Thriller

Der Mann mit der Narbe (1948)

Regie: Steve Sekely
Original-Titel: Hollow Triumph
Erscheinungsjahr: 1948
Genre: Thriller, Krimi
IMDB-Link: Hollow Triumph


Paul Henreid, in die Annalen der Filmgeschichte eingegangen durch seine Rolle als Victor László in Casablanca, hatte dem Vernehmen nach genug davon, immer die braven Burschen spielen zu dürfen. In „Der Mann mit der Narbe“ durfte er mal eine andere Facette seines Könnens zeigen: als Verbrecher John Muller, dessen Coup, zusammen mit seiner Gang ein Casino auszurauben, fürchterlich schief geht, worauf er untertauchen muss. Zufälligerweise stößt er dabei auf den Psychoanalytiker Dr. Bartok, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Allein eine Narbe auf der Wange unterscheidet die beiden. Doch so eine Narbe ist rasch ins Gesicht geschnitten, und schon bald ist Muller bereit, Dr. Bartoks Platz einzunehmen. Der muss dafür natürlich erst einmal von der Bildfläche verschwinden. Doch der Teufel steckt im Detail. Man könnte sagen: „Alles verlief nach Plan, nur der Plan war scheiße“. Schafft es Muller, trotz der Fehler, die ihm unterlaufen, davonzukommen, oder siegt die Gerechtigkeit, und der Schurke muss für seine Taten büßen? Das Mitfiebern mit Anti-Helden ist ja durchaus spannend – man wird als Zuseher in einem moralischen Zwiespalt gezogen und überträgt diesen inneren Konflikt auf den Spannungsbogen des Films. Leider funktioniert das im Fall von „Der Mann mit der Narbe“ nur bedingt, denn Paul Henreid ist reichlich uncharismatisch als Bösewicht. Zudem wird die Geschichte etwas zu umständlich erzählt. Das Tempo fehlt. So bleibt dieser düstere Film Noir, der in der Story gute Ansätze hätte, leider nur Durchschnittskost.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Burn After Reading – Wer verbrennt sich hier die Finger? (2008)

Regie: Ethan und Joel Coen
Original-Titel: Burn After Reading
Erscheinungsjahr: 2008
Genre: Komödie, Satire, Thriller, Krimi
IMDB-Link: Burn After Reading


Wenn Joel und Ethan Coen rufen, kommen sie alle. Und so versammelt „Burn After Reading“ nicht weniger als fünf Oscar-Preisträger:innen (Frances McDormand, Tilda Swinton, George Clooney, Brad Pitt und J.K. Simmons), und auch John Malkovich und Richard Jenkins waren schon für den wichtigsten Schauspielpreis nominiert. Bei so viel geballter Schauspielkunst und einem in bester Coen-Manier abgefahrenem Drehbuch kann nicht viel schiefgehen. Und so ist „Burn After Reading“ vielleicht nicht der bedeutendste Wurf der Coen-Brüder, aber rasend komisch und sehr unterhaltsam. Die Story ist eine für die Coens typische Verwechslungsgeschichte voller Zufälle, die durch unklug handelnde Protagonisten hochgeschaukelt werden bis zum großen Finale. Eigentlich wollte der gerade gefeuerte CIA-Analyst Osbourne Cox (John Malkovich) einfach in Ruhe (und im Suff) seine Memoiren schreiben. Die CD mit seinen Recherchen und Unterlagen landet aber zufällig beim debilen Fitnesstrainer Chad (Brad Pitt) und seiner naiven Kollegin Linda (Frances McDormand). Als die beiden beschließen, den Besitzer der CD ausfindig zu machen, und versuchen, ihn zu erpressen, laufen die Dinge natürlich so gehörig aus dem Ruder, wie es sich für eine aberwitzige Komödie gehört. Mittendrin auch noch der notorische Schwerenöter und Paranoiker Harry (George Clooney), dessen Liebhaberin Katie (Tilda Swinton), die praktischerweise auch noch die Ehefrau des bestohlenen Analysten Ozzie Cox ist, und ein sichtlich ahnungsloser und mit der Situation hoffnungslos überforderter CIA-Chef (J.K. Simmons). Überhaupt sind die (kurzen) Szenen, in denen sich die CIA einen Reim auf den ganzen Irrsinn zu machen versucht, die lustigsten des Films. Wie gesagt – eine freche, saukomische und intelligente Komödie, die auch bei der wiederholten Sichtung großen Spaß macht.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: © 2008 – Focus Features., Quelle http://www.imdb.com)

Spiel mit dem Tode (1948)

Regie: John Farrow
Original-Titel: The Big Clock
Erscheinungsjahr: 1948
Genre: Thriller, Krimi
IMDB-Link: The Big Clock


So ein Redakteur hat’s schwör. Vor allem, wenn man sich abschuftet wie ein Tier, sodass nicht einmal Zeit für eine Hochzeitsreise bleibt, der Chef ein Sadist ist, der noch mehr Überstunden einfordert, man sich genau dann betrinkt und in einer Bar versumpert, wenn man endlich in den wohlverdienten Urlaub begeben sollte (was die sitzengelassene Ehefrau natürlich nicht so leiwand findet), das noch dazu in Gesellschaft der Geliebten des Chefs, die dann – welch Überraschung – bald auch schon tot in der Wohnung aufgefunden wird. Und als hätte man nicht schon genug um die Ohren, setzt einen der eigene Chef auf den Fall an, und man stellt schon bald fest, dass man selbst Tatverdächtiger Nummer Eins ist. Es gibt Tage, da verliert man, und es gibt Tage, da gewinnen die Anderen. Jedenfalls hetzt sich Ray Milland als Redakteur George Stroud durch einen sehr mittelmäßigen Thriller, der allein durch die Präsenz und Schauspielkunst von Charles Laughton als tyrannischer Chef ein wenig Klasse bekommt – doch selbst Charles Laughton ist sichtlich unterfordert. Bei „Spiel mit dem Tode“ handelt es sich um einen Film Noir von der Stange. Diese dunklen Thriller mit schweigsamen (und permanent alkoholisierten) Männern als Hauptfiguren und geheimnisvollen Frauen mit häufig kurzer Lebensdauer in den Nebenrollen erlebten in den 40er Jahren einen regelrechten Boom. Die Nachfrage musste halt befriedigt werden, der künstlerische Anspruch litt zuweilen darunter – wie eben bei diesem Film. Schlecht ist er nicht, aber eben recht belanglos und auch bald schon wieder aus dem Gedächtnis gestrichen. Stattdessen greift man dann doch lieber zu den Klassikern des Genres wie zum Beispiel Rächer der Unterwelt. Damit fährt man besser.


5,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Paramount Pictures/Getty Images, Quelle http://www.imdb.com)

Midsommar (2019)

Regie: Ari Aster
Original-Titel: Midsommar
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Horror, Thriller, Drama
IMDB-Link: Midsommar


Der legendäre Hans Huber wusste es schon lange, nachzusehen auf Youtube: „Die Schweeeeeeden sind ein ganz harter Brocken.“ Und so ist trotz schönstem Wetter und langer Tage während des Midsommar-Fests in einer entlegenen schwedischen Kommune bei weitem nicht alles eitel Sonnenschein, wie Dani (Florence Pugh), die sich kurzerhand ihren Freunden bei diesem ethnologisch interessanten Trip angeschlossen hat, im Verlauf von Ari Asters Horrordrama feststellen muss. Dabei hätte Dani ein bisschen Ruhe und Abstand gebraucht, nachdem sich ihre depressive Schwester umgebracht hat und dabei auch noch gleich ihre Eltern mitgerissen hat. Freund Christian (Jack Reynor, das Ergebnis einer wilden Party der Gene von Chris Pratt und Chris Hemsworth) ist keine große Unterstützung. Immerhin bietet sich hier in der Kommune seines schwedischen Kumpels Pelle (Vilhelm Blomgren) die Möglichkeit einer interessanten Abschlussarbeit in Anthropologie. Doch Vorsicht, hätten sie bloß Herbert Prohaska dabei gehabt: Seine Warnung „Da san a poa Hurnkinda dabei“ wäre wohl nicht ungehört verhallt. Aber gut, der Mensch lernt durch Erfahrungen. Das einzige Problem: Diese Erfahrungen müssen erst mal überlebt werden, damit man von ihnen lernen kann. Ari Aster hat ein richtig stimmungsvolles und gleichzeitig abgründiges Horrordrama vorgelegt, das eingefleischte Horroraficionados ob des Mangels an Schreckmomenten wohl eher enttäuschen wird. Vielmehr schleicht sich das Grauen auf leisen Füßen ein. Es ist genau dieser Kontrast zwischen den in der Mittagssonne grell ausgeleuchteten Szenen und der rätselhaften Handlung, die die Stimmung immer bedrückender macht. „Midsommar“ ist kein Horrorfilm im klassischen Sinne, eher ein langsamer, aber unentrinnbarer Strudel ins Herz des Mystischen und der Folklore. In Schweden wird der Film angeblich als schwarze Komödie gefeiert. So kann man es auch sehen. Jedenfalls ist „Midsommar“ ein starker Film, der sich alle Zeit nimmt, die er für seine Geschichte braucht, doch die Zeit ist gut investiert, denn viele Bilder und Szenen lassen einen lange nicht mehr los.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Photo by Gabor Kotschy – © A24, Quelle http://www.imdb.com)

Opfer der Unterwelt (1949)

Regie: Rudolph Maté
Original-Titel: D.O.A.
Erscheinungsjahr: 1949
Genre: Thriller, Drama, Krimi
IMDB-Link: D.O.A.


Die Abkürzung D.O.A., so auch der englische Titel des Film Noirs von Rudolph Maté mit Edmond O’Brien in der Hauptrolle, steht unter anderem für „Dead on Arrival“. Und das passt, denn als der Buchhalter und Notar Frank Bigelow in einer denkwürdigen Auftaktszene ins Polizeiquartier stolpert, um einen Mord anzuzeigen, überrascht er alle, als er sich als den Ermordeten nennt. In seinem Körper ist ein hochgradig wirksames Gift, gegen das es kein Gegenmittel gibt. Eingefangen hat er sich dieses ungute Zeug während eines Kurzurlaubs in San Francisco. Da soll einer noch mal sagen: Wenn einer eine Reise tut, kann er was erleben. Dass er tödlich vergiftet wurde, ist ihm rasch klar, doch aus welchen Gründen, das nicht. Und so macht er sich in der geringen Zeit, die ihm noch verbleibt, auf die Suche nach seinen Mördern. In seiner Grundprämisse ähnelt „Opfer der Unterwelt“ dem 2021 erschienenen Netflix-Actionblockbuster Kate. Doch damit enden die Ähnlichkeiten auch schon. Denn auch wenn „Opfer der Unterwelt“ mit einigen guten Actionszenen aufwarten kann, so ist der Held der Geschichte ein ganz normaler, ja sogar ziemlich unscheinbarer Typ, der nicht auf Rache aus ist, sondern schlicht und ergreifend verstehen will, warum ihm so etwas Schreckliches widerfährt. Der Film bezieht seine Spannung aus dem Wettlauf gegen die Zeit. Nach und nach wird ein dichtes Netz an halbseidenen Figuren und kriminellen Machenschaften sichtbar, in das sich Bigelow eher zufällig verfangen hat. „Opfer der Unterwelt“ ist ein gelungener Genrebeitrag zum Film Noir, der auch heute noch spannend anzusehen ist.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Franck Spadone (1999)

Regie: Richard Bean
Original-Titel: Franck Spadone
Erscheinungsjahr: 1999
Genre: Thriller
IMDB-Link: Franck Spadone


Woran erkennt man einen miesen Film? Nun, es gibt dafür viele Anzeichen. Eines wäre zum Beispiel, dass die Protagonisten die meiste Zeit nur herumsitzen oder -stehen und sich anschweigen und selbst auf Fragen nicht reagieren. Das ist in „Franck Spadone“, einem viertklassigen Thriller aus Frankreich, der Fall. Ich glaube, niemand von den Darsteller:innen musste mehr als zehn Zeilen Text lernen. Ein anderes Anzeichen für einen richtig schlechten Film: Dümmliche Dialoge. Auch hier können wir bei Franck Spadone unser Häkchen setzen. Wenn die Charaktere mal den Mund aufkriegen, kommt meistens nichts besonders Intelligentes dabei heraus. Ein drittes Charakteristikum wäre dann noch ein komplett misslungener Spannungsaufbau. Und auch hierfür kann man „Franck Spadone“ getrost als Musterbeispiel nehmen. Der größte Thrill des Thrillers zieht sich aus der Frage, wer als erster das kollektive Schweigen durchbricht. Aber mitfiebern mit der von Stanislas Merhar gespielten, nein, herumstehenden Hauptfigur eines Taschendiebs, der sich in Unterwelt-Angelegenheiten hineinziehen lässt? Fehlanzeige. Selbst Monica Bellucci kann da nichts rausreißen, die steht genauso sinnlos in der Gegend herum wie der restliche Cast, nur dass sie dabei meistens leichter bekleidet ist. Dabei war die Dame kurz nach der Jahrtausendwende richtig gut im Geschäft – mit „Der Zauber von Malèna“, „Pakt der Wölfe“ und „Irreversibel“ hat sie drei ihrer allerbesten Filme in den zwei Jahren nach „Franck Spadone“ herausgebracht. Vielleicht ihr Glück, dass kaum jemand diesen komplett verkorksten Film vor den Castingentscheidungen der folgenden Filme gesehen hat. Die sich damals anbahnende Weltkarriere wäre sich sonst wohl eher nicht ausgegangen.


2,5 Kürbisse

Match Point (2005)

Regie: Woody Allen
Original-Titel: Match Point
Erscheinungsjahr: 2005
Genre: Krimi, Thriller, Liebesfilm
IMDB-Link: Match Point


Fragt man eine Reihe von Filmliebhabern nach Woody Allens besten Film, wird man oft „Der Stadtneurotiker“ als Antwort bekommen. Bei allem Respekt vor diesem wunderbaren Film, so muss meine Antwort aber anders ausfallen. Für mich ist „Match Point“ der beste Film seiner langen Karriere und einer der besten Filme der letzten zwanzig Jahre. Und nein, zu dieser Einschätzung komme ich nicht nur aufgrund von Scarlett Johanssons Beteiligung, auch wenn ihre Darstellung der amerikanischen Möchtegernschauspielerin Nola Rice, die vom gesellschaftlichen Aufsteiger Chris Wilton (Jonathan Rhys Meyers) umgarnt wird, durchaus denkwürdig ist. Es ist dieser tiefe Zynismus, von dem der Film erzählt und den er auch selbst zelebriert, der die Geschichte von einem jungen, mittellosen Mann, der es bis in die obersten Schichten der Gesellschaft schafft und dann über die Liebe stolpert, so besonders und mitreißend macht. In hell ausgeleuchteten Settings taucht Woody Allen tief in die dunkelsten Ecken der Menschen hinein. Jonathan Rhys Meyers als Hauptfigur ist dabei ein Glücksgriff – er spielt den tragischen Helden, der beinahe zum Ikarus wird, mit einer grandiosen Ambivalenz. Man weiß die meiste Zeit über gar nicht, was man sich für diesen smarten Draufgänger wünschen möchte – dass er mit seinem doppelten Spiel durchkommt oder fürchterlich auf die Pappn fällt. Bis zum Schluss bleibt der Film spannend, und er überrascht mit seinen Wendungen, die aber in sich nur konsequent sind. Bis zu seinem bitteren Ende stimmt wirklich alles bei diesem Film – ein Meisterwerk.


9,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Ministerium der Angst (1944)

Regie: Fritz Lang
Original-Titel: Ministry of Fear
Erscheinungsjahr: 1944
Genre: Thriller, Drama, Krimi
IMDB-Link: Ministry of Fear


Oft hast ein Pech. Da bist du großer Fan von Graham Greene und bekommst die Möglichkeit, einen seiner Romane zu verfilmen, und dann stellst du bei der Lektüre des Drehbuchs fest, dass du eigentlich gar keinen Bock darauf hast, musst das Ding aber jetzt trotzdem durchziehen. So ging’s Regiegigant Fritz Lang mit „Ministerium der Angst“, einem Spionagethriller, der leider an einer reichlich konfusen Story krankt. Aber Fritz Lang wäre nicht Fritz Lang, wenn es ihm nicht gelänge, auch aus dem halbseidenen Stoff einen packenden Thriller mit denkwürdigen Szenen zu schaffen. Die Story: Der eben aus einer Nervenheilanstalt entlassene Stephen Neale (Ray Milland) gewinnt durch Zufall bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung eine Torte. Diese wird ihm im Zug von einem angeblich Blinden abgenommen, der wiederum bei einem Bombenangriff der Deutschen auf Großbritannien getötet wird. Fortan sind Neale allerlei suspekte Gestalten auf den Fersen, und ihm wird auch noch ein Mord angedichtet. Um sich zu retten, muss er also selbst die Ermittlungen aufnehmen und das Komplott, in das er hineingezogen wurde, aufdecken – klassischer Film Noir-Stoff eben. Zugegeben, es ist nicht leicht, den Kapriolen der Geschichte zu folgen. Heute würde man einen solchen Stoff wohl in eine Miniserie verpacken und sich ausreichend Zeit nehmen, alle Verwicklungen sauber aufzubereiten und zu verarbeiten. Der Pluspunkt des Films ist eindeutig die spannungsgeladene Inszenierung, die von gelungenen Bildern begleitet wird. Insgesamt kein Höhepunkt in Fritz Langs Schaffen, aber auch nichts, weswegen er sich schämen müsste.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Unter Verdacht (1944)

Regie: Robert Siodmak
Original-Titel: The Suspect
Erscheinungsjahr: 1944
Genre: Thriller, Drama, Krimi, Liebesfilm
IMDB-Link: The Suspect


London um die Jahrhundertwende. Gentlemen wie Philip Marshall (Charles Laughton) haben es nicht einfach. Einerseits erfüllen sie mit ihrem höflichen Gehabe perfekt die Anforderungen ihrer Zeit, auf der anderen Seite hingegen führen diese oft zu privaten Zwängen, die einem das Leben arg erschweren – vor allem, wenn man unglücklich mit seiner Ehe ist und sich in ein junges Mädel (Ella Raines) verschaut. Die Ehegattin ist ebenfalls kreuzunglücklich und in den Jahren äußerst gehässig geworden, doch allein schon der Vorschlag einer Scheidung ist für sie ein Affront, der auf das Entschiedenste zurückgewiesen wird. ‚Bis dass der Tod uns scheidet‘, heißt es in der Bibel. Also gut, da kann Philip Marshall nachhelfen, und dem frischen Glück steht nichts mehr im Wege – außer einem besonders neugierigen Inspektor und dem versoffenen und bestechlichen Nachbarn. Und so zieht sich die Schlinge enger und enger um den stattlichen Hals des höflichen Tabakwarenverkäufers. „Unter Verdacht“ von Robert Siodmak ist ein Meisterstück herausragender Schauspielkunst. Die Leistung von Charles Laughton kann man ohne Übertreibung als phänomenal bezeichnen – man fiebert mit dem armen Tor, der wider seine Natur zum Mörder wurde, auf das Herzlichste mit. Gleichzeitig versteht es Robert Siodmak, subtil die Spannung anzuziehen. Die düstere Stimmung eines nebligen Londons der Jahrhundertwende untermalt das Geschehen perfekt, wirklich jede Einstellung ist gelungen und zeugt von technisch höchster Fertigkeit. Der Mix aus Krimi, Liebesgeschichte und Moralstück ist ausgewogen dosiert, da ist gefühlt kein Gramm Fett am Gerüst des Films, und dennoch wirkt er zu keinem Zeitpunkt gehetzt. „Unter Verdacht“ ist ein zeitloser Klassiker, der heute noch so gut funktioniert wie vor acht Jahrzehnten. Ein Film für die Ewigkeit.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Der unheimliche Gast (1944)

Regie: Lewis Allen
Original-Titel: The Uninvited
Erscheinungsjahr: 1944
Genre: Thriller, Drama, Horror
IMDB-Link: The Uninvited


Das Setting klingt sehr vertraut: Ein einsames Haus an der Küste mit einer rätselhaften Vergangenheit und einem tragischen Todesfall, ein Paar (in diesem Fall: ein Geschwisterpaar), das sich in dieses Haus verliebt und das Hals über Kopf kauft, und schon geht der ganze Spuk los. Im Dachzimmer ist es seltsam kalt, Blumen verwelken, der Hund traut sich nicht die Stiegen hoch, und in der Nacht hört man ein fürchterliches Wimmern. „Der unheimliche Gast“ ist so etwas wie die Großmutter aller Spukhaus-Filme. Und bei Oma geht es eben ein bisschen gemütlicher zu. Heutzutage kann der Film nicht mehr schocken, dazu sind wir erstens zu abgebrüht, zweitens ein schnelleres Storytelling gewöhnt und drittens haben die Experten für Spezialeffekte mehr Tricks drauf als damals. Dennoch muss am Lewis Allen und seinem Team zu Gute halten, dass sie aus den geringen Möglichkeiten, die sie damals hatten, wohl ein Maximum herausgeholt haben. Da schwebt dann auch schon mal ein nebelhafter Geist durch das Haus, und Buchseiten blättern sich von selbst um. Soweit, so gut. Das eigentlich Bedauerliche an diesem Film ist aber, dass die Geschichte selbst unnötig kompliziert erzählt wird und gegen Ende hin – wie es so oft in diesem Genre passiert – die eine oder andere Kapriole zu viel schlägt. Damit nimmt sich der Film selbst einiges an Wirkungskraft. Nicht immer ist es kompliziert besser. Gerade im Horrorgenre hat sich gezeigt, dass die einfachen Storys oft die gruseligsten sind – wenn man das Grauen sieht und auch weiß, woher es kommt, es aber dennoch nicht aufhalten kann.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)