ausstattung ist „Ein ganzes Leben“ ein Ereignis, das man nicht missen sollte, so sperrig es sich manchmal auch anfühlt.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.tobis.de)

Der Killer (2023)

Regie: David Fincher
Original-Titel: The Killer
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Thriller
IMDB-Link: The Killer


Wie schön, wenn der Beruf gleichzeitig eine Berufung ist! Der von Michael Fassbender gespielte namenlose Profi, der ein ganz spezielles Handwerk ausübt, weiß ein Lied davon zu singen. Während er in verlassenen Büroräumen gegenüber eines Luxushotels darauf wartet, dass seine Arbeit beginnt, lässt er uns, das Publikum, ganz tief in seinen Kopf eintauchen. Allzu Profundes lässt sich daraus allerdings nicht lesen. Man hat stattdessen das Gefühl: Der Mann überschätzt sich und seine Fähigkeiten ein wenig. Und schon passiert es auch: Der Auftrag geht schief, und weil der Profi in einem Metier arbeitet, in dem Fehler eher selten verziehen werden, findet er sich schon selbst bald auf der Abschussliste wieder. Wem dieser Plot etwas unoriginell vorkommt, dem kann ich versichern, dass er tatsächlich auch unoriginell ist. Da braucht man nichts beschönigen, auch wenn David Fincher als Regisseur gelistet ist. Was man allerdings erwarten kann, wenn sich dieser Regisseur eines Stoffes annimmt, dann sind das düstere Bilder und Reisen in die menschlichen Abgründe. Zumindest Ersteres liefert Fincher. „Der Killer“ sieht gut aus, und auch der pulsierende Soundtrack von Atticus Ross und Trent Reznor fügt sich gut ein. Doch leidet der Film an einem fundamentalen Problem: Dem Zuseher ist die stoische Hauptfigur schlicht egal. Es ist völlig belanglos, ob er am Ende durchkommt oder das Zeitliche segnet, da Fincher wirklich alles tut, um eine Bindung zwischen Hauptfigur und Publikum unmöglich zu machen. Michael Fassbender kann man da kaum einen Vorwurf machen. Er hat die Regieanweisung bekommen: „Spiel einen Stein!“, also spielt er einen Stein, und das auch sehr gut. Es ist eben die Regieanweisung, die nicht funktioniert. Und das hätte einem David Fincher eigentlich nicht passieren dürfen. So zieht sich der Film über seine zwei Stunden träge dahin, und trotz gelungener Bilder, trotz gelegentlicher Gewaltausbrüche kommt einfach keine Spannung auf. Für einen Thriller ist diese Abwesenheit von Spannung natürlich suboptimal. „Der Killer“ ist kein weiterer Meilenstein in Finchers Filmographie, auch weil er gerne mehr sein möchte, als er letzten Endes ist. Wenn man also die Wahl hat, welcher Abendunterhaltung man sich lieber widmet: Lieber Tequila als The Killer.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Courtesy of Netflix – © 2023 NETFLIX, Quelle http://www.imdb.com)

Nyad (2023)

Regie: Elizabeth Chai Vasarhelyi und Jimmy Chin
Original-Titel: Nyad
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Biopic, Sportfilm
IMDB-Link: Nyad


Einmal durch den Ärmelkanal von England nach Frankreich schwimmen: Für einen Kinderbeckenplanscher wie mich ein sicheres Todesurteil. Und auch geübten Schwimmer treibt es bei dem Gedanken die Schweißperlen auf die Stirn. Für Diana Nyad hingegen ist ein solches Unterfangen eine lockere Aufwärmübung, ehe sie sich an die richtige Herausforderung macht. Diese heißt: Die Florida-Straße von Havanna, Kuba, bis zu Key West in Florida schwimmen. Ohne Haikäfig und sonstige Hilfestellungen über 177 Kilometer und gut 60 Stunden durchgängig in einem haiverseuchten Gewässer mit fiesen Strömungen durchschwimmen – ein Lebenstraum, an dem sie schon früh und am Höhepunkt ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit gescheitert ist. Aber weil Diana Nyad nicht so tickt wie der normale Durchschnittsmensch und darüber hinaus eine veritable Midlife-Crisis bekommt, mit leistungsstarken Sportautos aber nicht viel anfangen kann, probiert sie dieses unmögliche Unterfangen über dreißig Jahre nach ihrem letzten Versuch noch einmal. Zum Glück hat sie eine Ex-Partnerin und nunmehr gute Freundin, die diese Spinnereien klaglos mitmacht, aber man merkt bei dieser Frau: Wurscht, wer oder was sich ihr entgegenstellt: Sie zieht ihr Ding durch ohne Rücksicht auf Verluste, schon gar nicht auf die eigenen. Ist so eine Geschichte zu viel des Guten, ist sie zu dick aufgetragen? Vielleicht. Und doch hat sie sich tatsächlich genau so ereignet. Annette Bening, diese Ausnahmedarstellerin, verkörpert diese vom Wahnsinn Getriebene mit Verve und staunenswerter Muskelkraft. Ihr zur Seite stehen mit Jodie Foster und Rhys Ifans zwei weitere Könner ihrer Zunft. „Nyad“ ist das Porträt einer Frau, die immer schon ihren eigenen Weg gegangen ist, und die mehr leisten möchte und schließlich auch vermag, als irgendjemand anderer. Man muss den Hut ziehen vor solchen Ausnahmeerscheinungen, die sich schinden können bis zum Exzess, um am Ende ihren Lebenstraum zu verwirklichen – oder glorios daran zu scheitern. Filmisch ist „Nyad“ recht konventionell und überraschungsfrei gemacht, doch sieht man Meisterinnen wie Bening und Foster eben gerne bei der Arbeit zu, und die Geschichte fasziniert. Für einen netten Filmabend jedenfalls empfehlenswert.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: © 2023 NETFLIX, Quelle http://www.imdb.com)

Der Soldat James Ryan (1998)

Regie: Steven Spielberg
Original-Titel: Saving Private Ryan
Erscheinungsjahr: 1998
Genre: Kriegsfilm, Drama
IMDB-Link: Saving Private Ryan


Mit „Der Soldat James Ryan“ von Steven Spielberg hat es angefangen: Seitdem musste Matt Damon, der immer wieder verloren ging, aus einem Kriegsgebiet hinter der Front, einem unerforschtem Planeten und dem Mars gerettet werden. Der Mann ist teuer. Das Time Magazin errechnete, dass sich die Kosten für die Rettungsmissionen auf über 900 Milliarden Dollar belaufen. Da war der Einsatz von Tom Hanks als Captain Miller und seiner Truppe in „Der Soldat James Ryan“ noch ein Schnäppchen, auch wenn diese Rettungsmission wohl mit den größten persönlichen Opfern verbunden war, die jemals geleistet wurden, um Matt Damon sicher nach Hause zu bringen. Acht Männer rücken aus unter dem Einsatz ihres Lebens, um aus einem hart umkämpften und von Deutschen besetzten Gebiet einen einzigen Mann zurückzubringen, dessen Familie das unglaubliche Schicksal erleidet, dass binnen weniger Tage drei von vier Brüdern im Fronteinsatz fallen. Es ist das Jahr 1944, die Amerikaner starten ihre Landung ihrer Normandie, und in dieser ersten halben Stunde des Genre definierenden Kriegsfilms wird das unbeschreibliche Chaos und Leid, diese pure Gewalt, auf dermaßen grimmige und authentische Weise sichtbar gemacht, dass damals, als „Der Soldat James Ryan“ im Kino lief, Veteranen scharenweise unter Tränen den Saal verlassen mussten, da der Film traumatische Erinnerungen triggerte. Den Film auf diese Nerven und Körper zerfetzende Anfangssequenz zu reduzieren, wäre allerdings viel zu kurz gegriffen. Selbst die ethisch spannende Frage, wie viel ein Menschenleben wert ist, umfasst ihn nicht vollinhaltlich. Denn neben diesen Aspekten ist „Der Soldat James Ryan“ auch ein exzellent gespieltes Drama mit starken Charakteren, allem voran dem von Tom Hanks gespielten Captain Miller. Doch alle Hauptcharaktere wachsen einem im Laufe des Filmes ans Herz, und es zerreißt eben dieses, wenn die Truppe nach und nach dezimiert wird. Viel eindringlicher kann man das Grauen des Krieges kaum darstellen. Ein Meisterwerk, das auch heute noch nichts von seiner Intensität eingebüßt hat.


9,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Amblin Entertainment – © 1998, Quelle http://www.imdb.com)