Regie: Gabriel Bitar, André Catoto und Gustavo Steinberg
Original-Titel: Tito e os Pássaros
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Animation
IMDB-Link: Tito e os Pássaros
Fast hätte ich diesen Film ausgelassen, den ich als vierten Film meines /slash-Filmfestival-Besuchs auserkoren hatte. Das war so ein Wackelkandidat – wenn ich rechtzeitig aus dem Büro rauskomme, nehme ich ihn mit, ansonsten sehe ich diesen Animationsfilm, der eher der Überbrückung bis zum Spätabendprogramm dient, halt nicht. So what? Und jetzt sitze ich im orientalischen Lokal, lausche bei einem Glas Ayram dem Donauwalzer (Sie lesen gerade ein Kapitel aus dem Wälzer „The strange life of a film critic“) und versuche, das soeben Gesehene angemessen in Worte zu kleiden, die diesem kleinen Wunderwerk gerecht werden können. „Tito and the Birds“ ist nämlich ein Film, den ich uneingeschränkt wirklich jedem empfehlen kann, ob filminteressiert oder nicht, ob alt, ob jung – so etwas kommt selten vor. Gemacht ist dieser Animationsfilm in einer spannenden (und vielleicht anfangs etwas gewöhnungsbedürftigen) Mischung aus mit groben Pinselstrichen gemalten Ölbildern im Hintergrund und digitaler und grafischer Animation der Figuren im Vordergrund. Dadurch wirkt der Film zum Einen wunderschön mit seinen kräftigen, lebhaften Farben und fokussiert gleichzeitig auf die optisch sehr einfach gehaltenen, aber dennoch ausdrucksstarken Figuren. Allein das schon macht den Film sehenswert. Nun kommen aber noch zwei Elemente hinzu, die „Tito and the Birds“ zum Meisterwerk aufsteigen lassen: Die expressive, intensive Musik und das Herzstück des Films, die unglaublich fantasievoll erzählte, kluge Geschichte. Denn in „Tito and the Birds“ geht es um die Angst und wie sie in die Welt kam. In einer Großstadt bricht eine seltsame Epidemie aus, die die Menschen zu Steinklumpen schrumpfen lässt. Allein Tito und seine Freunde stellen sich ohne Angst dieser Epidemie entgegen. Tito vermutet, dass die Sprache der Vögel, die sein Vater erforschte, der nach einem fatalen Unfall die Familie verlassen musste, der Schlüssel zur Heilung sein könnte. Und so baut er eine Maschine, um die Sprache der Vögel zu lernen und zu verstehen. Angereichert ist die Geschichte mit vielen liebevoll durchdachten Details und vielschichtigen Figuren, die so organisch miteinander verwoben sind, dass der Film für ein jüngeres Zielpublikum (10+) gut verständlich und unterhaltsam ist, den erwachsenen Zusehern aber einen Raum voller Ebenen öffnet, in dem sich intelligent verpackte Gesellschaftskritik und ein sehr deutliches Statement zur sozialen Kälte unserer Zeit und dem Wiederaufkeimen von faschistischen und diktatorischen Regimes finden lässt. „Tito and the Birds“ ist mit Herz und Hirn gleichermaßen gemacht und ein Wunder an Fantasie und Kreativität. Einer der Filme des Jahres für mich.
9,0
von 10 Kürbissen
(Foto: /slash Filmfestival)