May December (2024)

Regie: Todd Haynes
Original-Titel: May December
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Drama
IMDB-Link: May December


Wenn die Oscarpreisträgerinnen Julianne Moore und Natalie Portman unter der Regie von Todd Haynes zusammenkommen, kann das durchaus als Pflichtfilm für den Filmkürbis betrachtet werden, war Natalie Portman doch so etwas wie ein Young Adult-Crush und Julianne Moore seit The Big Lebowski und „Boogie Nights“ auch irgendwie. Dass beide Damen zu den großartigsten ihrer Zunft gehören, versteht sich von selbst. Also: Bring ‚em on! Natalie Portman spielt in „May December“ die unnahbare Schauspielerin Elizabeth Berry, die es sich zwecks Recherche im Leben von Gracie gemütlich macht. Deren Leben soll demnächst verfilmt werden mit Berry in der Hauptrolle. Gracie brachte es vor 24 Jahren auf alle Titelseiten, als ihre Affäre mit dem 13jährigen Jo aufflog. Schlimmer noch: Sie wurde von Jo schwanger. Und eben jener Jo von damals ist heute ihr deutlich jüngerer Ehemann, mit dem sie insgesamt drei Kinder hat. Sie scheinen ein glückliches Leben zu führen, doch Berrys Besuch und ihre Fragen bohren alte Wunden auf. Langsam entfaltet sich ein Familiendrama, das durch die berechnend wirkende Schauspielerin noch weiter befeuert wird. Es passiert nicht viel in Todd Haynes‘ Film, doch wenn etwas passiert, entfaltet das Geschehen eine stille emotionale Wucht. Es braucht schon solche Kaliber wie Portman und Moore, um diese unergründlichen Figuren, deren Emotionen und Motive der Zuseher auf eigene Faust enträtseln muss, glaubwürdig auf die Leinwand zu bringen. Doch das eigentliche Zentrum des Films bildet Charles Melton als Jo. Seine Darstellung wirkt zunächst hölzern, fast teilnahmslos, doch begreift man nach und nach, wie viel Kind noch in diesem Jo steckt, wieviel Naivität, die er niemals ablegen konnte. Eine schauspielerische Leistung, die vielleicht vielfach unbeobachtet bleiben wird, deren Studium sich aber lohnt. Eine gute Wahl sind auch die grobkörnigen Bilder, über die Haynes die Schwüle der Südstaaten erlebbar macht. Die Musik übertreibt es manchmal ein wenig mit der Dramatik, aber darüber hinaus gibt es handwerklich am Film nichts auszusetzen. Allerdings muss man sich auf diese Art des Erzählens, die scheinbar nirgendwohin führt, einlassen können. Die eigentliche Geschichte passiert zwischen den Zeilen. Das ist zwar prinzipiell interessant, erfordert aber Geduld und die Bereitschaft, am Ende vielleicht etwas unbefriedigt aus dem Kino zu gehen, wenn lose Enden offen bleiben. In der nächsten Award-Season wird man aber mit Sicherheit öfter auf diesen Film stoßen.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Francois Duhamel / courtesy of Netflix, Quelle: http://www.imdb.com)

Hinterlasse einen Kommentar