1998

Pleasantville – Zu schön, um wahr zu sein (1998)

Regie: Gary Ross
Original-Titel: Pleasantville
Erscheinungsjahr: 1998
Genre: Komödie, Fantasy, Drama
IMDB-Link: Pleasantville


Wenn jemand ein buntes Leben führt, ist das nicht unbedingt immer als Kompliment zu verstehen. Das empfindet auch der Teenager David (Tobey Maguire), der am liebsten die alte Schwarz-Weiß-Familienserie „Pleasantville“ schaut, denn dort ist das Leben geregelt und in Ordnung. Seine Schwester Jennifer (Reese Witherspoon) hat jedoch nichts für diese beschauliche Friede-Freude-Eierkuchen-Welt übrig, und als der Kampf um die Herrschaft über die Fernbedienung zwischen den beiden Teenies seinen Höhepunkt erreicht, werden sie plötzlich in die Serie hineingezogen und verkörpern fortan Bud und Mary, das Geschwisterpaar in Pleasantville. Während sich David/Gus gut in seiner Lieblingsscheinwelt zurechtfindet, hat Jennifer/Mary erst einmal Anpassungsprobleme. Doch dann beschließt sie: Wenn schon gefangen in einer TV-Welt, warum nicht einfach das Beste daraus machen und Spaß haben? Sie rüttelt die Prüderie und heile Welt gehörig auf – mit überraschenden Folgen. „Pleasantville“ ist ein oft unterschätztes, mittlerweile fast in Vergessenheit geratenes Kleinod, das damals immerhin für drei Oscars nominiert war und generell gute Kritiken bekam. Heute wirkt der Film zwar ein klein wenig angestaubt – die Serien, in die Teenager von heute hineingezogen würden, wären nicht so beschaulich wie „Pleasantville“ und man kann froh sein, dass solche magischen Fernbedienungen noch nicht erfunden wurden – aber Idee und Ausführung sind charmant und inspiriert. Vor allem das Spiel mit Schwarz-Weiß und Farbe funktioniert nach wie vor sehr gut und sorgt für einen unverwechselbaren Look. Auch die Besetzung funktioniert. Von Tobey Maguire wünscht man sich zwar (einmal mehr) etwas mehr Esprit, doch die junge Reese Witherspoon bringt die Energie rein, die Maguire fehlt. In weiteren Nebenrollen glänzen Joan Allen, William H. Macy, Jeff Daniels und J. T. Walsh, und es tut dem Film sichtlich gut, dass er sich auch die Zeit nimmt für ihre Geschichten und nicht ausschließlich bei David und Jennifer bleibt. Ein klein wenig aus der Zeit gefallen wirkt „Pleasantville“ zwar, ein bisschen altbacken vielleicht, aber er hat seine Qualitäten und darf gerne wieder öfter gesichtet werden.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Der Soldat James Ryan (1998)

Regie: Steven Spielberg
Original-Titel: Saving Private Ryan
Erscheinungsjahr: 1998
Genre: Kriegsfilm, Drama
IMDB-Link: Saving Private Ryan


Mit „Der Soldat James Ryan“ von Steven Spielberg hat es angefangen: Seitdem musste Matt Damon, der immer wieder verloren ging, aus einem Kriegsgebiet hinter der Front, einem unerforschtem Planeten und dem Mars gerettet werden. Der Mann ist teuer. Das Time Magazin errechnete, dass sich die Kosten für die Rettungsmissionen auf über 900 Milliarden Dollar belaufen. Da war der Einsatz von Tom Hanks als Captain Miller und seiner Truppe in „Der Soldat James Ryan“ noch ein Schnäppchen, auch wenn diese Rettungsmission wohl mit den größten persönlichen Opfern verbunden war, die jemals geleistet wurden, um Matt Damon sicher nach Hause zu bringen. Acht Männer rücken aus unter dem Einsatz ihres Lebens, um aus einem hart umkämpften und von Deutschen besetzten Gebiet einen einzigen Mann zurückzubringen, dessen Familie das unglaubliche Schicksal erleidet, dass binnen weniger Tage drei von vier Brüdern im Fronteinsatz fallen. Es ist das Jahr 1944, die Amerikaner starten ihre Landung ihrer Normandie, und in dieser ersten halben Stunde des Genre definierenden Kriegsfilms wird das unbeschreibliche Chaos und Leid, diese pure Gewalt, auf dermaßen grimmige und authentische Weise sichtbar gemacht, dass damals, als „Der Soldat James Ryan“ im Kino lief, Veteranen scharenweise unter Tränen den Saal verlassen mussten, da der Film traumatische Erinnerungen triggerte. Den Film auf diese Nerven und Körper zerfetzende Anfangssequenz zu reduzieren, wäre allerdings viel zu kurz gegriffen. Selbst die ethisch spannende Frage, wie viel ein Menschenleben wert ist, umfasst ihn nicht vollinhaltlich. Denn neben diesen Aspekten ist „Der Soldat James Ryan“ auch ein exzellent gespieltes Drama mit starken Charakteren, allem voran dem von Tom Hanks gespielten Captain Miller. Doch alle Hauptcharaktere wachsen einem im Laufe des Filmes ans Herz, und es zerreißt eben dieses, wenn die Truppe nach und nach dezimiert wird. Viel eindringlicher kann man das Grauen des Krieges kaum darstellen. Ein Meisterwerk, das auch heute noch nichts von seiner Intensität eingebüßt hat.


9,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Amblin Entertainment – © 1998, Quelle http://www.imdb.com)

Deep Impact (1998)

Regie: Mimi Leder
Original-Titel: Deep Impact
Erscheinungsjahr: 1998
Genre: Science Fiction, Drama
IMDB-Link: Deep Impact


Das Jahr 1998 brachte einen Wettlauf zweier zivilisationskillender Asteroiden: Während es die Menschheit in „Armageddon – Das jüngste Gericht“ für eine gute Ideen hielt, einen Haufen Machos von einer Ölbohrinsel ins All zu schicken, überließ man diese Aufgabe in „Deep Impact“ wenigstens den Profis, übte sich aber dennoch in Fatalismus und bereitete Plan B vor: Reich & Schön ziehen sich in gemütliche Bunker zurück, während der Pöbel einen Kreidezeit-Dinosaurier-Move hinlegt. Nicht jede Nebenfigur schafft es auch tatsächlich bis zum Ende des routiniert von Mimi Leder inszenierten Katastrophenfilms. Doch Personal gibt es immerhin reichlich: Morgan Freeman als US-Präsident, Téa Leoni als neugierige Journalistin, die mehr erfährt, als sie eigentlich erfahren möchte, Elijah Wood, der wieder einmal auf Hügeln herumkraxelt, Robert Duvall als alter Astronauten-Haudegen, auch wenn Bruce Willis die Feinripp-Leiberl besser getragen hat, und dazu noch viele weitere bekannte Gesichter wie Vanessa Redgrave, Maximilian Schell, Leelee Sobieski, Jon Favreau oder James Cromwell. So ist die Geschichte auch recht zersprargelt und hüpft von Schauplatz zu Schauplatz, von Figur zu Figur, und da müssen natürlich noch persönliche Dramen mit hinein wie etwa eine zerrüttete Vater-Tochter-Geschichte oder die junge, zerrissene Familie. All das zusammen ist aus heutiger Sicht vielleicht etwas too much, atmet aber in jeder Einstellung das 90er-Jahre-Genrekino. Heute würde man einen solchen Film vielleicht etwas subtiler gestalten, doch legt „Deep Impact“ immerhin den richtigen Fokus, wenn es sich auf die Auswirkungen einer solchen unausweichlich scheinenden Katastrophe auf die Menschheit am Beispiel einiger Einzelschicksale konzentriert. An den Kinokassen gewann „Armageddon“ das Rennen klar, qualitativ sehe ich hier aber leichte Vorteile für „Deep Impact“, das vielleicht nicht so skurril-unterhaltsam wie „Armageddon“ ist, das Thema des Weltenkillers aber immerhin ein bisschen seriöser angeht.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: © 1998 Paramount Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

Rush Hour (1998)

Regie: Brett Ratner
Original-Titel: Rush Hour
Erscheinungsjahr: 1998
Genre: Action, Komödie, Krimi
IMDB-Link: Rush Hour


Es gab mal eine Zeit, in der Chris Tucker angesagt war. Es waren die 90er, Cancel Culture war noch kein Begriff, Jackie Chan war der heißeste Asien-Export seit Toyota und man hat in Actionkomödien noch politisch unkorrekt auf alles eingeprügelt, solange es der Unterhaltung diente. (Möglicherweise färbt das gerade ein wenig auf diese Filmrezension ab, *hüstel*.) Und Chris Tucker durfte sich als legitimer Nachfolger von Eddie Murphy sehen, wenn es darum ging, ein möglichst breites Grinsen und eine große Klappe als Asset in leichtgewichtige Komödien einzubringen. Wie eben „Rush Hour“. Die Story ist dabei nicht wirklich relevant. Asiatisches Mafiazeug schwappt auf die USA über, Hongkong sendet seinen besten Polizisten (Jackie Chan), der mit einem überforderten und gleichzeitig übermotivierten Großmaul einen Kindersitter zur Seite gestellt bekommt, da die Amis ja immer alles besser können, und man lässt sich schon gar nicht bei laufenden Ermittlungen von so einem dahergelaufenen Schlitzauge reinpfuschen. Natürlich raufen sich Großmaul und Hongkong-Cop zusammen und lösen den Fall dann auf ihre (eher unkonventionelle) Weise. „Rush Hour“ lebt von seinem ungleichen Hauptdarstellergespann, der Tatsache, dass es Jackie Chans erster Großauftritt in Hollywood war und natürlich den aberwitzigen Prügeleien. Wie gut so ein Rezept funktionieren kann, zeigen ja auch die unzähligen Terence Hill & Bud Spencer-Filme, die den gleichen Modus Operandi schon Jahrzehnte früher angewendet haben. „Rush Hour“ war dermaßen erfolgreich, dass daraus gleich zwei Fortsetzungen sowie eine Fernsehserie entstanden. Der Film ist eindeutig ein Kind seiner Zeit. Ist er vielleicht ein bissi rassistisch? Ja, das ist er. Aber lustig und kurzweilig ist er trotzdem.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat:© 1998 – New Line Cinema, Quelle http://www.imdb.com)

Die entfesselte Silvesternacht (1998)

Regie: Marco Risi
Original-Titel: L’ultimo capodanno
Erscheinungsjahr: 1998
Genre: Komödie, Satire, Episodenfilm
IMDB-Link: L’ultimo capodanno


Hach, der Jahreswechsel. In wenigen Stunden ist es wieder soweit, und ganz Österreich folgt seinen Traditionen: Fondue / Raclette essen, die Mundl-Silvesterepisode schauen, Dinner for One schauen, Donauwalzer tanzen, dabei zusehen, wie wortwörtlich Geld verpulvert wird und sich dermaßen einen hinter die Binde kippen, dass man es am nächsten Morgen frühestens zum Radetzkymarsch, eher aber zum zweiten Durchgang des Neujahrsspringens aus dem Bett schafft. Auch die Italiener:innen können das. Während es bei uns eher die vielen Bierchen und der Zirbenschnaps sind, die uns in die Horizontale verabschieden, hat man unsere südlichen Nachbarn in Verdacht, den gleichen Effekt mit Wein und Grappa zu erzielen. Ansonsten sind die Unterschiede aber marginal, wenn man Marco Risi Glauben schenken darf. Da wie dort pures Chaos und Anarchie. „Die entfesselte Silvesternacht“ könnte genauso gut im Schöpfwerk oder im Marxerhof stattfinden. Da ist die betrogene Ehefrau, die während der Silvesterfeier mit Freunden auf Rache sinnt. Da ist die ältere Dame, in diesem Fall eine vermögende Baronin, die sich einen Gigolo leistet. Da ist die Frau, deren Mann vor Jahren verschollen ist, und die nun zu Silvester Schluss machen möchte, als sie eine unerwartete Nachricht erhält. Da sind die beiden bekifften Teenager, die eine Stange Dynamit im Rucksack versteckt haben. Da sind der besoffene, grölende Fußballclub, die Gangster, der Familienvater und Anwalt, der sich mit einer Domina vergnügt, die spießige Familie, die sich in einen Kleinkrieg hineinziehen lässt – der ganz normale Wahnsinn eben. Gut, vielleicht ein bisschen überspitzt, denn so viel sei verraten: „Die entfesselte Silvesternacht“ steht durchaus in der satirischen Tradition des österreichischen Kultfilms „Muttertag“, der auch die Absonderlichkeiten der Bewohner:innen eines Häuserblocks ans Tageslicht fördert, wenngleich die italienische Variante wie auf Speed wirkt und das Thema statt mit der schönen, österreichischen Hinterfotzigkeit auf eine brachiale Holzhammerweise angeht. Leider aber vergisst die Komödie dabei auf den Witz. Eine gute Komödie erkennt man daran, dass sie uns zum Lachen oder zumindest zum Schmunzeln bringt. Eine schlechte Komödie ist dann per definitionem das Gegenteil davon. Und damit haben wir es hier zu tun. Da reißt auch eine bildhübsche Monica Bellucci als gehörnte Ehefrau nichts mehr raus. Dass sie dafür mit dem renommierten italienischen Schauspielpreis Globo d’oro bedacht wurde, passt irgendwie zu einem Film, bei dem fast nichts wirklich passt.


3,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Sechs Tage, sieben Nächte (1998)

Regie: Ivan Reitman
Original-Titel: Six Days Seven Nights
Erscheinungsjahr: 1998
Genre: Rom-Com, Abenteuerfilm
IMDB-Link: Six Days Seven Nights


Die 90er. Anne Heche war die Freundin von Ellen DeGeneres, David Schwimmer versuchte, sich als Schauspieler zu profilieren, aber egal, was er machte, er war einfach nur Ross aus „Friends“, schlüpfrige Witze standen in Rom-Coms an der Tagesordnung, und Harrison Ford war alt, aber immer noch fit genug, um oberkörperfrei Actionszenen drehen zu können – ein Umstand, an dem sich in den vergangenen 20 Jahren eigentlich nichts geändert hat, außer, dass er heutzutage das Hemd lieber zugeknöpft lässt. Unter der Regie des bewährten Ivan Reitman entstand mit „Sechs Tage, sieben Nächte“ ein Film, auf den man ständig vergisst, wenn man ihn aber wieder mal durch Zufall sieht, hat man aber doch jede Menge Spaß damit und ordnet ihn unter Guilty Pleasures ein. Im Kern lässt sich das Ganze zusammenfassen als „neurotische, verlobte Großstädterin bruchlandet mit mürrischem Trunkenbold auf einsamer Insel ohne Handyempfang und verliebt sich zwangsweise in ihn, da die einzig anderen Love Interest-Optionen aus schlecht gelaunten und schwer bewaffneten Piraten bestehen“. Ach ja, und in einem Nebenstrang darf David Schwimmer als hysterischer Verlobter mit Busenfetisch beweisen, warum er immer nur Ross aus „Friends“ geblieben ist. Nein, ein Meisterwerk ist dieser Film nicht, aber dank Heche und Ford, die irgendwie eine spannende Chemie miteinander haben, und des exotischen Settings und einiger launiger Sprüche unterhält der Film auch heute noch gut. Die beste Einsame-Insel-Lovestory bleibt aber jene von Tom Hanks und Wilson.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Leslie Nielsen ist sehr verdächtig (1998)

Regie: Pat Proft
Original-Titel: Wrongfully Accused
Erscheinungsjahr: 1998
Genre: Komödie
IMDB-Link: Wrongfully Accused


Irgendwie hat’s Leslie Nielsen mit den Rothaarigen. Nachdem ihn schon Priscilla Presley in der Nackten-Kanone-Reihe anschmachten durfte, hat er in „Leslie Nielsen ist sehr verdächtig“ gleich zwei feurige Haserl an seiner Seite, die ihm mal Gutes, mal Böses wollen: Kelly LeBrock, die in den 80ern wohl in einigen Spinden hing, in den 90ern aber schon wieder am absteigenden Ast war, und Melinda McGraw, deren Filmographie zwar quantitativ deutlich mehr hergibt, die aber dann doch eher in Richtung Fernsehen marschierte und den ganz großen Sprung nicht schaffte. Apropos großer Sprung: Der gelingt eher unfreiwillig den fälschlicherweise des Mordes verdächtigen Teufelsgeiger Ryan Harrison (eben Leslie Nielsen), und zwar von einem Abflussrohr in einen Wasserfall – eine hübsche Referenz an einen der 90er-Jahre-Blockbuster, die in diesem Klamaukfilm verwurstelt werden, nämlich „Auf der Flucht“. Dass Nielsens Figur hier Harrison heißt, kann man als Zufall abtun, sollte man aber nicht. Und auch sonst wird alles durch den Kakao gezogen, was in den zwanzig Jahren vor Erscheinen von „Wrongfully Accused“, wie der Film im Original heißt, die Leute ins Kino gelockt hat. Das ist, wie so oft bei solchen Filmen, mal mehr und mal weniger lustig. Der große Bonus ist Leslie Nielsen selbst, ein Stoiker vor dem Herrn. Ich sehe ihm einfach gerne zu. Und auch wenn nicht alle Gags zünden, so reicht das Dargebotene dann doch für einen unterhaltsamen Filmabend ohne große Ansprüche. Ist schon in Ordnung so.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Mulan (1998)

Regie: Tony Bancroft und Barry Cook
Original-Titel: Mulan
Erscheinungsjahr: 1998
Genre: Animation
IMDB-Link: Mulan


Der neueste Schmäh von Disney ist es ja, alte Zeichentrick-Klassiker im Realverfilmungs-Gewand zu recyclen. Das kann man durchaus kritisch betrachten, denn in punkto Kreativität ist das kein Ruhmesblatt. Man kann aber auch das Positive daran hervorheben und sich der zumeist gelungenen Tricktechnik erfreuen, wie sie zuletzt Der König der Löwen zelebriert hat. Für die Neuverfilmung von „Mulan“ geht man hingegen einen neuen Weg, wie es der Trailer vermuten lässt, und erzählt die Geschichte nicht mit dem gleichen Niedlichkeitsfaktor 1:1 nach, sondern wechselt gleich das ganze Genre – zum asiatischen Martial Arts-Film. Und das könnte ganz gut passen. Ein Urteil darüber dann später, wenn der Film bei uns in den Kinos angelaufen ist. Einstweilen ist aber noch genug Zeit, die Vorlage aus dem Jahr 1998 zu sichten. Denn die passt sehr gut in die heutige Zeit, war Mulan doch eine sehr emanzipierte Disney-Heldin. Anstelle des gebrechlichen Vaters zieht sie in den Krieg gegen die Hunnen – verkleidet als Mann und wissend, dass das ihren Tod bedeutet, wenn sie auffliegt. Nicht allzu gut beraten vom Familiendrachen Mushu, der eine Möglichkeit sieht, wieder aufgenommen zu werden in die Hall of Fame der Dynastie, wenn er Mulan beschützt, mischt sie sich unter die Soldaten und macht sich dort gleich einmal so richtig unbeliebt. Denn männliche Verhaltensweisen sind oft erratisch, infantil und schwer zu imitieren. Dass sie am Ende dann doch zur großen Heldin wird, ist angesichts der Produktionsfirma und der Bekanntheit des Films nun kein großer Spoiler. Der Weg dahin ist aber amüsant und mit Tempo erzählt. Und seltener hat man finstere Bösewichte in einem Disney-Zeichentrickfilm gesehen als die Hunnen. Da muss sich sogar Schneewittchens Schwiegermutter hinten anstellen. Braucht es nun eine Realverfilmung dieses Klassikers? Wahrscheinlich nicht, denn das Original ist auch heute noch sehenswert – auch wenn sich die Gags eher an ein jüngeres Zielpublikum richten, da bin ich persönlich schon ein bisschen herausgewachsen. Aber spannend wird es dennoch zu sehen sein, wie man die Brücke vom kindlichen Animations-Abenteuer zum spektakulären Martial Arts-Film schlagen möchte.


6,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: © 1998 – Walt Disney Studios., Quelle: imdb.com)

Buffalo ’66 (1998)

Regie: Vincent Gallo
Original-Titel: Buffalo ’66
Erscheinungsjahr: 1998
Genre: Liebesfilm, Krimi, Roadmovie, Drama
IMDB-Link: Buffalo ’66


Einer der 1001 Filme, die man gesehen haben muss, ehe das Leben vorbei ist, ist „Buffalo ’66“ von Vincent Gallo. Das ist der Typ, der Chloë Sevignys Karriere in Bedrängnis brachte, weil er mit ihr zusammen in „The Brown Bunny“ allzu offenherzig die Freuden des Oralsex vor der Kamera zeigte, dem ein medienwirksamer Beef mit Kritikerpapst Roger Ebert folgte, aber das ist eine andere Geschichte. In seinem Regiedebüt „Buffalo ’66“ geht es gemäßigter zu. Billy Brown (Vincent Gallo) kommt gerade aus dem Knast und muss erst mal pissen. Man kennt das ja. Und natürlich: Keine Toilette weit und breit in Sicht. Dafür aber die junge Layla (Christina Ricci), die der Häfnbruder mit der vollen Blase kurzerhand entführt. Und das, weil er seinen Eltern (Anjelica Huston und Ben Gazzara) vorgegaukelt hat, er wäre ein erfolgreicher Staatsbediensteter und glücklich verheiratet. Ersteres ist angesichts seiner Jahre in Staatsgewahrsam vielleicht noch Interpretationssache, Zweiteres lässt sich aber ohne passender Frau an seiner Seite nicht so einfach hinbiegen. Daher die Entführung. Und nach anfänglicher Skepsis spielt das Mädel dann auch brav mit, woraufhin sich allmählich tatsächlich zarte Gefühle einstellen, was Billy Brown zusehends verunsichert. Denn bald zeigt sich: So hart, wie er tut, ist er eigentlich gar nicht. „Buffalo ’66“ könnte ein amüsanter Film für zwischendurch sein, ein leicht schräges Independent-Komödien-Drama mit richtig guter Besetzung und ein paar witzigen Einfällen. Könnte. Ist er aber nicht. Und das liegt vor allem an Vincent Gallo selbst. Meine Kollegin in der Arbeit würde sagen: Eine Fresse wie ein Briefkasten. Links und rechts zum Hineinhauen. Sage ich natürlich nicht, denn das ist ja ein seriöser Blog. Husthust. Aber das Grundproblem von „Buffalo ’66“ ist tatsächlich, dass mir die empathielose, selbstsüchtige und gewaltbereite Hauptfigur von Anfang bis Ende auf die Nerven gegangen ist und ich ihr die Katharsis nicht vergönnt habe. Auch Christina Riccis Charakter stellte mich vor Probleme. Zwar ist ihre Layla gut gespielt (die Ricci kann schon was, keine Frage), aber ich glaubte ihr die aufkeimenden Gefühle einfach nicht. Auf welcher Basis? Liebe macht blind, sagt man. Okay. Aber blind und deppert? So hat mich „Buffalo ’66“ eher ärgerlich gemacht als gut unterhalten. Und was „The Brown Bunny“ betrifft: Die berühmte Szene gibt es kostenlos auf einschlägigen Internetseiten zu bewundern. Den ganzen Film tue ich mir wohl eher nicht an.


3,0
von 10 Kürbissen

The Big Lebowski (1998)

Regie: Joel und Ethan Coen
Original-Titel: The Big Lebowski
Erscheinungsjahr: 1998
Genre: Komödie
IMDB-Link: The Big Lebowski


Der Dude hat einen Teppich, der das Zimmer erst so richtig gemütlich macht. Und selbst so ein gechillter Mann wie der Dude, der am liebsten White Russian trinkt, CCR hört und in den Tag hinein träumt, kann es nicht einfach hinnehmen, wenn ihm zwei Typen, die ihn offenbar mit einem anderen Lebowski verwechselt haben, auf den Teppich pinkeln. Beim Versuch, Kompensation für das schöne Stück zu erhalten, stolpert der Dude in eine Geschichte hinein, die so irrwitzig und sinnlos und abgefahren ist, dass man den Film dreimal sehen muss, um ihn wirklich einmal zu behirnen. Zwischen Bowling-Turnieren mit seinen besten Kumpels Walter und Donny, deutschen Nihilisten, abgeschnittenen Zehen, feministischen Begattungsritualen, versehentlich zerstörten Autos, Entführungsgeschichten, Pornofilmen und Drogenräuschen kann man es eigentlich nur dem Dude nachmachen: Man lehnt sich entspannt zurück, mixt sich einen White Russian und genießt die Show. Am Ende wird das alles schon irgendwie funktionieren – Hauptsache, erst mal gechillt bleiben. Mit „The Big Lebowski“ ist den Coen-Brüdern, die ich sehr verehre, ein absurdes Meisterwerk gelungen. Jeff Bridges‘ Dude ist wohl eine der legendärsten Filmfiguren aller Zeiten. Man muss ihn einfach mögen, diesen Slacker mit der Jesus-Frisur und einer Vorliebe für gemütliche Teppiche, eine ruhige (Bowling-)Kugel und entspannende Joints. John Goodman als Vietnam-traumatisierter Walter Sobchak, der die Probleme gern mal mit etwas … sagen wir mal … Vehemenz angeht, und Steve Buscemi als von den beiden unterbutterter Donny sind großartige Side-Kicks. Aber selbst die kleinsten Nebenrollen sind perfekt besetzt – und man merkt jedem Einzelnen die Freude an diesem abgedrehten Wahnsinn an. „The Big Lebowski“ gehört zu den wenigen Filmen, an denen man selbst nach der zehnten Durchsicht noch neue Details entdecken kann. Und die abenteuerlichen Situationen, in denen sich der Dude und Walter ungewollt hineinmanövrieren, lösen bei wirklich jeder Sichtung ein glucksendes Kichern bei mir aus. Der Humor ist nie überdreht, sondern ganz fein gesponnen mit einem Gespür für die Figuren. Das Geheimnis ist vielleicht, dass all diese Figuren im Grunde genommen ziemlich lächerlich sind, die Coens sie aber trotzdem ernst nehmen. Und das funktioniert. Der für mich beste Film der beiden genialen Filmemacher und ein absoluter Lieblingsfilm.


10
von 10 Kürbissen