Francis Ford Coppola

Megalopolis (2024)

Regie: Francis Ford Coppola
Original-Titel: Megalopolis
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Science Fiction, Drama
IMDB-Link: Megalopolis


Der legendäre Francis Ford Coppola hat seine besten Arbeiten abgeliefert, wenn er tief in das Herz der Finsternis geblickt hat – sei es in der Pate-Trilogie oder in Apocalypse Now. Diese Meisterwerke überdauern unbestritten Generationen von Filmliebhaber:innen und sind heute noch so relevant wie damals. als sie erschienen sind. Als großes filmisches Vermächtnis schenkt uns Coppola nun mit seinem wohl letzten Film die Utopie einer Stadt, die sich wie Phoenix aus der Asche zu erheben scheint. New Rome, eine Variation von New York (die Anspielungen auf das alte Rom finden sich nicht nur im Namen der Stadt, sondern in allen Details des Films bis hin zum Haarschnitt), ist schier untrennbar in zwei Klassen unterteilt: Die Reichen und Mächtigen schmeißen Partys, die an Orgien erinnern, der Pöbel existiert in den Ruinen der finstersten Gassen. Es droht – analog zum antiken Weltreich – der komplette Zerfall, und Bürgermeister Cicero (Giancarlo Esposito) ist in einem desillusionierten Pragmatismus gefangen, bei dem einzig der Machterhalt im Vordergrund steht. Ihm gegenüber steht das visionäre Genie Cesar Catalina (Adam Driver), ein Architekt mit einer ganz eigenen, traumhaften Vorstellung der Zukunft der Stadt. Mit dieser stößt er vor allem bei Cicero auf Widerstand, denn das Volk brauche nach seinen Vorstellungen keine Träume, sondern reale Lösungen für reale Probleme. Um diesen Konflikt von Vision versus Pragmatismus (mitten drin, die von Nathalie Emmanuel gespielte Tochter des Bürgermeisters, die eine Liebesbeziehung mit dessen Rivalen Cesar eingeht) dreht sich „Megalopolis“, und eines sei vorweg genommen: Es ist von Anfang an klar, welcher Seite Coppola selbst zugeneigt ist. Der Mann, der so tief in die dunkelsten Ecken der menschlichen Seele geblickt hat, macht der Menschheit mit seinem letzten Film den Vorschlag, miteinander zu träumen und gemeinsam eine bessere Welt zu erschaffen. Das ist schön, das ist lobenswert, allein, es hätte einen besseren Film für diese Botschaft gebraucht. In einer überladenen und wenig überzeugenden Hochglanz-CGI-Welt vergisst Coppola, dass Schauwerte allein nicht ausreichen, um eine gute Geschichte zu erzählen. Denn wenn man die Story nüchtern zusammendampft, ist die Suppe schon recht dünn. Und auch Konflikten geht Coppola eher aus dem Weg, als dass er sie auserzählt. So tröpfelt das Geschehen vor sich her, es gibt Leerstellen zu überwinden, die wie ein weißes Papier anmuten, auf denen etwas Bemerkenswertes hätte entstehen können. Man muss vor Coppola den Hut ziehen, der quasi sein ganzes Privatvermögen in dieses letzte filmische Vermächtnis gesteckt hat und den Mut eingegangen ist, seinen eigenen Weg beharrlich zu gehen, doch leider gelingt es ihm nicht wirklich, die Zuseher auf diesem Weg mitzunehmen. So bleibt „Megalopolis“ eine große Absichtserklärung.


4,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Courtesy of Lionsgate/Courtesy of Lionsgate – © 2024 Lionsgate, Quelle: http://www.imdb.com)

Apocalypse Now (1979)

Regie: Francis Ford Coppola
Original-Titel: Apocalpyse Now
Erscheinungsjahr: 1979
Genre: Anti-Kriegsfilm
IMDB-Link: Apocalypse Now


Die Mutter aller Antikriegsfilme ist wohl Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now“. Unglaublich eigentlich, dass ich 37 Jahre alt werden musste, um diesen Meilenstein der Filmgeschichte zu sehen (in der ursprünglichen Kino-Fassung, die mit etwa 2,5 Stunden etwas schlanker ausfällt als die Redux-Version). Angesichts der Vorschusslorbeeren war meine Erwartungshaltung recht hoch. Sie wurde allerdings nicht enttäuscht – im Gegenteil. „Apocalypse Now“ hat eine unfassbare Wucht, die auch 30 Jahre nach der Entstehung noch voll auf die Magengrube zielt – und trifft. Nie zuvor habe ich den ganzen Wahnsinn von Krieg so ungeschönt, schmerzhaft und brutal auf die Leinwand gebannt gesehen wie hier. Da kommt selbst die Anfangssequenz von „Saving Private Ryan“ nicht mit, auch wenn dort mehr Gedärme durch die Luft fliegen. Was aber Coppola gelingt wie keinem Zweiten ist es, die Sinnlosigkeit und den Wahnsinn eines Krieges spürbar zu machen. Sein durchgeknallter Colonel Kurtz (Marlon Brando) ist nur ein Symptom, nicht die Ursache des Wahnsinns. Und während wir Captain Willard (Martin Sheen) auf dem Boot durch den Dschungel folgen auf der Suche nach eben jenem Colonel Kurtz, begreifen wir, dass der Wahnsinn überall ist. Hinter jeder Ecke, in jeder Sekunde kann er hervorspringen und dir den Kopf abbeißen. Ob er nun in Gestalt eines Tigers im Dschungel auftaucht oder in Form einer Hubschrauber-Formation, die zu Wagners Walküren-Ritt angreift oder als surfender Lieutenant, der den Geruch von Napalm am Morgen liebt – die Nerven liegen blank und der Mensch ist als solcher kaum mehr erkennbar. Zugespitzt wird dieser apokalyptische Irrsinn in einem surreal anmutenden Schlussdrittel, das man so schnell nicht vergessen wird. Nach diesem Film hätte es eigentlich keine weitere Kriegsfilme mehr gebraucht. Denn damit ist alles gesagt.


9,5
von 10 Kürbissen