Autor: Filmkürbis

Three Sad Tigers (1968)

Regie: Raúl Ruiz
Original-Titel: Tres tristes tigres
Erscheinungsjahr: 1968
Genre: Drama
IMDB-Link: Tres tristes tigres


Die diesjährige Retrospektive der Viennale ist dem chilenischen Filmemacher Raúl Ruiz gewidmet. Und da ich bislang noch keinen einzigen Film aus seinem doch recht umfangreichen Schaffen gesehen habe, steht nun auch Ruiz in meinem persönlichen Festivalprogramm. Sein Debütfilm, „Tres tristes tigres“, konnte 1969 gleich mal den Goldenen Löwen in Locarno gewinnen. Der Titel bezieht sich auf einen spanischsprachigen Zungenbrecher, und so unaussprechlich wie dieser ist es für mich auch unmöglich, eine kohärente Inhaltsangabe zu geben. Ein Typ namens Tito arbeitet für einen Rodolfo, den alle Rudi nennen, und zieht mit seiner Schwester Amanda und einem Don Lucho um die Häuser, ehe er Amanda, eine Nachtclubtänzerin, an Rudi verscherbeln will, weil der unzufrieden mit seiner Arbeit ist. Dass Rudi eigentlich Autos verkauft, habe ich erst nach dem Film kapiert, ich hielt ihn für einen Unterwelt-Boss, doch vielleicht war er das ja auch. Alles denkbar in diesem Film, in dem Leute einfach nur in Bars sitzen und über alles Mögliche reden, nur nicht über das, was eventuell Licht auf die Handlung werfen könnte. Dass „Tres tristes tigres“ trotz dieses inhaltlichen Unverständnisses meinerseits nicht zum Totalausfall gerät, liegt am dann doch faszinierenden Blick, den Ruiz auf die Schattenwelt von Santiago Ende der 60er Jahre und die mit Machogehabe ihre eigenen Unsicherheiten überdeckenden Männer wirft. Man versteht seine Figuren nicht, man findet sie wohl nicht einmal sympathisch, und doch folgt man ihnen neugierig, wenn sie durch die Nacht wandeln und sich hemmungslos betrinken. Ein Film wie ein Fiebertraum – unverständlich (jedenfalls für mich aus heutiger Sicht), mit harten Schnitten, die die Handlung springen lässt und Figuren, die man immer wieder mal durcheinanderbringt, und doch kehrt man, nachdem das Licht wieder an ist, immer wieder dorthin zurück, wenn auch nur in der (vergeblichen) Hoffnung, doch mehr als zwei Puzzleteile zu finden, die zueinander passen.


5,5 Kürbisse

(Foto: (c) Viennale)

Roter Himmel (2023)

Regie: Christian Petzold
Original-Titel: Roter Himmel
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama, Liebesfilm
IMDB-Link: Roter Himmel


Das zweite Werk nach einem erfolgreichen Debüt ist immer der künstlerische Endgegner. Das weiß auch der Schriftsteller Leon (Thomas Schubert), der mit seinem Kumpel Felix (Langston Uibel) in das abgelegene Ferienhaus von Felix‘ Mutter an die Ostsee fährt, um dort den stockenden Roman „Club Sandwich“ fertigzuschreiben. Während Felix das Meer und das Dolcefarniente genießt, zieht sich Leon in eine griesgrämige Altherren-Attitüde zurück. Spaß wird vermehrt mit den Worten „Die Arbeit lässt es nicht zu!“ Zugegeben, dass Thomas Schubert Wiener ist, hat ihm sicherlich bei der Charakterentwicklung von Leon geholfen – wir Wiener sind halt die Meister im Granteln. Und so grantelt sich Leon eben durch den Sommer, der gestört wird von Felix‘ Lebenslust, dem ungebetenen Gast Nadja (Paula Beer) und ihrem „Stecher“ Devid (Enno Trebs). Am Horizont aber braut sich ein Feuer zusammen. Waldbrände bringen die Sommeridylle ins Wanken, und rote Schicksalswolken hängen über Leons Haupt. Christian Petzold ist ein Lyriker unter den Filmemachern. „Roter Himmel“ ist inhaltlich schwer zu beschreiben. Es ist vielmehr ein sinnlicher Film, der seine poetische Kraft aus den Zwischenräumen, den Auslassungen schöpft. Die Charaktere umtanzen sich, sie werden selten explizit, und wenn das Ungesagte plötzlich einmal laut ausgesprochen wird, klingt es hart und fast deplatziert – ein Einbruch der Realität in eine Traumwelt. Thomas Schubert und Paula Beer, die schon in Das finstere Tal eine enge Beziehung zueinander hatten, spielen, so ehrlich muss man sein, ihre Kollegen an die Wand. Thomas Schubert entwickelt sich zu einer präsenten Leinwandgewalt a la Josef Bierbichler, der Typus von Schauspieler, der nicht viel sagen muss, sondern alles mit dem Heben seiner Augenbrauen auszudrücken vermag und so herrlich stoisch bleibt wie ein Felsen, an dem alle anderen Figuren zerschellen müssen. Allerdings hat er die undankbarere der beiden Hauptfiguren abbekommen, denn sein Leon ist zum Einen kein Sympathieträger und zum Anderen in seiner Griesgrämigkeit und Entrückung auch recht eindimensional im Vergleich zu Paula Beers geheimnisvoller Nadja, die gleichzeitig die Geschichte erden muss. Nicht alles an „Roter Himmel“ ist geglückt, doch sollte man diesen Film wohl nicht allzu analytisch zerpflücken, sondern am besten einfach auf sich wirken lassen.


7,0 Kürbisse

(Foto: (c) Viennale)

Monster (2023)

Regie: Hirokazu Koreeda
Original-Titel: Kaibutsu
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama
IMDB-Link: Kaibutsu


Hirokazu Koreeda ist ein scharfer Beobachter komplexer Beziehungsgeflechte. Das hat er in Shoplifters – Familienbande eindrucksvoll unter Beweis gestellt, das gilt auch für seinen letztjährigen Film Broker und sein neuestes Werk „Monster“. Eine Qualität, die sich durchwegs in all seinen Arbeiten zeigt, ist das Fehlen einer Wertung. Koreeda ergreift nicht Partei, sondern zeigt Mitgefühl für all seine Figuren. Er erzählt und vertraut darauf, dass wir die Charaktere so nehmen, wie sie sind, mit all ihren Fehlern, Schwächen, aber auch ihrer Mitmenschlichkeit. Koreedas Figuren sind oft Menschen, denen es zunächst schwer fällt, sich zu öffnen und Gefühle zuzulassen, und doch suchen sie nach Zugehörigkeit, nach Freundschaft, nach Liebe. In „Monster“ folgt Koreeda zunächst der jungen Witwe Saori (Sakura Ando), deren verschlossener Sohn Minato immer wieder Verhaltensauffälligkeiten zeigt und schließlich angibt, von seinem Lehrer Mr. Hori (Eita Nagayama) gemobbt zu werden. Saori bringt den Vorfall vor die Schuldirektorin, doch stößt sie auf eine Mauer aus Unverständnis und Schweigen. Die Situation droht zu eskalieren. In dem Moment, als man das Gefühl hat, allmählich die ersten Hintergründe der Geschichte aufzudecken, wechselt Koreeda die Perspektive und erzählt die Geschichte neu, diesmal aus der Perspektive des Lehrers. Und siehe da: Die Dinge liegen in Koreedas Welt nie einfach, bestehen nie ausschließlich aus Schwarz und Weiß. Ein dritter Erzählstrang schließlich fügt das Puzzle zusammen und führt zu einem tiefen Verständnis für die Figuren. Das ist große Kunst, daran gibt es keinen Zweifel. Allerdings benötigt man viel Geduld für diesen schönen Film – diese mehrfache Wiederholung des gleichen Zeitstrangs kann ermüdend wirken. Für mich bleibt „Monster“ daher ein klein wenig hinter „Shoplifters“ und „Broker“ zurück, auch wenn der Film ein weiterer Beweis ist, welch sensibles Gespür dieser Ausnahmeregisseur für die Komplexität des zwischenmenschlichen Zusammenlebens hat.


7,0 Kürbisse

(Foto: (c) Viennale)

Robot Dreams (2023)

Regie: Pablo Berger
Original-Titel: Robot Dreams
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Animation
IMDB-Link: Robot Dreams


Wer einen möglichst authentisches New York im Film sehen möchte, greift in der Regel zu Filmen von Woody Allen. Dieser ist mit seinem neuesten Werk natürlich auch wieder bei der Viennale, dem alljährlichen Filmfestival von Wien, vertreten. Doch gibt es mit Pablo Bergers „Robot Dreams“ plötzlich einen Film, der „new yorkischer“ ist als alles, was Woody Allen bislang so gemacht hat. Und das Erstaunliche daran: Es handelt sich hierbei um einen charmanten Animationsfilm im Cartoon-Stil über anthropomorph-tierische Stadtbewohner, der fluffig-leicht daherkommt, aber in diesem leichten, auch kinderfreundlichen Stil eine grundlegende Aussage über das Menschsein trifft. Wir sind nicht dazu geschaffen, allein vor uns hinzuvegetieren. Aus diesem Grund bestellt sich der Protagonist Dog einen Roboter, der sofort zu seinem besten Freund wird. Ein unbeschwerter Nachmittag am Strand führt allerdings zur Katastrophe, als der Roboter feststellt, dass ihn Meer und Sonne bewegungsunfähig gemacht haben. Der verzweifelte Dog muss ihn zurücklassen, es war der letzte Tag der Saison, und ab da nimmt der zunächst so federleichte Film eine tragische Wendung und sinniert über Verlust, Verlustängste, Loslassen und Trauerarbeit. Es ist ein kleines Wunder, dass Pablo Berger all diese emotional komplexen Inhalte übermitteln, ohne dafür auch nur eine einzige Dialogzeile zu benötigen. „Robot Dreams“ ist charmant, witzig (mit vielen unglaublich amüsanten Details im Hintergrund), süß, traurig und melancholisch – ein Ritt durch alle Gefühlslagen. Die einzige kleine Schwäche, die der Film aufweist, ist ein geringfügiger Durchhänger im Mittelteil, doch das mindert meine Begeisterung für dieses Kleinod der Animationskunst nicht. Ein hervorragender Auftakt in meine Viennale 2023.


8,0 Kürbisse

(Foto: (c) Viennale)

Auftakt zur Viennale 2023

Dieses Jahr feiert der hat Kürbis eures Vertrauens ein kleines Jubiläum. 2013 besuchte ich meine ersten Filme der Viennale, Österreichs bedeutendstes Filmfestival. Ich bin damit ein Spätstarter, aber wie bei allen Dinge, die ich neu für mich entdecke und für gut befinde: Ich eskaliere schnell. In meinem ersten Jahr besuchte ich drei Filme, im zweiten schon acht, und ab dem dritten gab es kein Halten mehr, was in einem zwischenzeitlichen Rekord von 36 Filmen und einem temporären Nebenwohnsitz im Gartenbaukino mündete. Diesen Wahnsinn konnte ich in den letzten Jahren wieder ein wenig eindämmen mit zuletzt gemütlichen 10-15 Filmen, aber da ich allmählich in ein Alter komme, in dem das Gedächtnis nachlässt, stehen mal wieder 23 Filme, aufgeteilt auf 10 Tage, auf meiner Liste, sofern ich denn alle bekomme. (Wahrscheinlich werde ich bei ca. 20 aussteigen, was immer noch mehr als genug ist.) Das Programm ist attraktiv, da haben Festivaldirektorin Eva Sangiorgi und ihr Team wieder einen guten Job gemacht, und vor allem die Retrospektive zu Raúl Ruiz empfinde ich als spannende Ergänzung, die mich auch das eine oder andere Mal ins Filmmuseum locken wird. Heute öffnet das Festival mit dem Auftaktfilm „Explanation for Everything“ von Gábor Reisz seine Vorhänge. Meine persönliche Viennale startet am Samstag mit dem von mir schon mit Spannung erwartetem Animationsfilm „Robot Dreams“ von Pablo Berger. Alle Reviews zu den gesichteten Filmen gibt’s dann natürlich zeitnah auf diesem Blog.

Good Will Hunting – Der gute Will Hunting (1997)

Regie: Gus Van Sant
Original-Titel: Good Will Hunting
Erscheinungsjahr: 1997
Genre: Drama, Liebesfilm
IMDB-Link: Good Will Hunting


Zwei Anfang 20jährige Schauspielschüler setzen sich gemeinsam hin und schreiben das Drehbuch für ihren ersten Film, der Jahre später von Gus Van Sant kongenial umgesetzt wird. Diese Ausgangslage muss man sich vor Augen halten, wenn man den Monolog von Robin Williams als Psychiater Sean Maguire anhört – vielleicht eine der besten Szenen der Filmgeschichte überhaupt (und hier anstelle des sonst üblichen Trailers verlinkt). Man kann es nicht anders sagen: Ben Affleck und Matt Damon haben mit „Good Will Hunting“ Geniales (und auch Oscar-prämiertes) geleistet. Ihre Geschichte über einen vorbestraften Dockarbeiter ohne akademischer Ausbildung, der als mathematisches Wunderkind sogar Fields-Medaillen-Träger (Stellan Skarsgård) in die Tasche steckt, aber an normalen Beziehungen scheitert, entfaltet nicht zuletzt dank des außergewöhnlichen Schauspiels (Oscar für Robin Williams, Oscarnominierungen für Matt Damon und Minnie Driver) eine unglaubliche Wucht, der man sich nicht entziehen kann. „Good Will Hunting“ ist eine emotionale Achterbahnfahrt, eine Außenseitergeschichte, die, wie manche Kritiken attestieren, gelegentlich zu dick aufzutragen scheint, aber für mich dennoch immer den richtigen Ton trifft. Es ist ein Film mit Tiefgang, der aber dennoch fast leichtfüßig wirkt, was er der Authentizität seiner Figuren verdankt. Die Gang rund um Will, der empathische Psychiater, der seine eigenen Dämonen mit sich schleppt, der ehrgeizige Mathematikprofessor, der erkennt, dass eine andere Sonne heller leuchtet als er selbst und sich nun ihrem Glanz baden möchte, der Love Interest mit Charakter, der nicht nur hübsch sein darf, sondern auch humorvoll – es ist schon erstaunlich, dass es Damon und Affleck in so jungen Jahren gelungen ist, ein derart breit aufgestelltes, vielschichtiges Personal für ihre Geschichte aufzubauen. „Good Will Hunting“ ist ein Klassiker und gehört in meinen Augen auf die Liste der besten Filme in einem an grandiosen Filmen wahrlich nicht armen Jahrzehnt.


9,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 1997 Miramax Pictures- all rights reserved, Quelle http://www.imdb.com)

Ich sehe was, was du nicht siehst (2023)

Regie: Wes Anderson
Original-Titel: The Wonderful Story of Henry Sugar
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Kurzfilm
IMDB-Link: The Wonderful Story of Henry Sugar


In Zusammenarbeit mit Netflix hat Wes Anderson in diesem Jahr vier Kurzfilme zu Geschichten von Roald Dahl herausgebracht. „The Wonderful Story of Henry Sugar“ mit Benedict Cumberbatch, Ralph Fiennes, Ben Kingsley, Dev Patel und Richard Ayoade in den Hauptrollen ist der erste und mit etwa 40 Minuten Laufzeit der längste dieser vier Filme. Erzählt wird – sehr verschachtelt – vom Millionär Henry Sugar, der eines Tages auf eine Erzählung über einen Mann, der ohne die Augen zu öffnen, sehen konnte, stößt. Gelangweilt von seinem mondänen Leben beschließt Sugar, diese Fähigkeit ebenfalls zu erlernen. Zugegeben, es braucht ein wenig, um sich von der obersten Ebene der Erzählung bis zum Kern vorzuarbeiten – die Erzählung in der Erzählung in der Erzählung erinnert zuweilen ein wenig an Christopher Nolans „Inception“, doch übertreibt es Wes Anderson nicht und führt die Geschichten zusammen, ehe die Struktur ermüdend wirkt. Benedict Cumberbatch erweist sich hierbei als Glücksgriff und echte Bereicherung des Anderson’schen Universums – seine oft sehr britisch-steife Art, die er in „Sherlock“ perfektioniert hat, passt wie angegossen zu dem eigenwilligen Stil von Wes Anderson, der sich längst von jeglichem Realitätsanspruch verabschiedet hat und lieber seine liebevoll-detaillierten Miniaturen baut, vor denen er seine stoischen Figuren die größeren und kleineren Dramen des Lebens durchlaufen lässt. Es ist ein Stil, der sich zwar prinzipiell aufgrund seiner strikten Struktur leicht kopieren lässt, und doch kann ihn nur Wes Anderson selbst meistern, da die Kopien oft das wesentlichste Element in Andersons Schaffen vergessen: Nicht der Stil ist entscheidend, sondern die Figuren selbst auf der Suche nach einem Sinn in ihrem Leben sind es. Das wird in „The Wonderful Story of Henry Sugar“ einmal mehr deutlich. Wes Anderson und Roald Dahl? Das passt jedenfalls.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Elemental (2023)

Regie: Peter Sohn
Original-Titel: Elemental
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Animation
IMDB-Link: Elemental


Achtung Kalauer: Ist Pete Docter der Vater vieler grandioser Pixar-Filme, hat nun Peter Sohn den Staffelstab nicht unbedingt gut aufgenommen. Denn „Elemental“ aus der berühmten Animationsfilmschmiede fühlt sich wie ein Aufguss bekannter Themen an, ohne allerdings seine eigene Geschichte zu finden. Die junge Außenseiterin Ember fühlt sich hin- und hergerissen zwischen der Pflicht, den Wünschen der Familie zu entsprechen, und der Suche nach der eigenen Identität, trifft auf einen anderen Außenseiter, Wade von den Wassergeschöpfen, der so gar nicht zu ihr passt, doch die beiden finden dennoch zueinander, und die Außenseiterin lernt, ihren eigenen Weg zu finden. Damit ordnet sich „Elemental“ thematisch zwischen Rot, Wall-E: Der Letzte räumt die Erde und dem Disney-Film Zoomania ein, und die Stadt Zootopia aus letztgenanntem Film scheint auch gleich die Vorlage für die Stadt der Elemente in „Elemental“ gewesen zu sein: Hier lebt in friedlicher Koexistenz, was es für gewöhnlich schwer hat, miteinander auszukommen. In diesem Fall Geschöpfe der vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft. Das bietet den Designern des Animationsstudios natürlich jede Menge Möglichkeiten, ihre Expertise unter Beweis zu stellen, und so ist es schon hübsch anzusehen, wie die unterschiedlichen Elemente lebhaft und bunt animiert sind, wie das Feuer flackert, das Wasser fließt – mit Sicherheit keine einfache Aufgabe für das Studio. Und doch zündet die Story nicht (pun intended). Die Geschichte ist einfach zu harmlos, die familiären Konflikte werden überdramatisiert, die Moral zu sehr mit dem Holzhammer in die Köpfe gehämmert. Und was genau die Anziehungskraft zwischen den beiden Hauptfiguren verursacht, ist selbst beim Abspann noch nicht klar. Hier wurde wohl eher nach dem Motto „style over substance“ gehandelt. Und so ist „Elemental“ aufgrund seiner Schauwerte zwar kein wirklich schlechter Film, aber einer der schlechtesten von Pixar bislang.


5,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Pixar/PIXAR – © 2022 Disney/Pixar. All Rights Reserved., Quelle http://www.imdb.com)

Deep Impact (1998)

Regie: Mimi Leder
Original-Titel: Deep Impact
Erscheinungsjahr: 1998
Genre: Science Fiction, Drama
IMDB-Link: Deep Impact


Das Jahr 1998 brachte einen Wettlauf zweier zivilisationskillender Asteroiden: Während es die Menschheit in „Armageddon – Das jüngste Gericht“ für eine gute Ideen hielt, einen Haufen Machos von einer Ölbohrinsel ins All zu schicken, überließ man diese Aufgabe in „Deep Impact“ wenigstens den Profis, übte sich aber dennoch in Fatalismus und bereitete Plan B vor: Reich & Schön ziehen sich in gemütliche Bunker zurück, während der Pöbel einen Kreidezeit-Dinosaurier-Move hinlegt. Nicht jede Nebenfigur schafft es auch tatsächlich bis zum Ende des routiniert von Mimi Leder inszenierten Katastrophenfilms. Doch Personal gibt es immerhin reichlich: Morgan Freeman als US-Präsident, Téa Leoni als neugierige Journalistin, die mehr erfährt, als sie eigentlich erfahren möchte, Elijah Wood, der wieder einmal auf Hügeln herumkraxelt, Robert Duvall als alter Astronauten-Haudegen, auch wenn Bruce Willis die Feinripp-Leiberl besser getragen hat, und dazu noch viele weitere bekannte Gesichter wie Vanessa Redgrave, Maximilian Schell, Leelee Sobieski, Jon Favreau oder James Cromwell. So ist die Geschichte auch recht zersprargelt und hüpft von Schauplatz zu Schauplatz, von Figur zu Figur, und da müssen natürlich noch persönliche Dramen mit hinein wie etwa eine zerrüttete Vater-Tochter-Geschichte oder die junge, zerrissene Familie. All das zusammen ist aus heutiger Sicht vielleicht etwas too much, atmet aber in jeder Einstellung das 90er-Jahre-Genrekino. Heute würde man einen solchen Film vielleicht etwas subtiler gestalten, doch legt „Deep Impact“ immerhin den richtigen Fokus, wenn es sich auf die Auswirkungen einer solchen unausweichlich scheinenden Katastrophe auf die Menschheit am Beispiel einiger Einzelschicksale konzentriert. An den Kinokassen gewann „Armageddon“ das Rennen klar, qualitativ sehe ich hier aber leichte Vorteile für „Deep Impact“, das vielleicht nicht so skurril-unterhaltsam wie „Armageddon“ ist, das Thema des Weltenkillers aber immerhin ein bisschen seriöser angeht.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: © 1998 Paramount Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

DogMan (2023)

Regie: Luc Besson
Original-Titel: DogMan
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Thriller, Drama
IMDB-Link: DogMan


Homo homini lupus. Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Diesen Satz würde der Außenseiter Doug Munrow (Caleb Landry Jones) wohl unterschreiben. Wobei: Vielleicht hätte er auch Einwände. Denn mit den Nachkommen der Wölfe, den Hunden, kommt er bestens klar, sie sind seine Familie, nachdem sein soziopathischer und sadistischer Vater ihn in einen Hundezwinger geworfen und die Lähmung seiner Beine verschuldet hat. Mit Menschen jedenfalls kann Doug verständlicherweise später nicht mehr viel anfangen. Er lebt mit seinen Hunden in einem verwahrlosten Fabrikgebäude und verdient sein Geld als Mitglied einer Drag-Show. Viel mehr Außenseiter geht nicht. Eines Tages wird er mit seinen Hunden in einem Kleinlaster von der Polizei aufgegriffen. Er erzählt der Psychiaterin Evelyn (Marisa Berenson) seine tragische Geschichte. Mit „DogMan“ setzt sich Luc Besson in ein sehr unbequemes Feld und beackert dieses mit drastischen Mitteln. Subtilität kann man dem Film nicht vorwerfen, aber das passt schon so. Dougs Geschichte und die Entwicklung, die sie nimmt, verträgt den Holzhammer, sie bietet Caleb Landry Jones zudem die Möglichkeit, eine absolute Glanzleistung hinzulegen. Sein Doug ist eine ambivalente Figur, die Mitleid hervorruft und dabei gleichzeitig eine kühle Härte zeigt, wie ein verletzter Hund, der die Nackenhaare aufstellt und seine Zähne fletscht. Mehr Drama als Thriller ist Besson stets nah an seiner Figur dran und lotet dessen Sehnsüchte und Ängste aus. In dieser Hinsicht ist „DogMan“ vergleichbar mit Joker, ohne aber dessen Brillanz ganz zu erreichen. Dennoch zeigt Besson nach einigen schwächeren Filmen mit seinem neuesten Werk, dass er sich nicht vor Risiken scheut und immer noch imstande ist, eine Geschichte zu erzählen, die im Gedächtnis bleibt.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: © EuroCopa, Quelle http://www.imdb.com)