Monster (2023)

Regie: Hirokazu Koreeda
Original-Titel: Kaibutsu
Erscheinungsjahr: 2023
Genre: Drama
IMDB-Link: Kaibutsu


Hirokazu Koreeda ist ein scharfer Beobachter komplexer Beziehungsgeflechte. Das hat er in Shoplifters – Familienbande eindrucksvoll unter Beweis gestellt, das gilt auch für seinen letztjährigen Film Broker und sein neuestes Werk „Monster“. Eine Qualität, die sich durchwegs in all seinen Arbeiten zeigt, ist das Fehlen einer Wertung. Koreeda ergreift nicht Partei, sondern zeigt Mitgefühl für all seine Figuren. Er erzählt und vertraut darauf, dass wir die Charaktere so nehmen, wie sie sind, mit all ihren Fehlern, Schwächen, aber auch ihrer Mitmenschlichkeit. Koreedas Figuren sind oft Menschen, denen es zunächst schwer fällt, sich zu öffnen und Gefühle zuzulassen, und doch suchen sie nach Zugehörigkeit, nach Freundschaft, nach Liebe. In „Monster“ folgt Koreeda zunächst der jungen Witwe Saori (Sakura Ando), deren verschlossener Sohn Minato immer wieder Verhaltensauffälligkeiten zeigt und schließlich angibt, von seinem Lehrer Mr. Hori (Eita Nagayama) gemobbt zu werden. Saori bringt den Vorfall vor die Schuldirektorin, doch stößt sie auf eine Mauer aus Unverständnis und Schweigen. Die Situation droht zu eskalieren. In dem Moment, als man das Gefühl hat, allmählich die ersten Hintergründe der Geschichte aufzudecken, wechselt Koreeda die Perspektive und erzählt die Geschichte neu, diesmal aus der Perspektive des Lehrers. Und siehe da: Die Dinge liegen in Koreedas Welt nie einfach, bestehen nie ausschließlich aus Schwarz und Weiß. Ein dritter Erzählstrang schließlich fügt das Puzzle zusammen und führt zu einem tiefen Verständnis für die Figuren. Das ist große Kunst, daran gibt es keinen Zweifel. Allerdings benötigt man viel Geduld für diesen schönen Film – diese mehrfache Wiederholung des gleichen Zeitstrangs kann ermüdend wirken. Für mich bleibt „Monster“ daher ein klein wenig hinter „Shoplifters“ und „Broker“ zurück, auch wenn der Film ein weiterer Beweis ist, welch sensibles Gespür dieser Ausnahmeregisseur für die Komplexität des zwischenmenschlichen Zusammenlebens hat.


7,0 Kürbisse

(Foto: (c) Viennale)

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