2020

Miss Americana (2020)

Regie: Lana Wilson
Original-Titel: Miss Americana
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Dokumentation
IMDB-Link: Miss Americana


Keine Frage: Wenn eine musikalisch sich dem Independent- und Alternative-Genre zugehörig fühlende Freundin während des Urlaubs extra um drei Uhr in der Früh den Wecker stellt, um Karten für die Tournee 2024 von Taylor Swift zu ergattern, oder wenn die Tageszeitung DerStandard damit beginnt, im Sportteil über einen hierzulande wenig bekannten Footballspieler zu berichten, nur weil er gerade der Hauptprotagonist des nächsten Taylor Swift-Albums ist, kann man von einem weltweiten Phänomen sprechen. Der als junge Countrysängerin gestarteten Pop-Prophetin kann man sich nicht entziehen. Und natürlich darf eine Dokumentation, die den bisherigen Karriereweg von Taylor Swift nachzeichnet, nicht fehlen. Lana Wilson nimmt sich dieses Jobs routiniert an. Frühe Aufnahmen deuten den Ehrgeiz der jungen Sängerin, der sie schließlich bis an die Spitze geführt hat, an. Doch begnügt sich Lana Wilson nicht damit, Schlaglichter auf diesen bisherigen Weg zu werfen, sondern gönnt Swift auch Raum, sich selbst auszudrücken und Dinge anzusprechen, die sie bewegen, wie zum Beispiel Body-Shaming, ihrer daraus resultierenden Essstörung und generell den Social Media-Mob, dem man als Künstler heute ausgesetzt ist. Das ist erfrischend ehrlich und durchaus interessant. Dennoch kommt Lana Wilsons Dokumentation nicht über den Status des Gewöhnlichen hinaus, weil sie eben sehr konventionell und damit vorhersehbar angelegt ist. Brav werden die einzelnen Stationen des Lebens abgehakt, dazwischen gibt es eben immer wieder aktuelle Aufnahmen, in denen Taylor Swift die Facette von sich zeigen kann, die sie gerade zeigen möchte, und Cat Content gibt es ebenfalls. Eh nett, eh kurzweilig, aber die große Erleuchtung wartet am Ende nicht. Für Swifties natürlich dennoch so etwas ähnliches wie die Heilige Bibel, nur ohne Leidensweg und Kreuzigung – das verträgt sich nicht mit Popmusik. Amen.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: © Courtesy of the Sundance Film Festival, Quelle http://www.imdb.com)

Austria 2 Australia (2020)

Regie: Dominik Bochis und Andreas Buciuman
Original-Titel: Austria 2 Australia
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Dokumentation
IMDB-Link: Austria 2 Australia


There are no cangaroos in Austria! Man muss es immer wieder sagen. Aber wenn die lustigen Beuteltiere schon nicht bei uns in den Alpen herumhüpfen, dann müssen halt die Alpenbewohner in deren Heimat nach Australien kommen. Und wie geht man das am besten an? Natürlich per Fahrrad! Was nach einer irren Idee klingt, die man während einer durchzechten Nacht hat, ziehen die beiden Hobbyradler Dominik Bochis und Andreas Buciuman tatsächlich gnadenlos durch. Von Linz geht es quer durch Osteuropa nach Moskau, von dort weiter runter über Kasachstan, Kirgistan und Pakistan, dann via China rüber nach Indien, ab nach Nepal und dann über Fernost bis Singapur, wo man dann per Fähre oder Flugzeug rübersetzen möchte auf den australischen Kontinent, da das Befahren des Indischen Ozeans per Tretboot vielleicht technisch dem Fahrradfahren am nächsten kommt, aber dann doch irgendwie nicht zu empfehlen ist. Abenteuer erleben die beiden Jungs auf dem Landweg ohnehin mehr als genug. Wetterkapriolen, Murenabgänge, einen auf Schritt und Tritt verfolgende Polizisten, Wüstentouren ohne ausreichend Wasservorräte, Belagerungen durch Insekten – alles dabei, womit man den Freundeskreis zuhause nach der Tour unterhalten kann. Am schönsten sind aber die zwischenmenschlichen Begegnungen, und hier gelingt es Bochis und Buciaman mit ihrem Do-It-Yourself-Projekt, das sie „Austria 2 Australia“ genannt haben, tatsächlich, einige Vorurteile aufzuweichen und herzerwärmende Momente einzufangen. Man kann nur den Hut ziehen vor den beiden Burschen und ihrer Strapazierfähigkeit, Ausdauer und Neugier. Allerdings hat „Austria 2 Australia“ ein fundamentales Problem: Bochis und Buciaman mögen zwar leidensfähige Fahrradfahrer sein, doch sind sie keine Scorseses. Sprich: Bei allem Bemühen, einen hochwertigen und professionellen Film zu drehen, wirkt „Austria 2 Australia“ stellenweise so wie Onkel Herberts Urlaubsvideo aus Jesolo, mit dem er nach dem Abendessen die gezwungen lächelnde Verwandtschaft quält. Man merkt den beiden Pedalhelden immer wieder die Unsicherheit vor der Kamera an, und die Erzählungen aus dem Off klingen gekünstelt und sind einfach schlecht geschrieben. Das soll auf keinen Fall die unfassbare Leistung der beiden schmälern, und allein schon die Landschaftsaufnahmen der entlegenen Gegenden, durch die die zwei geradelt sind, lohnen die Sichtung, doch bleibt mein Fazit: „Austria 2 Australia“ bietet eine tolle Geschichte, die leider nicht gut erzählt wird.


4,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Dominik Bochis – © Dominik Bochis, Quelle http://www.imdb.com)

Bill & Ted retten das Universum (2020)

Regie: Dean Parisot
Original-Titel: Bill & Ted Face the Music
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Science Fiction, Komödie
IMDB-Link: Bill & Ted Face the Music


Sie waren in der Vergangenheit, sie waren in der Hölle, sie waren im Himmel, und doch ist das Schicksal von Bill und Ted (Alex Winter und Keanu Reeves) immer noch nicht erfüllt. Von den zukünftigen Anführer:innen werden sie zum Rapport gerufen: In ihrer Zeit heute am Abend sollen sie den Song spielen, der alle Menschen vereint und das Universum rettet. Keine leichte Aufgabe, vor allem, wenn man diesen Song noch gar nicht geschrieben hat. Bill und Ted sind klassische Has-Beens, sie hatten ihren Ruhm, doch heute spielen sie in abgefuckten Bars vor 40 Leuten. Und nun sollen sie binnen weniger Stunden den wohl größten Song aller Zeiten schreiben und performen? Doch als alte Zeitreise-Experten fällt ihnen gleich eine Lösung ein: Sie müssen lediglich ein paar Jahre in die Zukunft reisen, denn dann haben sie den Song ja schon geschrieben und aufgeführt und können ihn ganz einfach von sich selbst klauen. Das klingt erst einmal nach einer guten Idee, doch die Ausführung gestaltet sich überraschend schwierig. Parallel dazu machen sich ihre Töchter Billie und Thea (Brigette Lundy-Paine und Samara Weaving) auf den Weg in die Vergangenheit, um ihren Vätern auf eine etwas andere Weise zu helfen. Und schon ist das Zeitreise-Chaos komplett. Und damit werden leider auch die groben Schwächen des Drehbuchs offensichtlich. Denn so viel Charme der dritte Teil der Saga rund um die verpeilten Musiker hat (und Hut ab vor Keanu Reeves, dass er als aktueller Superstar noch einmal in diese schräge Rolle geschlüpft ist), so wenig Sinn macht das Drehbuch. Ja, Zeitreise-Geschichten sind per se logisch herausfordernd, und doch hat man hier das Gefühl, dass man sich um Paradoxen, Zeitlinien und Konsequenzen so gut wie gar keine Gedanken gemacht hat – Hauptsache, die Heldinnen und Helden stürzen von einer absurden Situation in die nächste. Das ist schade. Denn abgesehen von dieser groben Schwäche hätte der Film durchaus Potential gehabt, die ersten beiden Teile in den Schatten zu stellen. Man merkt jedenfalls, mit wie viel Laune alle Beteiligten an die Sache herangehen. Aber so bleibt auch der dritte Teil der Geschichte wie auch die beiden Filme davor nur ein lauwarmes Vergnügen mit einigen tollen Stellen, aber eben auch vielen Schwächen.


5,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

The Long Goodbye (2020)

Regie: Aneil Karia
Original-Titel: The Long Goodbye
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Drama
IMDB-Link: The Long Goodbye


Riz Ahmed ist ein vielseitiger und interessanter Künstler, der bei mir bislang unter dem Radar geflogen ist. Doch spätestens mit seiner Oscar-Nominierung für „The Sound of Metal“ 2020 (den ich schändlicherweise immer noch nicht gesehen habe) und dem Gewinn 2022 gemeinsam mit Aneil Karia für den Kurzfilm „The Long Goodbye“ ist er nicht mehr zu übersehen. Dieses 11-minütige Drama ist ein gutes Beispiel dafür, wie man mit ökonomischen Mitteln eine facettenreiche Geschichte erzählt, die unter die Haut geht. Zunächst wird erst einmal fünf Minuten lang in einer fröhlichen Familie in England mit Migrationshintergrund herumgeblödelt, doch dann bricht unvermittelt eine Tragödie über die friedliche Szene herein, und am Ende sitzt man traurig und wütend, jedenfalls emotional aufgepeitscht, vor dem Bildschirm und versucht irgendwie, diesen Schlag in die Magengrube zu verdauen. In 11 Minuten wird hier mehr über Rassismus, Ausgrenzung und unfairer Behandlung von Minderheiten in unserer westlichen Gesellschaft erzählt, als es so mancher Zweistünder zustandebringt. Die drastischen Mittel, die Karia und Ahmed dafür wählen, dienen der emotionalen Aufladung und erfüllen somit ihren Zweck. Natürlich hätte man das Thema auch in einen subtiler vorgehenden Langfilm packen können, doch die Botschaft sitzt und von daher kann man konstatieren: Alles richtig gemacht. Den kompletten Kurzfilm gibt es übrigens auf Youtube zu sehen, siehe Verlinkung unten. Diese 11 Minuten sind gut investiert.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Der Unsichtbare (2020)

Regie: Leigh Whannell
Original-Titel: The Invisible Man
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Drama, Horror, Thriller
IMDB-Link: The Invisible Man


Unsichtbar zu sein hat viele Vorteile. So muss man sich beispielsweise keine Gedanken über einen möglichen Bad Hair-Day machen und kann im Pyjama herumlaufen. Im Büro kann man endlich mal in Ruhe seine Sachen abarbeiten. Oder man kann seine psychotischen Neigungen ausleben und seine Exfreundin stalken und bedrohen. Jeder nach seinem Gusto. Nur blöd, wenn man die besagte Exfreundin ist, denn dann wird’s ungemütlich – zunächst für Elisabeth Moss in der Rolle der an ihrem Verstand Zweifelnden, dann aber für den Tunichtgut, der einfach ungeniert in ihrem Schlafzimmer herumlümmelt, ohne gesehen werden zu können. „Der Unsichtbare“ von Leigh Whannell geht auf einen ziemlich alten Stoff zurück. H. G. Wells schuf die literarische Vorlage, James Whale mit einer ersten Verfilmung 1933 einen Klassiker des Horrorgenres. Ziemlich große Fußstapfen also, in der Whannell mit seiner Verfilmung des Stoffs treten wollte. Man muss ihm hoch anrechnen, dass der Film wirklich gut geworden ist und jedenfalls für sich stehen kann. Mit einer feministischen Ermächtigungsgeschichte bringt Whannell eine zeitgemäße und intelligente eigene Note hinein, die von Elisabeth Moss, einer grandiosen Könnerin ihres Fachs, kongenial getragen wird. So ist diese Neuverfilmung nicht nur ein spannend inszenierter Nägelbeißer, sondern wartet auch noch mit einer klaren Botschaft an die Machos da draußen auf, die meinen, eine Freundin würde in die Kategorie des persönlichen Besitzes fallen.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Universal Pictures – © 2020 Universal Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

Beyond the Infinite Two Minutes (2020)

Regie: Junta Yamaguchi
Original-Titel: Droste no hate de bokura
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Science Fiction, Komödie
IMDB-Link: Droste no hate de bokura


Was ist die wichtigste Zutat für einen gelungenen, unterhaltsamen Film? Die Antwort ist ganz einfach: Eine originelle Idee, die konsequent und mit handwerklichem Geschick umgesetzt wird. „Beyond the Infinite Two Minutes“, das Regiedebüt von Junta Yamaguchi, hat genau diese Zutat in ihrer geschmackvollsten Form. Gäbe es einen Oscar für Originalität, der hätte fix nach Japan gehen müssen. In diesem handwerklich einfach gehaltenen, aber inhaltlich komplexen Low-Budget-Film entdeckt ein Kaffeehausbesitzer, dass sein Monitor im Café und jener in seinem Zimmer über dem Café miteinander verbunden sind. Der untere Bildschirm zeigt zwei Minuten in die Zukunft. Nun sind zwei Minuten relativ unspektakulär – große Weissagungen a la Nostradamus lassen sich damit nicht machen. Aber ein Freund von Kato, dem Kaffeehausbesitzer, hat schon bald die Idee, die beiden Bildschirme so aufzustellen, dass sie einander ansehen und so einen sogenannten Droste-Effekt zu erzeugen – das ist, wenn ein Bild ein Bild zeigt, das das Bild zeigt, das das Bild zeigt etc. Und plötzlich geht der Blick in die Zukunft schon weiter – mit allerlei vergnüglichen und aberwitzigen Folgen. „Beyond the Infinite Two Minutes“ ist einer jener Filme, die vom Zuseher höchste Konzentration erfordern, da man sonst schlicht mit diesem minutenweisen Herumhüpfen zwischen Zukunft und Vergangenheit überfordert ist. Gleichzeitig aber, und das macht den Film so besonders, ist das keine große Anstrengung oder Arbeit, denn Yamaguchi inszeniert seine Sci-Fi-Story mit viel Augenzwinkern und ist immer auf den Unterhaltungswert bedacht. So ist der Film zwar clever gestrickt, aber in erster Linie macht er Spaß. An das Overacting der Laientheatertruppe, die für den Film rekrutiert wurde, muss man sich vielleicht zu Beginn erst einmal gewöhnen, aber genau das trägt dann auch zum Charme des Films bei, der so handwerklich unbedarft wirkt, aber mit seiner originellen Story fast schon als Geniestreich bezeichnet werden kann.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Ballade von der weißen Kuh (2020)

Regie: Behtash Sanaeeha und Maryam Moghadam
Original-Titel: Ghasideyeh gave sefid
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Drama
IMDB-Link: Ghasideyeh gave sefid


Es ist ein harter Kampf an der Spitze. Noch hat Österreich (vor allem dank der unermüdlichen Beiträge von Michael Haneke) die Nase vorn im Rennen um die Feel-Bad-Film-Nation der Welt, aber der Iran lässt sich nicht lumpen und zückt mit der „Ballade von der weißen Kuh“ ein Ass. Der Film beginnt gleich mal mit einem Besuch in einem äußerst trostlosen Gefängnis, in dem Mina (Maryam Moghadam, die auch gleich am Drehbuch und der Regie mitgewirkt hat) ihren Ehemann zum letzten Mal sieht. Kurze Zeit später ist derselbige tot, und Mina muss sich mit ihrer gehörlosen Tochter allein abkämpfen. Die Wohnung ist winzig, das Geld ist alle, und als Witwe eines verurteilten und hingerichteten Mörders hat man nicht unbedingt ein erfülltes Sozialleben. Und weil alles eh schon so scheiße ist, kommt plötzlich auch noch die Nachricht, dass die Verurteilung und Exekution des Gatten auch noch ein Justizirrtum war. Auftritt Reza (Alireza Sanifar), ein traurig blickender Mann, dessen Sohn sich gerade zum Militärdienst verabschiedet hat, und der dem Verstorbenen noch was schuldete. Zwischen den beiden einsamen Seelen entwickelt sich eine freundschaftliche Zuneigung – vielleicht das bisschen Licht in dieser dunklen Welt, das es in diesem Moment braucht. Aber: Das iranische Regieduo macht seine Sache gründlich, und was ein Haneke kann, können die beiden auch. Also geht mal lieber nicht davon aus, dass am Ende alle happypeppy sind, der verstorbene Ehemann als fröhlicher Geist Stepptänze aufführt und die ganze Familie glücklich ins Disneyland fährt. Wäre natürlich auch eine Variante gewesen, den Film ausklingen zu lassen, aber das Ende passt schon so, wie es ist. Die Welt ist eben mancherorts und manchmal so deprimierend. Und damit ist die „Ballade von der weißen Kuh“ ein konsequenter Film, über den man noch lange diskutieren kann. Eine Empfehlung von mir. Und der Haneke zuckt wohl auch schon ganz nervös im Kinosessel.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: © Amin Jafari, Quelle http://www.imdb.com)

Palm Springs (2020)

Regie: Max Barbakow
Original-Titel: Palm Springs
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Rom-Com, Fantasy
IMDB-Link: Palm Springs


Die gute alte Zeitschleifengeschichte. Zu Perfektion gebracht in Und täglich grüßt das Murmeltier, als Bill Murray als zynischer Wetterfrosch so lange den gleichen beschissenen Tag erleben musste, bis er Andie McDowells Herz gewinnen konnte. So ähnlich geht’s in „Palm Springs“ auch Nyles (Andy Samberg). An seiner Situation sind immerhin zwei Dinge positiv: 1. dass der tausendfach wiederholte Tag ausgerechnet eine Hochzeit ist, zu der er geladen ist – will heißen: gutes Essen und Alkohol bis zum Abwinken. Und 2. zieht er – eher unabsichtlich – die Brautjungfer Sarah (Cristin Milioti) in seine Zeitschleifenwelt hinein. Die ist anfangs nicht so glücklich darüber, jeden Tag den gleichen Tag aufs Neue erleben zu müssen. Aber irgendwann arrangiert man sich miteinander, denn zu zweit lässt sich die Ewigkeit immer noch leichter ertragen als allein. Doch wie schon die Fantastischen Vier philosophiert haben: Es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht. Wir sind hier im Genre der fantastischen Rom-Com, also braucht es noch etliche Verwicklungen, Missverständnisse und Bekenntnisse bis zur finalen Katharsis. Der Weg dahin ist unterhaltsam und sympathisch gespielt gezeichnet. Und selbst wenn das Thema der Zeitschleifen cineastisch in der Vergangenheit schon arg ausgelutscht wurde, ist der Zugang in „Palm Springs“ immerhin erfrischend genug, um den Zuseher bei Laune zu halten. Klar, Originalitätspunkte gibt es dafür keine, aber der Film macht Spaß und ist nett anzusehen. Und: Der Film zeigt mitunter die besten Luftmatratzen der Filmgeschichte. Ich will so eine verdammte Pizzamatratze für meinen nächsten Italienurlaub haben!


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Wife of a Spy (2020)

Regie: Kiyoshi Kurosawa
Original-Titel: Supai no tsuma
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Historienfilm, Drama, Krimi
IMDB-Link: Supai no tsuma


Ich habe ja so meine Probleme mit dem umtriebigen japanischen Kult-Regisseur Kiyoshi Kurosawa. Ob nun seine Horror-Thriller-Anfänge (Cure) oder sein Ausflug ins Science Fiction-Genre (Before We Vanish) – bislang konnte mich nichts restlos überzeugen. „Wife of a Spy“, ein ruhig erzähltes Agentendrama im historischen Setting, ist jedoch nun mal ein Film, bei dem ich voll mitgehe. Zum Einen liegt das an der wirklich großartigen aufspielenden Besetzung (Yū Aoi als titelgebende Ehefrau Satoko, Issey Takahashi als ihr Mann Yūsaku mit Geheimnissen), zum Anderen an der grundsoliden Inszenierung, die das Drama fast schon als Kammerspiel aufzieht, in der die große Geschichte im Kleinen, nämlich im eigenen Wohnzimmer, auf die Familie Fukuhara hereinbricht. Hier gibt’s keine Action a la James Bond zu bestaunen – manchmal sind es eben auch kleine Fabriksbesitzer, die zu Helden der Geschichte werden können und große Wagnisse eingehen. Die Story ist kurz vor Japans Eintritt in den Zweiten Weltkrieg angesiedelt, die Kernfrage beschäftigt sich mit Moral und Glaubensgrundsätzen, und wie diese die Ehe der Fukuharas gefährden. Wie weit geht man, wenn man großes Unrecht vermutet und dieses zu verhindern versucht, und damit die Menschen, die man liebt, in Gefahr bringen könnte? Und vor allem: Wie geht die andere Seite, eben die eigene Ehefrau, mit der Situation um, wenn sie nach und nach hinter das doppelte Spiel des eigenen Mannes kommt? „Wife of a Spy“ zieht seine Spannung aus genau diesen Fragen und ist somit mehr Ehedrama als Spionagethriller, verbindet aber beide Genres geschickt. Einzig für das etwas langatmige Ende gibt’s Abzüge in der B-Note, das hätte man deutlich straffen können, ohne dass dabei etwas verlorengegangen wäre. Dennoch: „Wife of a Spy“ ist vielleicht die Tür zu Kiyoshi Kurosawa, die mir bislang verschlossen blieb.


7,5 Kürbisse

(Foto: Slash Filmfestival)

Alien on Stage (2020)

Regie: Lucy Harvey und Danielle Kummer
Original-Titel: Alien on Stage
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Dokumentation
IMDB-Link: Alien on Stage


Britischer wird’s nicht mehr: Eine Laientheatergruppe eines Busunternehmens in Dorset, England, wird durch einen glücklichen Zufall für eine Nacht im Leicester Square Theatre in London für ihre Darstellung von „Alien“ gebucht. Vom Dorseter Gemeindetheater ans West End – und das mit handgemachten Requisiten, die man eilig selbst zusammengebastelt hat, und null schauspielerischer Erfahrung, aber viel Herzblut und Enthusiasmus und britischem Humor. Was soll da schon schiefgehen? „Alien on Stage“ von Lucy Harvey und Danielle Kummer ist eine liebevoll inszenierte Dokumentation über einen Box Office-Hit in der Londoner Theaterszene, den man eigentlich nicht für möglich halten kann. Im Fokus stehen dabei die Vorbereitungen der sichtlich überforderten Truppe auf den großen Abend, wobei der Regisseur des Laientheaters Dave Mitchell besonders viel Raum einnimmt – sehr zum Gaudium des Publikums, denn dem Mann mit dem staubtrockenen Humor, der sichtlich keine Ahnung hat, wie er sich nur in diese Situation hineintheatern konnte, plötzlich für eine ausverkaufte West End-Produktion verantwortlich zu sein, sollte man ein Denkmal bauen. Was er und seine Leute mit viel Improvisationstalent, Fantasie und Leidenschaft auf die Bühne stellen, ist schlicht grandios. Den Weg dahin zu begleiten und das Endresultat dann in einem Zusammenschnitt der besten Szenen auch noch zu sehen, macht wahnsinnig viel Spaß. „Alien on Stage“ ist eine Feelgood-Dokumentation, der man gerne folgt. Vielleicht hätte man die Hintergründe, wie es überhaupt zu dieser Schnapsidee gekommen ist, noch mehr beleuchten können, aber geschenkt. Nun würde mich interessieren, was Ridley Scott dazu sagt. Ich bin mir sicher, er wäre begeistert, denn kreativer kann eine Hommage an einen der besten Science Fiction-Filme der Geschichte nicht ausfallen.


7,5 Kürbisse

(Foto: Slash Filmfestival)