J. A. Bayona

Die Schneegesellschaft (2023)

Regie: J. A. Bayona
Original-Titel: La sociedad de la nieve
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama
IMDB-Link: La sociedad de la nieve


Die Geschichte ist so unglaublich, dass sie nur wahr sein kann: Anfang der 70er Jahre stürzte eine Rugbymannschaft aus Uruguay auf dem Weg nach Chile über den Anden ab. Auf einem Berggipfel im Nirgendwo gestrandet, ohne Aussicht auf Hilfe oder Rettung, gingen die Überlebenden durch unfassbares Leid und standen vor der schwierigen moralischen Entscheidung, die toten Kameraden zu essen, um zu überleben, ehe sie nach über zwei Monaten im Eis wie durch ein Wunder doch noch geborgen wurden. Noch in den 70ern wurde diese Geschichte unter dem Titel „Überleben!“ verfilmt. J. A. Bayona, der sich mit Das Waisenhaus einen Namen gemacht hatte, ehe er ihn mit Jurassic World: Das gefallene Königreich wieder in den Sand setzte, gelingt nun mit der Neuverfilmung dieses Survival-Dramas ein eindrucksvolles und mittlerweile Oscar-nominiertes Comeback im Regiestuhl. Sein Geheimrezept sieht vor, sich nicht auf den reißerischen Aspekt der Geschichte, besagtes moralische Dilemma, zu konzentrieren, sondern die Gemeinschaft in den Vordergrund zu rücken, den Halt, den sich die jungen Männer in dieser Ausnahmesituation geben, und den schieren Überlebenswillen, der aber nicht niedrigste Instinkte zutage fördert, sondern sich immer noch innerhalb eines gesellschaftlichen Rahmens bewegt. Bayona erzählt diese Geschichte dabei in einem visuell mitreißenden, ultrarealistischem Stil und behält somit Distanz zu dem Geschehen, was angesichts der unglaublichen Ereignisse auch geboten ist, um eben nicht zu reißerisch zu werden. Andererseits birgt diese nachvollziehbare Entscheidung auch eine Schwäche: Mit der Distanz der Geschichte bleiben auch die Figuren distanziert, was den Film vor allem zu Beginn stellenweise doch ein wenig zäh werden lässt. Dennoch Hut ab vor Bayonas Regie und der stimmigen Umsetzung einer wundersamen Geschichte, die sich kein Autor jemals so hätte ausdenken können.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: http://www.imdb.com)

Das Waisenhaus (2007)

Regie: J. A. Bayona
Original-Titel: El orfanato
Erscheinungsjahr: 2007
Genre: Drama, Horror
IMDB-Link: El orfanato


Bevor J. A. Bayona die Jurassic World-Reihe mit Fallen Kingdom versenken durfte, schuf er sich einen respektablen Namen mit seinem Regie-Erstling „Das Waisenhaus“, dem bis heute noch zweiterfolgreichsten spanischen Film aller Zeiten (hinter „Pans Labyrinth“). Keine schlechte Visitenkarte für Hollywood. Dass ihm sein erster Film so viele Türen öffnete, ist auch durchaus berechtigt. Denn in einem vielleicht nicht neuartigem oder originellem, aber intelligent umgesetzten Gruseldrama baut er einen Spannungsbogen auf, der die Zuseher an die Sitze fesselt. Die Auflösung ist böse und gewitzt und befriedigt somit auch den anspruchsvollen cineastischen Magen. Belén Rueda in der Hauptrolle der Laura, die einst selbst in einem Waisenhaus aufgewachsen ist und dieses nun mit ihrem Mann nun fortführen möchte, aber bald feststellen muss, dass seltsame Ereignisse darin vorgehen, spielt mit Leib und Seele. Das ist schon große Schauspielkunst. Erinnerungen an Nicole Kidman in „The Others“ werden wach. Auch in Sachen Atmosphäre und Stimmung sind die beiden Filme durchaus vergleichbar. Wer also „The Others“ mochte, kann gerne zum „Waisenhaus“ greifen und vice versa. Und auch für so kleine Horrorfilmschisser wie den Kürbis eures Vertrauens ist der Film gut verdaulich, da er auf Atmosphäre und eine intelligent erzählte Geschichte setzt und nicht auf Schockmomente. Der Blutdruck dankt’s.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Jurassic World: Das gefallene Königreich (2018)

Regie: J. A. Bayona
Original-Titel: Jurassic World: Fallen Kingdom
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Abenteuerfilm, Science Fiction, Thriller
IMDB-Link: Jurassic World: Fallen Kingdom


Vor 25 Jahren musste ein nervöser Versicherungsmakler mitten im Unwetter auf einer Freizeitparkinsel dringend aufs Klo. Die Entledigung seines Abendessens war seine letzte Handlung, ehe er selbst als Abendessen im Magen eines Tyrannosaurus Rex landete. The circle of life. Jedenfalls erzitterte in jenem Jahr die Welt zum ersten Mal vor der Urgewalt der Dinosaurier. „Jurassic Park“ war und ist ein Meilenstein der Filmgeschichte, und auch heute noch sehe ich den Film unheimlich gern. Es folgen zwei weitere Jurassic Park-Fortsetzungen, die recht unterhaltsam waren, aber nicht mehr auf dem Niveau des ersten Films. Im zweiten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends beschloss Universal etwas Bahnbrechendes und Kreatives und brachte 2015 mit „Jurassic World“ ein Re-Boot heraus. Der Film war im Grunde eine Wiederholung des ersten Jurassic Park-Films, nur mit noch fieseren Dinosauriern, die man nun extra im Labor herangezüchtet hat. Drei Jahre später bekommt die Reihe nun den nächsten Aufguss. Wieder sind Chris Pratt und Bryce Dallas Howard mit dabei, die schon in „Jurassic World“ als Dino-Appetizer durch den Dschungel gerannt sind – mit zum Teil erstaunlichem Schuhwerk. Diesmal haben sie immerhin passende Schuhe an, aber dafür tun sich in „Jurassic World: Fallen Kingdom“ an anderer Stelle Logiklöcher auf, so groß, dass da locker ein Brontosaurus durchstapfen könnte. Insider-Tipp: Auf die Story besser nicht achten. Im Grunde ist die auch rasch erzählt: Dino-Insel droht zu explodieren, Rettungsmission startet, Insel explodiert, ein paar Dinos werden gerettet und toben sich später in ihrem neuen Domizil aus. Und weil das nicht reicht, mischt auch noch eine neue Laborratte mit, die noch fieser und noch tödlicher und noch teurer ist als das Viech, das im ersten Jurassic World-Film die Insel lahmgelegt hat. „Jurassic World: Fallen Kingdom“ ist natürlich Effektkino. Am besten mit Popcorn zu genießen. Und der Film hat seine guten Momente, keine Frage. Die Szene, in der die Dinosaurier panisch vor dem Vulkanausbruch flüchten und trotzdem dem Untergang geweiht sind, ist herzerweichend. Allerdings liegt darin auch das größte Manko des Films: Die Dinosaurier, die in der ursprünglichen Trilogie noch wilde, unberechenbare Reptilien waren, werden hier immer mehr vermenschlicht. Dadurch wird die ohnehin dünne Story-Suppe noch etwas weiter verdünnt, und irgendwie verlieren die mächtigen Urzeit-Tiere dadurch auch ein wenig von ihrer Exotik, die die ersten Filme noch getragen hat. Insgesamt ist „Jurassic World: Fallen Kingdom“ ein unterhaltsamer, spannender Film, hat aber unübersehbare Schwächen, die mir schon das Vergnügen ein bisschen verhagelt haben. Vielleicht sollte man das Mesozoikum auch einfach mal ruhen lassen.


5,0
von 10 Kürbissen