Regie: Ivan Calbérac
Original-Titel: N’avoue jamais
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Liebesfilm, Komödie
IMDB-Link: N’avoue jamais
Französische Komödien sind manchmal schwer erträglich. Die Figuren bewegen sich oft am Rande der Hysterie und sind in ihrer Motivation kaum nachzuvollziehen, alles ist Drama, Drama, Drama. Die Menschen sehen unfassbar gut aus und räkeln ihre Luxuskörper an malerischen Stränden oder trinken Wein in pittoresken Bistros, während sie Probleme verhandeln, die nicht einmal mit viel gutem Willen als solche erkennbar sind. Wenn nun eine französische Liebeskomödie unter dem deutschen Verleihtitel „Liebesbriefe aus Nizza“ angekündigt ist, schrillen bei mir also die Alarmglocken. In diesem Fall aber unberechtigterweise, denn von Anfang an, wenn die Ehefrau zu ihrem Geburtstag von ihrem Mann, einem pensionierten General, ein Geburtstagsständchen zur Melodie der Marseillaise, geträllert bekommt, schleicht sich das erste Grinsen ins Gesicht. Seit 50 Jahren sind François (André Dussollier) und Anne (Sabine Azéma) verheiratet, doch da entdeckt François auf dem Dachboden zufällig eine alte Schachtel mit Liebesbriefen, die aus der Zeit stammen, in der die beiden noch in Nizza gelebt haben, und die an Anne gerichtet sind. Damit konfrontiert gibt diese den damaligen Seitensprung zu. Was soll’s auch – das ist fast vierzig Jahre her, ein unbedeutendes Abenteuer zu einer Zeit, als ihr Mann viel unterwegs war, und sie liebt ihn ja. Doch für François bricht eine Welt zusammen, und generalstabsmäßig plant er seine Rache am Rivalen von damals. Widerwillig macht sich Anne mit ihm zusammen auf den Weg nach Nizza, um ihn von den schlimmsten Dummheiten abzuhalten. Doch die Konfrontation mit dem Widersacher, dem immer noch gut in Form befindlichen Boris (Thierry Lhermitte), verläuft anders als geplant. Im Grunde ist „Liebesbriefe aus Nizza“ ein äußerst romantischer Film, denn er zeigt, dass Liebe nicht selbstverständlich ist, sondern man jeden Tag an ihr arbeiten muss. Gleichzeitig ist er aufgrund des wohldosierten Humors keinesfalls schmalzig, sondern erzählt seine Geschichte mit gutem Tempo und perfekt sitzenden Gags. Wenn sich beispielsweise François vor der Konfrontation mit dem Nebenbuhler in Form zu bringen versucht, aber ihm beim Joggen am Strand so sehr die Puste ausgeht, dass ein noch älterer Herr auf einem Rollator ihm diesen als Hilfe anbietet, sagt das zum einen in einem einfachen Bild viel über die Besessenheit des gehörnten Ehemanns und dessen Charakter aus, sorgt zum anderen aber auch für einen herzhaften Lacher. Das macht Ivan Calbérac in seinem Film richtig gut: Er bedient sich der Mittel der Komödie, um seinen Film aufzulockern, und überspitzt vielleicht manche Situation ein wenig, um ihre Komik herauszuarbeiten, überdreht aber nie. So bleiben die Figuren und ihre Motivation immer greifbar, so kann auch eine Entwicklung bei ihnen stattfinden. Unter vielen mittelmäßigen Komödien aus Frankreich sticht dieser Film jedenfalls sehr positiv hervor.

7,0 Kürbisse
Foto: Filmladen Luna Filmverleih)