2011

The Ides of March – Tage des Verrats (2011)

Regie: George Clooney
Original-Titel: The Ides of March
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Thriller, Politfilm, Drama
IMDB-Link: The Ides of March


Es gibt ein paar Berufe, die wären nichts für den Filmkürbis eures Vertrauens. Lobbyist zum Beispiel. Oder Strafverteidiger. Oder auch Wahlkampfmanager. Alles Berufe, für die man zumindest eine dehnbare Ausprägung an Moralvorstellungen mitbringen muss, ansonsten zerfrisst einem das eigene Tun die Seele. Der junge Stephen Meyers (Ryan Gosling) erfährt dies so nach und nach in George Clooneys „The Ides of March – Tage des Verrats“. Darin spielt er einen Wahlkampfmanager für den von Clooney selbst gespielten demokratischen Präsidentschaftskandidaten Mike Morris. Und auch wenn es sich erst noch um die Vorwahlen der Demokraten handelt, so muss Meyers bald feststellen, dass auch hier schon mit allen Mitteln, auch schmutzigen, gespielt wird. So wird er vom Wahlkampfmanager (Paul Giamatti) des ersten Herausforderers kontaktiert, der das junge politische Talent kurzerhand abwerben möchte. Das gefällt Meyers Boss Paul Zara (der selige Philip Seymour Hoffman einmal mehr mit einer überzeugenden Darstellung) nicht sonderlich, und die Kaskade der Ereignisse führt zu einem politischen Katz-und-Maus-Spiel, bei dem am Ende keiner mehr weiß, an welcher Stufe der Nahrungskette er steht. „The Ides of March – Tage des Verrats“ ist ein spannender Beitrag zur Perversion politischer Wahlen und deren Beeinflussbarkeit durch die Steuerung der Medienlandschaft. Dass die Realität die Fiktion mal mit Karacho rechts überholen würde durch die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, hätte damals, als „The Ides of March“ gedreht wurde, wohl auch niemand gedacht. Insofern ist das Bild, das George Clooney in seinem Film vermittelt, erschreckend akkurat. Dieser Film wird in den kommenden Jahren wohl nichts von seiner Relevanz einbüßen. Leider.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Photo by Saeed Adyani – © 2011 IDES FILM HOLDINGS, LLC., Quelle http://www.imdb.com)

Brautalarm (2011)

Regie: Paul Feig
Original-Titel: Bridesmaids
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Komödie
IMDB-Link: Bridesmaids


Das wird mal eine Frage in den höheren Regionen der Millionenshow: Für welchen Film bekam Melissa McCarthy ihre erste Oscar-Nominierung? Auf die Antwort „Bridesmaids“ muss man da erst mal kommen. Was jetzt kein Qualitätsurteil über den Film sein soll, aber die Honorierung der Darstellerleistung ist in etwa so ungewöhnlich und ein bisschen neben der Spur wie der Film selbst. Und das meine ich durchaus positiv. Denn eines muss man der Geschichte rund um die als Brautjungfer überforderte Annie (Kristen Wiig) und ihrer Freundinnen-Clique zu Gute halten: Sie ist rotzfrech erzählt. Dass dabei auch Gags unterhalb der Gürtellinie gefahren werden, ist da schon in Ordnung, auch wenn man diese Art von Humor prinzipiell nicht teilen muss. Schön ist jedenfalls, dass da die Mädels mal so richtig aufdrehen, und die Probleme, die es zu bewältigen gibt, durchaus nachvollziehbar sind. Da wird nichts mit Glitzer und Pink überstreut, weil es ja ein Mädelsfilm ist, nein, da wird auch mal aufs Hochzeitskleid gekotzt, wenn es die Geschichte verlangt. Ich muss sagen, das war mir persönlich dann doch etwas too much, aber ich muss auch klar festhalten, dass ich wohl nicht zur Zielgruppe des Films gehöre. Meine Freundin wird mir wohl die Ohren lang ziehen, wenn sie diese Kürbis-Bewertung sieht, aber so sehr ich diese erfrischende Konsequenz des Films auch mag, thematisch holt er mich halt überhaupt nicht ab. Bin ich im falschen Film? Nein. Aber wohl der falsche Kritiker für diesen Film.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: Photo by Suzanne Hanover – © 2011 Universal Studios, Quelle http://www.imdb.com)

Drive (2011)

Regie: Nicolas Winding Refn
Original-Titel: Drive
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Thriller, Drama
IMDB-Link: Drive


Wenn man nach modernen Kultfilmen und den besten Filmen des noch relativ jungen 21. Jahrhunderts fragt, wird immer wieder auch dieser Film genannt: „Drive“ von Nicolas Winding Refn. In diesem Fall suchte sich Ryan Gosling, der die Hauptrolle des namenlosen Fahrers spielt, seinen Regisseur aus, der sich wiederum um die restliche Besetzung kümmerte. Wie ein Rädchen, das ins andere greift, ergab sich damit eine optimale Besetzung mit Carey Mulligan, Albert Brooks, Bryan Cranston, Ron Perlman und Oscar Isaac. Doch all die geballte Schauspielkraft ist nicht viel wert, wenn die Story uninteressant oder schlecht erzählt ist. „Drive“ macht aber alles richtig. „Drive“ ist ein B-Movie mit dem künstlerischen Anspruch eines Oscarfilms. Ein Actionfilm mit langsamen, fast stoischen Actionszenen. Ein Liebesfilm, der allein mit scheuen Blicken und Gesten erzählt wird und ohne Streichquartette auskommt. Ein Rachethriller, in dem weniger die Protagonisten als die Summe der Umstände zu der verfahrenen Situation führen, in der sich die Beteiligten wiederfinden. Und „Drive“ ist eine Meisterleistung von Ryan Gosling, der den ganzen Film über fast ohne Dialog und nur mit stoischer Miene auskommt und dabei seinen Protagonisten expressiver und feinfühliger vermitteln kann als das mit diesen Mitteln eigentlich möglich sein sollte. Carey Mulligan steht ihm dabei im Übrigen kaum nach, auch ihre Irene macht sie mit minimalistischen Mitteln greifbar, aber durch die Zentrierung des Films auf den schweigsamen Fahrer fällt die besondere Leistung von Gosling noch mal deutlicher auf. Dazu kommt der atmosphärisch dichte Elektropop-Soundtrack, der die Isolation der Figuren wie auch die Versuche, daraus auszubrechen, ideal untermalt und über den Film hinaus im Ohr hängenbleibt. Kurz: „Drive“ ist ein perfekter Film. Er ist handwerklich außergewöhnlich gemacht, konzentriert erzählt, überragend gespielt und trifft dabei auch noch mitten ins Herz. Einfach mal auf Youtube nach der Szene „Do you wanna see something?“ suchen, und ihr wisst, was ich meine mit dieser Perfektion in allen Details. Ein Lieblingsfilm.


10 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Die Haut, in der ich wohne (2011)

Regie: Pedro Almodóvar
Original-Titel: La piel que habito
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Thriller, Drama, Krimi
IMDB-Link: La piel que habito


Auf so eine Geschichte musst du erst mal kommen. Also echt, als Vera (Elena Anaya) herausfindet, was ihr Robert (Antonio Banderas) angetan hat, nämlich, dass … aber halt! Ich hätte ja jetzt fast den ganzen Film gespoilert, so aufgeregt, wie ich bin. Doch was schreibt man über Pedro Almodóvars verstörenden Mindfuck „Die Haut, in der ich wohne“, ohne zu viel Inhalt vorwegzunehmen und das WTF der ersten Sichtung zu spoilern? Dass dieser Chirurg Robert sichtlich einen an der Waffel hat, ja, das kann man schreiben. Und dass die bildhübsche Vera von ihm gefangen gehalten wird, auch das erschließt sich relativ schnell. Aber das sind auch schon alle Andeutungen zum Inhalt, die man gefahrlos geben kann, ohne jemandem, dessen Erstsichtung dieses Films aus dem Jahr 2011 noch aussteht, den Spaß zu verderben. Ansonsten bleibt einem nicht viel mehr, als den Einfallsreichtum des Pedro Almodóvar zu rühmen, der sein Ding einfach konsequent durchzieht und mit „Die Haut, in der ich wohne“ einen Film realisiert hat, über den sich andere etabliere Filmemacher vielleicht gar nicht erst getraut hätten aus Sorge, mit einem solch schrägen und unbequemen Werk die treue Fangemeinde zu verstören. Und man kann einmal mehr Antonio Banderas loben, der wohl auf Basis seiner eindimensionalen Hollywood-Rollen, die ihm nicht mehr zugestehen wollen als den glutäugigen Latin Lover, immer noch vielfach unterschätzt wird. Aber unter Almodóvars Regie zeigt er, dass viel mehr in ihm steckt. Was man vielleicht ein wenig an dem Film kritisieren kann, ist dann doch eine gewisse Neigung zur Effekthascherei. Diese verhindert eine durchaus mögliche höhere Wertung. Nichtsdestotrotz die unbedingte Empfehlung an alle Cineasten, die für Grenzerfahrungen offen sind: Anschauen! Aber nichts vorab über den Inhalt des Films lesen, sondern ihn einfach wirken lassen.


7,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: © 2011 – Sony Pictures Classics, Quelle http://www.imdb.com)

Contagion (2011)

Regie: Steven Soderbergh
Original-Titel: Contagion
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Drama, Thriller
IMDB-Link: Contagion


Es gibt fiktive Geschichten, die von der Realität überholt werden. Steven Soderberghs Thriller „Contagion“ aus dem Jahr 2011 ist so ein Fall. Nicht ganz zehn Jahre später müssen wir festhalten: Abgesehen davon, dass der im Film gezeigte Virus etwas gar zu drastisch wirkt, hat Soderbergh das derzeit weltweite Corona-Szenario erschreckend genau getroffen. Am Anfang wird alles noch ein wenig heruntergespielt bzw. ist man sich unsicher, womit man es zu tun hat, dann wird die Situation undurchsichtiger und gefährlicher, es kommt zu Isolationsmaßnahmen, Maskenpflicht bis hin zur totalen Abschottung von Städten mit den dann zu erwartenden Problemen: panischen Hamsterkäufen, Nahrungsknappheit, Plünderungen, dem totalen Zusammenbruch der gesellschaftlichen Ordnung. Ganz so weit sind wir bei der aktuellen Corona-Pandemie ja glücklicherweise nicht, aber wenn das Virus so tödlich verlaufen würde wie im Film gezeigt, dann frage nicht. Es ist Soderberghs große Stärke, dass er selbst so ein dramatisches Szenario nicht episch ausschlachtet, sondern bewusst nüchtern und distanziert erzählt. Er kann sich dabei auf einen grandiosen Best Of-Cast Hollywoods verlassen: Laurence Fishburne, Kate Winslet, Gwyneth Paltrow, Matt Damon, Jude Law, Marion Cotillard, Bryan Cranston, Jennifer Ehle, John Hawkes, Elliott Gould und viele mehr, die allesamt auch zurückstecken können und akzeptieren, dass sie nur ein jeweils kleines Rädchen in der großen Maschine sind – ganz so, wie wir alle in der realen Welt auch, wenn wir von einer Pandemie überrollt werden. Doch wie es auch in der aktuellen Pandemie so ist: Scheren die Rädchen nach und nach aus, weil sie sich für etwas Besseres halten, ist das große Ganze gefährdet, die Maschine gerät ins Stocken, und das Virus jagt unbehelligt erneut um den Globus.


7,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Photo by Courtesy Warner Bros. – © 2011 Warner Bros. Entertainment Inc., Quelle imdb.com)

Verblendung (2011)

Regie: David Fincher
Original-Titel: The Girl with the Dragon Tattoo
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Krimi, Thriller
IMDB-Link: The Girl with the Dragon Tattoo


David Fincher und Thriller, das passt wie Sachertorte und Schlagobers, wie Birkenstock-Schlapfen und Duftkerzen, wie blaue Spitzenpolitiker und Ibiza. A Match Made in Heaven. Und auch wenn der Meister der gepflegten Spannungsunterhaltung mal nicht auf der absoluten Höhe seiner Kunst ist, beweist der Mann zumindest eine solche Handfertigkeit, dass das Resultat seiner Bemühungen jedenfalls als gelungen zu bezeichnen ist. So auch bei dem Remake der Verfilmung des ersten Teils der Millennium-Thriller-Reihe des schwedischen Bestseller-Autors Stieg Larsson. Und nein, dafür gibt es keine Kreativitätspunkte, wenn man das Recycling vom Recycling in die Welt wirft, aber unter der wie immer konzentrierten Regie von David Fincher kann man sich auch so einen Film einmal gönnen, zumal er mit Daniel Craig, Rooney Mara, Christopher Plummer und Stellan Skarsgård eine illustre Besetzung aufweisen kann, die sich auch ordentlich ins Zeug legt. Wenn man dann, so wie ich, weder die Buchvorlagen noch die erste schwedische Verfilmung kennt, ist ohnehin alles wunderbar frisch und damit noch besser genießbar. Für alle Anderen ist der neuerliche Aufguss, der mit einer Laufzeit von über 2,5 Stunden auch recht viel Sitzfleisch abverlangt, zugegebenermaßen vielleicht irrelevant, aber die können dann immerhin nach Sichtung des Films trefflich darüber streiten, ob nun Rooney Mara oder Noomi Rapace die bessere Lisbeth Salander abgibt. Da ich nur Mara in der Rolle kenne, klinke ich mich aus dieser Diskussion aus und halte einfach fest: Die extrem wandelbare Rooney Mara ist auch in dieser Rolle gut aufgehoben. Ansonsten bleibt zu sagen: Der Film ist solide Thriller-Kost, die jetzt nicht unbedingt mit großen Überraschungen glänzt, aber mit einem klaren Fokus auf die Figuren (was ja sehr positiv hervorzuheben ist) inszeniert ist, was den Zuseher auch über einige Leerstellen in der Handlung gut hinweg hebt. Wie gesagt, Fincher und Thriller – da kann prinzipiell nicht viel schiefgehen.

 


7,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle: imdb.com)

Ohne Limit (2011)

Regie: Neil Burger
Original-Titel: Limitless
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Thriller
IMDB-Link: Limitless


Nein, in Neil Burgers Film geht es nicht um BMWs auf deutschen Autobahnen, die mit 220 km/h dahergeprescht kommen, bis auf zehn Zentimeter an die Stoßstange auffahren und dann wie wild die Lichthupe betätigen. Obwohl ein solches Szenario auch ein guter Stoff für einen Thriller wäre. Wenn dann der Vordermann nur mal kurz auf die Bremse steigen würde … frage nicht! Vielleicht machen Begrenzungen ja durchaus auch Sinn. Und vielleicht ist es ganz gut, dass nicht Einzelne von uns das komplette Potential unseres Gehirns nutzen können, das würde auch unfaire Vorteile mit sich bringen. Schlag nach bei „Lucy“ von Luc Besson. In „Limitless“ findet ein erfolgloser Schriftsteller jedenfalls eine Droge, die ihm genau diesen Vorteil bringt. Die Pille aktiviert das bislang ungenutzte Potential des Gehirns und macht Eddie zum klügsten Menschen auf dem Planeten. In wenigen Tagen ist sein Buch geschrieben, und neben lernt er mal ein paar Fremdsprachen, die er auf der Straße aufschnappt. Aber es ist klar, dass bald finstere Gestalten danach trachten, ihm die Monopolstellung für das Superbrain streitig zu machen. Außerdem treten alsbald unerwartete Nebenwirkungen auf, die das Leben zusätzlich verkomplizieren. Und für den klügsten Mann des Planeten trifft er bald einige echt saublöde Entscheidungen. „Limitless“ ist ein visuell absolut überzeugender und spannender Thriller, der gut zu unterhalten weiß, aber leider selbst nicht sein ganzes Potential ausschöpft. Was die neuen geistigen Möglichkeiten betrifft, die so eine komplette Nutzung des Gehirns mit sich bringt, ist „Lucy“, obwohl als Film insgesamt eher missraten, beispielsweise deutlich konsequenter. In „Limitless“ beschränkt sich die Wirkung der Droge darauf, dass man schnell rechnen und Fremdsprachen erlernen kann und als wandelnde Enzyklopädie durch die Geschichte stolpert. Wenn es der Plot verlangt, handelt Eddie aber manchmal so dämlich, dass man fast vermuten muss, die Droge hätte sein Gehirn verbrutzelt statt simuliert. Aber sei’s drum – wer an einem Sonntagabend einen spannenden Thriller sehen möchte, wird mit „Limitless“ gut unterhalten werden.


6,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle: imdb.com)

We Need to Talk About Kevin (2011)

Regie: Lynne Ramsay
Original-Titel: We Need to Talk About Kevin
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Thriller, Drama
IMDB-Link: We Need to Talk About Kevin


Kann es sein, dass Hollywood den Namen Kevin gerne mit sadistischen Satansbraten assoziiert? Macaulay Culkin durfte als Träger dieses Namens dämliche Einbrecher quälen, und auch Lynne Ramsays Kevin in „We Need to Talk About Kevin“ hat echt ungute Veranlagungen. Schon als Kind ist er entrückt und unzugänglich. Da kann sich die Mutter (Tilda Swinton) noch so sehr um den Aufbau einer echten Beziehung bemühen, doch fröhlich scheint das Kind nur in den Armen des Vaters (John C. Reilly) zu sein. Aber was soll man machen, wenn man als Mutter keine Bindung zum eigenen Kind findet? Man spielt Gefühle vor, und erntet Missgunst und Niederträchtigkeit. Dass das mal ein böses Ende nehmen wird, ist nicht nur vorgezeichnet, sondern gleich mit dem allerersten Bild des Filmes angedeutet und kurze Zeit später auch ausformuliert (allerdings auf die für Ramsay typisch indirekte Weise, die sie dann später in You Were Never Really Here perfektioniert hat). Denn eben jener Kevin massakriert als Teenager (gespielt von Ezra Miller) seine Mitschüler. Und Eva, die Mutter, muss damit leben – mit den Schuldgefühlen und dem Hass, der ihr von Seiten der Kleinstadtbewohner entgegenschlägt. Und der auch nachvollziehbar ist, befinden sich unter den Opfern von Kevins Wahnsinnstat ja die Töchter und Söhne dieser Kleinstadtfamilien. „We Need to Talk About Kevin“ ist ein unangenehmer, intensiver Film, der sich artifiziell anfühlt (so scheint der junge Kevin mit seinen dunklen Blicken fast das Kind des Leibhaftigen zu sein), aber mit diesen Mitteln der Verfremdung eine nachvollziehbare Seelenqual, nämlich jene der Mutter, beschreibt. Tilda Swinton ist (wieder einmal) überragend. Es gibt nichts, was diese Frau nicht spielen kann. Die eigentliche Offenbarung des Films ist aber die Leistung von Nachwuchsdarsteller Jasper Newell als junger Kevin. So ein Arschlochkind muss man erst mal spielen können.


7,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle imdb.com)

Kung Fu Panda 2 (2011)

Regie: Jennifer Yuh Nelson
Original-Titel: Kung Fu Panda 2
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Animation, Komödie
IMDB-Link: Kung Fu Panda 2


Fortsetzungen sind oft ein schwieriges Unterfangen. Einerseits läuft man Gefahr, einfach „more of the same“ zu produzieren, andererseits ist das Risiko groß, die treuen Zuseher zu vergraulen, wenn man sich zu sehr vom ersten Teil entfernt. Die Quadratur des Kreises ist also gefragt. Was also tun, wenn man in Kung Fu Panda schon den Gag des dicken, fetten Pandas, der die Künste des Kung Fu zu meistern lernt, ausgereizt hat? Nun, eine gute Idee ist es zumeist, die Hintergründe zur Hauptfigur zu vertiefen und etwas mehr über die Herkunft und die Background-Story zu erzählen. In diese Schiene bewegt sich auch „Kung Fu Panda 2“. Die Realisierung der Geschichte wurde Jennifer Yuh Nelson anvertraut, die schon am ersten Teil mitwirkte und mit dem zweiten Teil ihr Regie-Debüt geben durfte. Klar ist, dass etwas faul sein dürfte, wenn sich ein Gänserich als Vater eines Pandas bezeichnet. Diese Geschichte rund um Pos Herkunft wird im zweiten Teil nun aufgerollt. Und da sie eng verknüpft ist mit einem stolzen, gekränkten Pfau, der aufgrund einer für ihn ungünstigen Prophezeiung gleich mal Genozid betreibt, gibt es natürlich auch im zweiten Teil wieder viel flauschige Kung Fu-Action zu bewundern. Gut finde ich persönlich den Handlungsrahmen rund um den Bösewicht, der einerseits so böse ist, wie Schurken in Animationsfilmen nur sein können, andererseits auch eine tragische Note aufweist. Eine solche Differenzierung ist schwierig, gelingt aber in „Kung Fu Panda 2“ gut aufgrund einer sorgfältigen Charakterzeichnung. Der Rest ist dann tatsächlich „more of the same“, aber „Kung Fu Panda 2“ ist ein Film, der seinem ersten Teil nicht weit nachsteht – und damit befindet sich der Film definitiv im kleinen, erlauchten Kreis der gelungeneren Fortsetzungen. Mit dem dritten Teil geht es dann abwärts, aber gut, vielleicht ist die Geschichte rund um den Kung Fu kämpfenden Panda einfach irgendwann auch auserzählt.


7,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: (c) 2011 Paramount Pictures, Quelle imdb.com)

Code Blue (2011)

Regie: Urszula Antoniak
Original-Titel: Code Blue
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Drama
IMDB-Link: Code Blue


Viel Text müssen die Schauspieler in Urszula Antoniaks Filmen nicht lernen. So auch in „Code Blue“, das von einer Krankenschwester (Bien de Moor) erzählt, die isoliert lebt und nur durch die Behandlung ihrer Patienten so etwas wie zwischenmenschliche Nähe erfährt. Dass sie es mit der Nächstenliebe etwas zu gut meint und das Leid der Patienten auf der Palliativstation etwas verfrüht beendet, passt irgendwie ins Bild. Eines Tages lernt sie mehr durch Zufall den jungen Deutschen Konrad (Lars Eidinger) kennen, und sie beschließt, sich auf ihn einzulassen, auch wenn ihr das soziale Handwerkszeug für eine solche Begegnung fehlt. „Code Blue“ ist ein schwieriger Fall. Mal wieder. Denn von den bislang gesehenen Filmen von Urszula Antoniak konnte mich bislang nur „Nothing Personal“ überzeugen. Stilistisch ansprechend sind alle ihre Werke, aber zu oft vergisst sie für meinen Geschmack auf die Geschichte und vor allem darauf, den Zuseher mitzunehmen. Vieles spielt sich in den Köpfen der Figuren ab, Vieles bleibt dadurch im Verborgenen. Doch diese gewollte Rätselhaftigkeit geht einem nur allzu schnell auf die Nerven, und Fadesse stellt sich ein. Das passiert auch in „Code Blue“, und das kann am Ende Lars Eidinger selbst mit dem enthusiastischsten Körpereinsatz nicht mehr ändern. Was von dem Film bleibt ist, dass ich schöne Bilder und allzu viel von Eidingers Schniedel gesehen habe. Das reicht dann wieder für eine Weile – sowohl was Urszula Antoniaks Filme als auch was das beste Stück Lars Eidingers betrifft.


3,5
von 10 Kürbissen