Suspended Time (2024)

Regie: Olivier Assayas
Original-Titel: Hors du temps
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Drama, Komödie
IMDB-Link: Hors du temps


Der Ausbruch der COVID-Pandemie war eine Zäsur der jüngeren Menschheitsgeschichte. Doch gefühlt war niemand davon so sehr betroffen wie der Filmemacher Paul Berger (Vincent Macaigne), der mit seiner Freundin sowie seinem Bruder und dessen Freundin (Nine d’Urso, Micha Lescot und Nora Hamzawi) während des Lockdowns im Elternhaus am Land festsitzt und einige interessante neue Neurosen entwickelt – Woody Allen lässt grüßen. Wenn er beispielsweise vom Einkaufen nach Hause kommt (was er ohnehin durch exzessive online-Bestellungen zu vermeiden versucht), zieht er sich bis auf die Unterhose aus und lädt die kontaminierte Wäsche sofort in die Waschmaschine, bevor er sich manisch die Hände wäscht, wie es einem Youtube-Video vorexerziert wird. Sein Bruder Etienne, ein Musikjournalist, nimmt die Corona-Regelungen etwas locker, was zu leicht entzündlichen brüderlichen Konflikten führt. Die meiste Zeit aber verbringt man beim gemeinsamen Abendessen mit einer guten Flasche Wein, auf dem Tennisplatz des nachbarschaftlichen Anwesens, auf dem man früher als Kind schon gespielt hat, und vor allem mit Name-Dropping obskurer Persönlichkeiten aus der Welt von Kunst und Philosophie, die selbst unter gelehrtem Viennale-Publikum für Stirnrunzeln sorgt. Beim einzig verständlichen diesbezüglichen Gag klopft man sich innerlich auf die Schulter, dass man immerhin den Namen Modigliani kennt – sonst wäre dieser Gag nämlich ebenfalls im Schlamm der Unkenntnis der Ungebildeten versunken. „Hors du temps“ von Olivier Assayas, den ich für gewöhnlich sehr schätze, hat zwei grundlegende Probleme, über die man nicht hinwegsehen kann: Erstens: Auch wenn es im Film karikiert werden soll, ist das seelische Leid des sensiblen Paul durch den Lockdown, den er in bester Gesellschaft in einem riesigen parkähnlichen Garten verbringt, einfach nur lächerlich. Zweitens: Selbstreferenzielle Diskurse über das Filmemachen, die Philosophie und die Philosophie des Filmemachens sind halt leider, wenn sie derart penetrant ausgebreitet werden, nur eine ziemliche Hirnwichserei. Zugute halten muss man Assayas, dass er das immerhin mit viel Verve inszeniert, französisch eben. Aber wenn in der Nachbetrachtung der weltumspannenden Pandemie, die unsere Gesellschaft einmal auf den Kopf und wieder zurück gedreht hat, ein solches nichtssagendes Etwas von einem Film herauskommt, so ist das enttäuschend.


4,5 Kürbisse

Foto: (c) Viennale

Ein Kommentar

Hinterlasse einen Kommentar