Krimi

Scott & Huutsch (1989)

Regie: Roger Spottiswoode
Original-Titel: Turner & Hooch
Erscheinungsjahr: 1989
Genre: Komödie, Krimi
IMDB-Link: Turner & Hooch


Eine Frage vorab: Hat Reginal VelJohnson jemals etwas anderes als einen Polizisten gespielt? Ich bin mir da nicht sicher. Jedenfalls ist er auch in Roger Spottiswoodes Buddie-Movie „Scott & Huutsch“ in seiner Paraderolle als gemütlicher Polizist zu sehen, der sich das Geschehen aus der zweiten Reihe unbehelligt ansehen darf. Die erste Reihe gehört natürlich dem titelgebenden Gespann aus überkorrektem Cop mit Monk-Zügen (Tom Hanks) und einer monströsen, sabbernden und auf Chaos gebürsteten Dogge, der einzige Zeuge im Mordfall an seinem Herrchen. (Warum der Hund von Hooch auf Huutsch übersetzt werden musste, ist mir nicht ganz klar.) Wovon „Scott & Huutsch“, ein Klassiker meiner Kindheit, reichlich hat, ist Hundespeichel und ein gewisses Wohlgefühl, dass man auf vertrauten Pfaden wandelt und jede Wendung, selbst wenn man den Film zum ersten Mal sieht, einigermaßen trittsicher vorhersehen kann. Bis zum Ende, das dann in seiner Konsequenz doch überrascht. Insgesamt ist „Scott & Huutsch“ ein vergnügliches Cop-Movie mit Wohlfühlfaktor und einigen wirklich witzigen Szenen. Tom Hanks muss sich nicht überanstrengen und kann einfach er selbst sein, Mr. Nice Guy, und wenn er nicht so fürchterlich gesabbert hätte, dann hätte ich mir als Kind wohl einen Hund wie Huutsch gewünscht. Meine Eltern sind froh, dass es nicht so weit gekommen ist.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Die blaue Dahlie (1946)

Regie: George Marshall
Original-Titel: The Blue Dahlia
Erscheinungsjahr: 1946
Genre: Thriller, Krimi
IMDB-Link: The Blue Dahlia


1946 einen Film über Kriegsheimkehrer herauszubringen, war schon eine mutige Entscheidung. In diesem Fall lassen sich die seelischen Verwundungen und das Gefühl der Abgeschiedenheit von der Welt aber gut mit den Stilmitteln des Film Noir kombinieren. Hier findet zusammen, was zusammengehört. Die Geschichte handelt von Johnny, der zusammen mit seinen Kameraden Buzz und George nach Hause zurückgekehrt ist, nur um seine Frau als versoffenes Partygirl mit einer heimlichen Affäre wiederzufinden, und der Sohn ist auch gestorben. Im Streit geht das Ehepaar auseinander, und kurze Zeit später ist die Ehefrau tot. Logisch, dass der Verdacht der Polizei auf den flüchtigen Ehemann fällt. Der hat nun alle Hände voll zu tun, den Fall selbst aufzuklären, ehe er geschnappt wird. Ihm zu Hilfe kommt eine mysteriöse Fremde, die irgendwie auch neben der Spur zu sein scheint. „Die blaue Dahlie“ ist Drama, Drama, Drama! Der Plot biegt vielleicht ein paar Mal zu oft ab, sodass einem mit der Zeit fast schwindlig von den vielen deus ex machina-Momenten und signifikanten Zufällen wird. Doch immerhin ist für Spannung und Unterhaltung gesorgt. Das Ende überrascht, wirkt aber nicht stimmig. Selbst M. Night Shyamalan wäre da wohl nicht mitgegangen. Unterm Strich ist „Die blaue Dahlie“ von George Marshall ein recht klassischer Vertreter des Genres. Wer ein Faible dafür hat, wird gut unterhalten, nur sollte man vorab jeglichen Anspruch an Logik aus seiner Erwartungshaltung streichen.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 1946 Paramount Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

Hinterland (2021)

Regie: Stefan Ruzowitzky
Original-Titel: Hinterland
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Krimi, Thriller, Historienfilm
IMDB-Link: Hinterland


Man will es sich als wohlstandsverwahrlostes, verhätscheltes Kind der 80er ja gar nicht vorstellen, was unsere Urgroßväter und -mütter mitmachen mussten. Vier Jahre lang Krieg, den man noch dazu verloren hat, der alte Kaiser ist tot, der neue im Exil, von den Fahnenmasten flattern so seltsame rot-weiß-rote Fahnen, und man versucht herauszufinden, was dieses seltsame Konstrukt der Republik nun bedeutet. In diese fremde Welt wird der Kriegsheimkehrer Peter Perg (Newcomer Murathan Muslu) hineingeworfen. „Für Gott, Kaiser und Vaterland“ war einmal. Heute ist er, der ehemalige Spitzeninspektor der Wiener Polizei, ein Niemand. Noch dazu werden alte Gefährten bestialisch gemeuchelt. Irgendjemand hat es auf Kriegsheimkehrer abgesehen, die er zunächst grausam foltert und dann schön drapiert zur Schau stellt. „Sieben“ lässt grüßen. Also muss sich Perg, seelische Verwundungen hin oder her, der Sache stellen. „Hinterland“ von Stefan Ruzowitzky ist ein expressionistischer Albtraum – die (computergenerierten) Wände der Stadt stehen schief und spiegeln die Schieflage, in der sich die ganze Gesellschaft befindet. Die Morde könnten grauslicher nicht sein, die Mienen sind verzerrt, die Blicke leer, und stinken wird’s auch, so ungewaschen, wie die Leute aussehen. Das alles verfehlt seine Wirkung nicht – selten zuvor habe ich Wohlstandskind drastischer nachempfinden können, was es heißt, in eine kriegsversehrte Welt hineingeworfen zu werden. Ein ganzes Land hat sich selbst verloren. Das wird in „Hinterland“ erlebbar. Allerdings ist Ruzowitzky halt auch jemand, der gerne dick aufträgt. Gerade das Ende versucht sich, in jeder Sekunde selbst zu übertreffen, was dazu führt, dass der Film von einer Klischeefalle in die nächste schlingert. Eine interessante und empfehlenswerte Seherfahrung bleibt „Hinterland“ dennoch. Man hätte sich nur gewünscht, dass die Story der außergewöhnlichen Qualität der Bilder folgen kann.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Photo by freibeuter film – © freibeuter film, Quelle http://www.imdb.com)

Wife of a Spy (2020)

Regie: Kiyoshi Kurosawa
Original-Titel: Supai no tsuma
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Historienfilm, Drama, Krimi
IMDB-Link: Supai no tsuma


Ich habe ja so meine Probleme mit dem umtriebigen japanischen Kult-Regisseur Kiyoshi Kurosawa. Ob nun seine Horror-Thriller-Anfänge (Cure) oder sein Ausflug ins Science Fiction-Genre (Before We Vanish) – bislang konnte mich nichts restlos überzeugen. „Wife of a Spy“, ein ruhig erzähltes Agentendrama im historischen Setting, ist jedoch nun mal ein Film, bei dem ich voll mitgehe. Zum Einen liegt das an der wirklich großartigen aufspielenden Besetzung (Yū Aoi als titelgebende Ehefrau Satoko, Issey Takahashi als ihr Mann Yūsaku mit Geheimnissen), zum Anderen an der grundsoliden Inszenierung, die das Drama fast schon als Kammerspiel aufzieht, in der die große Geschichte im Kleinen, nämlich im eigenen Wohnzimmer, auf die Familie Fukuhara hereinbricht. Hier gibt’s keine Action a la James Bond zu bestaunen – manchmal sind es eben auch kleine Fabriksbesitzer, die zu Helden der Geschichte werden können und große Wagnisse eingehen. Die Story ist kurz vor Japans Eintritt in den Zweiten Weltkrieg angesiedelt, die Kernfrage beschäftigt sich mit Moral und Glaubensgrundsätzen, und wie diese die Ehe der Fukuharas gefährden. Wie weit geht man, wenn man großes Unrecht vermutet und dieses zu verhindern versucht, und damit die Menschen, die man liebt, in Gefahr bringen könnte? Und vor allem: Wie geht die andere Seite, eben die eigene Ehefrau, mit der Situation um, wenn sie nach und nach hinter das doppelte Spiel des eigenen Mannes kommt? „Wife of a Spy“ zieht seine Spannung aus genau diesen Fragen und ist somit mehr Ehedrama als Spionagethriller, verbindet aber beide Genres geschickt. Einzig für das etwas langatmige Ende gibt’s Abzüge in der B-Note, das hätte man deutlich straffen können, ohne dass dabei etwas verlorengegangen wäre. Dennoch: „Wife of a Spy“ ist vielleicht die Tür zu Kiyoshi Kurosawa, die mir bislang verschlossen blieb.


7,5 Kürbisse

(Foto: Slash Filmfestival)

First Date (2021)

Regie: Manuel Crosby und Darren Knapp
Original-Titel: First Date
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Krimi, Komödie
IMDB-Link: First Date


Amerikanische Teenager und ihr Auto-Fetisch. Unserereins hat das Mädel seiner Wahl stilecht mit den Öffis ausgeführt, und wenn du aus dem Waldviertel gekommen bist, hast du die Holde im Postbus zum McDonald’s nach Krems kutschiert und musstest vor 8 Uhr abends wieder zurück sein, da dann der letzte Bus ging. Aber nein, der amerikanische Teenager, auch wenn notorisch pleite, braucht natürlich sein eigenes Automobil – und da beginnen die Probleme auch schon. Zwar hat sich Mike das Date mit der resoluten Kelsey gesichert, doch genau an diesem Wochenende düsen die Eltern nach Vegas ab. Der Plan, das Date in der Familienkutsche abzuholen, ist somit schon mal glorios gescheitert. Dank des Ersparten und ein wenig „geborgtem“ Geld aus der Schublade der Eltern macht Mike aber doch noch kurzfristig ein Auto klar, das ihm der windige Dennis zwischen Tür und Angel verkauft. Blöd nur, dass dieses Auto eine Vorgeschichte hat – und schon bald kleben Mike die Polizei und eine Gang geschwätziger (und bewaffneter) Kleinstadtgangster auf den Fersen. „First Date“ ist eine rasante Komödie, die den Bogen einfach immer einen Tick weit überspannt, was in den besten Momenten zum Brüllen komisch, auf Dauer aber auch nicht unanstrengend ist. Wirklich jede Nebenfigur ist eine Karikatur und die Handlung wird immer absurder, allerdings ist das alles so hemmungslos entspannt und sympathisch dargebracht, dass man dem Film das alles nicht übelnehmen kann. Man könnte sagen: „First Date“ ist ein knuffiges Kaninchen, das versehentlich am Koks geschnüffelt hat und nun rabiat durch die Wohnung fetzt. Tyson Brown in der Rolle des überforderten Mike macht seine Sache gut – denn er transportiert die ungläubigen Blicke, mit denen seine Figur die aus dem Ruder laufenden Handlungsstränge quittiert, herrlich nachvollziehbar – uns im Publikum geht’s ja auch nicht anders. Shelby Duclos als Kelsey hat zu Beginn nicht viel zu tun, bringt aber dann in der zweiten Hälfte ein bisschen Bad-Ass-Attitüde mit ein, die ihrer Figur gut zu Gesicht steht. Der Rest des Casts ist hauptsächlich für die komödiantischen Momente zuständig. Dass dennoch eine permanente Atmosphäre der Bedrohung über Mike und seinen Schwarm schwebt, ist ihnen und den Regisseuren aber hoch anzurechnen. Fazit: Sicherlich nicht einer der besten Filme des Jahres, aber er macht Spaß.


6,0 Kürbisse

(Foto: Slash Filmfestival)

Eine Leiche zum Dessert (1976)

Regie: Robert Moore
Original-Titel: Murder by Death
Erscheinungsjahr: 1976
Genre: Krimi, Komödie
IMDB-Link: Murder by Death


Wenn sich die besten Privatdetektive der Welt zu einem Abendessen zusammenfinden, wo sie von ihrem mysteriösen Gastgeber in ein perfides und mörderisches Spiel verwickelt werden, dann haben wir hier entweder einen spannungsgeladenen Film Noir vor uns – oder eine zwerchfellerschütternde Parodie darauf. „Eine Leiche zum Dessert“ von Robert Moore veräppelt auf kunstvolle und aberwitzige Weise das Genre der hard-boiled Whodunit-Krimis und ihre klischeebeladenen Ermittler. Da werden die sonst immer so erfolgreichen Privatdetektive wie Sam Diamond (Peter Falk), Amerikaner und Lebemann (und von beidem hat er definitiv zu viel), Sidney Wang (Peter Sellers), Mastermind aus dem Osten mit mangelhaften Grammatikkenntnissen, Jessica Marbles (Elsa Lanchester), resolute Ermittlerin mit dem Sinn für das Praktische, Dick Charleston (David Niven), Gentleman-Ermittler aus Good Ol’Britain, oder Milo Perrier (James Coco), Belgier mit Appetit, mal so richtig gefordert. Und was hat es eigentlich mit dem blinden Butler Jamesir Bensonmum (Alec Guinness) und dem immer wieder erscheinenden Gastgeber (Truman Capote) auf sich? Die Vorlagen für die Figuren sind klar: Sam Spade, Hercule Poirot, Miss Marple – eben die Helden dieser wendungsreichen Krimis, bei denen die Auflösung ganz am Ende immer mit einem bemerkenswerten und unerwarteten Twist kommt. „Eine Leiche zum Dessert“ macht sich dieses Grundthema zu Eigen und überdreht es ins Absurde, was den Film rasend komisch macht. Ein absoluter Klassiker sowohl des Komödien- als auch des Krimi-Genres.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Promising Young Woman (2020)

Regie: Emerald Fennell
Original-Titel: Promising Young Woman
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Drama, Thriller, Komödie, Krimi
IMDB-Link: Promising Young Woman


Anfang des Jahres mit dem Oscar für das beste Drehbuch ausgezeichnet, gibt es mit ordentlicher Corona-Verspätung Emerald Fennells Debütfilm „Promising Young Woman“ nun endlich auch bei uns in den Kinos zu sehen. Und was für ein Debüt das ist! Die von mir hochgeschätzte Carey Mulligan ist auf einem Rachefeldzug gegen die toxische Männerwelt, der auf der einen Seite herrlich überdreht wirkt und unglaublich unterhaltsam anzusehen ist, auf der anderen Seite aber einen bitteren Unterton aufweist und fast beiläufig unsere Gesellschaft bis ins Kleinste seziert. Fast jede Szene weist diese beiden Seiten auf. Das Unterhaltsame und das Bittere stehen gleichberechtigt nebeneinander, und es liegt an einem selbst, was man hiervon mitnimmt – im Idealfall beides. Worum geht’s? Die 30jährige Cassie, einst eine vielversprechende Medizinstudentin, jobbt untertags in einem Coffeeshop und stellt abends Männern nach, denen sie vorgaukelt, sturzbetrunken zu sein. Wenn diese nun die scheinbar einfache Gelegenheit für ein erotisches Abenteuer mitnehmen möchten, bereuen sie dies schon bald. Doch hinter dieser einfach wirkenden Story verbirgt sich eine gut begründete und hintergründige Rachegeschichte, die sich in all ihren Schichten nach und nach aufblättert. Grandios ist neben Mulligans Schauspiel und der perfekt eingesetzten Musik mit einigen großartigen Coversongs die Tatsache, dass Emerald Fennell, die neben der Regie auch für das prämierte Drehbuch verantwortlich zeichnet, die Grauschattierungen unseres komplexen Zusammenlebens aufgreift und sich nicht damit zufrieden gibt, einfach mal die Frau gegen die Männer austeilen zu lassen. Das Ende ist bitter und zynisch und befriedigend gleichermaßen. „Promising Young Woman“ ist ein Glücksfall von einem Film, der vordergründig beste Unterhaltung bietet und quasi über die Hintertür hochgradig relevante Themen verhandelt. Und jetzt ab ins Kino mit euch!


8,5 Kürbisse

(Bildzitat:: © 2019 – Focus Features, Quelle http://www.imdb.com)

Cruella (2021)

Regie: Craig Gillespie
Original-Titel: Cruella
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Komödie, Krimi
IMDB-Link: Cruella


Zugegeben: Der Film war von Anfang an ein riskantes Unterfangen. Ein fiktives Biopic über die Hintergründe einer der fiesesten Disney-Bösewichte ever – das kann auf mehreren Ebenen fürchterlich in die Hose gehen. Zum Einen stellt sich die Frage: Wie kann man eine Figur so anlegen, dass der weitere Weg als Schurkin zwar nachvollziehbar ist, aber für die Dauer des Films dennoch die Figur genügend Sympathien vom Publikum einheimst, um als Hauptfigur interessant zu sein? Zum Anderen: Wie gelingt dieser Spagat, ohne dass tränendrüsenreich auf die Tube gedrückt wird und jene Cruella De Vil, die später so erbittert den herzigen Dalmatinern nachstellt, zur Karikatur wird? Hut ab vor Craig Gillespie und Emma Stone, die sich als kongeniales Duo bei der Umsetzung dieser schwierigen Aufgabe erweisen. Denn Emma Stone ist wohl die Idealbesetzung für diese Rolle, sie bringt die nötige Härte, die für die Rolle notwendig ist, genauso mit wie den Tropfen Unschuld, den es braucht, um eben Sympathien aufbauen zu können. Und Craig Gillespies Inszenierung ist makellos. Schon mit I, Tonya hat er gezeigt, dass er einen sehr erfrischenden Zugang zu konventionellen Biopics hat – und das stellt er in „Cruella“ erneut unter Beweis. Der Film ist temporeich erzählt, ohne aber in den richtigen Momenten vom Gas runterzugehen und den Figuren Raum zu lassen. Die zahlreichen Regieeinfälle unterstreichen das Geschehen auf der Leinwand perfekt, ohne zum Selbstzweck zu verkommen, die Ausstattung ist perfekt, die Kostüme sind es sowieso, wie es für einen Film über eine Modedesignerin auch zu erwarten war. Und als Gegenstück zu Emma Stones Estella, die erst zur Cruella werden muss, spielt Emma Thompson mit viel Freude eine überdrehte und kaltherzigere Version von Meryl Streeps Miranda Priestly aus Der Teufel trägt Prada. Auch Paul Walter Hauser, Joel Fry und Mark Strong sind gut besetzt und haben sichtlich ihren Spaß. Die ganze Energie überträgt sich dabei auf das Publikum, sodass die etwas mehr als zwei Stunden wie im Flug vergehen und man den Film am liebsten gleich noch mal sehen möchte. Ein unerwartetes Highlight meines bisherigen Filmjahres.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: © 2019 – Disney, Quelle http://www.imdb.com)

The Woman in the Window (2021)

Regie: Joe Wright
Original-Titel: The Woman in the Window
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Thriller, Drama, Krimi
IMDB-Link: The Woman in the Window


Casting Agent: „Hallo, spreche ich mit Julianne Moore/Gary Oldman/Jennifer Jason Leigh/Brian Tyree Henry/Anthony Mackie?“
Moore/Oldman/Leigh/Henry/Mackie: „Am Apparat. Worum geht’s?“
CA: „Folgendes: Wir haben ja gerade Pandemie. Lockdown und so. Die ganze Filmindustrie ist gerade on hold. Aber der Joe Wright hat sich in den Kopf gesetzt, jetzt doch einen Film zu machen. Alles gedreht in einem einzigen Haus wegen Mindestabstand und so. Und da hätten wir für dich vielleicht eine Rolle.“
M/O/L/H/M: „Klingt interessant. Worum geht’s?“
CA: „Ist so ein Thriller. Ziemliche Standardkost. Aber es bringt ein bisschen Geld rein.“
M/O/L/H/M: „Okay. Wer ist denn noch dabei?“
CA: „Ein Nachwuchsdarsteller namens Fred Hechinger, ein echt netter Junge. Und Wyatt Russell, du kennst ihn vielleicht vom Eishockey. Und aus ‚The Falcon and the Winter Soldier‘, aber da kriegt er gerade echt viel Shit ab und so. Ach ja, die Hauptrolle übernimmt Amy Adams.“
M/O/L/H/M: „Ah, Amy ist toll! Ich bin ein großer Fan von ihr!“
CA: „Ja, der ganze Film dreht sich auch um ihren Charakter. So eine Kinderpsychologin, die selbst nicht alle Tassen im Schrank hat und so und deshalb das Haus nicht verlassen kann. Und dann sieht sie was Merkwürdiges im Nachbarhaus.“
M/O/L/H/M: „Ach, ihr macht ein Remake vom ‚Fenster zum Hof‘?“
CA: „Nein, das nicht. Also irgendwie doch. Aber mit mehr Mindfuck und so.“
M/O/L/H/M: „Hm … das klingt nicht sehr überzeugend.“
CA: „Na ja, ich sagte ja schon: Wird ziemliche Standardkost. Aber dem Joe Wright ist halt fad. Und für dich springt dabei auch eine kleine Rolle raus.“
M/O/L/H/M: „Wie klein?“
CA: „Also … ähm … na ja …“
M/O/L/H/M: „Sag schon!“
CA: „Na ja, man sieht dich vielleicht eine Minute oder so …“
M/O/L/H/M: „Shit. Das ist nicht viel. Und dafür soll ich mir einen Film antun, der nicht mal sonderlich interessant klingt?“
CA: „Aber es bringt Kohle.“
M/O/L/H/M: „Okay. Ich mach’s. Weil Amy Adams eine tolle Kollegin ist und Joe Wright eigentlich auch immer gute Filme macht. So schlimm kann es ja nicht werden.“
CA: „Cool! Ich schick dir dann gleich den Vertrag, danach kriegst du das Drehbuch.“
M/O/L/H/M: „Kann ich das Drehbuch bitte vorab sehen?“
CA: „Ähm … das wollen die Produzenten nicht, sorry.“
M/O/L/H/M: *seufzt* „Egal. Schick mir den Vertrag rüber. Ich bin dabei.“


4,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Der Name der Rose (1986)

Regie: Jean-Jacques Annaud
Original-Titel: The Name of the Rose
Erscheinungsjahr: 1986
Genre: Drama, Historienfilm, Krimi
IMDB-Link: The Name of the Rose


Lasst uns mal über Europa reden. „Der Name der Rose“ ist eine hauptsächlich deutsche Produktion in englischer Sprache unter der Regie eines Franzosen mit einem Schotten in der Hauptrolle, basierend auf einem italienischen Roman. Ach ja, in Nebenrollen sind unter unter anderem ein Österreicher, ein Russe, ein Brite, einige Deutsche und US-Amerikaner zu sehen, und den Love Interest spielt eine Chilenin. Kann so ein Mash-Up gutgehen, vor allem, wenn der Roman, ein historischer satirischer Wälzer mit über 600 Seiten, ein literarischer Welterfolg war, der die Messlatte schon verdammt hoch angelegt hat? Ja, das geht. Denn Annaud und Produzent Bernd Eichinger machen alles richtig, indem sie nicht versuchen, das Buch mit dem Medium Film zu kopieren. Vielmehr verändern sie den Fokus auf die düstere Kriminalhandlung in der Benediktinerabtei, die der zu einem Disput angereiste Franziskaner William von Baskerville (perfekt besetzt mit Sean Connery) mit seinem Adlatus Adson von Melk (Christian Slater) zu lösen versucht. Die Mönche sterben wie die Fliegen in diesem ehrwürdigen Kloster, doch der Abt ist wenig begeistert davon, dass der logisch denkende Franziskanermönch der Wahrheit auf den Grund gehen möchte. Bald schon sind William und Adson selbst im Fokus des Killers. Und ein spannender Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Wie gesagt, die Verfilmung von Annaud fühlt sich gänzlich anders an als die Romanvorlage von Umberto Eco. Diese ist ein satirisches Meisterwerk, in dem der große Philosoph und Intellektuelle Eco gegen religiöse Verbohrtheit und naive Gutgläubigkeit ins Feld zieht und diese auch ins Lächerliche zieht. In Annauds Film sind diese Spitzen schon noch vereinzelt zu erahnen, doch ist die Stimmung des Films weitaus düsterer, und die Handlung konzentriert sich eben auf eben den Hauptstrang der Mordserie, die es aufzuklären gilt. So gesehen verfolgen Film und Buch zwei sehr unterschiedliche Ansätze. Puristen mag das vielleicht sauer aufstoßen, doch in meinen Augen hat man beim Film alles richtig gemacht, denn das Buch 1:1 zu verfilmen, wäre ein Ding der Unmöglichkeit geworden. So aber ist „Der Name der Rose“ der vielleicht beste Mittelalterkrimi aller Zeiten.


8,5 Kürbisse

(Bildzitat: Photo by Archive Photos/Getty Images – © 2012 Getty Images, Quelle http://www.imdb.com)