Kenneth Branagh

A Haunting in Venice (2023)

Regie: Kenneth Branagh
Original-Titel: A Haunting in Venice
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Krimi, Horror
IMDB-Link: A Haunting in Venice


Auch Meisterdetektive sind nicht vor dem Pensionsschock gefeit. Und so fadisiert sich Hercule Poirot (zum dritten Mal verkörpert von Kenneth Branagh, der auch wieder die Regie übernommen hat) im Nachkriegs-Venedig, ehe er von einer alten Freundin, der Krimi-Autorin Ariadne Oliver (Tina Fey) aus seiner Lethargie gerissen wird. Diese versucht bislang erfolglos, ein Medium (Michelle Yeoh) zu enttarnen, das angeblich mit den Toten sprechen kann. Eine Halloween-Party in einem alten Palazzo, in dem es seit langem spuken soll, bietet den richtigen Anlass, um der Dame auf den Zahn zu fühlen. Zu Beginn ist Poirot wie gewohnt selbstsicher, doch je länger der Abend dauert, je tiefer die Nacht mit ihren Schatten in den Palazzo kriecht, desto mehr wird Poirot mit Mysterien konfrontiert, die sich jeder Logik zu entziehen scheinen. Und es dauert auch nicht lange bis zum ersten Todesfall. Nach dem grundsoliden Mord im Orient-Express von 2017 und dem enttäuschenden Tod auf dem Nil aus dem letzten Jahr ist die dritte Verfilmung eines Agatha Christie-Krimis unter der Regie von Kenneth Branagh die bislang gelungenste. Denn statt eines klassischen Whodunit-Krimis serviert uns Branagh diesmal mit einem Mystery-Gruselfilm ein in diesem Kontext der Poirot-Verfilmungen völlig neues Genre. Der Film ist düster, spannend, von einer schaurigen Atmosphäre getragen und hervorragend ausgestattet wie gefilmt. Auch der Verzicht auf die vorderste Reihe der A-Lister, die noch im ersten Film zu sehen war, tut dem Film gut, denn die Darsteller:innen (darunter Kelly Reilly, Jamie Dornan, Camille Cottin und Kyle Allen) machen ihre Sache ausgezeichnet, die darin besteht, Poirot als zentrale Figur Raum zu geben und ihm zuzuarbeiten. Allerdings fehlt es an einer zentralen Zutat, um aus „A Haunting in Venice“ einen wirklich großartigen Film zu machen, und das ist die Möglichkeit, mitzurätseln. Das Drehbuch macht es sich in dieser Hinsicht zu einfach und begnügt sich damit, dem Zuseher die Geschichte im Nachhinein zu enträtseln, anstatt ihn selbst daran partizipieren zu lassen. So ist „A Haunting in Venice“ zwar ein äußerst stimmungsvoller Gruselfilm, der auf dieser Ebene hervorragend funktioniert, aber ein nicht gänzlich überzeugender Krimi.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von 20th Century Studios/20th Century Studios – © 2023 20th Century Studios. All Rights Reserved, Quelle http://www.tobis.de)

Tod auf dem Nil (2022)

Regie: Kenneth Branagh
Original-Titel: Death on the Nile
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Krimi
IMDB-Link: Death on the Nile


Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erleben. So lautet in etwa der bekannte Spruch. Hercule Poirot (Kenneth Branagh) sollte das wissen, denn man kann nicht behaupten, dass seine letzte Reise im Orient-Express langweilig gewesen sei. Aber das hindert ihn nicht daran, einen Luxusdampfer auf dem Nil zu boarden und gen Schicksal zu schippern. Immerhin ist er dabei in guter Gesellschaft, die vielleicht nicht so illuster ist wie jene seiner letzten Zugreise, aber Gal Gadot, Armie Hammer, Emma Mackey, Annette Bening, Sophie Okonedo, Letitia Wright, Russell Brand und erneut Tom Bateman sind dabei – schöne Menschen zumindest. Das Problem dabei: Schöne Menschen sind nicht immer gute Menschen, und wenn sich dann ein Eifersuchtsdrama entfaltet, das ein wenig ausartet, hat ein Meisterdetektiv wie Poirot bald viel zu tun. Wie es so schön heißt: Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft. Das alles wäre vor exotischer (und sichtlich CGI-gepimpter) Kulisse ja recht nett anzusehen, wenn der Film – anders als sein Vorgänger – nicht zwei fundamentale Probleme aufs Deck geladen hätte. Problem Nummer 1: Die Krimigeschichte und Poirots Versuche, diese aufzuklären, sind diesmal wirklich fad erzählt. Problem Nummer 2: Die Besetzung. Diejenigen, die gefordert wären (Gal Gadot, Emma Mackey, Armie Hammer), sehen zwar hübsch aus, können aber schauspielerisch nicht überzeugen. Und jene, die es könnten (Annette Bening, Sophie Okonedo), sind schlicht zu irrelevant und haben nichts zu tun. Was schließlich Russell Brand in dem Film tut, weiß kein Mensch. Vermutlich ist er nur zufällig über den Dreh gestolpert, und da man noch jemanden brauchte und er gerade nichts zu tun hatte, durfte/musste er in die Rolle des stoischen Arztes schlüpfen. So bleibt also alles an Kenneth Branagh hängen. Der macht seine Sache wieder richtig gut, er gibt seinem brillanten Superhirn emotionale Tiefe mit, das passt. Aber eine Kenneth Branagh-Soloshow macht halt noch keinen guten Film aus. Vielleicht klappt es ja bei der nächsten Poirot-Verfilmung wieder besser. Diese hier kann man jedenfalls auslassen.


4,5 Kürbisse

(Bildzitat:  Photo courtesy of 20th Century S/Photo courtesy of 20th Century – © 2022 20th Century Studios., Quelle http://www.imdb.com)

Mord im Orient-Express (2017)

Regie: Kenneth Branagh
Original-Titel: Murder on the Orient Express
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Krimi
IMDB-Link: Murder on the Orient Express


Oft fragt man sich: War nun dieses Remake, das man gerade gesehen hat, denn wirklich nötig? Diese Frage stellt man sich vor allem dann, wenn die Neuverfilmung der Geschichte keinen eigenen originellen Gedanken beifügt, sondern die Geschichte einfach noch einmal nacherzählt, nur gemäß des Mottos „höher, weiter, schneller“. Mehr Explosionen, mehr Brimborium usw.  Dieses Problem, nämlich die fehlende Daseinsberechtigung, hat Kenneth Branaghs Neuverfilmung von „Mord im Orient-Express“ definitiv nicht. Denn Branagh hält sich zwar, was die Handlung betrifft, recht nah an die Vorlage, fügt dieser aber dadurch, dass er die Figur des Hercule Poirot anders betrachtet, eine neue Facette hinzu. Branaghs Poirot ist melancholisch und pedantisch und steht kurz vor einem Burn-Out (nur dass man damals diesen Begriff noch nicht kannte, sondern einfach nur urlaubsreif war). Der Fall, in den er unvermittelt hineingezogen wird, scheint phasenweise seine Kräfte zu übersteigen, und verlangt auch von ihm ab, sich selbst und seine eigenen Motive und Weltanschauungen zu hinterfragen. Schon allein deshalb hat es sich definitiv gelohnt, sich des Stoffes im Jahr 2017 erneut anzunehmen, zumal Branagh einen sehr überzeugenden Poirot gibt. Allerdings war ich selbst (anders als meine drei Mitstreiter im Kino) nicht uneingeschränkt zufrieden mit dem Film. Die Kulissen haben für mich stellenweise sehr künstlich gewirkt, manche Figuren (zB der impulsive Graf Andrenyi) auch überzeichnet und der Schluss war für mich persönlich zu plakativ. Wie gesagt, ich bin damit im Freundeskreis in der Minderheit – gerade der Schluss hat die restlichen 3/4 unserer Truppe sehr überzeugt und emotional abgeholt. Insofern: Selbst anschauen und sich ein Bild machen! Vergeudete Lebenszeit ist es in keinem Fall.


6,0
von 10 Kürbissen