Regie: Jean-Pierre und Luc Dardenne
Original-Titel: Deux Jours, Une Nuit
Erscheinungsjahr: 2014
Genre: Drama
IMDB-Link: Deux Jours, Une Nuit
Die Dardenne-Brüder machen „Problemkino“. Sprich: Wenn man sich in einen Film der Dardennes setzt, weiß man, dass sich der Gemütszustand zwei Stunden irgendwo später zwischen „nachdenklich“ und „erschüttert“ einpendeln wird. Das Gute an den beiden belgischen Brüdern ist, dass sie ihre wichtigen Themen und brennenden Fragen, die zum Weiterdenken anregen, auf eine filmisch sehr reduzierte Weise präsentieren, also nicht mit dem Holzhammer auf den Zuseher einprügeln (dann wären ihre Filme wohl unerträglich), sondern die Geschichten ohne Schnickschnack und sehr subtil erzählen. In „Deux Jours, Une Nuit“, gezeigt im Rahmen der Viennale 2014, spielt Marion Cotillard (für diese Rolle Oscar-nominiert) die junge Mutter und Fabrikarbeiterin Sandra, die nicht nur mit Depressionen zu kämpfen hat, sondern auch mit der Wirtschaftslage, die ihren Arbeitgeber zu einer sehr ungewöhnlichen Maßnahme greifen lässt: In einer Abstimmung unter der Belegschaft soll entschieden werden, ob Sandra entlassen werden soll, damit die verbliebenen Mitarbeiter einen Jahresbonus von 1.000,- Euro erhalten können, oder ob man auf den Bonus verzichtet, dafür Sandra als Kollegin behält. Sandra hat nun ein Wochenende Zeit, die Kollegen davon zu überzeugen, bei der Abstimmung für sie und gegen das Geld zu stimmen. Darauf aufbauend werden auch die Einzelschicksale der Kollegen gezeigt, die selbst mit der Sicherung ihrer Existenz zu kämpfen haben. Die Ausgangslage des Films zeigt also sehr zynisch das Prinzip und die moralischen Grenzen des egozentrierten Kapitalismus auf. Daraus ergeben sich wichtige Fragen nach Integrität und Gemeinschaftssinn. Auch die Überlegung, ob die Gesellschaft, in der wir leben, tatsächlich das Ideal darstellt oder wir uns in eine Sackgasse manövriert haben, wird aufgeworfen. Der Film hat zwar manche Längen, und die spröde Art der Brüder Dardenne, ihre Geschichten zu erzählen, ist vielleicht für manche eine Herausforderung, aber lohnenswert ist dieser Film auf jeden Fall – und er beschäftigt den Zuseher noch lange, nachdem die Lichter des Kinosaals wieder angegangen sind. Einer der Filme der Viennale 2014, die mir am besten in Erinnerung geblieben sind.
7,5
von 10 Kürbissen