Regie: Rungano Nyoni
Original-Titel: On Becoming a Guinea Fowl
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Drama, Komödie
IMDB-Link: On Becoming A Guinea Fowl
Perlhühner, auf Englisch Guinea Fowls, sind äußerst nützliche Tiere in der Steppe. Wenn sie Raubtiere anmarschieren sehen, geben sie mit lautem Gekreische dem Rest der Tierwelt Bescheid, dass diese doch lieber das Weite suchen soll. Genau eine solche Warnung hätte auch Shula (Susan Chardy) gut gebrauchen können, als sie seltsam gewandet von einer Party nach Hause fahrend in den frühen Morgenstunden ihren Onkel tot auf der Straße liegen sieht. Denn nun gebietet es die Tradition, dass die gesamte Verwandtschaft in Truppenstärke in ihr Haus einfällt, um den Toten angemessen zu betrauern. Die alten Herren halten ein Schwätzchen im Garten und bestellen bei Shula Essen, als wären sie in einem Restaurant, doch das Sagen haben eh die Matriarchen, die sich ausgiebig darüber entsetzen können, dass Shula beispielsweise ein Bad genommen hat – so etwas gehört sich schließlich nicht, wenn man trauert. Und überhaupt: Wo sind die dicken Tränen, wo das herzzerreißende Geschrei? Shula hält nicht viel von diesem Unsinn, war sie Onkel Fred ohnehin nie so richtig zugetan. Warum das so ist, entfaltet sich erst langsam in Rungano Nyonis Tragikomödie, die einerseits das falsche Getue auf Beerdigungen aufs Korn nimmt (und auch wenn manche Riten ungewöhnlich erscheinen, so kommt einem Vieles dennoch von eigenen Familienzusammenkünften ähnlicher Art recht vertraut vor), und andererseits aber eine Geschichte von Verdrängung und tief liegenden Verwundungen erzählt. Man muss sich aber ein wenig hineinarbeiten in dieses Setting und die zurückhaltende und indirekte Erzählweise. Der Film macht es einem trotz gelegentlich absurd-komischer Situationen nicht einfach, entfaltet dafür gegen Ende hin eine Wucht und Sogkraft, der man sich kaum entziehen kann. Wenn am Ende die Familien über die Besitztümer des Verstorbenen streiten, wobei eine Seite die andere aufgrund von höherer sozialer Stellung und Reichtum die andere runterputzen und erniedrigen kann, fallen Fassaden zusammen und das Niedrigste im Menschen tritt hervor. Wenn dann der Schrei des Perlhuhns ertönt, hat das eine fast kathartische Wirkung.

7,0 Kürbisse
Foto: (c) Viennale
3 Kommentare