1934

Das gestohlene Herz (1934)

Regie: Lotte Reiniger
Original-Titel: Das gestohlene Herz
Erscheinungsjahr: 1934
Genre: Kurzfilm, Animation
IMDB-Link: Das gestohlene Herz


Wer hier regelmäßig mitliest, wird mitbekommen haben, dass ich ein Herz für alte Filmklassiker habe und vor allem von Lotte Reinigers Werk beeindruckt bin. Sie drehte 1926 mit Die Abenteuer des Prinzen Achmed einen der ersten abendfüllenden Animationsfilme überhaupt. Das Faszinierende an Lotte Reiniger: Sie arbeitete ausschließlich mit Scherenschnitten, die sie selbst anfertigte. In jedem Schnitt liegt ein solch unglaubliches Detailreichtum und so viel Seele, das man auch fast ein Jahrhundert später noch emotional mitgenommen wird in ihren Filmen. Auch inhaltlich versprühen ihre Filme Magie. Ihr Kurzfilm „Das gestohlene Herz“ von 1934 handelt von einem bösen Geist, der eines Nachts alle Musikinstrumente und damit die Musik aus einer Stadt stiehlt und diese in seiner Höhle gefangen hält. Doch eine widerspenstige Flöte kann sich und ihre Musikinstrumentenfreunde befreien, und gemeinsam flüchten sie zurück in die Stadt zu ihren Besitzern, die fortan wieder fröhlich musizieren können. Eindrucksvoll ist vor allem die Szene, als die Musikinstrumente in einem berauschenden Tanz durch den Himmel zurückfliegen in die Stadt. Im Vergleich zu anderen Filmen Lotte Reinigers, die durchaus Themen wie Liebe, Betrug und Sexualität in ihren Scherenschnitten verarbeitete, wirkt „Das gestohlene Herz“ fast ein wenig kindlich naiv. Gleichzeitig aber kann man in diesem Film eine politische Konnotation wahrnehmen. Der böse Geist, der den glücklichen Stadtbewohnern die Musik und damit die Lebensfreude raubt, kann durchaus verstanden werden als Geist des Nationalsozialismus, der 1933 die Macht in Deutschland übernahm. Mit diesem Wissen funktioniert der Film auch noch über eine intellektuelle Ebene, aber auch darüber hinaus zeugt „Das gestohlene Herz“ in jeder Einstellung von der Experimentierfreude und dem hintersinnigen Witz Lotte Reinigers, sodass man beim Ansehen einfach Spaß hat. Ich kann jedem Filminteressierten empfehlen, einen Blick (oder mehrere) auf ihre Scherenschnitt-Filme zu werfen. Diese strahlen auch heute noch eine ungebrochene Magie aus.


7,0
von 10 Kürbissen

The Woman Condemned (1934)

Regie: Dorothy Davenport
Original-Titel: The Woman Condemned
Erscheinungsjahr: 1934
Genre: Krimi, Drama
IMDB-Link: The Woman Condemned


Wenn man vor etwa drei Wochen einen Film gesehen hat und vor dem Schreiben dieser Review erst mal den Inhalt nachlesen muss, ist das kein so gutes Zeichen. „The Woman Condemned“ von Dorothy Davenport, geführt nach dem Namen ihres Mannes als Mrs. Wallace Reid, ist leider eine arg dünne Suppe, die im Gegensatz zu manch anderen Filmen jener Zeit nicht allzu gut gealtert ist. Es geht um einen toten Radio-Star, einen Reporter und die Hauptschuldige, deren Unschuld der Reporter beweisen möchte. Leider plätschert die Handlung sehr uninspiriert dahin, die Motivationen der Figuren bleiben im Dunkeln. Auch die Plot-Twists kann man nur als lächerlich bezeichnen. In einer Review von der Userin Paghat the Ratgirl habe ich den wunderschönen Satz gelesen „A crime story for housewives […]“. Diese Beschreibung trifft es meiner Meinung nach sehr gut. „The Woman Condemned“ ist leichte Unterhaltung auf Groschenroman-Niveau. Nichts gegen Groschenromane per se – diese finden auch heute noch reißenden Absatz, und wer hat schon etwas gegen ein bisschen Eskapismus? Um die Füße hochzulagern und abzuschalten ist solche Unterhaltung genau richtig. Wenn man aber literarische oder cineastische Ansprüche stellt, wird man mit solchen Werken kaum zufriedenzustellen sein. Diesbezüglich geht es „The Woman Condemned“ wie Jerry Cotton, Geisterjäger John Sinclair oder Dr. Frank, dem Arzt, dem die Frauen vertrauen. Wer aber kein Problem hat mit Plot Holes, in denen man ganze Städte verschwinden lassen kann, mit hölzernem Schauspiel und Twists, die sich via Erdmittelpunkt bis nach Neuseeland durchdrehen, kann hier durchaus mal einen Blick riskieren.


3,5
von 10 Kürbissen