Regie: Thea Sharrock
Original-Titel: Wicked Little Letters
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Komödie, Krimi
IMDB-Link: Wicked Little Letters
Es ist empörend: Die in der Gemeinschaft der Kleinstadt Littlehampton so geschätzte Edith (Olivia Colman) erhält reihenweise anonym verfasste Briefe mit den unflätigsten Beschimpfungen. Der Vater (Timothy Spall), unter dessen streng patriarchalischer Obhut die fromme Jungfer lebt, ist sich sicher: Da kann nur die niveau- und geistlose Nachbarin Rose (Jessie Buckley) dahinterstecken! Es ist doch stadtbekannt, dass die verwitwete junge Mutter abends in den Kneipen herumhurt und säuft, das Kind ist auch ganz verzogen, und einen Schwarzen hat sie auch noch als Freund! Da es so nicht weitergehen kann, schreitet nun die Polizei ein und ohne handfeste Beweise, sondern nur auf Basis einer Aussage von Edith wird Rose festgenommen. Doch die junge Polizistin Gladys Moss (Anjana Vasan) traut dem Ganzen nicht. Was, wenn Rose unschuldig ist? Und so beginnt sie, auf eigene Faust zu ermitteln – sehr zum Unbill des Polizeichefs. Was Thea Sharrock mit „Kleine schmutzige Briefe“ auf die Leinwand zaubert, ist höchst amüsantes Wohlfühlkino, das es sich allerdings nicht zu sehr in seiner Komfortzone einrichtet, sondern mit den bissigen Mitteln der Satire ein moralisches Bild zeichnet, das nur vordergründig den Zeitgeist der 20er Jahre einzufangen scheint. Wenn man hinter dieses Bild blickt, nimmt man durchaus aktuelle Bezüge war. Vorverurteilungen aufgrund von Hörensagen kennt man schließlich nur zu gut aus der Welt der (a)sozialen Netzwerke. Und was in Sharrocks Film die kleinen schmutzigen Briefe sind, lässt sich übertragen auf anonyme Hasspostings. So finster diese Parallele auch ist, die man unweigerlich ziehen muss, lässt sich der Film dennoch nicht auf den Boden des großen Dramas hinunterziehen. Er bleibt leichtfüßig und amüsant. Es ist zum Schreien komisch, wenn ein pikierter Anwalt in einem Kleinstadtgerichtssaal der 20er Jahre mit sichtlichem Unbehagen aus den Briefen zitieren muss, die keine Ungehobeltheit und Perversität auslassen, verfickt noch mal. Einzig ein wenig mehr Tiefe hätte man den Nebenfiguren gewünscht. So verbleiben viele entweder auf dem Status der Karikatur (die Männer) oder der Typen (die Frauen). Dieses Manko wird aber immerhin durch Olivia Colmans Darstellung einer vielschichtigen und emotional beinahe unergründlichen Frau, die aufgrund patriarchalischer Fesseln auf kenne nennenswerte Zukunft blicken kann, aber plötzlich dank der Briefe im Mittelpunkt des Interesses steht, ausgemerzt.

7,0 Kürbisse
(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)