Asteroid City (2023)

Regie: Wes Anderson
Original-Titel: Asteroid City
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama, Komödie, Science Fiction
IMDB-Link: Asteroid City


Es gibt ja zwei Arten von Menschen: Jene, die im Sommer bei über 30 Grad bevorzugt im Freien herumturnen (vorzugsweise natürlich im Freibad), und es gibt herbstliche Gewächse wie Kürbisse beispielsweise, die sich bei solchen Temperaturen lieber in einen dunklen, klimatisierten Kinosaal verkriechen, da sich der Aggregatszustand draußen rasend schnell von fest in flüssig ändert. Das Wüstensetting von Wes Anderson neustem Film „Asteroid City“ passt immerhin zu den Außentemperaturen, auch wenn man fairerweise dazu erwähnen muss, dass just an jenem Nachmittag, an dem es den Kürbis samt Kürbisin ins Kino verschlagen hat, ein frühlingshafter Regen über die Stadt niederging. Apropos Regen: Von einem „Besetzungsregen“ kann man durchaus sprechen, wenn man auf die Liste der Beteiligten schaut. Wes Anderson hat den Punkt in seiner Karriere erreicht, an dem er a) für jeden Film mehr Anfragen von renommierten Darsteller:innen reinbekommt, die mit ihm zusammenarbeiten wollen, als er sinnvollerweise ins Drehbuch schreiben kann, und b) einen Zustand der kompletten Selbstreferenz erreicht hat, was aber wurscht ist, weil a). Wenn beispielsweise eine Margot Robbie als Neuzugang im Anderson’schen Universum gerade mal auf einem Foto und ca. eine Minute am Ende zu sehen ist, dann ist es fast schon egal, ob man etwas zu erzählen hat oder nicht. Wobei ich Wes Anderson nicht absprechen möchte, gute Geschichten erzählen zu können. Ich bin ja ein großer Fan seiner Arbeit, doch muss ich auch zugeben, dass die Casts immer größer, die Sets immer geometrischer und die Nebenstränge immer zahlreicher werden, und das geht zulasten der Story. In „Asteroid City“ treffen sich unterschiedliche Charaktere in den 50ern bei einem Meteroidenkrater, um der Verleihung eines Wissenschaftspreises an Jugendliche beizuwohnen, als sie unverhofft Zeugen eines außergewöhnlichen ersten Kontakts mit Außerirdischen werden. (Sehr schön an dieser Stelle ist die akustische Verbeugung vor Tim Burtons Trash-Meisterwerk Mars Attacks! – Wes Anderson kann also auch andere zitieren als sich selbst.) Gleichzeitig wird aber als zweiter Strang die Entstehung dieser Geschichte des Erstkontakts erzählt – in Form von Vorbereitungen auf ein Theaterstück. Ob diese Verschachtelung der Ebenen nun einfach nur dazu gedacht ist, auch alle Schauspieler:innen wirklich unterbringen zu können (Edward Norton als Dramatiker, Bryan Cranston als Erzähler, Adrien Brody als Regisseur, Hong Chau in einer Minirolle als dessen Exfrau, Jeff Goldblum in einer noch kleineren Minirolle als Alien-Darsteller), sei mal dahingestellt. Eine zweite These ist natürlich, dass Wes Anderson mit dieser Ebene selbst Einblick in seinen kreativen Schaffensprozess gewähren wollte, der so wahnwitzig und anders ist, dass kein Anderer jemals so arbeiten kann, ohne des Plagiats beschuldigt zu werden. Wie auch immer: Allein diese bunten, durchkomponierten Tableaus und die witzigen Details machen einen Wes Anderson-Film immer zum Ereignis, und in „Asteroid City“ treibt er diese auf die Spitze. Wenn man das mag: Nur rein ins Kino, auch wenn man vielleicht eher dem Typus „Freibad-Aficionado“ angehört. Wenn man mit Wes Anderson und seinem ganz eigenen Stil allerdings nichts anfangen kann, sollte man um diesen Film lieber einen großen Bogen machen, denn mehr Wes Anderson als hier geht eigentlich nicht. (Wobei mir auffällt, dass ich mir das mittlerweile bei jedem neuen Wes Anderson-Film denke, und dann setzt er dem Ganzen doch noch mal eine neue Krone auf.)


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Courtesy of Pop. 87 Productions//Courtesy of Pop. 87 Productions – © 2022 Pop. 87 Productions LLC, Quelle http://www.imdb.com)

Ein Kommentar

Hinterlasse einen Kommentar