Georges Méliès

Die Meerjungfrau (1904)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: La sirène
Erscheinungsjahr: 1904
Genre: Kurzfilm, Fantasy
IMDB-Link: La sirène


Georges Méliès, der Magier unter den Filmmachern, nutzte das neue Medium, um etliche seiner Bühnentricks auf die große Leinwand zu bringen. Ein Klassiker unter den Zaubertricks ist das Kaninchen aus dem Hut. Méliès wandelt diesen Trick ein wenig ab und fischt aus seinem imposanten Zylinder ein paar kleine Fischchen, die er in ein Aquarium steckt, wo sie sich ihres Daseins freuen. Aber natürlich darf auch das Karnickel nicht fehlen. So weit, so klassisch. In der zweiten Hälfte des nicht ganz fünfminütigen Films wird es hingegen surrealer – und für die damalige Zeit auch deutlich gewagter – als eine leichtbekleidete Meerjungfrau erscheint und Kussmünder verteilt. Es ist die Assistentin des Zauberers, die zwischen Mensch und Fisch mäandert. „Die Meerjungfrau“ ist nicht viel mehr als eine kurze Sequenz, die auch gut in eine abendliche Zauberrevue passen würde. Das Medium Film wird hierbei nicht ganz ausgeschöpft. Diesbezüglich schuf Méliès im Laufe seiner kurzen, aber eindrucksvollen Karriere als Filmregisseure ganz andere Kaliber. Aber nett anzusehen ist diese kleine Zauberei dennoch, und man vertut sich angesichts der Kürze auch nicht viel Lebenszeit.


5,5 Kürbisse

Der Musikfreund (1903)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Le mélomane
Erscheinungsjahr: 1903
Genre: Kurzfilm
IMDB-Link: Le mélomane


Um Musik zu schreiben, braucht man Köpfchen. Das wusste auch Georges Méliès und setzte diesen Gedanken wortwörtlich um. In „Der Musikfreund“ von 1903 hängt ein Orchestermeister kurzerhand seinen eigenen Kopf als Noten auf und dirigiert dann sein Orchester nach eben diesen Noten. Diesen Special Effect der losgelösten (und duplizierten) Körperteile setzte Méliès oft und gerne ein. Und es ist erstaunlich, dass auch heute, fast 120 Jahre später, dieser originelle Zaubertrick eine solch gelungene Illusion hervorbringen kann. Inszeniert ist dieser etwa 2,5 Minuten lange Kurzfilm, wie es sich für einen guten Zauberer gehört, mit viel Schwung und Witz. Georges Méliès persönlich hampelt und strampelt sich vor seinem Notenblatt einen Haxen aus, und das ist lustig anzusehen und mitreißend. 2,5 Minuten, die ausreichen, um schlechte Laune verfliegen und ein Lächeln auf dem Gesicht erscheinen zu lassen. Allein dafür, dass er Kino eben nicht nur als dokumentarisches Festhalten von Alltäglichem gesehen hat wie ursprünglich die Brüder Lumière, sondern das Medium genutzt hat, um Leute zum Lachen zu bringen, macht Méliès so unsterblich und zum wahren Vater des Films.


6,0 Kürbisse

Kulinarische Hexerei (1904)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Sorcellerie culinaire
Erscheinungsjahr: 1904
Genre: Kurzfilm, Fantasy
IMDB-Link: Sorcellerie culinaire


Kochen ist wahre Hexerei. Jedenfalls für mich. Gut, etwas Gemüse und einen Fisch in der Pfanne anbraten, kriege ich noch hin, auch meine Thunfisch-Spaghetti würde ich mal als genießbar bezeichnen, und bei Palatschinken bin ich auch gut dabei. Aber die hohe Kunst des Kochens, wie man sie in den Haubenrestaurants dieser Welt erfahren kann? Das erscheint mir immer wie eine Mischung aus chemischer Wissenschaft, Besessenheit und einem Stück Alchemie. Georges Méliès hat sich das wohl auch gedacht, jedenfalls den Teil mit der Hexerei, und so schickt er seinen armen Koch in eine Tour de force, als drei Teufelchen in seiner Küche auftauchen und ihm mit ihren Streichen gehörig das Essen versalzen. Wild springen diese Teufel umher, sind nicht zu fassen, schlagen Purzelbäume – und wer sich eingehender mit dem Werk von Georges Méliès beschäftigt, merkt rasch, dass diese Teufelchen einen ganz besonderen Platz in seinem Schaffen finden. Teufel, die mit Purzelbäumen in oder aus Kesseln oder Kisten springen, gibt es bei ihm oft zu bewundern. Und irgendwie unterhält diese lustige Hüpferei auch heute noch. Es ist ein fröhlich unschuldiger Spaß, den sich Georges Méliès hier erlaubt, garniert mit der damals bahnbrechenden Tricktechnik, die auch heute noch zum Staunen einlädt.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Der geheimnisvolle Ritter (1899)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Le chevalier mystère
Erscheinungsjahr: 1899
Genre: Kurzfilm, Fantasy
IMDB-Link: Le chevalier mystère


Ritter der Tafelrunde mal anders. In diesem Fall ist die Tafel eckig, und der edle Herr, der davor sitzt, malt einen Ritterkopf auf eben diese. Durch Magie wird der zum Leben erweckt und guckt plötzlich recht freundlich aus der Tafel heraus. Damit nicht genug, pflückt der Herr den Kopf, jongliert mit ihm, erschafft aus dem Nichts heraus einen ganzen Ritter, ehe er ihn wieder auf die Tafel verbannt. „Der geheimnisvolle Ritter“ von Georges Méliès ist eine Zauberdarbietung innerhalb des neuen Mediums Film. Wie kein anderer hat Georges Méliès verstanden, Zauberei und Film miteinander zu verbinden. Die Kreativität, die in diesen fantasievollen Kurzfilmen steckt, ist enorm, und die Effekte können selbst heute noch überzeugen. Kein Wunder, dass Méliès zu den bedeutendsten Filmpionieren der Geschichte gehört und ihm selbst Martin Scorsese mit „Hugo Cabret“ ein Denkmal gesetzt hat. „Der geheimnisvolle Ritter“ zeugt jedenfalls von der Brillanz der Méliès’schen Spezialeffekte. Auch wenn der Film im Grunde keine Handlung aufweist und etliche andere Filme des Meisters noch witziger, noch unterhaltsamer sind, kommt man aus dem Staunen kaum heraus.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Das unmögliche Ausziehen (1900)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Les déshabillage impossible
Erscheinungsjahr: 1900
Genre: Kurzfilm, Komödie
IMDB-Link: Les déshabillage impossible


„Das unmögliche Ausziehen“ aus dem Jahr 1900 ist ein zweiminütiger Sketch, der bereits Georges Méliès‘ Meisterschaft in der Beherrschung früher Spezialeffekte zeigt. Ein Mann kommt nach Hause und zieht sich aus, um sich ins Bett zu legen. Doch kaum hat er ein Kleidungsstück abgelegt, erscheint auf wundersame Weise schon wieder ein neues an seinem Körper. Er wird immer genervter und furioser, schmeißt die Kleidungsstücke wütend auf den Boden, doch ihm gelingt es nicht, sich auszuziehen. Ja, der Inhalt ist nicht besonders ergiebig, aber die absurde, körperliche Komik macht das Stück auch heute noch wahnsinnig unterhaltsam. Ich habe herzlich gelacht bei dem Bemühen des armen Kerls, sich seiner Kleider zu entledigen. Die eigentliche Magie des Kurzfilms liegt aber in der virtuosen Schnitttechnik. Es ist erstaunlich, wie präzise die Schnitte auf die Bewegungen des Mannes beziehungsweise vice versa abgestimmt sind, um so die Illusion der ständig aus dem Nichts auftauchenden Kleidungsstücke zu erzeugen – und das im Zuge der wildesten Verrenkungen des Mannes. Der Film zeigt eindrücklich, welch ein Meister seines Fachs Georges Méliès war, der Filmkunst und Zauberkunst auf unnachahmliche Weise miteinander verbunden hat.


7,5 Kürbisse

Ein Kartenspiel (1896)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Une partie de cartes
Erscheinungsjahr: 1896
Genre: Kurzfilm
IMDB-Link: Une partie des cartes


Es war der 22. März 1895, als die Brüder Lumière mit der ersten Vorführung des Films „Arbeiter verlassen die Lumière-Werke“ den Bildern das Laufen lernten. Einer, der diese neue Technik mit Begeisterung aufnahm, war der Zauberkünstler und Filmpionier Georges Mélìes, der mit Die Reise zum Mond ein sehr frühes Meisterwerk der Science Fiction drehte. Zunächst aber musste er sich mit dem neuen cinematografischen Verfahren vertraut machen – was seine erste Fingerübung „Ein Kartenspiel“ aus dem Jahr 1896 noch recht ungelenk erscheinen lässt. In dem einminütigen Kurzfilm geschieht nicht viel. Drei Männer spielen Karten, die Kellnerin bringt ihnen Getränke, sie lachen und freuen sich. Man kann dieses frühe Werk des Films durchaus mit einer über 100 Jahre alten Flasche Wein vergleichen: Auch diese kann man heute, wenn gut gelagert, durchaus noch trinken, doch einen wirklichen Genuss ziehen wohl nur die geeichten und hartgesottenen Mägen daraus. Gleichzeitig aber ist man voller Ehrfurcht über dieses historische Erzeugnis, das 125 Jahre der Geschichte überdauert hat und Zeugnis gibt von einer Epoche, die nicht einmal mehr unsere Urgroßväter und -mütter miterlebt haben. Und was Georges Méliès betrifft: Der gab schon kurz nach seinem Regiedebüt richtig Gas und lotete das neue Medium dank seiner Kreativität und magischen Tricks komplett neu aus. „Ein Kartenspiel“ ist so etwas wie das erste Räuspern, ehe man zum großen Gesang ansetzt.


4,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Die Reise zum Mond (1902)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Le Voyage dans la Lune
Erscheinungsjahr: 1902
Genre: Fantasy, Science Fiction, Kurzfilm
IMDB-Link: Le Voyage dans la Lune


Thomas Mann sagte einst: „Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.“ Sein Zeitgenosse Georges Méliès muss diesen Spruch wohl auch gehört haben. Jedenfalls setzte sich der gelernte Zauberkünstler daran, diesem seltsamen neuen Medium mit den bewegten Bildern auf den Grund zu gehen und dessen Potential zu heben. Anders als die Gebrüder Lumière war Méliès nicht daran interessiert, die Zuseher mit möglichst realistisch wirkenden Bildern zu schocken. Nein, er erkannte so früh wie niemand sonst, dass man mit dem Film ganz neue Welten erdenken konnte. Am (vorläufigen) Ende dieser über 100 Jahre währenden Reise stehen nun die verblüffenden CGI-Welten des Blockbuster-Kinos von heute, wenn man konstatieren muss: Es gibt nichts mehr, was sich im Kino nicht darstellen lässt. Selbst Robert De Niro kann wieder jung aussehen, und Andy Serkis bekommt regelmäßige Faceliftings. Den Anfang machte Georges Méliès, der 66 Jahre, bevor die NASA das persönlich überprüfen konnte, den Mond von allerlei seltsamen Kreaturen bevölkern ließ – und nein, damit meine ich nicht Neil Armstrong und Buzz Aldrin. In Méliès‘ berühmten Science Fiction-Film „Die Reise zum Mond“ geht es weitaus seltsamer zu. Wissenschaftler fliegen in bunten Roben ins Auge des Mondes, echsenhafte Tiere hüpfen wildgeworden zwischen Kratern und Schwammerl sprießen aus dem Boden, dass es geradezu eine Freude ist. Erstaunlich sind neben der fantasievollen Ausstattung vor allem die Spezialeffekte, die auch heute noch verblüffen. Hier nutzte Méliès all seine Erfahrung als Zauberer, um in seinem Film Illusionen zu erzeugen, die heutzutage einen maßlosen Einsatz von CGI erfordern würden. Wie weit Méliès seiner Zeit voraus war, zeigt zudem die 2002 wiederentdeckte handkolorierte Version des Films. So ist „Die Reise zum Mond“ nicht nur einer der ersten Science Fiction-Filme der Geschichte in einer herausragenden technischen Umsetzung, sondern auch gleich mal einer der ersten Farbfilme überhaupt. Ein Meilenstein der Filmgeschichte, quasi der Urururgroßvater aller Avengers-Filme.


9,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle: imdb.com)