Mit einem Tiger schlafen (2024)

Regie: Anja Salomonowitz
Original-Titel: Mit einem Tiger schlafen
Erscheinungsjahr: 2024
Genre: Biopic
IMDB-Link: Mit einem Tiger schlafen


Mit Biopics lässt sich derzeit gutes Geld verdienen, und so kommt eines nach dem anderen auf den Markt und erzählt von sensiblen Künstlerseelen, gefallenen Helden, ihren noch heldenhafteren Comebacks und später Anerkennung. Eine sensible Künstlerseele, der erst sehr spät Anerkennung zuteil wurde, war die Kärntner Malerin Maria Lassnig auf jeden Fall. Aber dank zweier mutiger und hemmungsloser Leistungen, nämlich jener von Drehbuchautorin und Regisseurin Anja Salomonowitz und Hauptdarstellerin Birgit Minichmayr, kommt „Mit einem Tiger schlafen“ nicht einmal in die Nähe des Langeweile-Verdachts, unter dem die meisten Biopics heutzutage stehen. Auf Chronologie und das Nacherzählen von Erlebnissen und Wendepunkten in der Biographie der Künstlerin wird gepfiffen. Da wechseln sich collageartig Szenen aus der Kindheit, der Jugend, dem Wirken als Erwachsene und dem hohen Alter ab – mit Ausnahme der Kindheit allesamt gespielt von Minichmayr, die das Alter ihrer Protagonistin allein durch Körperhaltung und Stimme greifbar macht. Die Maske hat da herzlich wenig zu tun. Allein dieser darstellerische Gewaltakt, der unter Beweis stellt, dass Minichmayr stets unter den besten deutschsprachigen Schauspielerinnen genannt werden muss und beispielsweise ihrer nun zu internationalem Ruhm gelangten deutschen Kollegin Sandra Hüller um nichts nachsteht, macht aus dem Werk etwas schwer Greifbares, Sperriges, aber dafür umso Interessanteres. Über die Bilder und dem Prozess des Malens wird das Innenleben der Künstlerin auf die Leinwand transportiert. Ihr Kampf um Anerkennung in einer patriarchalischen Welt, in der sie zunächst nicht richtig ernst genommen wird, drückt sich über ihr Werk aus, weniger über biographische Notizen. Begegnungen, und seien es so wichtige wie mit ihrem langjährigen Lebensgefährten Arnulf Rainer, werden auf Schlaglichter reduziert. Mehr als an realen Ereignissen ist Salomonowitz am fast schon manischen Antrieb ihrer Figur Maria Lassnig interessiert. Und auch sonst bricht der Film immer wieder mit üblichen Konventionen: Die vierte Wand wird mehrmals durchbrochen, teils kommen Zeitzeugen in kurzen Interviewschnipseln zu Wort, und immer wieder werden Bilder von Maria Lassnig prominent in Szene gesetzt und scheinen ihre Seite der Geschichte zu erzählen. Mitunter mag das alles etwas wirr und rätselhaft wirken, und gerade zu Beginn hat man Probleme damit, sich in dieser durcheinandergewürfelten Dramaturgie zurechtzufinden. Auch schleicht sich die eine oder andere Länge ein. Aber allein schon der Mut der Inszenierung macht sich aus meiner Sicht bezahlt und hebt „Mit einem Tiger schlafen“ qualitativ deutlich über die meisten Biopics hervor, die in den letzten Jahren erschienen sind. Zudem findet Salomonowitz ein Ende, das Gänsehaut beschwert und noch lange nachklingt.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle: http://www.imdb.com)

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