Naomi Kawase

Kirschblüten und rote Bohnen (2015)

Regie: Naomi Kawase
Original-Titel: An
Erscheinungsjahr: 2015
Genre: Drama
IMDB-Link: An


Ja, der deutsche Verleihtitel des Films ist wahnsinnig schnulzig. Der Film selbst allerdings eine kleine, fein erzählte Geschichte über zweite Chancen und Außenseiter in der Gesellschaft. Eines Tages tritt die alte Dame Tokue (Kirin Kiki) in das Leben des Dorayaki-Imbissbetreibers Sentaro (Masatoshi Nagase). Bei Dorayaki handelt es sich um japanische süße Pfannkuchen, die mit Bohnenpaste gefüllt sind. Die Pfannkuchen bekommt der aus dem Gefängnis entlassene Sentaro ganz gut hin. Die Bohnenpaste ist aber schwierig, also kauft er sie lieber zu. Ein Affront in den Augen von Tokue, die sich prompt als Mitarbeiterin bewirbt und Sentaro eine Bohnenpaste hinzaubert, die es in sich hat. Fortan stehen die Kunden Schlange. Doch schon bald machen böse Gerüchte über Tokue die Runde, und Sentaro muss sich entscheiden, ob er den einfachen Weg gehen möchte oder den menschlichen. Naomi Kawase, die mich mit Radiance nicht restlos überzeugen konnte, macht in „Kirschblüten und rote Bohnen“ eigentlich alles richtig. Sie vertraut auf die stillen Töne für eine ruhige Geschichte und auf die Leistung ihrer Hauptdarsteller, die ihre Rollen mit viel Seele ausfüllen. Dennoch hat mich der Film nicht restlos überzeugt. Manches Mal gerät der Film ein wenig zu bedächtig und plätschert vor sich hin. Gut und interessant anzusehen, aber eben nicht wirklich mitreißend oder emotional fordernd. Auch das Ende ließ mich seltsam kalt, obwohl ich dem Film und Regisseurin Naomi Kawase kaum Vorwürfe machen konnte – das war schon gut und stimmig inszeniert. Aber die Implikationen sind eher im Kleinen zu sehen, und das allein hat mir – in diesem Fall – nicht ganz ausgereicht, um mich emotional zu involvieren. Trotzdem definitiv ein sehenswerter Film, der in sich runder und stringenter ist als „Radiance“, der zwei Jahre danach kam.


6,5
von 10 Kürbissen

Radiance (2017)

Regie: Naomi Kawase
Original-Titel: Hikari
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Drama, Liebesfilm
IMDB-Link: Hikari


Misako (Ayame Misaki) hat einen interessanten Job. Sie erstellt die Texte für Tonspuren von Filmen für Sehbehinderte. Was genau sie dazu befähigt, wird allerdings nicht klar – denn ihre Versionen treffen kaum den Geschmack ihres Testpublikums. Vor allem Herr Nakamori (Masatoshi Nagase) hat ständig was zu meckern – aber zugegeben, wäre ich ein berühmter Fotograf, der kurz davor steht, vollständig zu erblinden, wäre ich auch schlecht drauf. Jedenfalls eckt Misako trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer Beharrlichkeit, ständig neue Versionen vorzulegen, vor allem bei diesem mürrischen Herrn ordentlich an. So sehr sie sich auch bemüht, aber weder findet sie den richtigen Tonfall noch die richtigen Worte. Solche Misserfolge frustrieren natürlich. Dennoch bleibt sie zuversichtlich, das Werk irgendwann zur Zufriedenheit auch der kritischsten Stimme fertigstellen zu können. Mit einem Lächeln wischt sie alle Bedenken und Einwände fort. Überhaupt lächelt sie viel. Wenn sie nicht gerade traurig schaut. Und auch wenn ich mich während der Sichtung des Films ein bisschen in Ayame Misakis Lächeln wie in ihre traurigen Augen gleichermaßen verguckt habe, so eindimensional und wenig greifbar wirkt die Figur auch auf mich. Womit wir beim Kern des Problems wären, das ich mit dem Film hatte: Die Geschichte mit ihren Protagonisten, sei es die junge Misako, sei es der grantige Fotograf, war stets auf Distanz zu mir. Die Annäherungsversuche der beiden aneinander schienen mir somit nicht glaubhaft zu sein. Für ein Liebesdrama eine unglückliche Ausgangsposition. So erfreute ich mich zwar an den schönen Bildern und an Ayame Misakis Augen, aber beides wird, fürchte ich, irgendwann – wie Herrn Nakamoris Welt – in Dunkelheit verschwinden.


5,0
von 10 Kürbissen