Biopic

Vor der Morgenröte (2016)

Regie: Maria Schrader
Original-Titel: Vor der Morgenröte
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Drama, Biopic, Historienfilm
IMDB-Link: Vor der Morgenröte


Josef Hader ist schon ein Guter. Kaum eine Figur könnte seinem Simon Brenner aus den Verfilmungen der Wolf Haas-Romane weiter entfernt sein als Stefan Zweig. Und doch wird Hader in Maria Schraders „Vor der Morgenröte“ zu eben diesem. Der Film erzählt die letzten Jahre Zweigs im Exil – in Argentinien, in New York, schließlich in Petrópolis, Brasilien. Der bedachte Kopfmensch bemüht sich, das große Ganze im Blick zu behalten und nicht ein ganzes Volk zu verteufeln, auch wenn das die Reporter und viele seiner Schicksalsgenossen und Dichterkollegen von ihm wünschen würden. Er ist besorgt, aber gleichzeitig als Intellektueller und wohlhabender Mann, der flüchten konnte, privilegiert. Daraus baut Maria Schrader das Porträt eines Mannes, der hin- und hergerissen ist zwischen den Schrecken seiner Zeit und dem schlechten Gewissen, einer der wenigen Überlebenden zu sein und als solcher Verantwortung zu tragen, die er nicht in dem Umfang annimmt bzw. annehmen kann, der ihm gerechtfertigt erscheint. Gleichzeitig ist „Vor der Morgenröte“ ein exzellent gefilmter Clash of Cultures. Wenn auf einer brasilianischen Farm im Nirgendwo eine Blasmusikkapelle aufmarschiert und mit schiefen Tönen den Donauwalzer intoniert, während sich der Bürgermeister vor Stolz, einen solch bedeutenden Schriftsteller bei sich zu haben, kaum halten kann, und dann die Kamera ins Gesicht von Hader zoomt und der Zuseher seine feuchten Augen bemerkt, erzählt der Film unglaublich viel über Heimat und Fremdheit. Ein ganz großer Wurf.


8,0
von 10 Kürbissen

(Foto: Filmladen)

The Last Family (2016)

Regie: Jan P. Matuszynski
Original-Titel: Ostatnia Rodzina
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Drama, Biopic
IMDB-Link: Ostatnia Rodzina


Zdzisław Beksiński war ein bedeutender polnischer Maler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er war Ehemann und Vater. Er war ein durchschnittlicher Mensch mit Fehlern. Seine Frau bemühte sich, die liebevolle Seele der Familie zu sein. Sein Sohn hatte psychische Probleme, wurde aber dennoch ein bekannter Radiomoderator und DJ. All das klingt nicht so wirklich bedeutsam, und das ist es wohl auch nicht. Aber dass man dennoch der Geschichte einer Familie über mehr als 20 Jahre hinweg gebannt zwei Stunden lang folgt, zeigt, dass ein Film nicht bedeutsam sein muss, um uns zu berühren. Das einfache Leben kann manchmal kompliziert genug sein. Jan P. Matuszynski, der erstaunlich junge Regisseur, wirft immer wieder vereinzelte Schlaglichter auf die Familie, die sich wie ein Mosaik allmählich zu einem Ganzen formen. Die Handlungsorte sind immer die gleichen – die Wohnung von Beksiński, die von seinem Sohn, der in einem Wohnblock gegenüber lebt, der Aufzug zu dieser Wohnung, der Friedhof. Mehr braucht Matuszynski nicht, um ein ganzes Leben nachzuzeichnen. Natürlich fragt man sich bei manchen Szenen, manchen Sequenzen, ob es nun tatsächlich nötig ist, diese zu zeigen, aber nach einigem Nachdenken stellt man fest: vielleicht nicht unbedingt nötig, aber erhellend. Das Ende hallt lange nach.


7,5
von 10 Kürbissen