Thriller

Collateral (2004)

Regie: Michael Mann
Original-Titel: Collateral
Erscheinungsjahr: 2004
Genre: Thriller, Action
IMDB-Link: Collateral


Taxifahren kann ganz schön gefährlich sein, wie Max (Jamie Foxx) feststellen muss. Kaum hat er die charmante Staatsanwältin (Jada Pinkett Smith) abgeladen, steigen mit dem neuen Fahrgast Vincent (Tom Cruise) jede Menge Probleme ein. Zwar zahlt der graumelierte Herr im Anzug sehr gut für die fünf Zwischenstationen, zu denen ihn Max kutschieren soll, doch bereits beim ersten Halt landet eine Leiche auf dem Taxi, und Max dämmert, dass sein spendabler Fahrgast vielleicht eine etwas unethische Agenda hat. Aber: Mitgefangen, mitgehangen, vor allem, wenn man plötzlich eine Knarre an der Schläfe hat. Da bleiben nicht mehr viele Handlungsoptionen. Und so geht es für die beiden durch die Nacht, und überall, wo man hält, hinterlässt man ein Blutbad. „Collateral“ ist zunächst mal ein typischer Michael Mann-Film. Finstere, aber irgendwie auch hoffnungslose Gestalten bewegen sich für einer nüchternen, kalten Atmosphäre und steuern unentwegt ihrem Schicksal entgegen. Das ist ein Thema, das Mann schon des Öfteren beschäftigt hat. Und wie so oft findet man als Zuseher sehr schnell Zugang zu seinen Figuren, selbst zum eiskalten Profikiller Vincent, den Tom Cruise vielschichtig und mysteriös anlegt: Auf der einen Seite ist Vincent in seiner gefühllosen, kontrollierten Art fast schon eine Art Blaupause für einen Profikiller, auf der anderen Seite schimmert immer wieder überraschend Tiefgang und Empathie durch. Sein Vincent ist eine ambivalente Figur und vielleicht eine der besten Karriereleistungen von Tom Cruise. Der Anker in dem Film ist allerdings Jamie Foxx als Max. Auch für Jamie Foxx kann man nur den Hut ziehen, hier stolpert eine in jeder Hinsicht glaubwürdige und überforderte Figur durch das Geschehen. „Collateral“ macht also sehr viel richtig. Allerdings verhindern die Längen zwischendurch, die den Film zuweilen recht zäh werden lassen, am Ende dann doch noch eine noch bessere Bewertung.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 2003 Dreamworks Productions, LLC, Quelle http://www.imdb.com)

I Care a Lot (2020)

Regie: J Blakeson
Original-Titel: I Care a Lot
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Thriller, Komödie, Krimi
IMDB-Link: I Care a Lot


Wie gut, dass es Menschen wie Marla Grayson (Rosamund Pike) gibt, die sich selbstlos aufopfern, um ihren älteren Mitmenschen das Leben so angenehm und komplikationsfrei wie möglich zu machen. Besitztümer können da durchaus Komplikationen mit sich bringen, also sorgt Marla dafür, dass sich die Menschen, die sich in ihrer Fürsorge befinden, nicht länger mit diesen profanen Problemen herumplagen müssen. Auf Marlas Konto ist das Geld sicherlich auch gut verwahrt, nicht wahr? Doch eines Tages legt sich die resolute junge Dame, die vor allem auf ihren eigenen Vorteil bedacht ist, mit dem falschen Opfer an. Denn an Jennifer Petersons Wohlergehen sind auch durchaus einflussreiche Herrschaften mit zum Teil unorthodoxen Geschäftsgebaren interessiert. Und manche Warnungen, die von windigen Anwälten überbracht werden, sollte man nicht so einfach in den Wind schlagen, wie Marla schon bald feststellen muss. „I Care a Lot“ von J Blakeson beginnt als zynische Komödie über eine gewissenlose Geschäftsfrau, die die Schwächen anderer gnadenlos unter Mithilfe des Rechtsstaates zu ihren Gunsten auszunutzen versteht, und wendet sich dann zu einem teils recht atemlosen Thriller, der sich hätte vermeiden lassen, wenn Marla nicht so verdammt von sich selbst überzeugt gewesen wäre. Wie gesagt, manche Fehler bereut man bitterlich, aber dann ist es schon zu spät, und du rennst um dein nacktes Leben. Eine runde Geschichte ist das zwar nicht, aber unterhaltsam allemal. Das liegt vor allem an einer grandiosen Rosamund Pike, kürzlich für ihre Darstellung erst mit einem Golden Globe geadelt, der es gelingt, beim Zuseher eine unangenehme Ambivalenz entstehen zu lassen: Einerseits wünscht man ihrem Miststück alles erdenklich Schlechte, andererseits fiebert man dann doch auch wieder mit und hofft auf ihr Überleben. Begleitet wird Pike von einem soliden Nebencast: Peter Dinklage (mal richtig grimmig), Dianne Wiest und Eiza González an vorderster Front, die ihre Sache allesamt sehr gut machen. Dennoch ist und bleibt „I Care a Lot“ eine Rosamund Pike-Soloshow. Und das reicht aus für einen spannenden Filmabend.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Drive (2011)

Regie: Nicolas Winding Refn
Original-Titel: Drive
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Thriller, Drama
IMDB-Link: Drive


Wenn man nach modernen Kultfilmen und den besten Filmen des noch relativ jungen 21. Jahrhunderts fragt, wird immer wieder auch dieser Film genannt: „Drive“ von Nicolas Winding Refn. In diesem Fall suchte sich Ryan Gosling, der die Hauptrolle des namenlosen Fahrers spielt, seinen Regisseur aus, der sich wiederum um die restliche Besetzung kümmerte. Wie ein Rädchen, das ins andere greift, ergab sich damit eine optimale Besetzung mit Carey Mulligan, Albert Brooks, Bryan Cranston, Ron Perlman und Oscar Isaac. Doch all die geballte Schauspielkraft ist nicht viel wert, wenn die Story uninteressant oder schlecht erzählt ist. „Drive“ macht aber alles richtig. „Drive“ ist ein B-Movie mit dem künstlerischen Anspruch eines Oscarfilms. Ein Actionfilm mit langsamen, fast stoischen Actionszenen. Ein Liebesfilm, der allein mit scheuen Blicken und Gesten erzählt wird und ohne Streichquartette auskommt. Ein Rachethriller, in dem weniger die Protagonisten als die Summe der Umstände zu der verfahrenen Situation führen, in der sich die Beteiligten wiederfinden. Und „Drive“ ist eine Meisterleistung von Ryan Gosling, der den ganzen Film über fast ohne Dialog und nur mit stoischer Miene auskommt und dabei seinen Protagonisten expressiver und feinfühliger vermitteln kann als das mit diesen Mitteln eigentlich möglich sein sollte. Carey Mulligan steht ihm dabei im Übrigen kaum nach, auch ihre Irene macht sie mit minimalistischen Mitteln greifbar, aber durch die Zentrierung des Films auf den schweigsamen Fahrer fällt die besondere Leistung von Gosling noch mal deutlicher auf. Dazu kommt der atmosphärisch dichte Elektropop-Soundtrack, der die Isolation der Figuren wie auch die Versuche, daraus auszubrechen, ideal untermalt und über den Film hinaus im Ohr hängenbleibt. Kurz: „Drive“ ist ein perfekter Film. Er ist handwerklich außergewöhnlich gemacht, konzentriert erzählt, überragend gespielt und trifft dabei auch noch mitten ins Herz. Einfach mal auf Youtube nach der Szene „Do you wanna see something?“ suchen, und ihr wisst, was ich meine mit dieser Perfektion in allen Details. Ein Lieblingsfilm.


10 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Side Effects – Tödliche Nebenwirkungen (2013)

Regie: Steven Soderbergh
Original-Titel: Side Effects
Erscheinungsjahr: 2013
Genre: Thriller, Krimi
IMDB-Link: Side Effects


Was wären wir alle ohne den Wundern, die die Pharmaindustrie bewirkt? Doch manchmal scheint man sich auch dort in den milliardenschweren Konzernen, die eigentlich eh unter permanenter Beobachtung stehen und sich keine Fehler erlauben dürfen, kräftig zu verhauen. Traue niemals etwas, das als „Wundermittel“ angepriesen wird. Diesen Rat hätte sich Psychiater Jonathan (Jude Law, sehr judelawig, was aber nicht negativ gemeint ist) besser zu Herzen nehmen sollen. Aber stattdessen verschreibt er seiner Patientin Emily (Rooney Mara, mit einer nuancierten Darstellung wie von ihr gewohnt) das neue Antidepressivum Ablixa, und das zeigt schon bald ungewollte Nebenwirkungen in Form eines toten Ehemannes (Channing Tatum, der tatsächlich nicht viel zu tun hat in diesem Film). Emily landet vor Gericht, und Jonathan ist schwer damit beschäftigt, sie aus dem Schlamassel, an dem er nicht unbeteiligt ist, wieder herauszuhauen. Doch wie von Soderbergh gewohnt, bleibt es nicht bei dieser straighten Geschichte, sondern das Drama verzweigt sich immer mehr und bald schon scheint sich Jonathan in diesem Winkelspiel zu verlieren. Der Auftritt von Emilys ehemaliger Psychiaterin Victoria (Catherine Zeta-Jones) macht die Sache auch nicht durchsichtiger. (An dieser Stelle ein kleiner Schritt zur Seite, denn was raus muss, muss raus: Ich kann’s immer noch nicht ganz fassen, dass Catherine Zeta-Jones Oscarpreisträgerin ist. Denn eigentlich spielt Catherine Zeta-Jones immer Catherine Zeta-Jones, und ja, ich schaue ihr dabei gerne zu, sie macht das auf ihre Weise sehr gut, aber ihr wenig subtiles Schauspiel in „Side Effects“ ist im Grunde ein einziger Spoiler, was vor allem neben den sehr guten Darstellungen von Law und Mara ins Auge fällt.) Aber gut, Zeta-Jones hin oder her, Steven Soderbergh hat die Zügel routiniert in der Hand und führt uns so durch einen guten, wenngleich nicht herausragenden Thriller, der vielleicht ein oder zwei Kapriolen zu viel schlägt und so gegen Ende hin ein bisschen den Fokus verliert. Der Weg dahin ist aber sehr sehenswert und lädt zum Miträtseln ein.


6,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Photo by Eric Liebowitz – © 2013 – Open Road Films Quelle http://www.imdb.com)

American Psycho (2000)

Regie: Mary Harron
Original-Titel: American Psycho
Erscheinungsjahr: 2000
Genre: Thriller, Satire
IMDB-Link: American Psycho


Man kennt das: Langweilige Geschäftsessen, die Kollegen versuchen, sich gegenseitig mit noch schöneren, eindrucksvolleren Visitenkarten zu übertrumpfen, es wird über Abwesende hergezogen, die sich keine tollen Maßanzüge leisten können – der übliche Schwanzvergleich unter großkotzigen Geschäftsmännern, die viel zu jung und viel zu ahnungslos und nur dank ihrer Selbstverliebtheit in die oberen Etagen gekommen sind. Da kann einem schon auch mal der Kragen platzen, und was liegt näher als den ungeliebten Kollegen mit einer Axt den Schädel einzuschlagen? Willkommen in der Welt von Patrick Bateman (Christian Bale der mit seiner ohnehin etwas arroganten Miene eine Traumbesetzung für diese Rolle ist), willkommen in der Welt des American Psycho. Er ist einerseits ein Soziopath erster Güte, andererseits aber auch ein Symptom unserer Zeit, in der in der Welt von Reich & Schön der Schein immer die Überhand über das Sein behält. Es zählt nur, in welchen Restaurants man isst. Gelegentlich fühle ich mich selbst dabei auch ertappt, wenn ich daran denke, was ich schon an Geld für (zugegeben: exzellente) Weinflaschen ausgegeben habe. Aber das ist dann auch die Qualität des Films bzw. des Romans von Bret Easton Ellis: So absurd die Handlung auch sein mag, so satirisch überspitzt sie erzählt wird, irgendwie kann man sich da trotzdem verdammt gut hineinfühlen. Denn wir alle kennen diese Art von Leuten, deren größte Angst es ist, dass ein Vogel auf ihren Porsche kackt, die ihren Ehefrauen protzige Ringe kaufen, um sie am Tag darauf mit ihren Sekretärinnen zu betrügen, die nicht „arbeiten“, sondern „Deals abschließen“, die die bemühte und sichtlich nervöse Kellnerin an ihrem zweiten Arbeitstag zur Sau machen, nur weil sie stilles statt prickelndes Mineralwasser gebracht hat. Und gleichzeitig wollen wir insgeheim ja doch dazugehören, nur dass wir VW statt Porsche fahren würden, auf eine Sekretärin verzichten und mit unseren Jobs etwas Gutes bewirken würden und nett zu Kellnerinnen wären, nicht wahr?


7,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Photo by Hulton Archive/Getty Images – © 2013 Getty Images, Quelle http://www.imdb.com)

The Others (2001)

Regie: Alejandro Amenábar
Original-Titel: The Others
Erscheinungsjahr: 2001
Genre: Horror, Thriller
IMDB-Link: The Others


Im vergnüglichen Tierfilm „The Otters“ folgen wir einer herzigen Otter-Familie (Mutter und zwei Jungtiere), die in ihrem neuem Revier auf die Ankunft des Otter-Papas wartet. Die beiden Jungtiere haben aber eine tragische Erkrankung: Sie dürfen auf keinen Fall an Land gehen, sondern müssen immer im Wasser bleiben. Doch etwas Seltsames passiert: undefinierbare Geräusche halten die Familie wach, zerbrochenes Holz wird angeschwemmt – ist da am Ende gar ein Biber in ihr Revier eingedrungen? Doch halt! Falscher Film! Oder doch nicht? Ich wollte ja über Alejandro Amenábars „The Others“ schreiben. Blöder Tippfehler. Aber so weit vom Inhalt des Gruselthrillers sind wir gar nicht entfernt. Nicole Kidman sieht besser als aus der durchschnittliche Otter, aber ob Homo Sapiens oder Tribus Lutrini – niemand mag, wenn da etwas im eigenen Revier vor sich geht, was man nicht versteht und als Bedrohung wahrnehmen muss. „The Others“ ist ein Horrorfilm für Menschen mit schwachen Nerven. Die Spannung wird zwar ständig hochgehalten, aber es wird mehr Wert auf Atmosphäre denn auf Schockeffekte gesetzt. Der Schock kommt am Ende, aber in einem großartigen Plot-Twist, der so gut ist, dass man diesen Film unbedingt sehen sollte, ohne den Inhalt zu kennen. Gut, wer dem Film aufmerksam folgt, kann schon früh erahnen, wohin die Reise geht, aber dennoch gilt die Auflösung von „The Others“ zurecht als cineastisches Highlight. So mag ich Horror – subtil, hintergründig und intelligent umgesetzt.


7,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: © 2011 – Sony Pictures Classics, Quelle http://www.imdb.com)

Die Haut, in der ich wohne (2011)

Regie: Pedro Almodóvar
Original-Titel: La piel que habito
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Thriller, Drama, Krimi
IMDB-Link: La piel que habito


Auf so eine Geschichte musst du erst mal kommen. Also echt, als Vera (Elena Anaya) herausfindet, was ihr Robert (Antonio Banderas) angetan hat, nämlich, dass … aber halt! Ich hätte ja jetzt fast den ganzen Film gespoilert, so aufgeregt, wie ich bin. Doch was schreibt man über Pedro Almodóvars verstörenden Mindfuck „Die Haut, in der ich wohne“, ohne zu viel Inhalt vorwegzunehmen und das WTF der ersten Sichtung zu spoilern? Dass dieser Chirurg Robert sichtlich einen an der Waffel hat, ja, das kann man schreiben. Und dass die bildhübsche Vera von ihm gefangen gehalten wird, auch das erschließt sich relativ schnell. Aber das sind auch schon alle Andeutungen zum Inhalt, die man gefahrlos geben kann, ohne jemandem, dessen Erstsichtung dieses Films aus dem Jahr 2011 noch aussteht, den Spaß zu verderben. Ansonsten bleibt einem nicht viel mehr, als den Einfallsreichtum des Pedro Almodóvar zu rühmen, der sein Ding einfach konsequent durchzieht und mit „Die Haut, in der ich wohne“ einen Film realisiert hat, über den sich andere etabliere Filmemacher vielleicht gar nicht erst getraut hätten aus Sorge, mit einem solch schrägen und unbequemen Werk die treue Fangemeinde zu verstören. Und man kann einmal mehr Antonio Banderas loben, der wohl auf Basis seiner eindimensionalen Hollywood-Rollen, die ihm nicht mehr zugestehen wollen als den glutäugigen Latin Lover, immer noch vielfach unterschätzt wird. Aber unter Almodóvars Regie zeigt er, dass viel mehr in ihm steckt. Was man vielleicht ein wenig an dem Film kritisieren kann, ist dann doch eine gewisse Neigung zur Effekthascherei. Diese verhindert eine durchaus mögliche höhere Wertung. Nichtsdestotrotz die unbedingte Empfehlung an alle Cineasten, die für Grenzerfahrungen offen sind: Anschauen! Aber nichts vorab über den Inhalt des Films lesen, sondern ihn einfach wirken lassen.


7,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: © 2011 – Sony Pictures Classics, Quelle http://www.imdb.com)

What Happened to Monday? (2017)

Regie: Tommy Wirkola
Original-Titel: What Happened to Monday
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Science Fiction, Thriller
IMDB-Link: What Happened to Monday


Überbevölkerung ist ein wichtiges Thema unserer Zeit. Die Ein-Kind-Politik ein Ansatz zur Lösung, den schon China versucht hat. In „What Happened to Monday?“ von Tommy Wirkola wird diese einen Schritt weitergedacht. Überzählige Kinder werden einfach in einen Kryoschlaf versetzt. Nur Einzelkinder sind erlaubt, und diese tragen zur Identifikation auch elektronische Armbänder. Was aber, wenn aus der Kinderwiege nicht ein Kind herausplärrt, sondern gleich sieben? Dieses Problem hat Terrence Settman (Willem Dafoe), und er findet eine unkonventionelle Lösung: Abgeschottet in seinem Dachgeschoss-Apartment zieht er seine sieben Töchter (allesamt Noomi Rapace) unbeobachtet von der Öffentlichkeit auf. Für den Fall, dass mal jemand vorbeischauen sollte, gibt es ausgeklügelte Verstecke. Und jeden Tag darf ein anderes Mädel raus, um sich als Karen Settman auszugeben. Dass das nicht ganz einfach ist, versteht sich von selbst, denn immerhin müssen alle Schwestern am Abend ausführlich gebrieft werden, was man den ganzen Tag so erlebt und welche Leute man getroffen hat. Richtig schwierig wird es allerdings, als Monday eines Abends nach der Arbeit nicht nach Hause kommt. „What Happened to Monday?“ ist im Grunde eine One-Woman-Show von Noomi Rapace, die sichtlich Freude daran hat, sieben unterschiedliche Persönlichkeiten zur gleichen Zeit zu spielen. Das glatte Sci-Fi-Setting wirkt nicht unbedingt neu, passt aber sehr gut zum Thema. Auch hält Tommy Wirkola konstant die Spannung hoch, wenn die Schwestern rätseln, was mit ihrer verschollenen Schwester geschehen ist. Die Auflösung der Geschichte fällt dann etwas banaler aus, als sich der fantasiebegabte Zuseher im Vorfeld ausgemalt hätte. Da wird durchaus Potential verschenkt. Und auch die Action hätte man zu Gunsten von etwas mehr philosophischer Tiefe zurückstellen können. Aber sei’s drum – „What Happened to Monday?“ ist ein spannend inszenierter Nägelbeißer mit einer tollen Besetzung (unter Anderem auch Glenn Close), der über zwei Stunden hinweg gut zu unterhalten weiß.


7,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Brügge sehen… und sterben? (2008)

Regie: Martin McDonagh
Original-Titel: In Bruges
Erscheinungsjahr: 2008
Genre: Drama
IMDB-Link: In Bruges


Colin Farrell kann großartig sein, wenn man ihm die richtigen Rollen gibt. Wenn man das nicht tut, kommt so etwas wie „Alexander“ heraus, aber Schwamm drüber, das ist auch schon wieder 16 Jahre her. Bei Brendan Gleeson muss man sich hingegen im Vorfeld kaum Gedanken machen, ob das passen könnte. Es passt einfach immer. Und da Colin Farrell in Martin McDonaghs Slow-Motion-Thriller „In Bruges“ ebenfalls passt, und zudem auch noch Ralph Fiennes, Clémence Poésy und Peter Dinklage-Lookalike Jordan Prentice den Cast veredeln und ihre Sache gut machen, kann man sich getrost zurücklehnen und es genießen, zwei leicht depressiven Auftragskillern auf einer Sightseeing-Tour durch Brügge zuzusehen, während sie auf den Anruf ihres Bosses warten. Tempo und Handlung sind in diesem Film sehr gedrosselt. Man muss sich auf diese sperrige Erzählweise auch einlassen können. Aber dann liest man recht schnell zwischen den Zeilen die großen existentialistischen Fragen heraus: Wer bin ich? Was ist mein Leben wert? Was ist ein Leben im Generellen wert? Wie begleiche ich vergangene Schuld? Ist das überhaupt möglich? Und wie lebe ich mit meiner Schuld weiter? Colin Farrells von Gewissensbissen geplagter und etwas einfältiger Auftragskiller Ray ist hierbei das emotionale Zentrum des Geschehens, Brendon Gleesons Ken so etwas wie sein Anker, der ihn im Leben hält. Als Thriller mag der Film für viele nur mäßig funktionieren, dazu ist sein Tempo zu stark gedrosselt, aber wenn man sich auf die dramatischen Aspekte und den gelegentlichen schwarzen Humor konzentriert, gehört „In Bruges“ zu den besten Filmen, die Colin Farrell jemals gedreht hat.


8,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Shirley (2020)

Regie: Josephine Decker
Original-Titel: Shirley
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Krimi, Thriller
IMDB-Link: Shirley


Shirley (Elisabeth Moss) ist eine renommierte Schriftstellerin, die an einer Schreibblockade und einer Depression leidet. Ihr Ehemann Stanley (Michael Stuhlbarg), Dozent an der Uni, bringt seinen neuen Assistenten Fred (Logan Lerman) und Rose (Odessa Young) ins Haus. Rose soll Shirley im Haushalt unter die Arme greifen, dafür bekommt das junge Paar Kost und Logis. Zwischen den beiden Frauen entspinnt sich eine zarte Freundschaft, und über den realen Fall einer verschwundenen Studentin, die Shirley fiktional aufarbeitet, findet sie auch wieder zum Schreiben. Doch wie sehr greifen Realität und Fiktion ineinander, und was macht das mit den Betroffenen? „Shirley“ von Josephine Decker spielt diese Frage auf mehrere Ebenen durch. Vordergründig ist der Film eine Biographie der Horror- und Mystery-Autorin Shirley Jackson, doch werden reale Kernelemente des Biographischen ausgespart und durch Inhalte ersetzt, die eher an Jacksons fiktive Geschichten erinnern. Gleichzeitig verschmelzen Rose und die verschwundene Studentin Paula, die junge Rose wird zum Inhalt von Shirleys Geschichte. Und auch die Beziehung zwischen Shirley und Stanley wirkt oft dramatisch überhöht und inszeniert. Ein Fest für großartige Schauspieler/innen wie eben Michael Stuhlbarg und Elisabeth Moss, die zur Hochform auflaufen. Beide spielen sich damit in den Vordergrund für die großen Schauspielpreise der kommenden Monate. Und dieser Aspekt macht den Film auch wirklich sehenswert, während die Story selbst dann doch recht beliebig und ziellos bleibt. 


6,0
von 10 Kürbissen

(Foto: (c) Viennale)