The End (2024)

Regie: Joshua Oppenheimer
Original-Titel: The End
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Musical, Drama
IMDB-Link: The End


Das Ende kommt am Anfang. Gleich mein zweiter Viennale-Film in diesem Jahr mit dem vielversprechenden Titel „The End“ erweist sich als frühes Highlight dieses Festivals. Regisseur Joshua Oppenheimer ist bislang nur mit Dokumentation („The Act of Killing“) aufgefallen. Sein neuestes Projekt ist ein filmisches Wagnis, das alle Konventionen sprengt: Tilda Swinton, George MacKay und Michael Shannon spielen eine reiche Familie, die sich nach der Apokalypse zusammen mit ihrem Butler, einer Haushälterin und einem Arzt in einen Bunker zurückgezogen hat und dort heile Welt spielt. Sie sind die letzten Überlebenden der Menschheit, die es geschafft hat, sich selbst über den Jordan zu schießen – bis eines Tages eine junge Frau (Moses Ingram) vor ihrer Tür liegt. Nach anfänglicher Irritation nimmt die Familie die junge Frau auf, doch mit dem Eindringen einer fremden Person und deren tragischer Geschichte in ihre kleine Welt beginnen Fassaden zu bröckeln und lange Verdrängtes bahnt sich an die Oberfläche. In dieser Hinsicht lassen sich Parallelen zum ersten Viennale-Film On Becoming a Guinea Fowl entdecken, doch wer in „The End“ auf eine Katharsis wartet, wartet vergebens. Der Witz an der ganzen Sache ist, dass Joshua Oppenheimer die Geschichte von Lug und Selbstbetrug als leichtfüßiges Musical inszeniert, in dem die Protagonistinnen und Protagonisten ihr Seelenleid in Form lieblicher, wenn auch nicht eingängiger Songs zum Besten geben. Diesen Spagat zwischen Endzeitdrama in einem Bunker und Musical muss man erst einmal schaffen. Das Wagnis hätte böse ausgehen können, und die ersten (schiefen) Töne von George MacKay lassen dies vermuten, doch hat der Wahnsinn hier Methode. Wenn der Schmerz zu tief sitzt, um besprochen zu werden, dann singt ihn heraus! Großartig!


8,0 Kürbisse

Foto: (c) Viennale

2 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar