Erotik

Elle (2016)

Regie: Paul Verhoeven
Original-Titel: Elle
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Krimi, Thriller, Drama, Erotik
IMDB-Link: Elle


Die grandiose Isabelle Huppert spielt in Paul Verhoevens Film eine Frau, die scheinbar nichts aus der Fassung bringt. Sie ist erfolgreiche Managerin einer Entwicklungsfirma für Computerspiele, sarkastische Tochter, geduldige Mutter, souveräne Ex-Partnerin … und fast gleichgültiges Vergewaltigungsopfer. Soweit die Ausgangsbasis für einen Thriller, der zunächst mit einer unglaublich starken Frauenrolle aufwartet, dann aber mehr und mehr in konventionelle Muster verfällt und aus diesen dann nicht anders auszubrechen weiß als auf Verhoeven-Art: Provokant, möglichst verstörend und schockierend. Gähn. Immer wieder fühlt man sich an Basic Instinct erinnert, und Paul Verhoeven opfert die Glaubwürdigkeit und Authentizität seiner Figuren auf dem Altar des Schock-Moments. Das ist jammerschade, denn die erste Hälfte des Films ist wohl das Beste, was er jemals gedreht hat. Isabelle Huppert ist, wie gesagt, überragend, sie wurde für ihre grandiose Leistung auch mit einer Oscar-Nominierung gewürdigt, aber auch ihre Figur leidet am Ende unter dem Verhoeven’schen Ziel, das Publikum möglichst durchzurütteln. Ja eh. Kennen wir schon. Ein wenig mehr Altersmilde und Subtilität würde Verhoevens Werk wirklich gut tun, aber in diesem Film bringt er das (noch) nicht. Ein Film mit durchaus vielen guten Ansätzen und auch in den schwächeren Momenten durchaus sehenswert, aber zu deutlich sehe ich das Potential, das Verhoeven hier liegen gelassen hat.

 


7,0
von 10 Kürbissen

(Foto: Filmladen)

Die feurigen Schwestern (2018)

Regie: Albertina Carri
Original-Titel: Las Hijas del Fuego
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Erotik
IMDB-Link: Las Hijas del Fuego


23 Uhr, Stadtkino im Künstlerhaus. Ein voller Saal. Distinguierte Herren und Damen, Studentinnen und Studenten, ein Filmkürbis – sie alle haben sich hier versammelt, um der Vorstellung des, wenn man dem Vorschautext Glauben schenken darf, gewagten argentinischen Films „Las Hijas del Fuego“ beizuwohnen. 1 Uhr, Stadtkino im Künstlerhaus. Der Saal leert sich. Distinguierte Herren und Damen, Studentinnen und Studenten, ein Filmkürbis – alle bemühen sich um möglichst souveräne und nachdenkliche Gesichtszüge, aus denen man nach Möglichkeit ablesen kann, dass man gerade einem irrsinnig tiefsinnigen kulturellen Event beigewohnt hat und nicht einem feministischem Lesbenporno mit allen Spielarten, die man sich nur vorstellen kann. Was wir allerdings allesamt gesehen haben: Einen feministischen Lesbenporno mit allen Spielarten, die man sich nur vorstellen kann. Gruppensex, Strap-Ons, Squirting, Masturbation, ausgiebige orale und händische Verwöhnungen, Masken, Gerten, Fesseln, Ketten, Roleplays, und das Ganze zu zweit, zu dritt, zu sechst, übereinander, untereinander, nebeneinander – irgendwann hat man echt alles gesehen. Und genau darin liegt das Problem. Es wird mit Fortdauer des Films einfach fad. Originalitätspunkte gibt’s immerhin für eine heiße Gruppensexszene auf einem Kirchenaltar, aber ansonsten ertappt man sich immer öfter beim Gähnen, wenn die nächste Sexszene eingeläutet wird. Ja, ich erkenne das Gegenstück zum gängigen Erotikfilm, der ja traditionell von einem durchwegs männlichen Blick dominiert ist. Männer sind hier in diesem Film fehl am Platz – sie kriegen höchstens was auf die Schnauze. Und das ist eh fein, wenn sich die Frauen mal selbst um die Erfüllung ihres Glücks kümmern können. Da bin ich der Letzte, der irgendwas dagegen sagen würde. Aber ein kohärenter Film mit Handlung, der nicht so offensichtlich nur auf den Tabubruch aus ist (der eben durch die permanente Wiederholung öde wird) und auf nichts sonst, wäre irgendwie, sagen wir: befriedigender gewesen. Filmisch war das einfach gar nichts. Demnächst im Erotikfachhandel Ihres Vertrauens: „Die feurigen Schwestern 2 – Jetzt wird’s richtig heiß“.


2,0
von 10 Kürbissen

(Foto: Viennale)

https://www.youtube.com/watch?v=qaVTaDoxRiM

Tag und Nacht (2010)

Regie: Sabine Derflinger
Original-Titel: Tag und Nacht
Erscheinungsjahr: 2010
Genre: Drama, Erotik
IMDB-Link: Tag und Nacht


Zwei jungen, privilegierten Kunststudentinnen (Anna Rot und Magdalena Kronschläger) ist fad im Schädel. Für den Extrakick und die nette Kohle, die damit einhergeht, beschließen sie, gemeinsam im ältesten Gewerbe der Welt tätig zu werden und für eine Escort-Agentur zu arbeiten. Dort haben sie viele seltsame Begegnungen, und allmählich verschieben sich die Prioritäten, denn natürlich macht das etwas, wenn man mit Geld zugeschüttet wird für Sex. So leiden beispielsweise zwischenmenschliche Beziehungen wie jene zu Claus (Manuel Rubey, der dank eines Paktes mit dem Teufel in 80% aller österreichischen Filmproduktionen mitspielt), und der Fokus auf das Studium leidet durchaus. Und natürlich gehen auch die Dates nicht spurlos an den beiden Königinnen der Nacht vorbei. Da Sabine Derflinger, für Buch und Regie verantwortlich, sämtliche Freier als perverse Vollidioten darstellt, gibt es auch dort reichlich Konfliktpotential – mal mit besserem, mal mit schlechterem Ausgang für die Escortgirls. Am Ende kommt es natürlich zum großen Knall. Bis dahin ist „Tag und Nacht“ ein unentschlossenes Werk. Wie gesagt, die Freier haben allesamt einen gewaltigen Klopfer, aber davon abgesehen ist der Film durchaus auf Hochglanz poliert und weiß nicht so recht, wie er sich positionieren will. Die Mädchen machen alles freiwillig, sogar ihr Chef (der gerade bei den Salzburger Festspielen gefeierte Philipp Hochmair) ist verhältnismäßig nett, Schattenseiten werden kaum thematisiert – aber andererseits ist durch das Bild, das von den Kunden gezeichnet wird, und das durchaus mitreißende und verstörende Ende auch wiederum der erhobene Zeigefinger zu sehen. Damit reiht sich der Film ein in die Riege jener moralischen Werke, die ein bisschen auf verrucht tun möchten und sich dem Thema der Prostitution annehmen, ohne aber wirklich Überraschendes dazu sagen zu können. Aber das – abgesehen vom Männerbild, das hier gezeigt wird – immerhin subtiler als so manch anderer Film.


5,0
von 10 Kürbissen

(Foto: Stadtkino Filmverleih)

Ederlezi Rising (2018)

Regie: Lazar Bodroža
Original-Titel: Ederlezi Rising
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Science Fiction, Erotik, Liebesfilm
IMDB-Link: Ederlezi Rising


Science Fiction und ich. Das funktioniert. Blade Runner. Her. Ex Machina. 2001 – A Space Odyssee. Alles wunderbare Filme, die ich sehr liebe. Eigentlich sollte also ein serbisches Mashup dieser Filme, das trotz des geringen Budget große Ambitionen aufweist und sich kräftig in diese Richtungen verbeugt, ganz nach meinem Gusto sein. Es bleibt leider beim Konjunktiv. Denn Lazar Bodrožas Sci-Fi-Fiebertraum krankt nicht nur an der Umsetzung wie beispielsweise einem sehr hölzernen Schauspiel und dem Budget geschuldeten Weltraumpixeleien, sondern vor allem am Inhalt. Dabei wäre die Synopsis gar vielversprechend gewesen: Einsamer Astronaut auf einer Mission wird von einem weiblichen Cyborg begleitet, und allmählich entwickeln sich zwischen dem Mensch und dem künstlichen Wesen echte Gefühle. Dass der gut aussehende Cyborg (Pornodarstellerin Stoya in ihrem ersten Nicht-Porno, wobei: das ist Ansichtssache, dazu komme ich gleich noch mal) zunächst mal frei programmierbar ist – von unterwürfig bis aufmüpfig je nach Stimmungslage des grummelig-graumelierten Grenzgängers – ist wohl ein feuchter Bubentraum, mit dessen Verwirklichung sich der Regisseur selbst beschenkt hat. In weiterer Folge dreht der fadisierte Don Juan aber die Sicherheitsregler nach unten, weil irgendwie ist so eine überraschungsfreie Beziehung auf Knopfdruck doch nicht das Wahre. Und damit beginnen die Probleme erst. Lass der Frau ihren Willen, und du bist im Arsch. Das könnte eine Message des Regisseurs sein, so könnte man seinen Film auslegen. Und damit sind wir beim inhaltlichen Problem Nummer 1. Ein besonders ausgewogenes Geschlechterbild zeichnet der Film nicht – im Gegenteil. Problem Nummer 2: Der Regisseur dachte sich wohl: „Hurra, wir haben einen Pornostar am Set, das nutzen wir doch gleich mal aus!“ Ja, okay, Cyborgs ist auch im Weltall nicht kalt, das kann ich ja verstehen, aber muss die Dame trotzdem fast die ganze Zeit über nackig herumlaufen, auch wenn sie noch so gut aussieht? Für die Story ist es nämlich wurscht. So entsteht der Eindruck, als hätten die Macher einfach die Gunst der Stunde genutzt, dass ihre Hauptdarstellerin ohnehin textilfreies Werken gewöhnt ist. Natürlich kann man das Ganze auch völlig konträr sehen – vielleicht ist „Elderlezi Rising“ ein feministisches Meisterwerk und ein satirischer Kommentar auf männlichen Macho-Kult. Vielleicht. Ich weiß es halt nicht. Und damit hat der Film – bei mir jedenfalls – seine Intention verfehlt, wenn sie denn so gedacht war, und nur der unangenehme Nachgeschmack bleibt zurück. Schade drum.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 23 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


3,5
von 10 Kürbissen

(Foto: LET’S CEE Film Festival)

https://www.youtube.com/watch?v=fLzGLpoXiqY

Das bessere Leben (2011)

Regie: Małgorzata Szumowska
Original-Titel: Elles
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Drama, Erotik
IMDB-Link: Elles


Es gibt drei Gründe, „Das bessere Leben“ anzusehen: Juliette Binoche sowie Joanna Kuligs linke Brust und Joanna Kuligs rechte Brust. Ist man eine heterosexuelle Frau oder ein homosexueller Mann, reduziert sich das auf Juliette Binoche. Diese spielt eine Reporterin, die für das Magazin Elle zwei junge Callgirls interviewt. Die beiden jungen Damen leben nach außen hin ein bürgerliches, studentisches Leben und haben es folglich nicht immer leicht, Privates und Beruf voneinander zu trennen. Im Laufe des Interviews kommt Anne, die Reporterin, den Mädchen emotional näher, sie freunden sich gewissermaßen an. Gleichzeitig wirkt Anne in ihrem Familienalltag ein wenig unentspannt, sie kann nicht loslassen. Wer sich jetzt die Frage stellt „So what?“, hat des Pudels Kern ganz gut erfasst. So what? Irgendwie führt der Film zu nichts. Will er ein Statement gegen Prostitution abgeben? Nein. Dazu ist das alles (mit einer Ausnahme) zu harmlos und zu lieblich in Hochglanzbildern dargestellt. Ist es ein Plädoyer für die sexuelle Selbstbestimmung der Frau? Auch nicht wirklich. Denn so richtig selbstbestimmt wirkt niemand in diesem Film. Es fehlt das Ziel. Worauf will der Film hinaus? Welche Geschichte will er erzählen? Über die Verruchtheit, die in den Alltag einbricht? Dafür ist das Erzählte viel zu glatt und oberflächlich. Und so sitzt „Das bessere Leben“ irgendwie zwischen den Stühlen und kann sich nicht entscheiden, was es sein möchte. Nur Juliette Binoche ist gut wie fast immer. Sie spielt ihre Anne mit einer Mischung aus Neugier und Verletzlichkeit. Einzig diese Figur zeigt ein wenig Tiefe, aber auch da weiß man am Ende nicht, wohin die Geschichte diese Figur führen möchte. Am Ende bleibt der Eindruck, dass man hier mal was ganz Verruchtes machen wollte, über Prostitution und so, ganz heißes Thema, damit können wir die Klassikradio hörenden Spießbürgerlichen aufrütteln, da machen sie Augen ob der Abgründe, die sich aus ihren Begehrlichkeiten auftun. Ja eh. Gähn. Das Ergebnis ist so glattgebügelt und nichtssagend wie das Hochglanzmagazin, für das im Film die Reportage geschrieben werden soll.


5,0
von 10 Kürbissen

Hemel (2012)

Regie: Sacha Polak
Original-Titel: Hemel
Erscheinungsjahr: 2012
Genre: Drama, Episodenfilm, Erotik
IMDB-Link: Hemel


Das wäre etwas fürs alljährliche Viennale-Bingo gewesen! Gleich in der ersten Szene hätte man frohgemut „Brüste“ und „Penis“ abhaken können. Denn da steigt Hemel (das niederländische Wort für Himmel) textilfrei in den Ring mit einem gewissen Joris und seinem Jorischen. Das soll allerdings nicht der einzige Bettentango sein, denn bereits im nächsten Kapitel („Hemel“, der Film, ist in kurzen Episoden erzählt, in Schlaglichtern auf das Leben der Protagonistin) turnt Hemel mit einem Algerier über die Matratzen. Schon wird ein Muster deutlich: Die junge Hemel (Hannah Hoekstra) ist selbstbewusst, promiskuitiv und eiskalt. Der gerade Verflossenen ihres Vaters (Hans Dagelet) bringt sie nicht mehr Mitgefühl entgegen als einem verschmutzten Pflasterstein. Doch nach und nach zeigen sich Risse in dieser glatten, kontrollierten Oberfläche. Als sich ihr Vater ernsthaft verliebt, kann sie damit nicht umgehen. Es wird klar, dass sie selbst im Grunde auch nur auf der Suche nach Liebe und Geborgenheit ist. Und so wird „Hemel“ nach dem freizügigen Beginn dann doch ein recht stiller, nachdenklicher Film über eine verletzliche junge Frau, die ihre zarte Seite hinter einem Schutzpanzer verbirgt. Hannah Hoekstra spielt diese vielen Nuancen ihrer Figur ausdrucksstark und glaubhaft. Auch Hans Dagelet als ihr Vater und Mark Rietman als einer von Hemels Liebhabern können überzeugen. Psychologisch steckt viel drin in diesem Film – der Vaterkomplex als das offensichtlichste Thema. Aber auch darüber hinaus gibt es einiges, worüber man später auch noch nachdenken kann. Dass mich „Hemel“ dennoch nicht auf der ganzen Linie überzeugt hat, liegt an einigen Details wie beispielsweise der episodenhaften Erzählweise, die sich manchmal auch in Banalitäten verstrickt, die den Film zwischenzeitlich langatmig machen. Zudem ist das Thema der jungen Frau, die Liebe mit Sex verwechselt, nicht unbedingt neu oder originell, und abgesehen davon, dass die Psychologie der Figuren ganz gut ausgearbeitet scheint, fügt der Film dem Topos der Selbstfindung junger Frauen keine zusätzliche Nuance hinzu.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 60 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


6,0
von 10 Kürbissen

Die Taschendiebin (2016)

Regie: Park Chan-wook
Original-Titel: Ah-ga-ssi
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Drama, Erotik, Krimi, Liebesfilm
IMDB-Link: Ah-ga-ssi


Der südkoreanische Regisseur Park Chan-wook zählt spätestens seit seiner „Vengeance-Trilogie“ mit „Oldboy“ als zentralem Kernstück zu den interessantesten Regisseuren der Gegenwart. Nach seinem letzten Film „Stoker“, ein Ausflug ins englischsprachige Kino, kehrt Park mit „Die Taschendiebin“ wieder nach Asien zurück. Er erzählt die Geschichte eines Dienstmädchens im von Japan besetzten Südkorea und von ihrer neuen Aufgabe im Haus der jungen japanischen Erbin, die wohl schon bald ihren Onkel ehelichen muss, wäre da nicht der junge, dominante Zeichenlehrer. So weit, so gewöhnlich. Aber: Schon früh wird klar, dass ganz andere Ziele verfolgt werden, der Reichtum der Erbin nämlich, um deren Gewinn ein ausgeklügeltes Komplott gesponnen wird. Was dann allerdings die schönen Pläne zu durchkreuzen droht (oder ist es etwa auch Teil des Plans?): Die Liebe. Und zwar aufkeimende Zuneigung zwischen Dienstherrin und Dienstmädchen. Aber was ist davon echt, was gespielt? Wer verführt wen? Wer verfolgt dabei noch ganz andere Absichten? „Die Taschendiebin“ ist ein erotisches, opulentes, dekadentes, kaleidoskopartiges Krimi- und Liebesspiel. Je nach Perspektive, die der Zuseher einnimmt, verändert sich die ganze Handlung des Films. Dabei ist der Film in seiner Grundtonalität stets sehr sinnlich. Die Sexszenen sind sehr explizit inszeniert – ein Kritikpunkt, der in weniger wohlwollenden Kritiken immer wieder genannt wird. Nun kann man aber (muss man aber nicht) die ganze Geschichte auch als weibliche Befreiung von einer männlich dominierten, patriarchalischen Sexualität sehen – die weiblichen Geschlechtsakte stehen in ihrer sinnlichen Wollüstigkeit dieser harten, männlichen Sexualität entgegen. Durchaus ein starkes Zeichen und klares Statement. Wer sich an ausgedehnten erotischen Spielereien stört, für den ist „Die Taschendiebin“ vielleicht nicht der ideale Film. Wer sich den Film gerade wegen dieser Spielereien ansehen möchte, sollte vielleicht auch lieber die Finger davon lassen, denn „Die Taschendiebin“ bleibt in erster Linie eine Befreiungsgeschichte mit Krimihandlung und ist definitiv kein Softporno. Wer sich aber für einen Film begeistern kann, der die Sinne und den Verstand gleichermaßen anspricht, sollte hier durchaus den einen oder anderen Blick riskieren, denn sowohl von den Bildern, der Musik und der Ausstattung her als auch, was die Handlung und wie diese erzählt wird betrifft, ist „Die Taschendiebin“ ein weiteres Meisterwerk in Park Chan-wooks Filmografie.


8,0
von 10 Kürbissen

(Foto: Koch Media)

Das blaue Zimmer (2014)

Regie: Mathieu Amalric
Original-Titel: Le Chambre Bleue
Erscheinungsjahr: 2014
Genre: Drama, Erotik, Krimi
IMDB-Link: Le Chambre Bleue


Ah, ein französischer Film: Es wird zu Violinen gevögelt, es gibt Close-Ups von nackten Schenkeln in schummrigem Licht, und man wirft sich bedeutungsvolle Blicke zu, ehe man eben jene in die Ferne schweifen lässt und seufzt: „Abe isch abe sie geliebt“. Mathieu Amalric, Bond-Bösewicht und Locked-In-Patient in „Schmetterling und Taucherglocke“, übernimmt hier nicht nur die Hauptrolle, sondern auch die Regie und sich selbst. „Le Chambre Bleue“ will dramatisches, prickelndes, aufregendes Kino sein. Es geht um eine ungesunde Affäre (nicht nur, weil die Herzensdame dem untreuen Seitenspringer gerne mal die Lippen blutig beißt), in die ein Krimi gestrickt wird, der von Motiven der Leidenschaft (man darf sich das Wort mit französischem Akzent ausgesprochen denken) erzählt und mit viel nackter Haut gewürzt ist. Das Problematische bei solchen Erotik-Thrillern und -Krimis und -Dramen und dergleichen ist, dass es heutzutage echt niemanden mehr schockiert, wenn mal Nippel zu sehen sind – aber die Filme tun gerne so, als würde es tatsächlich noch einen Unterschied machen, und Sex wäre nichts allzu Menschliches, sondern etwas Ungeheuerliches. Gut, die Resi-Tant‘ wird vielleicht beim Anblick des Koitus damenhaft erröten, den Kopf schütteln, irgendwas murmeln von wegen „früher hätt’s des net geben“ – und dann trotzdem gebannt das Popcorn in sich hineinschieben – aber hey, ich habe „Love 3D“ von Gaspar Noé auf der riesigen Gartenbaukino-Leinwand gesehen, was wollt ihr noch? Amalric verdreht in der Ekstase der Lust die Augen? Ja, eh. Ein bisserl weniger Bettlakenwühlerei, ein bisschen raffinierte Psychologie, und es hätte ein guter Film werden können. So bleibt im Zeugnis stehen: „Er hat sich stets bemüht.“


5,5
von 10 Kürbissen

(Foto: Filmladen)