Katharina Mückstein

Talea (2013)

Regie: Katharina Mückstein
Original-Titel: Talea
Erscheinungsjahr: 2013
Genre: Drama
IMDB-Link: Talea


Die 13jährige introvertierte Jasmin (Sophie Stockinger) lebt bei einer Pflegefamilie. Ihre leibliche Mutter Eva (Nina Proll) ist gerade erst aus einem längeren Aufenthalt hinter schwedischen Gardinen zurück. Was genau sie getan hat, bleibt offen – aber es wird wohl schon mehr gewesen sein als die Portion Köttbullar bei IKEA nicht bezahlt zu haben. Dementsprechend verhärmt ist die nunmehrige Gärtnereibedienstete. Der Wunsch, ihre Tochter zu sehen, ist vorhanden, aber dennoch weist sie Jasmin immer wieder die Tür. Die Scham spielt dabei sicherlich eine Rolle, auch wenn sie sich nach außen hin tough gibt. Und dann steht eines Tages Jasmin vor ihrer Tür mit der Nachricht, dass die Pflegefamilie in den Italienurlaub gefahren und sie allein zurückgeblieben wäre. Also gibt’s nun Ferien bei Mama. Die lässt sich etwas widerwillig, aber doch darauf ein, und bei einem Ausflug aufs Land zum ehemaligen Haus der Großeltern finden Mutter und Tochter in vorsichtigen Gesten allmählich wieder zueinander. Doch zwei Faktoren stören die Idylle: Erstens das Interesse des Dorfwirten Stefan (Philipp Hochmair) an Eva, zweitens die Tatsache, dass die Geschichte mit dem Italienurlaub nur die halbe Wahrheit ist. Denn Jasmin ist nach einem Streit schlicht ausgebüxt und wird nun landesweit gesucht. „Talea“ von Katharina Mückstein, die mich mit L’Animale restlos überzeugen konnte, ist ein stilles Mutter-Tochter-Drama, das ähnlich wie L’Animale einen Blick auf die Seelenstürme der Adoleszenz wirft und von zaghaften Annäherungen erzählt. Die beiden Hauptdarstellerinnen können überzeugen und bringen ihre jeweilige innere Zerrissenheit glaubhaft rüber. Bei aller Liebe zum Realismus fehlt mir bei „Talea“ allerdings ein wenig die Würze. Andererseits kann man auch konstatieren, dass Katharina Mückstein innerhalb weniger Jahre eine grandiose Entwicklung genommen hat, denn alles, was in „Talea“ schon angelegt ist, die künstlerische Idee, der Fokus auf die kleinen Verschiebungen im Alltag, wird in „L’Animale“ noch mal viel stringenter und letztendlich überzeugender erzählt.


5,5
von 10 Kürbissen

L’Animale (2018)

Regie: Katharina Mückstein
Original-Titel: L’Animale
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Drama
IMDB-Link: L’Animale


Oida! Das Leben ist manchmal echt oarsch. Vor allem, wenn man 18 ist, kurz vor der Matura steht, etwas studieren soll, für das man keine Leidenschaft aufbringt, die einzigen Beschäftigungen in der Pampa, in der man aufwächst, aus Motocross-Rennen im Steinbuch und der Dorfdisco bestehen, der beste Buddy plötzlich Gefühle zeigt, der Rest der Gang aus Wichsern besteht und man eigentlich selbst auf dem besten Weg ist, ein Arschloch zu werden. Wie sangen schon Fanta 4? „Es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht.“ Erwachsenwerden ist eben schwierig (und zuweilen auch bedrohlich, wie „L’Animale“ andeutet, wenn der Wind wieder mal besonders vielsagend durchs Gehölz rauscht). Das haben schon Generationen von Filmemachern festgestellt. Nun eben auch Katharina Mückstein, die ihre Heldin Mati (eine sehr glaubhafte Sophie Stockinger) durch diese ewigen Mühlen dreht. Der Fokus bleibt aber nicht auf Mati allein. Immer wieder zersplittert die Geschichte in ihre Einzelteile. Die im wohl nie fertig gebauten Haus vereinsamende Mutter, der nicht geoutete Vater, auch sie bekommen ihre Screentime. So ist „L’Animale“ mitunter auch das Porträt einer Familie, deren Mitglieder völlig isoliert voneinander zu sein scheinen. Jedes Mitglied ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Und jeder sucht auf seine Weise nach Erlösung. Der Hauptstrang gehört aber eindeutig Mati, die eine erstaunliche Wendung durchmacht von der knallharten Motocross-Bitch, die für ihre Gang einer Mitschülerin auch mal ins Gesicht spuckt, zu einer sensiblen jungen Frau, die zu verstehen beginnt, dass es einen Unterschied gibt zwischen richtig und falsch, und dass Freundschaft etwas Anderes ist als ein ständiges Sich-beweisen-müssen. In diesem Sinne ist „L’Animale“ ein durchaus konventionelles Coming of Age-Drama, aber die wirklich tollen Darstellerleistungen (so gab’s auf der Diagonale 2018 den Schauspielpreis für das Ensemble) und die Erzählung selbst, die klare Aussagen verweigert und mehr in der Schwebe lässt als abschließt, heben den Film deutlich über den Durchschnitt hinaus.


7,5
von 10 Kürbissen

(Foto: Polyfilm)