Horror

Der Leuchtturm (2019)

Regie: Robert Eggers
Original-Titel: The Lighthouse
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Horror, Drama, Fantasy
IMDB-Link: The Lighthouse


Liebe Leserinnen und Leser, verneigt euch vor Robert Pattinson! Ja, ihr habt richtig gelesen. Der Glitzervampir aus der Twilight-Reihe mit dem – laut Filmpartnerin Kristen Stewart – schlechten Mundgeruch. Aber gut, diesen wird ja mit Pfefferminz und Kaugummi gut los. Das Stigma des Glitzervampirs bleibt hingegen länger haften. In Robert Eggers‘ „Der Leuchtturm“ sollte er sich aber an der Seite von Willem Dafoe, der ohnehin über jeden Zweifel erhaben ist, freigespielt haben von derartigen Sünden der Vergangenheit. Dieser Film ist eine Offenbarung. Man stecke zwei bärtige Typen aus dem 19. Jahrhundert in einen Leuchtturm und lasse Wind, Wellen, Seemannslieder und wuchtige Verse in körnigem Schwarz-Weiß auf sie einprasseln. Die meiste Zeit über empfand ich den Film als brutale Tour de Force in die Finsternis der menschlichen Seele und als einen Ritt in den Wahnsinn – wobei lange Zeit nicht klar ist, wer von den beiden diesen Höllenritt nun tatsächlich antritt. Diese Ambiguität ist – neben den außergewöhnlich archaischen Bildern in fast quadratischem Format und dem grandiosen Schauspiel zweier ebenbürtiger Widersacher, die sich nichts schenken – die größte Stärke des Films. Und schon war ich geneigt, das Ganze als Ritt in den Wahnsinn abzutun, als der Film am Ende eine letzte Kapriole schlug und ich mit offenem Mund und einer wortwörtlichen Erleuchtung in den Kinosessel gedrückt wurde. „Der Leuchtturm“ ist ein Film, der sowohl die Urinstinkte als auch den Verstand gleichermaßen anspricht – und damit ein seltener Glücksfall. Dass er überhaupt funktionieren kann, liegt an einer überragenden Inszenierung und der schon erwähnten Schauspielkunst. Hätte hier nur ein Rädchen nicht gegriffen, wäre der Film in sich zusammengefallen. So steht er aber als festes Monument in der cineastischen Landschaft wie ein Leuchtturm in rauer See. Ein Film, der bleibt. Und vielleicht Robert Pattinsons endgültige Emanzipation vom Vampirschmafu.


8,5
von 10 Kürbissen

(Foto: A24 Films)

https://www.youtube.com/watch?v=hRYDj9AuL2c

Es Kapitel 2 (2019)

Regie: Andrés Muschietti
Original-Titel: It Chapter Two
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Horror
IMDB-Link: It Chapter Two


Send in the Clowns! Pennywise (Bill Skarsgård) kehrt 27 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils wieder nach Derry zurück und tut das, was ein Clown eben so tut. Leute erschrecken. Und gelegentlich auffressen. (Gut, das ist vielleicht nicht typisch für Clowns.) Also muss Mike (Isaiah Mustafa) die alte Gang, den Club der Verlierer (James McAvoy. Jessica Chastain, Bill Hader, Jay Ryan und James Ransome), reaktivieren, um Es ein für alle Male dorthin zu treten, wo’s richtig weh tut. Unter der Führung von Bill Denbrough, der eine persönliche Rechnung mit dem Clown offen hat, geht es nun also in den finalen Endkampf. Und der ist – gemessen am ersten Film – dann doch eher eine Enttäuschung. Ich bin ja bekanntermaßen eher ein Hosenschisser, was Horrorfilme betrifft, auch wenn ich die Bücher von Stephen King liebe, und auch Es großartig fand. Der zweite Teil der Verfilmung des vielleicht bekanntesten Werkes von Stephen King, der im Übrigen einen herrlich schrägen Chameo-Auftritt im Film hat, ist aber weniger Horror als mehr ein übersinnliches Action-Abenteuer. Zwei- oder dreimal hat es mich schon aus dem Sitz gehoben mit dem anschließend dringenden Bedürfnis, eine Blutdruckmanschette anzulegen, aber im Großen und Ganzen ist Andy Muschiettis Film eher zahm – was Horrorfans vermutlich noch saurer aufstoßen mag als mir. Ich selbst bin ja eher ein Freund der ruhigen Töne und der atmosphärischen Spannung, und daher fand ich Teil 1 auch so gut. Leider versinkt das Finale allerdings in einem ziemlichen Krawall, der zudem stellenweise arg ins Klamaukige abdriftet. Natürlich – das Problem beim Horror ist, dass er gut funktioniert, solange man das Monster nicht sieht und die eigene Fantasie die ärgsten Vorstellungen ausspucken kann (auf diesem Grundgedanken basiert ja auch Stephen Kings Buch), aber wenn man die Tür schließlich öffnet (und man muss sie auf jeden Fall irgendwann mal öffnen) und das Monster dahinter sichtbar wird, verliert es oft seinen Schrecken und wird im schlimmsten Fall lächerlich. Genau das passiert in Es. So bleibt der Film zwar unterhaltsam und ist auf seine Spieldauer von fast drei Stunden auch nicht langatmig (was ich ihm hoch anrechne), aber im Vergleich zum ersten Film, der die Atmosphäre viel besser aufgebaut hat, wirkt er arg zerstückelt, ein bisschen laut und irgendwie unentschlossen. Das wäre besser gegangen. Aber gut, der größte Horror spielt sich dann doch immer im eigenen Kopf ab.


6,0
von 10 Kürbissen

Tanz der Teufel II – Jetzt wird noch mehr getanzt (1987)

Regie: Sam Raimi
Original-Titel: The Evil Dead II
Erscheinungsjahr: 1987
Genre: Horror, Komödie
IMDB-Link: The Evil Dead II


„Tanz der Teufel II“ ist mehr eine Adaption bzw. eine Art Remake von Tanz der Teufel als eine Fortsetzung. Um die Geschichte von dem Bösen, das versehentlich auf die Besucher einer entlegenen Waldhütte heraufbeschworen wird, für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen, wird zu Beginn die Handlung des ersten Films stark vereinfacht und gekürzt und mit weniger Figuren zusammengefasst, ehe der Tanz so richtig los geht. Da ist dann schon der erste Kopf ab, aber wie Fans der Reihe wissen: Auch kopflos lässt es sich gut spuken. Im Mittelpunkt steht der von Bruce Campbell verkörperte Ash. Nachdem er dem Kopf seiner Freundin den Laufpass gegeben hat, muss er sich mit Hexen herumplagen, die im Keller hausen, sowie mit der Tochter eines Wissenschaftlers, der diesen ganzen Spuk versehentlich ausgelöst hat, die samt Entourage in die Hütte einzieht. Dass Ash selbst auch gelegentlich besessen ist, macht die Aufgabe nicht einfacher. Da hilft nur noch die Motorsäge. „Tanz der Teufel II“ ist im Gegensatz zum ersten Film eine mit Horrorelementen angereicherte Trash-Komödie. Teil 1 war ja eher das Gegenteil – ein Horrorfilm mit komödiantischen Anteilen. Was nun besser funktioniert, muss jeder für sich selbst entscheiden. Für einen spaßigen Filmabend im Freundeskreis ist der zweite Teil wohl sogar noch ein bisschen besser geeignet. Da die Idee an sich aber in Teil 1 schon so gut ausgeführt wurde und der zweite Film nur noch mal eine irrwitzige Variation des Themas bietet, tendiere ich persönlich eher zum ersten Teil. Das alles wird dann aber noch getoppt vom dritten Teil, „Armee der Finsternis“, der mit Sicherheit durchgeknallteste Film der Horrortrilogie. Davon später einmal mehr.


7,0
von 10 Kürbissen

Bubba Ho-Tep (2002)

Regie: Don Coscarelli
Original-Titel: Bubba Ho-Tep
Erscheinungsjahr: 2002
Genre: Komödie, Horror
IMDB-Link: Bubba Ho-Tep


Elvis lebt. Ein bisschen alt ist er geworden und gebrechlich, und alle halten ihn für einen Elvis-Imitator, aber so leicht ist der King of Rock’n’Roll nicht aus dem Rhythmus zu bringen, auch wenn die Stimmung eher Blues als Rock ist. In seinem Altenheim, wo er mit seinem Kumpel John F. Kennedy (Ossie Davis) durch die Gänge schlurft, geschehen aber plötzlich merkwürdige Dinge. Eine als Redneck verkleidetet ägyptische Mumie saugt die Seelen der Alten im Schlaf aus deren Arschlöchern heraus. Das können Elvis und JFK nicht auf sich sitzen lassen und sagen dem Kerl, der schon deutlich über dem Verfallsdatum drüber ist, den Kampf an und ziehen auf Krücken und Rollstühlen in den Krieg. Ich glaube, viel bizarrer und absurder kann eine Filmidee nicht mehr werden. „Bubba Ho-Tep“ von Don Coscarelli basiert auf einer Kurzgeschichte von Joe R. Lansdale, und was Lansdale im Entstehungsprozess für die Befeuerung der Kreativität konsumiert haben muss, will ich lieber gar nicht erst wissen. Der Film ist eine Low-Budget-Perle, die nur wenige kennen, aber von den Wenigen geliebt wird. Und ganz klar: Der Film macht Spaß. Das ist vor allem Bruce Campbell zu verdanken, der einen besseren Elvis abgibt als Elvis selbst jemals geschafft hat. Die Performance ist auf den Punkt und verankert all das trashige Chaos. Überraschend ist, dass die Tonalität des Films eine recht melancholische ist. Aber gut, wenn alte Säcke, die kurz vor dem Abnippeln stehen und die auch niemand mehr für voll nimmt, in den letzten Krieg ausziehen, kann man schon mal kurz innehalten und über das Leben reflektieren. Viel kommt da eh nicht mehr, vor allem, wenn man davon ausgehen muss, dass der Endgegner deutlich fitter und mobiler ist als man selbst. Und so ist „Bubba Ho-Tep“ eine interessante Mischung aus Low-Budget-Horrorkomödie und Altenheim-Drama. Ganz gleich, wie man zu diesem Film steht: Etwas Ähnliches wird man so schnell nicht wieder finden.


7,0
von 10 Kürbissen

Tanz der Teufel (1981)

Regie: Sam Raimi
Original-Titel: The Evil Dead
Erscheinungsjahr: 1981
Genre: Horror, Komödie
IMDB-Link: The Evil Dead


Es braucht nicht viel für einen Kultfilm. Man sperre eine Gruppe von Jugendlichen in eine einsame Waldhütte, lasse durch Abspielen einer Tonaufnahme das Böse auferstehen in Form von Dämonen,  die von den Körpern der Jugendlichen Besitz ergreifen, und dann braucht es eigentlich nicht viel mehr als gute Drogen am Set für Maskenbildner, Kameramann und Regisseur Sam Raimi – und schon tanzen die Teufel in einem irren, trashigen Reigen, der irgendwo zwischen schaurigem Grusel, Splatter, Gore und einem LSD-Trip angesiedelt ist. Mehr Horror als Komödie, auch wenn der Film seine Gruselszenen ambitioniert in Szene setzt, bietet der Film auch heute noch, wenngleich schon deutlich angestaubt, beste Unterhaltung für einen Filmabend im Freundeskreis. Für Sam Raimi bedeutete „Der Tanz der Teufel“ der Durchbruch als Filmemacher, und für Hauptdarsteller Bruce Campbell als kognitiv minderbegabter Teenager Ash reichten weit aufgerissene Augen, um ihn als Kultdarsteller in seinem Genre zu etablieren. Man merkt in jeder Szene, wie viel Spaß die Beteiligten beim Dreh haben mussten. Die offiziellen Behörden waren von diesem Spaß jedoch weniger angetan. In Deutschland beispielsweise war der Film bis 2016 beschlagnahmt und stand als jugendgefährend auf dem Index. Wohl um zu verhindern, dass sich Legionen von Pfadfindern im Wald von Dämonen besessen lassen und sich gegenseitig metzeln – dem Bruttosozialprodukt täte ein solcher Einschnitt unter den zukünftig Erwerbstätigen gar nicht gut. Aber diese Zensur gehört zum Glück der Geschichte an, und so kann man sich heutzutage an dieser kleinen filmischen Perle erfreuen, für die man allerdings aufgrund des Blut-und-Beuschel-Festivals einen festen Magen benötigt.


7,5
von 10 Kürbissen

Hotel (2004)

Regie: Jessica Hausner
Original-Titel: Hotel
Erscheinungsjahr: 2004
Genre: Thriller, Horror, Drama
IMDB-Link: Hotel


Jessica Hausner ist nicht Stanley Kubrick. Und das ist auch okay so. Blöd nur, dass auf dem DVD-Cover groß damit geworben wird, dass es seit „The Shining“ von Kubrick kein gruseligeres Hotel mehr gegeben hat als jenes in Hausners „Hotel“. Große Worte. Und ja, auf den ersten Blick lassen sich durchaus Parallelen finden zwischen dem Hotel im Wald in Hausners Film und dem legendären Overlook in Kubricks Verfilmung des Stephen King-Romans. In beiden Filmen sind die Neuankömmlinge einen Großteil der Zeit auf sich selbst gestellt. In beiden Filmen ist die Atmosphäre des Hotels tatsächlich abweisend und auf eine ungute Art geheimnisvoll. Und in beiden Hotels geschehen schon bald Dinge, die sich nicht so einfach erklären lassen. Aber, so ehrlich muss man sein, die Fußstapfen, die Kubrick mit seinem genialen Film hinterlassen hat, sind einfach zu groß. Und man tut Jessica Hausner auch keinen Gefallen, wenn man ihren Film allzu sehr daran misst. „Hotel“ möchte etwas Eigenständiges sein, ist vielmehr Psychodrama mit sanften Horror-Anklängen und das – typisch österreichisch – eingebettet in eine Zurückhaltung und Lakonie, die an Sterilität grenzt. Dazu trägt das distanziert-nüchterne Ambiente des Hotels bei. Franziska Weisz in der Hauptrolle der neuen Rezeptionistin Irene, die mit den unbehaglichen Geschehnissen im Hotel konfrontiert wird, legt ihre Rolle sehr introvertiert an, was zusätzlich Distanz zum Seher schafft. Das alles macht „Hotel“ zu einem stilistisch sauberen Film, dem aber eines nicht gelingt: den Zuseher zu packen. Das Schicksal von Irene wird gleichgültig zur Kenntnis genommen. Und vor leeren Gängen in Hotels bei Nacht fürchtet man sich auch danach nicht. Nur vor dem Zimmer 237. Aber das ist einem anderen Film zu verdanken.


5,0
von 10 Kürbissen

Frankensteins Braut (1935)

Regie: James Whale
Original-Titel: Bride of Frankenstein
Erscheinungsjahr: 1935
Genre: Horror, Drama
IMDB-Link: Bride of Frankenstein


Lord Byron sitzt mit dem Ehepaar Shelley bei einem Gläschen beisammen, die Nacht ist düster, der Wind peitscht gegen die Fenster, und der Horror, der sich in Frankenstein entfaltet hat, schüttelt dem guten Lord die Knochen durch. Anerkennend fragt er Mary Shelley, wie es sein kann, dass ein solch zartes Weibsbild eine solch schauerliche Geschichte erfinden konnte. Und die grinst nur schelmisch und meint, dass er noch nicht die ganze Geschichte gehört hätte. So also der Auftakt zur Fortsetzung des Filmklassikers mit Boris Karloff. Denn das von ihm verkörperte Monster hat die Feuersbrunst am Ende des ersten Films überlebt, und nun streift er durch die Wälder und wird von den Dorfbewohnern gejagt. Währenddessen bekommt Doktor Frankenstein Besuch von einem Kollegen, der ihn von einem finsteren Vorhaben überzeugen möchte. Wenn man den Film auf das Wesentlichste herunterbrechen möchte, dann wäre die Synopsis in etwa: Frankensteins Monster verliert Freunde und wird aus Einsamkeit zum Alkoholiker und Kettenraucher. Also eh eine moderne Geschichte, wenn man so will. Und man fragt sich, ob man für ein etwaiges Remake vielleicht Georg Friedrich begeistern könnte – der würde passen wie Arsch auf Eimer. Was „Frankensteins Braut“ in jedem Fall bieten kann, sind erstaunliche Spezialeffekte (die kleinen Menschen in den Reagenzgläsern!), ein sichtlich erleichterter Boris Karloff, der auch mal ein paar Sätze sprechen darf und schwarzer, teils ins Groteske gehender Humor. Die Schlusssequenz ist auch nach heutigen Maßstäben sensationell geschnitten. Man kann zwar nicht sagen, dass der Film rasend gut gealtert ist, und der Schrecken von damals ist die schenkelklopfende Unterhaltung von heute, aber wenn man sich darauf einlässt, ist der Film auch jetzt noch spannend und kurzweilig und tatsächlich noch einen Tick besser als der erste Teil.


7,0
von 10 Kürbissen

The Dead Don’t Die (2019)

Regie: Jim Jarmusch
Original-Titel: The Dead Don’t Die
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Horror, Komödie, Satire
IMDB-Link: The Dead Don’t Die


Ich glaube, selten hatten Maskenbildner weniger zu tun als bei Iggy Pops Transformation in einen Zombie für Jim Jarmuschs Horror-Groteske „The Dead Don’t Die“. Allein für diesen Besetzungcoup gebührt den Machern des Films alle Ehre. Wenn man dann noch Bill Murray, Adam Driver, Tilda Swinton, Chloë Sevigny, Steve Buscemi, Tom Waits, Danny Glover usw. in seinem Cast hat, sollte ja eigentlich nichts schiefgehen. Doch während Jim Jarmusch und Vampire herausragend harmonieren (siehe „Only Lovers Left Alive“), passen Jim Jarmusch und Zombies überraschend wenig zusammen. Vielleicht ist es dieses Mal einfach der Lakonie zu viel. Bill Murray und Adam Driver kommen tatsächlich mit je einem einzigen Gesichtsausdruck durch. Chloë Sevigny darf wenigstens mit einer lakonischen, an Baldrian erinnernden Variante eines hysterischen Ausbruchs gen Ende hin aufwarten. Aber schauspielerisch ist das alles sehr schaumgebremst – natürlich von Jarmusch so gewollt. Wenn allerdings die Story selbst auch keine Fahrt aufnimmt, bleibt am Ende wenig übrig, was den geneigten Zuseher interessieren könnte. Dabei geht es mit einem rätselhaften Stimmung und Tom Waits als Buschmann im Wald recht erquicklich los. Hier fängt Jim Jarmusch die nahende Endzeitstimmung gut ein. Nur verliert er ein wenig den Faden, als die Zombies dann tatsächlich auftreten. Denn plötzlich wirkt es, als könne er sich nicht mehr entscheiden, welche Geschichte er eigentlich erzählen möchte. Da muss also noch ein bisschen Satire hinein mit der Durchbrechung der vierten Wand (die zwar für komische Momente sorgt, aber im Film selbst dann doch etwas deplatziert wirkt), ein bisschen Gesellschaftskritik (so tun die Zombies das, was sie zu Lebzeiten am liebsten getan haben – was heißt, dass die meisten der relativ frischen Untoten verzweifelt auf der Suche nach W-Lan sind), ein bisschen Science Fiction, die allerdings wie ein Fremdkörper wirkt – ein rundes Bild wird daraus jedenfalls nicht mehr. Auch dauert der Film gefühlt fünf Stunden. Weniger wäre hier mehr gewesen. Dafür aber ein strengerer Fokus. Aber gut, auch ein Jim Jarmusch kann mal danebenhauen.

 


5,0
von 10 Kürbissen

Wir (2019)

Regie: Jordan Peele
Original-Titel: Us
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Thriller, Horror
IMDB-Link: Us


Mit seinem Debütfilm Get Out wurde Jordan Peele schon als neuer Wunderwuzzi gefeiert. Endlich mal jemand, der Horror nicht als eine Aneinanderreihung von Jump-Scares versteht. Sogar einen Oscar für das beste Originaldrehbuch gab es. Darauf lässt sich dann schon mal eine Karriere aufbauen. Sein zweiter Film „Us“ wurde daher mit Spannung erwartet. Eines gleich vorweg: „Us“ ist deutlich geradliniger und ambitionsloser als „Get Out“. Und das muss ja nichts Schlechtes sein. „Us“ ist ein Horrorthriller, der nicht mehr sein möchte, als er ist. Er baut dabei auf eine interessante Prämisse und überzeugende Darsteller/innen. Vor allem Oscar-Preisträgerin Lupita Nyong’o in der Hauptrolle bringt eine sehr gute Leistung. Es gelingt ihr binnen weniger Minuten, ihre Adelaide Wilson als Sympathieträgerin mit dunklen Geheimnissen zu verankern. Über den Inhalt sei an dieser Stelle nicht allzu viel verraten. Nur so viel: Eine Familie auf Urlaub wird eines Tages mit eher ungebetenen Gästen konfrontiert. Der Rest ist gut gemachter Thrill, der weniger aufs Erschrecken setzt, sondern mit anderen dramaturgischen Mitteln Spannung aufbaut. Damit kommt mir der Film durchaus entgegen, denn wenn ich eines an Horrorfilmen nicht mag (weshalb ich auch die meisten Horrorfilme nicht mag), dann sind das Jump-Scares. Ich habe es andernorts schon mal geschrieben: Ich bin halt ein Schisser. Die Sichtung von „Us“ war hingegen ein Vergnügen. Auch der locker eingestreute Humor trägt zur Unterhaltung bei. Die Mischung passt hier einfach. Allerdings hat der Film eine große Schwäche: Irgendwann muss die ganze Chose aufgelöst werden bzw. meint Jordan Peele, die Chose auflösen zu müssen. Und bei dieser Auflösung tun sich dann doch größere Logiklöcher auf. Auch ist die Prämisse zwar nicht uninteressant, aber auch nicht das Feuerwerk an Originalität, das man sich angesichts der spannenden Ausgangslage erhofft hätte. Wie Stephen King, der Meister des Horrors, einst sinngemäß geschrieben hat: Horror ist am Besten, solange das Monster hinter der Tür hockt und man nicht weiß, wie es aussieht. Aber irgendwann muss man die Tür eben öffnen, und sobald man es sieht, verliert das Monster seinen Schrecken.


7,0
von 10 Kürbissen

Die Kinder der Toten (2018)

Regie: Kelly Copper und Pavol Liska
Original-Titel: Die Kinder der Toten
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Satire, Horror, Experimentalfilm, Fantasy, Heimatfilm
IMDB-Link: Die Kinder der Toten


Es ist schon ein paar Donnerstage her, dass ich Elfriede Jelineks Roman „Die Kinder der Toten“ gelesen habe. Woran ich mich noch erinnere: Dass mir das Buch außerordentlich gut gefallen hat, so sperrig es auch war. Woran ich mich nicht mehr erinnere: Den allergrößten Teil des Inhalts. Insofern erspare ich mir an dieser Stelle die Einschätzung, ob die filmische Adaption nah dran ist an der Buchvorlage. Ein paar augenfällige Freiheiten hat sich das Regieduo Kelly Copper und Pavol Liska schon genommen, wenn beispielsweise eine Gruppe syrischer Poeten vor dem Kirchenportal verhungert. Und damit wären wir auch schon mitten drin in der Besprechung von „Die Kinder der Toten“. Denn Subtilität gehört nicht zu den Stärken dieser Heimatgroteske. Dafür hat der Film ganz andere Stärken. Jene der Überzeichnung beispielsweise. Gefilmt auf körnigem Super 8 als Farb-Stummfilm mit völlig überzogener Geräuschkulisse (ich ziehe meinen Hut vor den Foley Artists und Sounddesignern, die einen grandiosen Job hingelegt haben) erzählt der Film, wie nach einem Autounfall die Heldin Karin (Andrea Maier) durch die Wälder rund um ein steirisches Dorf irrt, halb im Diesseits, halb im Jenseits. Währenddessen geht man im Dorf den üblichen Beschäftigungen nach: Saufen, fressen, schmusen. Irgendwann stolpert Karin in eine cineastische Séance, in der in einer Filmvorführung Bilder von Verstorbenen gezeigt und betrauert werden. Die Veranstalterin bittet Karin, die Zugang zu beiden Welten hat, ihren geliebten Mann zurückzubringen, der sich selbst das Leben genommen hat. Damit öffnet Karin aber das Tor zur Unterwelt, und schon marschieren sie in einer fröhlichen Parade auf, die Untoten, und bald schon tanzen Nazis mit Juden beschwingt im Dorfgasthaus, vögeln die Lebenden mit ihren verblichenen Geliebten auf dem Tisch und kochen verhungerte Syrer in der Küche Halal-Gerichte. Subtil ist das nicht, aber dieser bissig-zynische Kommentar auf die Nazis, die wir noch immer im Keller haben, und die typisch österreichische Ignoranz macht einen Riesenspaß – sofern man einen Zugang zu diesem derben Humor findet und sich an der filmischen Umsetzung der Ideen mit (sichtbar) geringsten Mitteln anfreunden kann. Ich konnte es. Insgesamt aber mit Sicherheit ein Film, der polarisiert. Ob man eineinhalb Stunden fröhlich vor sich hin gluckst oder so intensiv den Kopf schüttelt, dass man ein Schleudertrauma davon trägt, liegt in diesem Fall ganz klar am eigenen Humorempfinden. Insofern eine Empfehlung mit Vorwarnung. Nur eines kann ich sagen: Nazis werden mit dem Film fix keine Freude haben.


8,0
von 10 Kürbissen

(Foto: Ulrich Seidl Filmproduktion)