Cédric Klapisch

Der Wein und der Wind (2017)

Regie: Cédric Klapisch
Original-Titel: Ce qui nous lie
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Drama
IMDB-Link: Ce quie nous lie


Wer diesem Blog schon länger folgt, weiß, dass ich mit französischen Komödien oft so meine Probleme habe. Anders sieht es aus mit französischen Alltagsdramen, denn diese Genre bespielen französische Filmemacher:innen durchaus auf gekonnte Weise. Die Mischung aus Leichtigkeit und Tragik macht’s – man sieht komplexe Menschen aus diversen Gesellschaftsschichten, wie sie versuchen, Sinn in ihr Tun und ihren Alltag zu bekommen, und das tun sie vorzugsweise über einem guten Gläschen Rotwein und mit tiefsinnigen, aber doch als ehrlich empfundenen Dialogen. Siehe 35 Rum von Claire Denis oder zuletzt Das Ereignis von Audrey Diwan oder Other People’s Children von Rebecca Zlotowski. Diese Filme vereint, dass die Geschichten alltäglich und nachvollziehbar erscheinen und dennoch eine mitreißende emotionale Tiefe erreichen. „Der Wein und der Wind“ von Cédric Klapisch reiht sich hier gut ein. Es geht um den Winzersohn Jean (Pio Marmaï), der nach vielen Jahren zurück auf das heimatliche Weingut im Burgund kommt. Sein Vater liegt im Sterben, und auch wenn seine beiden Geschwister Juliette und Jérémie (Ana Girardot und François Civil) ihn zunächst willkommen heißen, so zeigen sich bald alte Vernarbungen und Bruchlinien. Als der Vater stirbt, sind die drei Geschwister auf sich allein gestellt. Ihr Problem: Ihr Vater hat ihnen das Gut als Erbengemeinschaft hinterlassen, sprich: Niemand kann etwas veräußern ohne der Zustimmung der anderen. Und sie haben allesamt kein Geld, um die 500.000 Euro Erbschaftssteuer aufzubringen. Ja, sie haben einige gute Lagen in den Weinbergen, doch spielen sich nicht in der obersten Liga der Burgundweine mit, die mehrere Hundert bis Tausend Euro pro Flasche bringen. Dazu kommen private Probleme, die sie mit sich schleppen: Juliette zweifelt an ihrer Eignung als Winzerin und Chefin, der junge Vater Jérémie wird von seinem Schwiegervater, ein wohlhabender Winzer aus der Nachbarschaft, unterbuttert, und Jean, die zentrale Figur der Geschichte, hat eine nicht klar definierte Beziehung samt Sohn in Australien. Um vorwärts zu kommen, müssen sich die Geschwister wieder einander annähern, während gleichzeitig die Herausforderungen in Weinberg und Keller warten. Das alles klingt nicht sonderlich spektakulär und ist es auch nicht. Aber, wie gesagt, französische Filmemacher:innen haben oft ein Händchen für derartige Stoffe. Sensibel und klug erzählt werden die Konflikte, die per se allesamt gut nachvollziehbar sind, nach und nach aufgearbeitet. Der Weg ist hier das Ziel, und anders als viele Hollywood-Filme begnügt sich Klapisch in seinem Film damit, alle Figuren am Ende ein Stück weit auf den Weg gebracht zu haben, auch wenn man weiß, dass dieser noch lang sein wird. Für Wein-Aficionados fallen dazu interessante Einblicke in den Alltag und die Arbeitswelt eines Winzers an. Man spürt den Respekt, den Klapisch vor diesen Menschen und deren Erzeugnissen mitbringt. Und so ist der Film trotz einiger Längen vor allem im Mittelteil am Ende eine runde Sache, sanft und tiefgründig wie ein guter Wein, auch wenn ihm der besondere Biss, der zu einer noch höheren Bewertung geführt hätte, fehlt. Um in der Welt des Weins zu bleiben: Vielleicht kein Grand Cru der Spitzenklasse, aber ein gut gemachter, wohlschmeckender Village, der Freude bereitet.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.arthaus.de)